Wie in der Antwort zu Frage I.1. dargestellt, bestehen landesweit Probleme bei der Nahversorgung in … zumutbarer Entfernung.
Es ist somit vor allem die Aufgabe der Städte und Gemeinden selbst, im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit mit den Instrumenten der Bauleitplanung die planerische Steuerung … so vorzunehmen, dass die Erhaltung der eigenen und anderer attraktiver innerstädtischer Nahversorgungsstrukturen möglich ist.
(Abg. Fritz Buschle SPD: So ist es! Wie vieles! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Subsidiarität nennt man das normalerweise! – Zuruf der Abg. Mo- nika Chef FDP/DVP)
Aber ich darf gleich noch ein Zitat vorlesen. Wir haben im ländlichen Raum zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder die Landflucht – wir hatten seit den Sechzigerjahren die Bewegung von der Stadt auf das Land durch die Mobilität –, also eine umgekehrte Bewegung
an zwei wichtigen Enden: zum einen bei der Jugend. Denn wenn Jugendliche zum Studieren in die Städte gehen und dort qualifizierte Arbeitsplätze finden, dann bleiben sie dort und kommen nicht zurück. Hinzu kommt, dass junge Menschen mit Familie zuerst fragen: „Wie sieht es mit dem Gesundheitswesen und der Bildung im ländlichen Raum aus?“ Damit sieht es schlecht aus.
dass Angehörige der sogenannten Generation 50 plus sich verstärkt in innenstadtnahen Lagen oder in direkter Umgebung von Handels- und Dienstleistungsstandorten ansiedeln...
Wir haben die Situation, dass die Angehörigen der älteren Generation auch in die stadtnahen Lagen und in die Ballungszentren gehen, weil dort die medizinische Versorgung und die Nahversorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs besser ist.
(Abg. Fritz Buschle SPD: So ist es! Wenn die Kinder weg sind! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP)
Was bedeutet das? Zum ersten Mal haben wir einen Bevölkerungsrückgang im ländlichen Raum an beiden Enden. An bei
Der ländliche Raum bietet nämlich unterhalb einer bestimmten Einwohnerzahl – unterhalb von 6 000 Einwohnern – nicht mehr sehr viel.
Wir hatten im Jahr 2002 im ländlichen Raum folgende demografische Struktur: 23 % der Bevölkerung waren 60 Jahre alt oder älter, und 22 % der Bevölkerung waren 20 Jahre alt oder jünger. Im Jahr 2050 werden fast 40 % der Gesamtbevölkerung mindestens 60 Jahre alt sein; dementsprechend gibt es noch weniger jüngere Menschen.
Vielen Dank. – Damit will ich sagen: Das Risiko, dass der ländliche Raum weiter ausblutet, nimmt zu, und zwar sowohl bei der älteren Generation durch die demografische Entwicklung als auch bei der jüngeren Generation, weil die modernen Dienstleistungsberufe auf dem flachen Land nicht vorhanden sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Sehr müder Beifall von der SPD! – Ge- genruf des Abg. Fritz Buschle SPD: Weil wir konzen- triert zugehört haben!)
Die Debatte zeigt schon eine gewisse Hilflosigkeit. Ich kann eigentlich nur noch wiederholen, was schon angesprochen wurde.
Das Fazit, das man aus den Aussagen der Landesregierung ziehen kann, ist: Die Aufgabe, für die erforderliche Infrastruktur im ländlichen Raum zu sorgen, ist Sache der Gemeinden; die sollen das regeln.
Wir kümmern uns darum nicht. Wir leisten eine einmalige Sonderzahlung von 150 Millionen € aus dem Konjunkturpaket. Wenn es um den Lebensmitteleinzelhandel geht, dann soll es der Verbraucher richten. Der hat es doch im Griff, oder?
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Haben Sie schon einmal etwas vom Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden gehört?)
So einfach kann man es sich machen und das Ganze dann als Paket verkaufen, wobei man sagt: Wir in Baden-Württemberg sind die Besten, wir machen ein tolles Programm.
Ich nenne einmal den Zollernalbkreis. Dort kippt die demografische Entwicklung gerade. Sie zeigt tatsächlich ziemlich stark nach unten, was in den letzten Monaten eigentlich niemand gedacht hätte. Die Entwicklung in den ländlichen Räumen ist dadurch gekennzeichnet, dass wir einen schnelleren Schwund der Bevölkerung haben, als wir kürzlich noch annahmen. Es gibt nur noch wenige Wachstumsregionen und -kreise, aber es gibt sehr viel mehr Regionen, in denen der Bevölkerungsrückgang ganz dramatisch zunimmt, was sehr schnell Einfluss auf die Lebensqualität im ländlichen Raum haben wird. Ich sehe keinerlei Konzepte, wie man dem entgegenwirken will.
Wenn man sagt, die Schulen im ländlichen Raum sollten erhalten bleiben, Grund- und Hauptschulen – kurze Beine, kurze Wege –, dann muss das auch Konsequenzen haben. Sie können doch nicht einfach sagen: Die Kommunen müssen ko operieren. Sagen Sie dann doch gleich klipp und klar und ehrlich: Die Schulen werden geschlossen werden, weil wir sie nicht halten können.
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt spielen Sie doch nicht den Totengräber der Schulen im länd- lichen Raum!)
Da soll die Schule im Hauptort, in Vaihingen, geschlossen werden, damit die kleinen Schulen in den Teilorten aufrechterhalten werden können. Das heißt, Hunderte von Kindern werden transportiert. Also nicht „kurze Beine, kurze Wege“, sondern genau das Gegenteil ist der Fall: kurze Beine, aber lange Wege.
Herr Minister, Sie haben vorhin ein nettes Ranking der Wohlfühlregionen erwähnt. Sie sagen, das seien alles ländliche Regionen. Das bundesweite Ranking drückt aber etwas ganz anderes aus. Bei den Wohlfühllandkreisen, den Landkreisen, in denen sich die meisten Menschen wiederfinden und sagen: „Das ist meine Heimat, da habe ich einen Arbeitsplatz, da fühle ich mich wohl“, liegt der Landkreis Böblingen – übrigens mein Wahlkreis – auf Platz 1. Auf Platz 2 liegt Ludwigsburg.
Das ist der Wahlkreis des Kollegen Jürgen Walter. Also überall da, wo Grüne vertreten sind, fühlen sich die Menschen wohl, und das ist ein wichtiges Signal.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sie haben vom ländlichen Raum weniger Ahnung als ein Spatz Fleisch am Knie!)
Wenn ich mir die heutige Debatte vergegenwärtige, stelle ich fest, dass die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition über den ländlichen Raum vor allem reden, während wir von der Regierungskoalition für den ländlichen Raum handeln.
Ein letztes Wort, um auf mein Zitat von vorhin zurückzukommen: Ich bin froh und glücklich, im ländlichen Raum zu leben.