Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

schusses zu der Mitteilung des Finanzministeriums und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 3. März 2009 – Vertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Familie von Baden über den Kauf der Schlossanlage Salem und weiterer Kunstgegenstände sowie zur Bereinigung aller streitigen Fragen über die badischen Kunstschätze – Drucksachen 14/4107, 14/4129

Berichterstatter: Abg. Ingo Rust

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Die Zähringer Stiftung und ihre Rolle bei den eigentumsrechtlichen Streitfragen um die badischen Kulturgüter – Drucksache 14/2202 (geänderte Fassung)

c) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Salem und die badischen Kulturgüter aus der veränderten Perspektive nach der Veröffentlichung des Gutachtens der Expertenkommission – Drucksache 14/2209

d) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Finanzministeriums – Die Sicherung von Salem im

Spannungsfeld zwischen öffentlichem Interesse und den „Eckpunkten des Verhandlungsergebnisses“ der Landesregierung mit dem Haus Baden – Drucksache 14/3533

e) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Finanzministeriums – Bewirtschaftung der Schlossanlage Salem – Drucksache 14/3538

f) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Finanzministeriums – Die Gesamtanlage Salem und ihre Zukunft im Eigentum des Landes – Drucksache 14/3737

Dazu rufe ich den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/4215, mit auf.

Das Präsidium hat für die Aussprache über den gesamten Tagesordnungspunkt eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion, gestaffelt, festgelegt.

Ich darf für die CDU-Fraktion Herrn Abg. Dr. Schüle das Wort erteilen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten wir im Landtag über das abschließende Vertragswerk des Landes Baden-Württemberg mit der Familie von Baden zur Beendigung des Streits um die badischen Kulturgüter, Schloss Salem. Das ist mit Sicherheit kein gewöhnlicher Tagesordnungspunkt.

(Abg. Ute Vogt SPD: Auch kein erfreulicher!)

Im Hinblick auf die finanzielle Dimension, die kulturelle Dimension und die Geschichte unseres Landes

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Vor allem die Vorge- schichte dieses Vertrags! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist aber eine ganz neue Geschichte!)

ist das eine historische Entscheidung, über die wir heute debattieren.

Am 22. November 1918 hat der letzte Großherzog abgedankt. Damit ging die Regentschaft des Hauses Baden seit 1806 als Großherzogtum zu Ende. Eine Trennung zwischen familiären und staatlichen Gütern wurde seit 1919 nicht vorgenommen und harrte damit seit 90 Jahren einer abschließenden Lösung. Die infrage stehenden Kulturgüter waren und sind über das Land verteilt, ein Großteil davon befindet sich in Museen oder in der Landesbibliothek in Karlsruhe.

Viele Regierungen vor der jetzt amtierenden und auch die Familie selbst hätten die Möglichkeit gehabt, diese Herausforderung einer umfassenden Gütertrennung tatkräftig anzupacken. Aber dazu kam es nicht.

Dann aber kam die Familie auf das Land zu, weil sie die finanziellen Lasten der Gesamtanlage Schloss Salem nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang tragen konnte. Das Land hat – zu Beginn mehrere Lösungswege ins Auge fassend – die daraus entstehende neue Lage genutzt,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

einen historischen Schlussstrich zu ziehen.

Für die CDU-Fraktion stelle ich heute nach einem fünfjährigen, für beide Seiten bis zuletzt nicht leichten Verhandlungsmarathon fest: Das jetzt vorliegende Ergebnis ist das Resultat einer sehr sorgfältigen Aufarbeitung. Es ist sachgerecht für unser Land, und es ist im kulturellen Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Unser Dank gilt unserem Ministerpräsidenten Günther Oettinger, Herrn Wissenschaftsminister Dr. Frankenberg, Herrn Staatssekretär Dr. Birk, Herrn Minister Stächele, Herrn Staatssekretär Fleischer, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

und allen Gutachtern, die maßgeblich am erfolgreichen Abschluss mitgewirkt haben.

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Die vertragliche Gesamteinigung ist sachgerecht, weil auf Dauer sichergestellt worden ist, dass die immens wertvollen Kunstschätze für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes öffentlich zugänglich sind. Es geht um das Gebäudeareal Schloss Salem und um zahlreiche Kunstschätze. Insofern muss man sich über die Tragweite der Einigung im Klaren sein.

In der „Südwest Presse“ vom 6. März 2009 war vonseiten der SPD hierzu die lapidare Äußerung zu lesen, der Kollege Schmid warne mit Blick auf die heute diskutierte Vereinbarung, im Land gebe es noch so manche Schlösser und Burgen. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird man der Bedeutung der „Sicherung Salems“ mit Sicherheit nicht gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Schloss Salem ist nicht irgendein Schloss in Baden-Württemberg oder in Deutschland. Dieses Gebäudeensemble ist einzigartig in unserem Land. Ursprung des Schlosses ist die Gründung des Zisterzienserklosters im Jahr 1137. 1142 wurde das Kloster von Stauferkönig Konrad III. zur Reichsabtei erhoben. Papst Alexander III. erhob das Kloster 1178 zur Konsistorialabtei.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ist das ein Volkshoch- schulkurs? – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: In der Kul- turgeschichte des Landes werdet ihr immer sattel- fester!)

Salemer Äbte nahmen seit 1470 regelmäßig an den Reichstagen teil.

Diese wenigen Eckpunkte zeigen, Herr Kollege Schmid: Das ist nicht irgendein Schloss,

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

sondern das Schloss Salem ist eng gekoppelt mit und tief verwurzelt in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Was jetzt kommt, ist entscheidend: Die vertragliche Einigung war die einzige Möglichkeit, sicherzustellen, dass die Kunstschätze für unsere Bürgerinnen und Bürger öffentlich zugänglich sind.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Eijeijei!)

Denn trotz des Vorkaufsrechts bestand bei realistischer Herangehensweise bis zum Abschluss des Vertrags ein erhebliches, ein zu großes Restrisiko, dass das Schloss und ein Großteil der Kunstschätze an Private hätten verkauft werden können.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Das hat die FDP/DVP von Anfang an erkannt und hat die vertragliche Lösung mitgetragen – herzlichen Dank! –, und das haben die Grünen im Grundsatz – lassen wir einmal für einen Augenblick das Oppositionsgeplänkel beiseite –

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

rasch erkannt; das verdient Anerkennung.

Anders jedoch die SPD. Verbal trat sie für den Erhalt ein, aber faktisch war sie dagegen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: So sind sie!)

Die SPD hat noch vor wenigen Wochen, als die Eckpunkte vorlagen – der jetzige Vertragsentwurf noch nicht, aber doch die Eckpunkte –, einen Antrag gestellt. Darin forderte sie die Landesregierung am 9. Dezember 2008 auf, „in den Rechtsstreit mit dem Haus Baden zu gehen“.