Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

(Beifall bei den Grünen – Lebhafte Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Dietrich Birk: Das war mindes tens Hauptseminar! – Unruhe)

Wir sind in einem gewählten Parlament und haben hier auch politisch zu entscheiden.

(Lebhafte Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Stefan Scheffold: Wir brauchen auch eine rechtliche Grund- lage! – Abg. Stefan Mappus CDU: Die Anarchozeit habt ihr doch eigentlich hinter euch! Oder geht ihr wieder dahin zurück? – Unruhe)

Wir sind hier, um auch politisch zu entscheiden und zu bewerten. Wenn ich die Ausführungen, die Herr Minister Frankenberg gerade gemacht hat, politisch bewerte, dann komme ich wieder zu dem Fazit eines der eingangs zitierten Leserbriefe, nämlich: Die Volksverdummung durch das Wissenschaftsministerium geht weiter.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Widerspruch bei der CDU – Abg. Werner Pfisterer CDU: Wie man hier das Recht ignoriert! Unglaublich!)

Sie haben jetzt lang und breit versucht, hier auszuführen, wie schwierig und wie kompliziert das alles sei. Ich muss Ihnen jetzt aus einigen Urteilen etwas entgegenhalten, das Ihre Meinung widerlegt, dass die Entlassung nicht schon viel früher hätte stattfinden können. Im Urteil des Landgerichts Freiburg von 2003 steht, dass der Verlust der Stelle an der Uniklinik Freiburg endgültig sein wird. Das ist ein klarer Hinweis. Im Urteil des Verwaltungsgerichts von 2006 wird die Klage von Friedl gegen die gekündigte Berufungsvereinbarung abgewiesen, weil „eine Sorgfaltspflichtverletzung durch planvolles Handeln vorliegt, die das Vertrauen in die Leitung der Abteilung der Unfallchirurgie in besonderem Maße erschüttert“.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Was braucht man denn noch?)

Weiter wird betont, dass die geplanten Pflichtverstöße möglicherweise weitere disziplinarische Maßnahmen gegen den Kläger rechtfertigen.

(Abg. Andrea Krueger CDU: Möglicherweise, genau! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist doch gar nicht erfolgt!)

Das heißt, es war schon längst auf dem Tisch, aber der 9. Senat des VGH, der für Arztrecht zuständig und die Kontroll instanz bei Disziplinarverfahren ist, hat in seinem Beschluss vom 24. April 2009 ausgeführt, dass ein erneutes Auftreten von Friedl als Chefarzt zu einem erheblichen Ansehensverlust der Uniklinik insgesamt führen würde und die Funktionsfähigkeit der Chirurgischen Uniklinik insgesamt gefährden könnte.

Herr Minister, da frage ich Sie doch: Wie deutlich wollen Sie es denn noch haben, bis Sie endlich die Entfernung aus dem Dienst betreiben?

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Unser Fazit ist: Sie haben die Entlassung gescheut wie der Teufel das Weihwasser. Im Wissenschaftsausschuss mussten wir mit großem Erstaunen hören, dass da von einer Fürsorgepflicht gegenüber dem suspendierten Unfallchirurgen die Rede war.

(Zuruf der Abg. Andrea Krueger CDU)

Das halte ich doch an dieser Stelle für völlig verfehlt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Diet- rich Birk CDU: Ist er jetzt suspendiert oder nicht? Sie sind widersprüchlich!)

Deswegen ist für uns klar: Nur die Fehler der Anwälte von Herrn Friedl haben Sie gerettet. Die Anwälte haben nämlich durch das VGH-Urteil verhindert, dass Sie einen rechtsunwirksamen Vergleich unterschrieben haben. Das war ein ausgesprochener Glücksfall für Sie. Für uns bleibt nach wie vor im Raum stehen: Warum wurde Friedl nicht schon längst endgültig suspendiert? Ist es Blindheit, ist es Inkompetenz oder ist es Vertuschung?

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Diet- rich Birk CDU: Er ist doch suspendiert! – Abg. Diet- mar Bachmann FDP/DVP: Er ist seit neun Jahren sus- pendiert! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Völlig da- neben!)

Wenn Sie hier sagen, Herr Minister, Sie würden wieder alles prüfen, dann muss ich Ihnen sagen, dass wir in Ihre Prüfungen nach nunmehr fast neun Jahren in diesem Disziplinarverfahren leider kein Vertrauen mehr haben.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Für uns nicht maß- gebend!)

Deshalb stellen wir heute den Antrag, das Disziplinarverfahren binnen zwölf Monaten abzuschließen; die Fakten liegen auf dem Tisch. Wir fordern, die Bezüge von Herrn Friedl – er erhält ja noch immer ein volles Gehalt von zwischen 4 000 und 6 000 € im Monat –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Unglaublich!)

unverzüglich um 50 % – das ist das, was maximal möglich ist – zu kürzen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Streichen!)

Wenn Sie das nach dem Landgerichtsurteil 2003 schon gemacht hätten, hätten Sie dem Steuerzahler mindestens 150 000 € ersparen können.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Schließlich ist es auch an der Zeit, in Bezug auf das Disziplinarverfahren einen Neuanfang zu machen und den Untersuchungsführer zu wechseln.

Meine Damen und Herren, jetzt liegt uns auch ein Antrag der Regierungsfraktionen vor. Er greift das auf, was eigentlich schon Beschlusslage des Landtags ist. Insofern bleibt er weit hinter unseren Forderungen zurück. Ich kann sagen: Prüfaufträge an das Wissenschaftsministerium halten wir angesichts der bisherigen Vorgänge nicht für das richtige Instrument, um tatsächlich endlich zu einer endgültigen Suspendierung zu kommen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wollen Sie Sonderer- mittlerin werden? – Abg. Dietmar Bachmann FDP/ DVP: Er ist doch suspendiert!)

Zu guter Letzt, meine Damen und Herren: Ich versichere Ihnen, ich bin seit 2004 an diesem Fall dran, und ich werde so lange dranbleiben, bis diese Operation Friedl endlich abgeschlossen und Herr Friedl erfolgreich ohne Bezüge aus dem Dienst entlassen ist.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Dr. Diet- rich Birk CDU: Dann fangen Sie schon einmal mit einem Jurastudium an!)

Das Wort erhält Herr Abg. Stickelberger.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines muss ich vorweg sagen: Die Pflichtverteidigung durch die Kollegen aus den Koalitionsfraktionen ist – bei allem Respekt – schlichtweg misslungen. Die konnte Sie nicht entlasten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Sie selbst haben wie ein – nicht besonders kluger – Anwalt in eigener Sache versucht, sich zu verteidigen.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Sehr gut!)

Merken Sie eigentlich nicht, Herr Minister, dass Sie sich hier aus der politischen Verantwortung schleichen?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Reinhold Gall SPD: Schleichen wollen!)

Merken Sie nicht, dass Sie die politische Verantwortung für diese Vorgänge und deren Abwicklung tragen? Ich habe nichts von Ihnen dazu gehört, wie Sie einen Fall Friedl oder Dopingfälle wie in Freiburg in Zukunft verhindern wollen. Was ändern Sie eigentlich an den Strukturen, damit so etwas nicht mehr geschieht? Was haben Sie da bisher unternommen?

(Abg. Stephan Braun SPD: Nichts!)

Wenn uns dies als Opposition schon nicht gelingt, so müsste Sie doch die öffentliche Diskussion zwingen, hier endlich tätig zu werden. Aber da ist offensichtlich nichts passiert.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Dann hätten wir schon gern einmal gewusst, was denn nun wirklich aus diesem Vergleich wird. In Ihren Stellungnahmen war zu lesen, der Vergleich würde hinfällig. Den Begriff der Hinfälligkeit kenne ich nicht. Ich habe eine gewisse forensische Erfahrung, Herr Kollege Löffler; das können Sie mir zugestehen.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Das gestehe ich Ih- nen gern zu!)

Haben Sie den Vergleich wirksam angefochten, oder haben Sie sich mit den Anwälten von Friedl auf die Aufhebung des Vergleichs geeinigt? Wie wird es denn nun weitergehen?

(Abg. Alfred Winkler SPD: Keine Antwort!)

Bekommen wir demnächst eine Klage der Anwälte von Friedl? Das alles sind offene Fragen, die Sie nicht beantwortet haben, deren Beantwortung aber für uns in diesem Parlament wichtig ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Was die Geschehensabläufe angeht – Frau Kollegin Sitzmann ist darauf schon eingegangen –: Jeder kluge Anwalt – da sollten Sie sich wirklich einmal umsehen, wenn Sie sich in Zukunft beraten lassen – hätte spätestens nach der strafrichterlichen Entscheidung des Landgerichts Freiburg erneut eine Disziplinarmaßnahme, eine vorläufige Disziplinarmaßnahme, ergriffen, um auszutesten, wie ein endgültiges Verfahren wohl ausgehen würde.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)