Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

Das Präsidium hat eine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion darf ich Herrn Abg. Scheuermann das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Am 2. April dieses Jahres sind – endlich; das müssen wir dazusagen – die Verträge für den Bau des neuen Bahnhofs in Stuttgart und die damit verbundenen weiteren Maßnahmen, vor allem die Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm, abgeschlossen worden. Dies ist sicherlich ein außerordentlicher Tag für die Landespolitik. Denn eine so ins Wesentliche zielende Verbesserung unserer Infrastruktur auf einen Schlag werden wir auf absehbare Zeit nicht wieder bekommen.

Ich möchte an dieser Stelle allen, die am Abschluss dieser Vereinbarungen beteiligt waren, beginnend mit dem Ministerpräsidenten über den zuständigen Fachminister Heribert Rech und seinen Staatssekretär Rudolf Köberle, aber auch der Mehrheit dieses Hauses, die immer hinter diesem Projekt gestanden ist, ganz herzlich danken.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Meine Damen und Herren, wenn nun etwas zu einem gewissen Abschluss gekommen ist, dann fragt man sich natürlich: Warum beschäftigt uns das hier in diesem Parlament noch einmal? Zunächst einmal möchte ich sagen: Lasst uns doch auch die Chance, unsere Freude über diese Geschichte zum Ausdruck zu bringen, und lasst uns auch einmal jubilieren. Wir haben in diesem Haus ja nicht jeden Tag Gelegenheit, unserer Freude und unserer Genugtuung Ausdruck zu verleihen.

(Lachen des Abg. Reinhold Pix GRÜNE)

Der Entschließungsantrag der drei Fraktionen, die bisher immer hinter diesem Projekt gestanden sind, ist Ausdruck dieser Freude. Darüber hinaus kommt darin auch zum Ausdruck, was die wesentlichen Vorteile dieser Maßnahme sind. Ich brauche diese Vorteile jetzt nicht noch einmal im Einzelnen herunterzubeten; sie sind, glaube ich, allen bekannt.

Aber eine grundsätzliche Bemerkung darf man sich an dieser Stelle doch erlauben: Wir als Mehrheit in diesem Landtag vertrauen auf eine vielfach kontrollierte, abgesicherte und alternativlose Maßnahme, wenn wir hinter diesem Bahnhof stehen. Ich kann nur hinzufügen: Eine völlig risikofreie Maßnahme gibt es nicht. Aber wenn wir immer nur die Bedenken in den Vordergrund stellten, wenn wir immer nur hinter den Bedenkenträgern herliefen, gäbe es gar keinen Fortschritt. Wir brauchen diese Maßnahme, um unseren Lebensstandard zu halten und unseren Wohlstand zu sichern.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, immer wieder wird gefragt: Was passiert denn, wenn wir mit den prognostizierten Beträgen

nicht auskommen? Zunächst einmal: Was die Neubaustrecke betrifft, kann uns diese Frage egal sein. Denn da werden wir im Fall von Mehrkosten überhaupt nicht herangezogen. Das ist eindeutig und ausschließlich eine Maßnahme der Deutschen Bahn, die dann für eventuelle Mehrkosten aufkommen muss.

Beim neuen Bahnhof in Stuttgart verhält es sich anders. Da gibt es mehrere Kostenträger, und deshalb war zu regeln, wie eventuelle Mehrkosten auf diese Kostenträger aufgeteilt werden. Ich kenne überhaupt keine Maßnahme, bei der beim Abschluss der Planungen und der Vorlage der entsprechenden Unterlagen Mehrkosten von 47 % der prognostizierten Kos ten geregelt sind.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

47 % der im Jahr 2004 kalkulierten und nach einem Baukos tenindex auf heute hochgerechneten Baukosten, also eine Kos tensteigerung um die Hälfte der geplanten Baukosten, sind in diesen Vereinbarungen geregelt. Meine Damen und Herren, wir müssten eigentlich den Glauben an alle Ingenieure und Betriebswirtschaftler verlieren, wenn wir sagen würden, es komme zu noch höheren Kostensteigerungen als 50 %.

Meine Damen und Herren, dieser Bahnhof ist von seiner Bedeutung her eine Einrichtung für das gesamte Land BadenWürttemberg. Aber besondere Vorteile davon hat natürlich die Stadt Stuttgart, die plötzlich in der Innenstadt über Flächen von mehreren 10 ha zusätzlich verfügen wird. Ich kenne überhaupt keine Großstadt, die eine solche Chance für die Zukunft hat, mitten in der Stadt zusätzliche Flächen zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Wir brauchen irgendwann einmal ein Grundstück für einen neuen Landtag. Meine persönliche Meinung ist: Zu diesem Gebäude und zu dem Gebäude der Abgeordneten können wir nicht noch ein drittes Gebäude hinzufügen. Dann sind wir vielleicht froh, wenn wir in Bahnhofsnähe einen ausreichenden Standort für einen neuen Landtag haben werden.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler für die Fraktion der SPD.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Uns liegen die Verträge zu Stuttgart 21 und zur Neubaustrecke Wendlingen–Ulm vor, die wir heute durch den Landtag bestätigen. Darüber hinaus betonen wir mit dem Antrag, den die drei Fraktionen eingebracht haben, die herausragende Bedeutung, dass ganz Baden-Württemberg an diesem Projekt partizipieren wird. Wir schließen den ganzen badischen Teil an diese neue Transversale Paris–Bratislava über Mannheim und Karlsruhe an. Wir schließen im Grunde genommen den gesamten südlichen Bereich mit der Gäubahn über Stuttgart und den gesamten südwürttembergischen Teil von Friedrichshafen über die Bahn nach Ulm an diese große Strecke an. Den Teil Ostwürttemberg schließen wir auch über Ulm an. Das ganze Land partizipiert daran.

Lassen Sie mich sagen, was ich an der ganzen Debatte nicht verstehe. Da möchte ich einmal an die grünen Freunde appellieren.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Grüne Freunde?)

Grüne Freunde: Es ist nach unserer Auffassung auch ein grünes Projekt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Na klar!)

Ja, natürlich. Ich will Ihnen einmal deutlich sagen, warum das ein grünes Projekt ist.

Erstens: Es ist ein grünes Projekt, weil wir Lärm von den Menschen wegnehmen. Wir fahren sonst immer oberirdisch. Gehen Sie einmal nach Baden, nach Offenburg. Überall will man in den Tunnel; hier macht man es.

Zweitens: 60 ha nimmt die Stadt Stuttgart aus ihrem Flächennutzungsplan heraus, um innerstädtisch eine Verdichtung vorzunehmen und weniger Grünland zu bebauen. Das ist doch eine moderne Stadtplanung par excellence. Ich verstehe den Widerstand überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Es gibt außerdem eine riesige Ausweitung des Rosensteinparks auf dieses neue Gelände. In dem Entschließungsantrag steht, dass Ihr K 21 keine Alternative wäre. Wir müssten neue Gleise ins Neckartal legen, um den Kopfbahnhof auf 38 Züge pro Stunde zu ertüchtigen. Jetzt hat er gerade 25 Züge pro Stunde. Der Durchgangsbahnhof hat 51 Züge pro Stunde. Wir bauen den Bahnhof ja nicht für die nächsten zehn, sondern für die nächsten 150 Jahre.

Das gesamte Gegenprojekt, so viel Mühe es gemacht hat, hat überhaupt nur eine Chance, wenn Sie es in zehn bis 15 Jahren realisieren könnten. Bis dahin würde nichts passieren. Meine These ist: Dann würde die Bahn – was sie schon jetzt kann – völlig um Baden-Württemberg herumfahren. Die Strecke würde dann über Frankfurt–Würzburg–Augsburg gehen.

(Widerspruch des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)

Ja, natürlich. Jeder zweite ICE hält schon gar nicht mehr im Frankfurter Hauptbahnhof, sondern fährt über den Frankfurter Flughafen. Das muss man sich einmal vorstellen. 15 Jahre auf ein Schienenprojekt zu warten, lieber Kollege Kretschmann, halte ich für eine Vernachlässigung der Interessen Baden-Württembergs.

An der Sache macht mich wütend, dass man in Stuttgart zuerst einmal 62 000 Menschen mit einer Unterschrift auf die Bäume gejagt hat und ein Bürgerbegehren will, obwohl klar war, dass dieses Bürgerbegehren rechtlich nicht möglich ist. Ordnungsbürgermeister Murawski – er gehört wohl der Grünen-Partei an – hat von Anfang an erklärt: Das geht rechtlich nicht. Trotzdem gab es diese Aktion. Diese 62 000 Menschen müssen Sie jetzt wieder von den Bäumen herunterholen.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Das sind doch keine Affen!)

Nein. Aber sie sind da und sind in den Ecken drin. Und Sie klären die Leute nicht auf, Herr Kollege Pix; Sie nicht! Wenn man mit denen redet, sagen sie: „Undemokratisches Verhalten; Sie lassen uns nicht abstimmen.“ Sie müssen den Menschen das erklären!

Das, was Sie jetzt machen, halte ich für noch viel schlimmer. Morgen Abend gibt es eine Demonstration oder Großkundgebung gegen Stuttgart 21 mit dem Inhalt – was ich schon für ganz grenzwertig halte –, Stuttgart 21 demnächst durch den Bürgerwillen stoppen zu wollen. Das soll wohl sagen: Wenn die Stuttgarter Bürger Grün wählen, dann wird Stuttgart 21 gestoppt. Nichts anderes bedeutet dieser Aufruf. Das ist Volksverdummung; denn das wird nicht mehr gestoppt!

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP)

Auch wenn Sie eine andere Mehrheit im Gemeinderat hätten, bekämen Sie kein Bürgerbegehren durch, weil das rechtlich nicht möglich ist. Das sollten Sie den Stuttgarter Bürgern endlich einmal sagen und sie vielmehr dazu einladen, jetzt die vielen Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger wahrzunehmen, damit auf der Fläche vielleicht eine andere Planung stattfindet. All das muss man jetzt machen. Das wäre eine sehr schöne Geschichte. Sie sollten nicht in der Ecke stehen und den Leuten etwas vorgaukeln, was nie eintreten wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Wölfle für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Damen und Herren!

(Abg. Wolfgang Drexler SPD unterhält sich mit Abg. Brigitte Lösch GRÜNE.)

Herr Drexler, ganz ruhig! – Erstens haben wir niemanden auf die Bäume gejagt.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So viele Bäume haben wir gar nicht!)

Wir haben in Stuttgart gar nicht mehr so viele Bäume

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die kriegen Sie ja wie- der!)

wie Leute, die sich gegen Stuttgart 21 gerichtet haben und auch weiterhin richten.

Weiter reden Sie von „Volksverdummung“.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja!)