Protokoll der Sitzung vom 23.04.2009

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G u s t a v A d o l f H a a s S P D – Z u s t e l l u n g v o n S t e u e r b e s c h e i d e n u n d S t e u e r u n t e r l a g e n d u r c h u n z u v e r l ä s s i g e P o s t d i e n s t l e i s t e r i m A u f t r a g d e r F i n a n z ä m t e r d e s L a n d e s B a d e n - W ü r t t e m b e r g

Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen, meine Damen, meine Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Wie viele Steuerpflichtige aus dem Land sind von der „Hortung“ ihrer Steuerunterlagen bei einem vom Finanzamt Freiburg – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, bitte warten Sie einmal.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie der Fragestunde nicht folgen wollen, dann verlassen Sie doch bitte den Plenarsaal und führen Sie Ihre Gespräche draußen.

Bitte, Herr Abgeordneter.

Ich beginne nochmals: Ich frage die Landesregierung:

a) Wie viele Steuerpflichtige aus dem Land sind von der „Hortung“ ihrer Steuerunterlagen bei einem vom Finanzamt Freiburg beauftragten Postdienstleister betroffen, zu der die Staatsanwaltschaft Freiburg vor der Presse am 8. April 2009 erklärt hat, dass bei einer Hausdurchsuchung im März „mehrere Tausend Postsendungen“ gefunden worden seien, die zum Teil zwei Jahre bei dem beauftragten Dienstleister gehortet wurden?

b) Wie stellt das Finanzministerium vor dem Hintergrund der

aktuellen Vorfälle beim Finanzamt Freiburg sicher, dass die Finanzämter im Land bei der Beauftragung eines Postdienstleisters nicht nur auf die Kostenfrage abstellen, sondern auch auf die Zuverlässigkeit bei der Zustellung von Post, bei der der Datenschutz und das Steuergeheimnis für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in jedem Fall gewährleistet sein müssen?

(Staatssekretär Gundolf Fleischer betritt den Plenar- saal.)

Ich darf Herrn Staatssekretär Fleischer vom Finanzministerium bitten, die Antwort der Landesregierung zu geben.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Können Sie sich denn noch an die Frage erinnern?)

Die Anfrage des Kollegen Haas beantworte ich wie folgt:

Zu a: Nach Erkenntnissen des Finanzamts Freiburg-Stadt wurden bei dem fraglichen Zusteller im Rahmen einer Hausdurchsuchung durch die Staatsanwaltschaft u. a. ca. 900 Briefe des Finanzamts Freiburg-Stadt gefunden, die im Zeitraum Juli bis November 2007 abhanden gekommen sind.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Ungeheuerlich!)

Diese ca. 900 Briefe wurden dem Finanzamt am 24. März 2009 in ungeöffnetem und unbeschädigtem Zustand vom Geschäftsführer des betroffenen Postdienstleisters übergeben. Das Finanzamt hat dann alle Briefe geöffnet und geprüft, ob eine nochmalige Zustellung erforderlich ist. Zum Teil konnte die erneute Zustellung unterbleiben, weil schon eine Ersatzzustellung erfolgt war. Zum Teil handelte es sich um Vordruckbriefe, sodass auch hier eine erneute Zustellung unterblieb. Briefe, die Originalbelege enthielten, wurden den Adressaten mit einem Erläuterungsschreiben erneut zugestellt.

Zu b: Mit Blick auf die regionalen Unterschiede des Anbietermarkts obliegt es grundsätzlich jedem Finanzamt, eigenverantwortlich über den Abschluss von Dienstleistungsverträgen für die Beförderung von Briefsendungen vor Ort zu entscheiden. Das Finanzministerium hat den Finanzämtern hierzu gemeinsam mit der Oberfinanzdirektion Karlsruhe ausführliche Hinweise und Handlungsanweisungen inklusive Musterverträgen zur Verfügung gestellt.

Bei der Vergabe von Dienstleistungen ist stets darauf zu achten, dass die Qualität der Dienstleistungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten steht. Die Vergabe der Briefzustellung erfolgt daher nicht allein nach Kostengesichtspunkten, sondern immer auch nach der Zuverlässigkeit des Unternehmens. Die Finanzämter sind angewiesen, bei der Wahl eines Unternehmens zur Briefbeförderung mit äußerster Sorgfalt vorzugehen, um zuverlässige Vertragspartner zu gewinnen.

Dennoch kann weder bei der Deutschen Post AG noch bei anderen privaten Anbietern von Postdienstleistungen auch bei Anlegung größter Sorgfaltsmaßnahmen im Voraus ausgeschlossen werden, dass einzelne Briefzusteller ihre Aufgabe nicht sachgerecht erledigen. Offenkundig lag bei dem der Anfrage zugrunde liegenden Fall eine solche nicht vorhersehbare Handlung einer Einzelperson vor.

Werden Vorfälle bekannt, die die Zuverlässigkeit der zuständigen Firma infrage stellen, wird die Firma aufgefordert, die Mängel zu beheben. Hat die Aufforderung zur Mängelbehebung keinen Erfolg, werden bestehende Verträge gekündigt bzw. wird diese Firma bei einer neuen Vergabe nicht mehr berücksichtigt.

Zusatzfrage des Herrn Abg. Gustav-Adolf Haas.

Herr Staatssekretär, ausweislich der Presse ist der Postdienstleister des Finanzamts Freiburg gewechselt worden. Frage: Wurde die Zuverlässigkeit des neuen Postdienstleisters geprüft?

(Zuruf des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Zweitens: Hat der Postdienstleister ein Angebot abgegeben, und ist sichergestellt, dass die Vorstellung, dass Mindestlöhne bezahlt werden müssen, Eingang in die Beauftragung gefunden hat?

Zunächst darf ich darauf hinweisen, dass die Sorgfalt bei der Auswahl dadurch zum Ausdruck kommt, dass natürlich nur lizenzierte private Unternehmer zum Zuge kommen. Das heißt, die Lizenz wird von der Post nur dann erteilt, wenn das, was Sie auch angeführt haben, entsprechend überprüft und zugesagt ist.

In diesem Fall darf ich Ihnen auch sagen, dass der Postdienstleister bereits am 1. Dezember 2007 gewechselt wurde. Das war aber nicht darauf zurückzuführen, dass man wegen dieser nicht zugestellten 900 Briefe nunmehr unzufrieden war. Vielmehr hatte man einen anderen Dienstleister gefunden, der bereit war, diese Tätigkeit zu günstigeren Konditionen auszuführen.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Aha! – Abg. Gus tav-Adolf Haas SPD: Noch günstiger?)

Noch günstiger.

Zusatzfrage des Herrn Abg. Sakellariou.

Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, dass die Deutsche Post nicht die Post des Finanzamts Freiburg befördert?

Es ist so, dass die Deutsche Post grundsätzlich den Auftrag hat und diese sich nachher weiterer Dienstleister bedient.

In Freiburg versendet das Finanzamt – statistischer Schnitt – etwa 14 000 Briefe pro Monat – ich sage dies auch im Hinblick auf die Relation zu den 180 Nichtzustellungen pro Monat, auf die man kommt, wenn man die 900 durch 5 dividiert, weil das Ganze über fünf Monate ging –, wobei die Deutsche Post selbst 4 000 Briefe befördert und sich für die Zustellung der übrigen 10 000 Briefe einer lizenzierten Einrichtung bedient.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Danke schön!)

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. N o r b e r t Z e l l e r S P D – Z u s a m m e n s e t z u n g d e r G e s a m t e l t e r n b e i r ä t e

Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

Wie stellt sich die Landesregierung zu Überlegungen, für die Zusammensetzung der Gesamtelternbeiräte eines Schulträgers die Möglichkeit eines Delegationsprinzips einzuführen und hierfür das Schulgesetz entsprechend zu ändern?

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Wacker das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beantworte die Mündliche Anfrage des Kollegen Zeller wie folgt:

Nach der jetzigen schulgesetzlichen Regelung bilden die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Elternbeiräte aller Schulen eines Schulträgers den Gesamtelternbeirat. So ist das aktuell in § 58 Abs. 1 des Schulgesetzes geregelt.

Wegen der damit verbundenen zusätzlichen terminlichen Belastung der betroffenen Elternvertreter hat der Landeselternbeirat darum gebeten, für den Elternbeirat der Schule die Möglichkeit zu schaffen, statt der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden aus seiner Mitte andere Elternvertreter zu entsenden. Zusätzlich bittet der Landeselternbeirat um die Möglichkeit, auch Verhinderungsstellverteter zu wählen.

Dieser Wunsch ist nachvollziehbar. Außerdem beinhaltet dieser Wunsch auch eine ehrenamtsfreundliche Regelung, Aufgaben aus der Mitte des Gremiums des Gesamtelternbeirats auf mehrere Schultern zu verteilen. Aus diesem Grund gehen wir dieser Bitte nach. Wir haben einen entsprechenden Gesetzentwurf eingereicht, der vom Ministerrat zur Anhörung freigegeben wurde. Damit läuft das Gesetzgebungsverfahren. Wir gehen davon aus, dass dieses Gesetz bei dem üblichen Gesetzgebungsfahrplan noch vor der Sommerpause in Kraft treten kann.

Die vorgesehene neue rechtliche Regelung möchte ich dreistufig schildern:

Erstens: Es bleibt bei dem gesetzlichen Regelfall, wonach Mitglieder des Gesamtelternbeirats der Elternbeiratsvorsitzende und sein Stellvertreter sind.