Fakt ist nun einmal, dass die begrenzte Ressource Ackerboden der Biomassenutzung Grenzen setzt. Fakt ist auch, dass wir aufgrund dieser Grenzen in der Gefahr stehen, dass der Nahrungsmittelanbau verdrängt werden kann. Fakt ist auch, dass dadurch die Situation entstehen kann, dass die Nahrungs
mittelpreise steigen. Dies alles haben wir in den letzten ein, zwei Jahren teilweise auch schon erlebt. Dabei muss man auch sehen: Die Biomassenutzung ist nicht der einzige Grund für Nahrungsmittelpreissteigerungen, sondern es gibt dafür auf dem Weltmarkt durchaus auch andere Gründe.
Nicht ignorieren sollten wir, dass je nach Art der Energiepflanzen, je nach Anbauintensität, Standort und Einsatzgebiet die Klimabilanz der Bioenergien und somit deren Nutzen für den Klimaschutz sehr unterschiedlich sein kann. Sie kann sogar, wenn man einmal an Regenwaldabholzungen denkt, durchaus auch negativ sein.
Es gibt also echte Zielkonflikte: Das Recht auf Nahrung, der Schutz des Klimas, der Erhalt einzigartiger Regenwälder und für den Naturschutz wichtiger Flächen, Entwicklungsmöglichkeiten für ärmere Länder – das ist, denke ich, auch ein wichtiges Ziel – und die notwendige Abkehr von knapper, teurer werdendem Öl lassen sich nur dann miteinander vereinbaren, wenn wir als Politiker in den nächsten ein, zwei Jahren – der Anfang wurde in diesem Jahr gemacht – weiter ökologische Leitplanken entwickeln und diese auch umsetzen.
Was heißt das jetzt konkret? Konkret heißt das für mich: Eine wichtige Messlatte bei der Biomassenutzung ist natürlich im Hinblick auf die Minderung der Treibhausgasemissionen, dass wir hier optimieren müssen. Das wiederum heißt, dass wir die Erhöhung der Effizienz zur Grundlage machen müssen. Wenn wir mehr Effizienz herbeiführen wollen, müssen wir sagen: Es gibt Prioritäten – Beispiel gemeinsame Strom- und Wärmeerzeugung –, es gibt aber auch Dinge, die wir hintanstellen müssen. Meines Erachtens war es beispielsweise ein Fehler, sich solch hohe Ziele wie im Bereich der Treibstoffe zu setzen. Ich erinnere einmal an die Meseberger Beschlüsse der Bundesregierung: 17 % der Treibstoffe sollten bis zum Jahr 2020 aus Biomasse gewonnen werden. Das war ein Fehler; das muss man einfach sehen. Ich denke, auch wir Grünen haben uns in der Vergangenheit, was Treibstoffe betrifft, zu hohe Ziele gesetzt, die man aufgrund der Erfahrungen, die wir mittlerweile gemacht haben, korrigieren muss.
Auf der anderen Seite müssen wir die Errichtung von Biogasanlagen forcieren, die sowohl die Wärme nutzen als auch Strom erzeugen können. Auch auf Landesebene, Herr Kollege Teufel, ist es notwendig, in den kommenden Jahren einmal zu schauen, ob wir bei älteren Anlagen, die in der Vergangenheit nur zur Stromerzeugung gebaut wurden, nicht eine Korrektur vornehmen können. Sie haben es ja angesprochen: Beim EEG sind jetzt gewisse Korrekturen vorgenommen worden, sodass ich glaube, dass die Errichtung zukünftiger Biogasanlagen in die richtige Richtung geht.
Ich möchte noch ein Weiteres kurz ansprechen, nämlich die Rohstoffbasis. Meines Erachtens ist es notwendig, hier verstärkt Reststoffe einzusetzen. Auch hier können wir auf Landesebene wesentlich mehr tun als bislang.
Ich nenne auch hier einmal eine Zahl: Wir haben etwa 1,2 Millionen t an Reststoffen pro Jahr, davon 400 000 t Bioabfälle und 800 000 t Grünschnitt. Hiervon nutzen wir derzeit gerade einmal plus/minus 10 % energetisch. Alle anderen Stoffe gehen zu einem Gutteil in Kompostierungsanlagen. Wir wissen mittlerweile, dass diese Kompostierungsanlagen keinen
ökologischen Fortschritt darstellen, sondern teilweise mit ihren Methanausgasungen auch noch zu den Treibhausgasen beitragen.
Meines Erachtens ist es notwendig, hier in den kommenden Jahren gemeinsam mit den Landkreisen daranzugehen, den Anteil der energetischen Nutzung von Abfällen Schritt für Schritt zu erhöhen. Letztlich sind die meisten Kompostierungsanlagen auch abgeschrieben, sodass man hier den nächs ten Schritt tun kann. Der nächste Schritt heißt, dass wir verstärkt Anlagen bauen müssen, die auch eine energetische Nutzung dieser Abfälle ermöglichen. Ich glaube, da sind wir in den kommenden Jahren landespolitisch gefordert.
Ein Allerletztes noch – mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin –: Was internationale Kooperation betrifft, bin ich sehr skeptisch, ob Zertifizierung allein wirklich etwas bringt. Ich glaube, es wäre mehr geholfen, wenn wir hier zukünftig bilaterale Abkommen zwischen der Bundesrepublik und Ländern in Lateinamerika oder in Afrika oder zwischen der Europäischen Union und diesen Ländern schließen und hierin Festlegungen treffen, deren Einhaltung man dann wiederum über ein satellitengestütztes Monitoring – das haben wir ja auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft – überwacht. Ich glaube, damit wäre uns geholfen. Dann würden wir die Bioenergienutzung wirklich in Bahnen leiten, die wir alle zusammen ökologisch verantworten können.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorredner haben ja vieles zu diesem Thema bereits ausgeführt. Erlauben Sie mir deshalb, ein paar grundsätzliche Aussagen zur Energiepolitik zu machen.
Wie bei der Finanzkrise gibt es auch bei der Energie nicht eine virtuelle und parallel dazu eine reale Finanzwirtschaft bzw. Energiepolitik, sondern nur eine reale Energiepolitik, meine Damen und Herren. Hier gelten die Regeln der Physik und der Chemie. Bedauerlicherweise überschattet ja derzeit gerade die genannte Finanzmarktkrise, die, wie wir wissen, durch die geplatzten Blasen in den USA ausgelöst wurde, alles andere. Dadurch kommt leider das wichtigste Thema, das Megathema des Jahrhunderts, nämlich das Thema „Umwelt, Ernährung, Energie und Wasser“, viel zu kurz. Ohne Energie geht überhaupt nichts.
Die beste Energie, meine Damen und Herren, ist nicht die nukleare, ist nicht die fossile, die endlich ist, ist aber auch nicht die regenerative. Die beste Energiepolitik ist die Politik, die dazu führt, dass wir weniger Energie brauchen, weniger Primärenergie verbrauchen und vor allem die verbrauchte Primärenergie effizienter nutzen.
Effizienter bei der Wärmeproduktion, effizienter bei der Güterproduktion, effizienter bei der Mobilität. Im Wärmemarkt Energie einzusparen ist vor allem das Gebot der Stunde. Der Minister hat es gestern und auch heute gesagt. Rund 40 % der Primärenergie gehen in den Bereich Heizung und Warmwasser. 75 % der Wohngebäude sind älter als 30 Jahre. Wir verbrauchen rund 200 kWh pro Quadratmeter und Jahr für Warmwasser und Heizung, das heißt 20 Liter Heizöl, obwohl wir mit 6 Litern pro Quadratmeter und Jahr auskommen könnten. Ich sage zum besseren Verständnis der Bürgerinnen und Bürger immer: Wer würde heute noch mit einem Golf, der 24 Liter Superbenzin säuft, herumfahren? Da würde man schnell etwas anderes kaufen. Genau das müssen wir auch im Wohnungsbereich machen.
Seit 1998, meine Damen und Herren, haben wir im Land das Impulsprogramm Altbau des damaligen Landesgewerbeamts. Ich frage nebenbei: Warum eigentlich nicht schon früher? Denn die Konferenz von Rio war schon 1991/92, und von 1992 bis 1996 hätte man ja seitens der Großen Koalition die Möglichkeit gehabt, Geld in die Hand zu nehmen und genau diese Dinge anzufangen.
Ich begrüße vor allem die beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich der Altbausanierung.
Leider hat man den Mehrwertsteuersatz – meines Erachtens auch eine Möglichkeit – für energetische Sanierungen nicht halbiert. Das wäre ein Umwelt-, ein Arbeits-, ein Konjunktur- und ein Energieprogramm in einem. Das wäre die beste Optimierung von Ökonomie und Ökologie. Meine Damen und Herren, wie gesagt: Die beste Energie ist die eingesparte Ener gie, die wir gar nicht erst brauchen. Hier gibt es noch viel zu tun.
Wir brauchen den Energiemix, und wir brauchen dabei mehr Bioenergie. Jedoch dürfen wir uns vor allem bei der Nutzung der Bioenergie – Kollege Untersteller hat es gesagt – auch keine falschen und übertriebenen Hoffnungen machen. Der Einsatz und die Förderung können nur unter der Berücksichtigung der Ökobilanz erfolgen. Teller oder Tank – ich habe es vorhin schon von Herrn Kollegen Teufel gehört – sind keine grundsätzlichen Gegensätze. Beides lässt sich organisieren.
Biologische Rohstoffe haben natürlich hier den Vorrang. Allerdings sind die Regeln des Ackerbaus, der Landbaunutzung und der ökologischen Verträglichkeit dabei zu berücksichtigen.
Die Einspeisevergütung für Biogas hat ja bis vor Kurzem leider dazu geführt, dass man bei Biogas selbst unter Auslassung der thermischen Nutzung schwarze Zahlen geschrieben hat. Das war falsch, das wurde korrigiert, Kollege Teufel. Das war auch nötig. Das hat allerdings zu mehr Monokulturen, zu mehr Maisanbau geführt.
Vor allem hat dies zu hohen Pachtpreisen und zur Intensivierung des Ackerbaus mit Düngung und Chemie geführt. So kann gut gemeinte rotgrüne Politik das Gegenteil des Gewünschten erreichen, aber, wie gesagt, das ist korrigiert worden. Das ist jetzt, glaube ich, richtig.
Auch die Flächenstilllegung, meine Damen und Herren – um zur Agrarpolitik zu kommen –, war aus Sicht der Energiepolitik Unsinn; denn man verzichtete auf die Ernte der Sonnenenergie, die uns der Herrgott kostenlos zukommen lässt, und zwar noch etwa eine Milliarde Legislaturperioden dieses Land tags; so lange wird uns die Sonne noch kostenlos Energie liefern.
Unsinnig ist es auch, meine Damen und Herren, Biokraftstoffe zu erzeugen, wenn die Ökobilanz nicht stimmt. Es macht keinen Sinn, mit einem Einsatz von 300 kg Stickstoff oder anderer Chemie Raps anzubauen, wenn man den Stickstoff in Rumänien unter Verwendung von Elektrizität aus Braunkohle erzeugt. Da sieht man, wie unsinnig das wäre.
Wir sind ein Holzland. 40 % der Landesfläche ist bewaldet. Deshalb ist es wichtig, vor allem diesen wertvollen nachwachsenden Rohstoff besser zu nutzen. Die Technik zur Feuerung ist etwa bei Hackschnitzeln, bei Scheitöfen, bei der Technologie von Pellets vorhanden.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Die Ökobilanz stimmt bei Holz. Es rechnet sich. Die Technik stimmt. Ich wünsche und appelliere an die Gemeinden, an die Gemeinderäte, an die Stadträte und an die Bürgermeister und Oberbürgermeister in Baden-Württemberg, diesen wunderbaren Rohstoff stärker einzusetzen, auch wenn der entsprechende Oberbürgermeister über die Stadtwerke vielleicht gern Gas verkauft.
Wie gesagt, meine Damen und Herren, wir haben in diesem Bereich, wie ich glaube, innerhalb der Fraktionen hier im Landtag keine Probleme. Wir müssen mehr tun; wir müssen das aber mit Augenmaß tun. Das hat nur dann einen Sinn, wenn die Ökobilanz unter dem Strich stimmt.
Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort an den Herrn Minister weitergebe, möchte ich gern einige Gäste begrüßen.
Inzwischen haben Nachwuchspolitiker aus der Russischen Föderation auf der Zuhörertribüne Platz genommen. Die jungen russischen Politiker besuchen Baden-Württemberg im Rahmen einer Deutschlandreise auf Einladung der Konrad-Ade nauer-Stiftung.
Werte Gäste aus der Russischen Föderation, ich begrüße Sie sehr herzlich hier im Landtag von Baden-Württemberg und
wünsche Ihnen einen angenehmen und informativen Aufenthalt in Baden-Württemberg und in der Bundeshauptstadt, die Sie anschließend besuchen werden.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Frage der Nutzung und der Ökobilanz von Biomasse gingen die Meinungen gerade im letzten Jahr auseinander, als neue Preissteigerungswellen die Lebensmitteleinzelhändler zum Teil erschüttert und die Konsumenten aufgeschreckt haben. Die Verbraucherpreise für fossile Brennstoffe zogen erheblich an, was manche auf die Palme brachte.
Viele haben sich dann wieder berufen gefühlt, die ethische Fragestellung aufzubringen: Ist es überhaupt zulässig, auf Böden, auf denen man Nahrungsmittel produzieren könnte, Ener gie zu produzieren? Oder: Ist es gar legitim, Pflanzen, die man als Nahrungs- oder Futtermittel verwenden könnte, in die Ener gieproduktion hineinzugeben?