Protokoll der Sitzung vom 07.10.2009

wie ich als Strafvollzugsbeauftragter.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Aber er!)

Da gibt es gewisse Regelungen, die man nicht nachvollziehen kann. Wir alle wissen, Herr Kollege Stickelberger, dass wir in unseren deutschen Haftanstalten eine Arbeitspflicht haben; die se kommt auch im Strafvollzugsgesetz des Landes zum Ausdruck. Diese Arbeitspflicht bedeutet: Jeder Gefangene muss arbeiten. Ein Gefangener kann aber vielleicht einmal nicht arbeiten, weil er krank ist, oder er kann nicht arbeiten, weil er keine Arbeit bekommt. Jetzt stehen ihm hier aus einem ganz einfachen Grund Urlaubstage zu. Wenn er zwei Monate am Stück arbeitet, bekommt er einen Urlaubstag. Jetzt hat er aber auch Freistellungstage, wenn er länger arbeitet. Eventuell wird er vorzeitig entlassen und kann die Urlaubstage nicht nehmen

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange- zeigt.)

ich habe viel zu wenig Redezeit –, und wenn das so ist, müssen wir dies ausgleichen. Wir müssen das bezahlen. Es kann aber doch nicht sein, dass nicht in Anspruch genommene Urlaubstage eines Häftlings ausbezahlt werden müssen!

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.

(Heiterkeit)

Das ist die sogenannte Lohnfortzahlung eines Gefangenen und zeigt die Problematik der Freistellungstage.

Ich habe mir, Herr Minister – damit möchte ich es in der ers ten Lesung bewenden lassen –, einmal die Zahlen von Heimsheim geben lassen: Im Jahr 2006 musste der Steuerzahler 59 000 € bezahlen, im Jahr 2007 waren es 62 000 €, im Jahr 2008 waren es 78 000 €. Leute, die Urlaub hatten und ihn nicht nehmen konnten, weil sie frühzeitig entlassen wurden, wurden praktisch entschädigt.

(Glocke der Präsidentin – Unruhe – Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Das einmal so weit.

Herr Abgeordneter, Sie sind dabei, Ihre Redezeit zu verdoppeln.

Deshalb komme ich jetzt zum Schluss. Ich werde Ihnen in der zweiten Lesung dann noch einige Beispiele nennen, die Sie verwundern werden.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Keine Drohun gen!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Tho- mas Oelmayer GRÜNE: Hat er gesagt, ob er dafür oder dagegen ist? Vielleicht ist er ja dagegen! – Ge- genruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich begrü- ße das Gesetz! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Begrüßen reicht nicht!)

Das Wort erhält Herr Abg. Sakellariou für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, dass es um eine technische Umsetzung der Föderalismusreform geht. Insofern könnte man meinen, es gehe um etwas völlig Unproblematisches, wie sich der Minister auszudrücken pflegte.

(Abg. Walter Heiler SPD: Da hat er sich getäuscht!)

Aber ganz so ist es, mit Verlaub, nicht.

Mit diesem Gesetz wird all das Inhalt, über das wir schon im Vorfeld diskutiert haben, wobei wir an vielen Stellen gesagt haben, dass wir dies letztlich nicht mittragen können.

Worum genau geht es? Im Grunde geht es um etwas Positives, nämlich um die Zusammenführung sämtlicher Gesetze zum Justizvollzug in einem Gesetzbuch, um eine übersichtliche Zusammenfassung von Landesgesetzen, Bundesgesetzen, Verwaltungsvorschriften und von Rechtsprechung in einem Landesjustizvollzugsgesetzbuch und, bedingt durch die neue Zuständigkeit, um das Zusammenfassen von Landes- und Bundesrecht. Das ist zunächst einmal begrüßenswert, unabhängig davon, wie man zur Zuständigkeit des Landes steht.

Es ist deswegen begrüßenswert, weil es auf der einen Seite übersichtlich wird, weil es transparent wird, was für alle Beteiligten im Strafvollzug, für die Justiz, für die Bediensteten, aber auch für die Strafgefangenen und alle, die damit zu tun haben, eine Erleichterung ist.

Ich möchte auch sagen, was vom Inhalt her begrüßenswert ist. Wir haben das Vollzugsziel in dieser Form belassen, wie es ist, nämlich als Resozialisierungsziel. Ich muss ausdrücklich lobend erwähnen, dass man darauf verzichtet hat, die Sicherheit in die Klammer oder vor die Klammer zu ziehen, sondern es beim alleinigen Resozialisierungsziel gelassen hat. Das war nicht vorhersehbar. Es gab auch schon andere Diskussionen, bei denen es in die andere Richtung gelaufen ist. Darauf hat man jetzt verzichtet.

Ich finde es ausdrücklich gut, das mit diesem Gesetzestext der Strafvollzug in freien Formen jetzt auf diesem Weg zementiert wird. Ich finde es auch gut, dass die Funktion der Strafvollzugsbeauftragten jeder der vier Fraktionen endlich im Gesetzestext festgeschrieben wird. Das ist eine ganz wichtige Verbesserung.

(Zuruf: Namentlich genannt!)

Ein redaktionelles Problem gibt es noch; da möchte ich den Kollegen Zimmermann ergänzen. Wenn man es mit vier Büchern zu tun und keine durchgehende Paragrafenfolge hat, dann tut man sich ein wenig schwer, auch beim Zitieren, weil man dann immer das jeweilige Gesetzbuch dazu zitieren

müsste. Da wäre es mir lieber gewesen, ein Justizvollzugsgesetzbuch zu haben, das alle Lebensbereiche umfasst, das aber von § 1 bis § 250 durchgängig zitierbar wäre. Da würde man sich im Ergebnis leichter tun.

(Beifall der Abg. Walter Heiler SPD und Karl Zim- mermann CDU)

Danke für diesen überzeugenden Applaus.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Fraktionsübergreifend!)

Das wird beim Minister ankommen und ihn davon überzeugen, auch in diesem Bereich zu einer Änderung zu kommen.

Jetzt kommen wir aber zu den kritikwürdigen Punkten.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ist Ihre Redezeit noch nicht um? – Vereinzelt Heiterkeit)

Nein, noch lange nicht. Ihre Zeitüberschreitung kommt bei mir noch obendrauf, weil Sie so ins Detail gegangen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt auch kritische Punkte. Das ist auch der Grund, warum wir im Ergebnis nicht zustimmen können.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das können Sie aber nicht machen!)

Zum einen: Das Jugendstrafvollzugsgesetz haben wir schon abgelehnt. Wir haben das u. a. damit begründet, dass der Alleinunterbringungsanspruch hier nicht als gesetzlicher Rechtsanspruch formuliert ist.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Da haben Sie meine Gedanken richtig interpretiert. Aber die Situation ist derzeit so, dass die Haftanstalten nicht so überbelegt sind, dass wir nicht die Möglichkeit hätten, auf Antrag relativ schnell eine Einzelzelle zur Verfügung zu stellen. Die Problematik wird sich allerdings durch das Rauchverbot in den Zellen noch verschärfen. Denn durch das neue Gesetz ist das Rauchen in der Zelle verboten, wenn nicht alle Mitinsassen einverstanden sind. Das kann natürlich bei einem süchtigen Strafgefangenen zu verheerenden Konsequenzen führen. Ich weiß, wie das ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist doch bei Ih- nen zu Hause auch so! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Das ist so schlimm wie im Landtag!)

Fragen Sie einmal eine Leiterin im Frauenstrafvollzug, wie sich eine Strafgefangene, die Raucherin ist und in den ersten zwei, drei Stunden keinen Zugang zu Zigaretten hat, in der Einweisung aufführt. Da muss dann die Anstaltsleitung mit Zigaretten aushelfen. Hier braucht man natürlich eine Lösung für Raucher, die zwangsweise mit einem Nichtraucher in einem Zimmer untergebracht sind; das ist unter humanitären Gesichtspunkten sicher nachvollziehbar.

Wir haben ein zweites Problem, nämlich die Mitwirkungspflicht bei jungen Gefangenen. Das war etwas, was wir schon beim Jugendstrafvollzug abgelehnt haben, was jetzt aber wieder in das Gesetz hineingenommen wurde. Die Mitwirkungspflicht wurde beim Erwachsenenstrafvollzug ausdrücklich he

rausgenommen mit der Begründung, dass man keine zusätzliche Sanktionsmöglichkeit für diesen Fall schaffen will. Beim Jugendstrafvollzug lässt man es trotz Warnung der Fachwelt aber drin. Nein, wir sind dagegen. Wir sind auch, was die Erziehungsziele angeht – wie schon damals gesagt –, gegen die ursprüngliche Fassung.

Meine Damen und Herren, unser Hauptproblem ist jedoch, dass in § 12 von Buch 1 die Möglichkeit der Übertragung von Aufgaben aus dem Strafvollzug an freie Träger und Private enthalten ist.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Oh! So et- was Fürchterliches!)

Herr Minister, meine Damen und Herren, dafür bekommen Sie von der SPD keine einzige Stimme. Wer die Privatisierung im Strafvollzug ausweiten und ergänzen will, kann nie und nimmer mit unserer Zustimmung rechnen.

(Abg. Ingo Rust SPD: Sehr richtig!)

Offenburg hat angefangen. Den ersten Vorfall hatten wir dort schon zu verzeichnen.