Viele haben sich dann wieder berufen gefühlt, die ethische Fragestellung aufzubringen: Ist es überhaupt zulässig, auf Böden, auf denen man Nahrungsmittel produzieren könnte, Ener gie zu produzieren? Oder: Ist es gar legitim, Pflanzen, die man als Nahrungs- oder Futtermittel verwenden könnte, in die Ener gieproduktion hineinzugeben?
Über all dem, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss, glaube ich, eines stehen: Den Böden ist es relativ egal. Den Landwirten kann es im Prinzip egal sein, was sie produzieren. Aber uns darf es nicht egal sein, was produziert wird, denn wir brauchen eine Hauptprämisse.
Zumindest dort, wo wir Verantwortung tragen – das ist in allererster Linie hier bei uns im Land, aber darüber hinaus in Deutschland und in der Europäischen Union –, müssen wir dafür sorgen, dass wir nachhaltig produzieren können. Nutzung und Anbau von bioenergieliefernden Pflanzen müssen nachhaltig und mit einer Ökobilanz erfolgen, die eine Nutzung im Prinzip auch noch in zehn, 15, 30 und 100 Jahren erlaubt. Deshalb dürfen wir keinen Raubbau betreiben.
Die erste Frage, die sich stellen muss: Biomasseproduktion auf der Fläche ist nicht per se schlecht oder gut, sondern sie ist dort schlecht, wo sie nicht nachhaltig betrieben wird, und sie ist dort gut, wo sie nachhaltig betrieben wird. Das muss, glaube ich, die erste und wichtigste Voraussetzung sein.
Das sage ich vor allem auch deshalb, weil derzeit im Zusammenhang mit der Novelle des Umweltgesetzbuchs genau darüber diskutiert wird, ob wir in Deutschland nicht spezielle Vorschriften für den Anbau von bioenergieliefernden Pflanzen brauchen, egal, ob es jetzt Mais für Biogas, Raps für Öl etc. ist. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn sich alle an die Vorschriften einer nachhaltigen Landbewirtschaftung halten – dieselben Vorschriften, die auch für die Nahrungsmittelproduktion gelten –,
dann können wir von uns aus zu Recht sagen: Wir produzieren auch Bioenergie nachhaltig und ohne Probleme oder Folgewirkungen für Umwelt und Mensch.
Dasselbe müssen wir allerdings auch von anderen Nationen ein Stück weit einfordern. Das sage ich gerade auch in Richtung überseeische Länder, aber nicht nur dorthin. Wenn wir davon überzeugt sind, müssen wir dafür Sorge tragen – Kollege Teufel hat das vorhin zu Recht erwähnt –, dass zumindest überall dort, wo wir bei uns Bioenergie zum Einsatz bringen – ich weite das aus: auch außerhalb Deutschlands und innerhalb der Europäischen Union –, nur solche Bioenergie zum Einsatz kommt, die tatsächlich nachhaltig produziert wird.
Palmöl ist immer ein gutes Beispiel. Es bringt überhaupt nichts, Regenwälder abzuholzen, anschließend Palmen zu pflanzen und das Palmöl bei uns zu importieren. Wir laufen dann mit dem guten Gewissen herum, etwas für die Umwelt getan zu haben. Tatsächlich fallen dem aber unzählige Hektar Regenwald zum Opfer. Ich sage das als Beispiel. Man könnte auch andere Beispiele nennen, etwa wenn es um die Frage der Maisproduktion in anderen Ländern geht und dergleichen mehr.
Fazit: Bioenergieproduktion ist dann gut, wenn sie nachhaltig erfolgt. Wir brauchen sie bei uns im Land, und wir brauchen auch den technologischen Fortschritt.
Herr Untersteller, Sie haben selbst gesagt, Sie hätten Ziele zurücknehmen müssen. Ich muss sagen: Sie sind mittlerweile wohl zu der Einsicht gekommen, dass auch Maßnahmen geändert werden mussten,
denn die Förderung, die Sie im Bereich des alten EEG vorgesehen hatten, war häufig nicht gerade an Ökobilanzen orientiert. Sie war eher daran orientiert, Ideologien Rechnung zu tragen, und nicht daran, in der Ökobilanz gute Ergebnisse zu zeitigen, was den Einsatz von Bioenergie angeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie anders ist es zu erklären, dass Holz, der der Wirtschaftlichkeitsschwelle am nächsten stehende Biomasseenergieträger, vom EEG lange Zeit komplett ausgeblendet war? Wie ist es zu erklären, dass erst in der letzten Novelle – noch unter Künast, aber auch unter Mitwirkung des Bundesrats – Biogas überhaupt eine nennenswerte Förderung erfahren hat?
Herr Minister, bevor es hier zu Geschichtsfälschungen kommt, möchte ich Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, dass die Bundesregierung – und zwar die jetzige – in den Meseberger Beschlüssen vom August letzten Jahres noch 17 % Biomasseanteil bei den Treibstoffen als Ziel bis zum Jahr 2020 vorsah? Wie gesagt, das war die jetzige Bundesregierung, nicht die vorherige.
Stimmen Sie mir zu, dass gerade die Beschlüsse von vor wenigen Wochen zeigen, dass hier Korrekturen notwendig sind? Gott sei Dank wurden sie auch vorgenommen. Ich möchte Sie bitten, hier keine Geschichtsfälschung zu betreiben.
Ihr Verständnis von Biomasse ist eingeschränkt und scheint sich nur auf das Thema der Treibstoffe zu konzentrieren. Ich glaube, es ist vorhin zu Recht deutlich geworden: Es geht nicht um die Betrachtung von Sektoren – um die geht es auch –, sondern um eine Gesamtbetrachtung, und wenn wir eine Gesamtbetrachtung vornehmen, müssen wir uns den Gesamtprimärenergieverbrauch vornehmen.
(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Ist es nun wichtig oder nicht wichtig? Das habe ich überhaupt nicht in Zweifel gezogen!)
Langsam! Das Thema Gesamtprimärenergieverbrauch schließt natürlich auch das Thema Treibstoff ein. Zwei oder drei Prozentpunkte hin oder her, das spielt überhaupt keine entscheidende Rolle. Der entscheidende Punkt ist vielmehr: Gelingt es uns an anderer Stelle – den Wärmebereich hat der Kollege Dr. Bullinger schon angesprochen – im Primärenergiebereich, vor allem im Wärmesektor, Entsprechendes zu kompensieren?
(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Es ist doch nicht egal, ob ich Biomasse in einen Spritfresser ein- baue!)
Da haben wir durchaus noch Luft, und das müssen wir entsprechend nutzen. Ich will gleich noch auf ein paar technologische Entwicklungen eingehen.
Damit wir uns nicht falsch verstehen, Herr Untersteller: Wir sind heute auf einem deutlich besseren Weg, einem Weg, der auch noch verbesserungsfähig ist. Wir haben leider Gottes etwas Zeit verloren, weil Ende der Neunzigerjahre bzw. Anfang dieses Jahrtausends ideologiebedingt bestimmte Dinge einfach ausgeblendet wurden. Die Biomasse zählt einfach dazu; das muss man realistischerweise sehen. Man kann das auch nachvollziehen.
Ich freue mich, dass Sie heute in dieser Frage auf einem Pfad der Tugend sind. Das ist gar keine Frage. Aber wir wären auch dort schon weiter.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir im Zuge des Klimawandels die CO2-Emissionen reduzieren müssen, ist unbestritten, und dass Biomasse hierbei e i n geeignetes Instrument unter den regenerativen Energien ist, ist auch klar. Deshalb stellt sich auch nicht die Frage, ob wir Biomasse verteufeln können. Sie ist ein notwendiges Element, um überhaupt das Ziel einer CO2-Reduzierung in nennenswertem Umfang zu erreichen.
Sie ist vor allem auch deshalb ein notwendiges Element, weil sie überall auf der Erde relativ unkompliziert und ohne hohen technischen Aufwand relativ schnell zur Verfügung steht. Unsere Aufgabe als Industriestaat ist es, ein Stück weit Maßstäbe zu setzen, wie wir die technische Verfügbarkeit, die Produktivität und die Effizienz auf diesem Sektor deutlich erhöhen können. Das muss unsere Aufgabe sein, und deshalb widmen wir uns auch in Baden-Württemberg dieser Thematik. Wenn die Produktivität und die Effizienz nämlich gesteigert werden, dann verringert sich zum einen die Bedeutung der Frage der Konkurrenz zur Produktion von Nahrungsmitteln, die ja in Zeiten großer Nachfrage zumindest ein politisches, zum Teil auch ein echtes Problem ist, und wir haben zum anderen natürlich eine höhere Energieausbeute. Beides ist dem Grunde nach auch notwendig.
Wir haben uns in Baden-Württemberg darauf verständigt, uns verstärkt um das Thema Biogas zu kümmern. Wir wollen im Bereich Biogas Vorreiter werden.
da gibt es andere. Allerdings haben wir in diesem Bereich ein Stück weit Kompetenz, auch in der Wissenschaft, in Sonderheit in Form der Universität Hohenheim. Deshalb betreiben wir, Land und Universität Hohenheim, gemeinsam entsprechende Forschungsprojekte, um den Input in die Biogasanlagen zu verbessern, um vor allem auch vermehrt Reststoffe in der Biogaserzeugung zu verwenden.
Denn darin sind sich die Wissenschaftler überall einig: Wenn es uns gelingt, im Sektor der Biomasseerzeugung verstärkt auf land- und forstwirtschaftliche Reststoffe umzusteigen
und diese entsprechend einzusetzen, ist das von der Ökobilanz einerseits und von der Effizienz andererseits am besten.
(Abg. Alfred Winkler SPD: Da sind keine Reserven drin! Das ist doch kein Mengenproblem! Das ist läp- pisch!)
Ich glaube, darin muss auch unser Schwerpunkt in der Forschung, in der Entwicklung, aber auch in deren Anwendung liegen.
Das heißt im Bereich Biogas: mehr Einsatz von Reststoffen einerseits, Direkteinspeisung in die Gasnetze andererseits, zumindest aber Kraft-Wärme-Kopplung,