(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie hinken so, Herr Kollege! Haben Sie eine Fußfessel? – Vereinzelt Hei- terkeit – Gegenruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Mensch, Herr Zimmermann!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat habe ich etwas Ähnliches wie eine Fußfessel. Eine gebrochene Kniescheibe, Herr Kollege, ist gar nicht lustig.
Wenn die Heilung ein Jahr dauert und dann die Bänder kaputt sind, lässt sich erahnen, was es für einen Menschen bedeutet, wenn er sich über Jahre oder doch über längere Zeit hinweg
Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bei der ersten Lesung dargetan, dass wir uns als Fraktion – und ich insbesondere – intensiv um die Angelegenheit gekümmert und uns bemüht haben und dass wir es uns bei der Entscheidung, ob wir diesen Gesetzentwurf mittragen oder ablehnen, nicht leicht gemacht haben.
Ich habe nicht prinzipiell gleich von vornherein argumentiert und gesagt: Das kommt für uns verfassungsrechtlich nicht infrage – obwohl ich den Kollegen Sakellariou sehr wohl gut verstehen kann. Man kann an dieser Stelle schon hinsichtlich der Zuständigkeit des Gesetzgebers gewisse Bedenken äußern.
Das haben wir nicht getan. Ich habe gesagt: Darüber sehen wir hinweg. Es geht einfach darum, zu überlegen, ob im Rahmen der rechtsstaatlichen Vorgaben – –
Ja, Herr Stickelberger, wir stellen die Bedenken zurück. Das darf man doch einmal tun. Das Ministerium tut dies an mehreren Stellen. Da habe ich gedacht: Wenn das Ministerium das kann, dann können wir das an einer Stelle auch tun.
Diese Überlegung hat uns dazu geführt, zu sagen: Wir kümmern uns um die operativen Themen, die in dem Gesetzentwurf enthalten sind. Da haben wir eine große Schnittmenge mit der sozialdemokratischen Fraktion im Haus. Wir sind der Meinung: Eine Privatisierung beim Strafvollzug ist der falsche Weg.
Ich weiß schon, was mir der Minister nachher sagen wird. Deshalb antworte ich gleich darauf, weil ich danach nicht mehr zu diesem Thema zu Wort komme.
(Lachen des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Er soll die Frage stel- len!)
Er wird sagen, es sei keine Privatisierung. Es ist aber eine Übertragung auf einen privaten Träger, und die Übertragung auf einen privaten Träger ist für uns eine 1:1-Umsetzung der Privatisierung. Wir sind der Meinung: Strafvollzug ist eine öffentliche Hoheitsaufgabe und keine private Tätigkeit.
Weil wir dieser Meinung sind, weil dies für uns von zentraler Bedeutung war und ist und weil ich den Glauben an das Parlament, das heute über den Gesetzentwurf entscheidet – letztendlich ist es das Parlament, das entscheidet, und nicht das Ministerium – noch nicht verloren habe – sonst wäre ich kein Abgeordneter mehr –,
haben wir einen Antrag verfasst, der in Übereinstimmung mit den Erfordernissen, die der Landesbeauftragte für den Datenschutz und andere Institutionen formulieren, sicherstellt, dass gerade bei der Vollzugsüberwachung – Überwachung der Fußfessel, Erstellung von Bewegungsprofilen usw. – die Möglichkeit der Übertragung auf private Träger nicht gegeben ist. Dafür haben wir diesen Änderungsantrag formuliert.
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz fordert dies auch. Er sagt, Herr Minister: Für den Zeitraum der Pilotphase – ich habe seine Stellungnahme dabei, will sie Ihnen jetzt aber nicht wortwörtlich vortragen, weil das mein Zeitkontingent nicht zulässt; aber es handelt sich tatsächlich um ein Pilotprojekt, denn wir wollen das Gesetz ja nicht auf Dauer beschließen, sondern zunächst nur für vier Jahre – soll ausgeschlossen werden, dass private Träger in diesem Kernbereich hoheitlicher Aufgaben tätig werden. Dafür haben wir nun den vorliegenden Änderungsantrag formuliert. Darin steht:
Die für die elektronische Aufsicht zuständige Stelle ist eine Dienststelle der zuständigen Justizvollzugsanstalt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen – allzu viele sind nicht mehr hier, vielleicht schaffen wir das auch allein –,
wenn Sie diesem Änderungsantrag zustimmen, dann könnten wir uns überlegen, diesen Gesetzentwurf mitzutragen. Wenn Sie das nicht tun, dann kündige ich Ihnen für unsere Fraktion an: Ein Einfallstor für Privatisierungen im Strafvollzug wollen wir nicht öffnen. Deswegen würden wir diesen Gesetzentwurf dann ablehnen.
Der erste Punkt war die wissenschaftliche Begleitung dieses Projekts. Auch da habe ich in der Ausschusssitzung mehrfach nachgefragt, was vorgesehen ist, wie das Ganze angedacht ist. In § 14 des Gesetzentwurfs steht, dass eine wissenschaftliche Begleitung stattfinden soll. Das braucht man auch. Denn wenn man Menschen in gewohnter Umgebung, umgeben von Frau und Kindern, Fußfesseln zumutet, muss man auch überlegen, was dies für die Familie bedeutet.
Dafür haben Sie kein Geld bereitgestellt. Ich weiß, wissenschaftlich qualifizierte Begleitforschung kostet Geld. Wenn man kein Geld zur Verfügung stellt, kann ich nur daraus schlie ßen, dass man entgegen dem, was im Gesetzentwurf steht, keine wissenschaftliche Begleitung machen will.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Herr Kollege, die Alternative heißt, dass er im Gefängnis sitzt! – Ge- genruf des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Nein!)
Ein letzter Punkt, den ich benennen will, ist das Verfahren. Herr Minister, es freut mich sehr und dafür bedanke ich mich auch, dass Sie mir die Anhörungsunterlagen noch zur Verfügung gestellt haben. Sie sind zwar nicht vollständig, aber das wäre auch zu viel gewesen, das hätte ich gar nicht alles bis heute lesen können. Dass diese 20 Seiten umfassende Zusammenfassung der Anhörung drei Tage vor der abschließenden parlamentarischen Beratung noch bei der Opposition ankommt, finde ich klasse. Aber in den Anhörungsprotokollen, die mir zur Verfügung stehen, sind viele der Bedenken, wie sie u. a. auch von mir hier vorgetragen worden sind, vonseiten des Ministeriums mit folgendem Satz abgetan worden: „Die Kritik überzeugt nicht.“ Mich überzeugt die Kritik. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf trotz reiflicher Überlegung an dieser Stelle ab.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Argumente gegen diesen vorzüglichen Gesetzentwurf durch SPD und Grüne überzeugen an keiner Stelle. Die SPD sagt, es sei eine Klassenjustiz.