Protokoll der Sitzung vom 23.04.2009

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich bitte um Nachsicht. Aber die Geschäftsordnung sieht vor, dass ich an das Saalmikrofon gehen soll. Ich halte mich daran.

Nein, sie sieht vor, dass man sich meldet.

Ich wollte nur fragen, Frau Kollegin Splett, …

Ich habe noch nicht Ja gesagt.

Gestatten Sie die Frage?

Ich sage Ja.

… ob Ihnen die Drucksache 14/4382 bekannt ist. Gerade bei den Verkehrsflächen, die Sie ansprachen, wollen die Fraktionen von CDU, SPD und FDP/DVP in diesem Landtag durch Stuttgart 21 den Flächenverbrauch erheblich reduzieren.

(Heiterkeit des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ich bin einmal gespannt, was da im Protokoll steht!)

Mir geht es um das ganze Land. Weil es um die Situation im ganzen Land geht, verweise ich noch einmal auf das Zitat, dass ich Ihnen gerade vorgelesen habe: Der Flächenverbrauch für Verkehrsflächen wächst an.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Dagegen müssen wir etwas tun. Stuttgart 21 ist aus ganz anderen Gründen ein unsinniges Projekt,

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Aha!)

das abzulehnen ist und das nicht tauglich ist, um das Problem des Flächenverbrauchs in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Aber es spart viel Fläche ein!)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Ehret das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, mir bleibt nach meinem inhaltlichen Vortrag noch etwas Zeit, um nach den Vorwürfen in Richtung FDP/DVP-Fraktion einmal chronologisch darzustellen, wie dieser Antrag zustande gekommen ist. Aber zunächst möchte ich inhaltlich vortragen.

Für uns ist ganz klar – das hat Kollege Rülke auch gesagt –: In Zukunft muss mehr denn je der Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ gelten. Ebenso klar ist, dass mit der wertvollen Ressource Boden äußerst sparsam umgegangen werden muss. Die rechtlichen Rahmenbedingungen hierfür, ob zielführend oder nicht, sind schon lange auf sparsamen Umgang mit Boden angelegt. Mit dem Bundesbaugesetz bzw. dem Baugesetzbuch hat der Bund die Voraussetzungen für die Landratsämter geschaffen, insoweit zu prüfen.

Der Bund hat gemerkt: Hier muss aufgrund der zu großen Flächeninanspruchnahme etwas getan werden. Er hat reagiert und das Bundesbaugesetz modifiziert. Staatssekretär Drautz hat dies erwähnt. Seit dem Jahr 2004 wird darin u. a. eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Flächeninanspruchnahme bei der Bauleitplanung verlangt, und es wird betont, dass die Innenentwicklung vorrangig ist. Hintergrund war und ist – dies ist sehr sinnvoll –, einheitliche Genehmigungsverfahren und eine einheitliche Genehmigungspraxis für Bauleitpläne bei den Regierungspräsidien und bei den Landratsämtern zu schaffen.

Ich bin unserem Wirtschaftsminister für seine Anstrengungen sehr dankbar. Auch meine Vorredner haben dies zum Ausdruck gebracht. Herr Kollege Stober, ich bin sicher, dass der vorliegende Antrag nicht dafür verantwortlich ist, dass die Plausibilitätsprüfung eingeführt worden ist. Denn ich bin sowohl in Kontakt mit Herrn Dr. Dreier vom Regierungspräsidium, mit Herrn Würtenberger, unserem Regierungspräsidenten, als auch mit den Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums. Diese Gedanken gibt es schon länger. Man hat sie jetzt zusammengefasst. Dafür, lieber Herr Pfister, bin ich dankbar. Sie haben die Initiative ergriffen. Um Einheitlichkeit zu erreichen, wurde die Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise entwickelt. Der Stellenwert der regionalen und örtlichen Besonderheiten wird besonders betont. Das darf man auch nicht vergessen. Auch das Umweltministerium steht dahinter.

Die Vorlagen wurden den Regierungspräsidien Anfang dieses Jahres übermittelt. Diese müssen ihrerseits die Landratsämter mit einbinden. Beim Regierungspräsidium Freiburg – dies ist auch schon erwähnt worden – wurden bereits sogenannte Zielvereinbarungen mit den Landratsämtern geschlossen. Ich habe dies bereits im Umweltausschuss angesprochen. Mittlerweile liegen den Mitgliedern des Umweltausschusses die Unterlagen zu diesen sehr sinnvollen Zielvereinbarungen vor.

Entgegen den hier gemachten Äußerungen höre ich vom Regierungspräsidium Freiburg, dass die Resonanz gut ist. Wir stoßen dabei – bei Einzelnen sicherlich – in der großen Mehrzahl nicht auf Widerstand. Ich habe das mit Herrn Würtenberger und mit dem Referatsleiter, Herrn Dr. Dreier, auch besprochen. Es ist wirklich festzustellen – das ist das Gute –, dass auf allen politischen Ebenen die Diskussion jetzt wieder neu in Gang kommt.

Einen guten Beitrag hierzu hat in Südbaden auch der Regionalverband Südlicher Oberrhein mit seinem Forschungsprojekt FLAIR – Flächenmanagement durch innovative Regionalplanung – geleistet. Es gibt auch andere Projekte, an denen sich Kommunen beteiligen.

Für mich und für die FDP/DVP steht eindeutig fest, dass wir dieses Ziel nur gemeinsam mit den Kommunen, den Landkreisen, den Regierungspräsidien und den Regionalverbänden erreichen können. In die kommunale Planungshoheit wird keinesfalls eingegriffen. – Es ist schade, dass die Kollegin Sitzmann nicht anwesend ist. Sie hat gestern gesagt, die FDP lasse die Kommunen im Stich.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das stimmt auch!)

Das Gegenteil ist der Fall. Wir stehen für die kommunale Selbstverwaltung, für die kommunale Hoheit und hier insbesondere für die Planungshoheit der Kommunen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: So ist es! Als Einzige!)

Statt gesetzliche Vorgaben zu schaffen – was wir als Land gar nicht machen können; das ist schon verschiedentlich angeklungen –,

(Zuruf von der CDU: Hat einer etwas anderes ge- sagt?)

müssen wir verstärkt die Bewusstseinbildung in den Kommunen vorantreiben. Diese wird durch die Plausibilitätsprüfung als eine gute Beratungshilfe unterstützt. Andere Initiativen wie MELAP oder das Aktionsbündnis „Flächen gewinnen“ helfen auch mit.

Frau Gönner hat es angeschnitten: Hierzu sind regionale Veranstaltungen durchgeführt worden. Ich selbst war in meinem Wahlkreis, in Denzlingen, auch dabei. Diese Veranstaltungen sind auf gute Resonanz gestoßen. Hier sind wir alle – fast alle Abgeordnetenkollegen sind ja Mitglieder in Gemeinderäten, Kreisräten oder Regionalverbänden – gefordert, die Überzeugungsarbeit der Landesregierung zu unterstützen und Überzeugungsarbeit mit zu leisten. Ein gesunder Wettbewerb gerade um junge Familien – das ist zu beobachten – kann auch durch Vorantreiben einer guten Innenentwicklung stattfinden.

Zum Thema „Gute Innenentwicklung“ weise ich als Bauplaner darauf hin, dass dazu auch gehört, Grünflächen zu erhalten und Plätze zu gestalten. Das alles gehört auch zu einer guten innerörtlichen Wohnqualität. Sonst werden dort Brachen entstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Des Weiteren muss auch klargestellt werden, dass ein langes Vorhalten von Wohn-, Gewerbe- und Industriegebieten für die Kommunen zu einer großen Belastung ihrer Gemeindehaushalte wird.

(Zuruf des Abg. Ulrich Lusche CDU)

Das heißt, man muss die Folgekostenrechnung genau prüfen, analysieren. Dazu – das haben wir gehört – wird das Land mit dem Folgekostenrechnungsmodell Hilfestellung leisten.

Ich bin sicher, dass sich die vielen kommunalen Mandatsträger diesen Diskussionen verantwortungsvoll stellen werden. Man muss auch bedenken: Rückwirkend wurden die Zahlen des Statistischen Landesamts hinsichtlich des Zuzugs bzw. der Bevölkerungsentwicklung auf das Jahr 2012 oder das Jahr 2015 korrigiert.

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Es liegt eine neue Situation vor. Es ist den Gemeinden im eigenen Interesse zu raten, auch für bereits im Rahmen der Flächennutzungspläne genehmigte Bauflächen die Plausibilitätsprüfung mit den geänderten Zahlen noch einmal durchzuführen.

Ich halte die Vorgehensweise insgesamt unter Mitwirken von Wirtschaftsministerium, Regierungspräsidien, Kommunen, Regionalverbänden, Umweltministerium für richtig. Es ist auch angedacht, die Praxistauglichkeit dieser Hinweise – das ist ein neues Modell – in angemessener Zeit zu überprüfen. Daran sollten wir – das ist eine Aufforderung an uns alle – auch konstruktiv mitarbeiten.

Wir werden weiterhin – das ist auch wichtig – mit Städtebausanierungsprogrammen und dem modifizierten ELR verstärkt dazu beitragen, die Innenentwicklung zu forcieren. Auch Revitalisierung von ehemaligen Nutzflächen und des durch unsere Große Anfrage beleuchteten Bereichs der Konversionsflächen eröffnen uns hierbei große Chancen, die wir auch nutzen sollten.

Eine Anmerkung noch: Dabei wird der Flächenkreislaufwirtschaft eine sehr hohe Bedeutung zukommen. Den Umweltpolitikern ist ja bekannt, dass die Kreislaufwirtschaftssysteme sehr erfolgreich sind.

Es wurde auch vom Kollegen Dr. Rülke angesprochen: Selbstverständlich sind wir sehr gern dabei und halten es für sinnvoll, steuerliche Vergünstigungen für Maßnahmen im Innenbereich zu unterstützen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Redezeit ist leider abgelaufen. Ich werde die angekündigte Klarstellung – das lasse ich so nicht im Raum stehen – hinsichtlich der chronologischen Entwicklung im Umweltausschuss oder schriftlich nachreichen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der vorliegenden Initiativen.

Der Antrag Drucksache 14/2723 ist ein reiner Berichtsantrag, der für erledigt erklärt werden kann. – Es ist so beschlossen.

Die Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP/ DVP, Drucksache 14/3042, ist beendet. Eine Abstimmung ist nicht erforderlich.

Tagesordnungspunkt 3 ist damit abgeschlossen.