Meine Damen und Herren, wir haben aktuell, vor wenigen Tagen, vor 500 Gästen in Brüssel eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit vorgestellt, nämlich die Metropolregion am Oberrhein. Sie ist ein voller Erfolg. Auch Vizepräsident Verheugen hat an dieser Veranstaltung teilgenommen. Dieses Engagement des Raumes für eine Trinationalität ist mittlerweile ein Aspekt, der großen Respekt schafft, und zwar auch in den europäischen Institutionen.
Aber die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist breiter; sie geht weiter. Wir haben schöne Projektbeispiele – übrigens auch bei den „Vier Motoren“ für Europa und bei der Internationalen Bodenseekonferenz –, aber auch viele Botschafterkontakte. Wir von der Landesregierung her unternehmen auch Auslandsbesuche. Ich danke auch allen Ausschüssen und Abgeordneten, die diese Kontakte bei diesen Reisen innerhalb Europas vertiefen und verbessern. Dazu gehören übrigens auch die kommunalen Partnerschaften und Städtepartnerschaften. Denn nur dort, wo sich die Menschen begegnen, werden wir Europa weiterbringen, nicht nur mit Papier und Formularen.
Natürlich gibt es Defizite – wir haben das angemahnt –, z. B. auch die Forderung nach einem Abbau bürokratischer Lasten. Wir fordern einen unabhängigen „Normen-TÜV“. Ich werde in wenigen Wochen ein Gespräch mit Dr. Ludewig in Berlin haben, der den Normenkontrollrat leitet. Was wir in BadenWürttemberg schon 2004 begonnen haben, was 2005 vom Bund übernommen wurde, muss auch in Europa umgesetzt werden.
Ja, auch die Stoiber-Gruppe ist erfolgreich unterwegs. Es gab in der Öffentlichkeit eine Meldung, die so nie getätigt wurde. Die High-Level-Group um Stoiber hat schon manchen Erfolg im Hinblick auf den Bürokratieabbau durchgesetzt.
Beispielsweise, dass die kleinen und mittleren Unternehmen – – Herr Kollege Schmiedel, hier wurde der Small Business Act angesprochen. Dass wir die Bilanzierungspflichten hochsetzen, ist u. a. ein Erfolg – –
(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ab 50 000 € müssen sie zukünftig zwei Bilanzen machen! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Das stimmt doch gar nicht!)
Wollen Sie eine Frage stellen? – Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Fauser?
Sehr geehrter Herr Reinhart, wissen Sie, dass zukünftig üblicherweise Firmen mit mehr als 50 000 € Gewinn – den sollte ein gesundes Handwerksunternehmen haben, sonst kann es sich keinen Lkw kaufen – zwei Bilanzen machen müssen? Die kleinen Unternehmen – der Staat will ja Einnahmen und braucht diese auch – müssen nach wie vor nur eine Bilanz erstellen. Für die kleinen Unternehmen ändert sich nur unwesentlich etwas, wenn wir eine einfache Einnahmeüberschussrechnung haben.
Darüber hinaus werde ich gern nachher noch ausführen, wo die Belastungen liegen. Vielleicht können Sie mir sagen, was sonst noch im Sinne einer Entbürokratisierung getan wurde.
Das wird überhaupt nicht schwer, im Gegenteil. Zunächst einmal habe ich die Vorschläge angesprochen, die die Stoiber-Gruppe als High-Level-Group jetzt der EU unterbreitet hat.
dann bedeutet das Entlastungen, die im Milliardenbereich liegen. Das betrifft die Gesundheit, das betrifft die Verbraucher, das betrifft vor allem auch die Besteuerung. Dass wir Handels- und Steuerbilanzen haben, dass wir Einnahmeüberschussrechnungen haben, wissen wir ja. Das haben wir schon vor 20 Jahren gemacht, auch vor der Zeit einer Stoiber-Gruppe.
Man sollte jetzt nicht all diese Dinge, die man national beklagt, nur auf Europa abladen. Es besteht nämlich manchmal die Gefahr, dass wir negative Punkte auf Europa abschieben, obwohl sie auf nationaler Ebene schon seit Jahrzehnten bestehen. Das verdrießt Europa auch. Das muss man in diesem Zusammenhang dazusagen.
Wir lassen Ihnen die Vorschläge der Stoiber-Gruppe zur Entbürokratisierung zukommen, sodass Sie mithelfen können, dass diese Vorschläge auch umgesetzt werden können. Dazu will ich Ihnen sagen: Wir brauchen viel weiter gehende Vorschläge. Ich hatte selbst ein Gespräch mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks, das auch in Brüssel ein Büro hat.
Wir unterstützen die dort eingebrachten Vorschläge auch auf der europäischen Ebene, weil gerade die kleinen und mittleren Unternehmen unserer Fürsorge bedürfen. Man darf hier schon einmal sagen, dass Kommissar Verheugen ebenfalls genau in dieser Richtung Vorschläge unterbreitet hat. Das heißt, das Thema Bürokratieentlastung wird eine Daueraufgabe sein, bei der wir alle gefordert sind.
Herr Minister, können Sie uns kurz erklären, was „Bilanzierungsmodernisierungsgesetz“ überhaupt bedeutet?
Sie werden die gesamte Lektüre, übrigens auch die Stellungnahme des Bundesrats, von uns übermittelt bekommen. Ich empfehle, dass wir uns danach über jeden Punkt einzeln unterhalten. Denn ich glaube, dass ich das Plenum bei einer Redezeit von insgesamt 17 Minuten, von denen mir jetzt nur noch zwei Minuten verbleiben, überfordern würde, wenn wir uns jetzt Stunden über das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz unterhalten würden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Franz Un- tersteller GRÜNE: Sie hätten gleich sagen können: „Das reichen wir Ihnen schriftlich nach“! – Zurufe – Unruhe)
Ich will Ihnen sagen, dass uns gerade die Frage, wie die Subsidiarität gewahrt werden kann, wichtig ist, und schließe mich hier ausdrücklich der sehr engagierten Arbeit des Europaausschusses und unseres Parlaments an. Ich finde, was die Kolleginnen und Kollegen hier zur Bodenschutzrichtlinie, zum Grünbuch „Städtischer Verkehr“ oder auch zur Antidiskriminierungsrichtlinie gesagt haben, verdient Unterstützung. Subsidiarität ist selbstverständlich nicht nur ein Abwehrbegriff. Sie ist auch ein Gestaltungselement. Da gibt es auch Vorteile.
Deshalb meine ich: Es ist ganz wichtig, dass wir die Harmonisierungsvorschläge im Verbraucherrecht ins Auge fassen. Sie sind nicht völlig abzulehnen, da sie auch Rechtssicherheit bringen. Sie dürfen aber auch unsere hohen Verbraucherschutzstandards nicht absenken. Die Lösung ist eher, den Vorschlag der Kommission so abzuändern, dass man beiden Belangen Rechnung trägt, nämlich indem man nur Mindeststandards festlegt. Es war z. B. gestern auch ein Thema in Brüssel, dass gerade beim Verbraucherschutz von manchen Ländern die Vollharmonisierung angestrebt wird. Das halte ich für falsch. Ich finde, Europa darf nur einen Mindeststandard setzen, damit ein Spielraum für die einzelnen Nationen bleibt, die sich dann darum kümmern, was man auf diesen Mindeststandard eventuell draufsetzt, oder die beschließen können,
die Spielräume beizubehalten – das betrifft z. B. Gesetze wie das Haustürwiderrufsgesetz und andere mehr.
Von meinen Vorrednern sind viele Themen angesprochen worden. Ein Stichwort war: gerade bei der Erweiterung nicht überfordern. Diese Meinung teile ich. Ich will aber hinzufügen, dass ich gerade die vom Kollegen Müller angesprochenen Themen und die von ihm erhobenen Forderungen – Herr Kollege Blenke hat sich in ähnlicher Weise geäußert – ganz und gar unterstütze.
Herr Hofelich, wir sind uns ja bei den meisten Themen einig. Sie haben allerdings gemeint, es fehlten ein geistiges Muster und eine Vision. Ich glaube, wir haben schon vor 60 Jahren die Vision gehabt, die Adenauer zum Ausdruck brachte:
Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.
Wenn ich darauf aufbaue, dann frage ich Sie: Hätten Sie zum Zeitpunkt der ersten Direktwahl 1979 gedacht, dass wir heute da stehen würden, wo wir stehen, dass wir mit Europa so weit vorangekommen sein würden?
Die Vision muss weiterhin lauten, dass Europa mehr ist als eine Freihandelszone, nämlich dass es eine Wertegemeinschaft ist. Das wurde von vielen angesprochen. Diese Werte beginnen bei dem Geist der Griechen, diese Werte umfassen das Römische Recht, und sie beinhalten auch den auf das Judentum zurückgehenden Glauben an den einen Gott. Diese Werte bedeuten aber auch den Geist der Aufklärung; sie wurden verkörpert von unseren Dichtern und Denkern, und sie sind die Grundlage für das, was Europa heute ausmacht, was uns verbindet und was damit die Brücke darstellt. Deshalb teile ich nicht ganz die Intention des Kollegen Theurer, so locker in den asiatischen Raum vorzudringen. Immer wieder wird die Frage gestellt: Wo sind die Grenzen von Europa? Ich meine, die Grenzen von Europa sind dort, wo die Gemeinschaft der Werte und der Übereinstimmungen endet. Auch das müssen wir klar und ehrlich sagen.
möchte ich die 30 Minuten Redezeit nicht ausschöpfen. Ich möchte mich bei allen bedanken: zunächst einmal bei den Kolleginnen und Kollegen für die engagierte Zusammenarbeit. Ich glaube, es lohnt gerade in diesen Tagen, in diesen Zeiten, sich für dieses Europa zu engagieren. Ich möchte mich aber auch für die Unterstützung in vielen Bereichen beim Europaausschuss, aber auch bei den anderen Fachausschüssen bedanken, die sich mit dem vorliegenden Europabericht befasst haben.
Europa – das hat Jacques Delors gesagt – ist wie ein Fahrrad. Es bewegt sich vorwärts, oder es fällt um. Ich glaube, es bewegt sich weiterhin vorwärts. Dieser Bericht und die heutige Debatte darüber tragen viel dazu bei, dass es stabil weiter vorwärts fährt.