Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

Die SPD hat noch vor wenigen Wochen, als die Eckpunkte vorlagen – der jetzige Vertragsentwurf noch nicht, aber doch die Eckpunkte –, einen Antrag gestellt. Darin forderte sie die Landesregierung am 9. Dezember 2008 auf, „in den Rechtsstreit mit dem Haus Baden zu gehen“.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Nein, die sollen doch klagen, wenn sie wollen, nicht umgekehrt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das hätte unweigerlich zum Platzen der gesamten Vertragsverhandlungen geführt. Dann wäre genau das eingetreten, was wir nicht wollen, nämlich dass die Familie die Option gehabt hätte, wertvolle Kulturgegenstände unseres Landes nach außerhalb Baden-Württembergs und teilweise auch ins Ausland zu verkaufen.

(Widerspruch bei der SPD – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Na, na, na!)

Schloss Salem wäre mit großer Wahrscheinlichkeit, mit einiger Wahrscheinlichkeit, an einen privaten Investor gegangen.

Dieser Weg wäre verantwortungslos gewesen. Ich zitiere die „Heilbronner Stimme“ vom 4. März 2009 zur Haltung der SPD – Peter Reinhardt –:

Realistisch betrachtet war nichts anderes zu erwarten.

Gemeint ist die Vertragsvereinbarung.

Deshalb ist die scharfe Kritik der SPD scheinheilig.

(Zuruf von der CDU: Recht hat er!)

Ein weiterer Punkt. Es gab Befürchtungen, das Land erhalte trotz des Kaufs nicht die Regie in der Schlossanlage. Für die CDU-Fraktion war es eine selbstverständliche Bedingung, dass die Verwaltung der ins Eigentum des Landes überge

henden Immobilienteile in die Regie des Landes kommt. Dies ist erfüllt worden.

Kommen wir abschließend zum Preis. 25,6 Millionen € für das Schloss, 17 Millionen € für die Kunstgegenstände, die unstreitig dem Haus Baden gehören, 15 Millionen € für streitige Gegenstände – dies als Preis für eine abschließende Gesamteinigung über Kunstgegenstände im Wert von 300 Millionen € und den endgültigen Ausschluss jeglichen Prozessrisikos. Das sind die finanziellen Eckpunkte. Die sind kein Zufallsprodukt. Im Gegenteil, die Zahlen sind das Ergebnis intensiver gutachterlicher Prüfungen und Schätzungen über zwei Jahre hinweg, die maßgeblich in die Vertragsverhandlungen eingeflossen sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Wesentlicher Eckpunkt ist das Gutachten der Expertenkommission „Eigentumsfragen Baden“, das unser Wissenschaftsminister schon im November 2006 in Auftrag gegeben hat. Vorangegangen sind Wertschätzungen der mobilen Kulturgüter – zwei weitere juristisch-historische Gutachten.

Grundlage der Einigung mit der Familie von Baden über sämtliche Kaufpreise von Kunstgegenständen waren also ausschließlich fachliche Wertgutachten. Ein sehr sorgfältiger Aufarbeitungsprozess geht heute zu Ende. Gibt es gegen eine solche Vorgehensweise substanzielle Einwände aus der Fachwelt, aus der Wissenschaft? Keine. Nur die SPD kartet am 5. März noch einmal kurz nach. Überschrift: „Offensichtlich will der Markgraf jeden Stein, jede Kirchenbank und jede Putte zu Geld machen...“

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: So war es!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an dieser Stelle zeigt sich, worauf es der SPD von Anfang an ankam, nämlich darauf, den Eindruck zu erwecken, das Land gewähre der Familie von Baden Privilegien. Das zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre öffentlichen Äußerungen.

(Unruhe bei der SPD)

Sozialneid zu schüren, das war Ihr eigentliches Ziel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die CDU-Fraktion galt und gilt: Eine Adelsfamilie hat nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als jeder Bürger in unserem Land.

(Beifall des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Genau!)

Es geht nicht um ein einseitiges Gesetz, es geht nicht um ein einseitiges Diktat. Es geht um eine faire, sensible Lösung für alle Seiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die CDU-Landtagsfraktion ist entscheidend, dass diese Vereinbarung im Interesse der Kultur unseres Landes ist. Wenn Salem jetzt in die Hoheit des Landes kommt, dann wird die historische Verzahnung mit dem badischen Herrscherhaus sicherlich weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Mindestens genauso wichtig für unsere Bevölkerung ist aber auch die Bedeutung von Kloster Salem für unsere christlichen und kirchengeschichtlichen Wurzeln im Südwesten und in ganz Deutschland. Diese wich

tigste kulturhistorische Bedeutung von Salem zukünftig wieder stärker herauszuarbeiten ist eine wichtige Aufgabe für unser Land.

Jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte in Salem das einkehren, was der Name Salem bedeutet: Ort des Friedens. Dazu können alle beitragen. Wir stimmen dieser Vereinbarung aus Überzeugung zu.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Schmid das Wort.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Nils, jetzt klär einmal auf!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag von Baden-Württemberg setzt heute den parlamentarischen Schlusspunkt unter ein langes Ringen um den richtigen Weg bei den badischen Kulturgütern. Was einst im Jahr 2006 als Tragödie begann,

(Zurufe von der CDU: Tragödie?)

endet jetzt als Farce, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie sich einmal die Skandalchronik vor Augen führen, die sich seit September 2006 abgespielt hat, dann kann man das nur noch mit den Begriffen des klassischen Dramas beschreiben:

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Da müssen Sie bloß einmal in Ihre Fraktion gucken!)

Erster Akt: Exposition. Im September 2006 werden Pläne bekannt, nach denen die Landesregierung Kulturgüter im Wert von 300 Millionen € verkaufen will, um 70 Millionen € an das Haus Baden zu geben.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das ist eigentlich schon ein Lustspiel!)

Ich weiß noch, wie wir als SPD-Landtagsfraktion unsere Herbstklausur in Titisee-Neustadt abgehalten haben und dann die Kollegin Helen Heberer und der Kollege Johannes Stober mit mir schnell nach Karlsruhe geeilt sind, um zu sehen, um welche Kulturgüter es sich denn da handelt.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das kann Ihnen nie schaden, nach Karlsruhe zu fahren, um Kulturgüter anzuschauen! Ich hoffe, dass Sie auch sonst Kultur- güter anschauen! – Heiterkeit)

Eines war uns sofort klar. Das haben viele hier nicht gewusst. Herr Goll hat von Papierstapeln im Keller geredet.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Kellerware!)

Wir haben sehr schnell festgestellt – das war von Anfang an die Leitlinie der SPD-Landtagsfraktion –: Es geht nicht an, das Kulturgut Salem gegen die badischen Kulturgüter in Karlsruhe auszuspielen.

(Beifall bei der SPD)

Es geht nicht an, zur vermeintlichen Sicherung von Handschriften und anderen wertvollen Kunstgegenständen in Karlsruhe Salem in Frontstellung zu bringen. Es gibt eine Gesamtverantwortung des Landes. Nicht umsonst sprechen wir neben der Sozialstaatlichkeit auch von der Kulturstaatlichkeit, die unsere Verfassung kennt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD zu Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Herr Staatssekretär, hast du gehört? – Hei- terkeit – Gegenruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Dann kam Akt 2 des klassischen Dramas, für die Kenner das beschleunigende Moment. Ein Aufschrei weit über BadenWürttemberg hinaus, Aufforderungen in „Le Monde“, „New York Times“, die Kulturbanausen in Baden-Württemberg zu stoppen. Damals hat der Ministerpräsident das noch als Gezeter in den Feuilletons abgetan. Aber er musste dann schnell merken: Das geht nicht gut.

Deshalb hat er versucht, sein unsägliches Ansinnen durch das sogenannte Dreisäulenmodell zu kaschieren, nach dem dieses ursprüngliche Vorhaben mit Zwangsbeiträgen der Kunsteinrichtungen des Landes und der Landesstiftung in modifizierter Form umgesetzt werden sollte, nämlich der Verkauf von Kulturgegenständen zur Rettung von Salem.

Wir als SPD-Landtagsfraktion haben schon damals gesagt: Wir können uns vorstellen, zur Sicherung von Salem eine Stiftung einzurichten, aber nicht gespeist aus Erlösen einer Veräußerung anderer Kulturgegenstände.

Dann dümpelte die Debatte dahin.

Dritter Akt: Peripetie, entscheidender Höhe- und Wendepunkt dieses Dramas. Oettinger hatte wenige Tage zuvor noch in diesem Haus erklärt, welche Kunstgegenstände unzweifelhaft Privateigentum des Hauses Baden seien, z. B. ein Gemälde von Baldung Grien. Dann kommt ein Professor dahergelaufen

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Die Profes- soren kommen „dahergelaufen“!)