Protokoll der Sitzung vom 25.11.2009

Übrigens ist in diesem Zusammenhang die Zulässigkeit von sogenannten Bewertungsportalen ebenfalls noch nicht abschließend geklärt. Müssen also beispielsweise Lehrer oder Hochschulprofessoren hinnehmen, dass sie von Schülern bzw. von Studierenden anonym und tatsächlich für jeden nachlesbar im Internet bewertet werden? Die Bewertung ist auch eine solche Frage. Der Bundesgerichtshof hat diese Fragen in einem Einzelfall bejaht, während die Datenschutzaufsichtsbehörden solchen Bewertungsportalen sehr kritisch gegenüberstehen.

Deswegen ist zu begrüßen, dass das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden wird, ob in solchen Fällen das Recht

der Bewertenden auf freie Meinungsäußerung oder das Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung höher zu bewerten ist. Diese Frage muss entschieden werden.

Ich sehe aber mit großer Sorge – ich sage es noch einmal –, dass viele, vor allem auch junge Menschen, ihre persönlichen Daten im Internet preisgeben,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

ohne an die damit verbundenen Gefahren zu denken. Es liegt auch nicht allein beim Staat, sondern auch

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: An den El- tern!)

bei den Eltern, den Schulen und wem auch immer, die jungen Menschen darüber aufzuklären.

Da sind zum einen die sogenannten sozialen Netzwerke oder auch Mitmachnetze, für die die Datenschutzbehörden schon seit Längerem eine datenschutzkonforme Ausgestaltung fordern. Wie berechtigt diese Forderung ist, macht das gerade jetzt erfolgte sogenannte Absaugen von mehreren Hunderttausend Datensätzen aus einem solchen sozialen Netzwerk deutlich.

Dann gibt es noch die personenbezogenen Informationen, insbesondere die Fotos, die viele Bürger freiwillig und ungesichert den anderen Internetnutzern zugänglich machen. Wenn solche Fotos erst einmal im Netz sind, sind sie nicht so einfach wieder vollständig zu beseitigen. Das wissen wir. Die können zigfach kopiert sein und sich an anderer Stelle im Internet wiederfinden. Solche Veröffentlichungen können unter Umständen auf Jahre hinaus Stellenbewerbungen erschweren, weil sie auch von Personalchefs gelesen werden. Es tut also jeder gut daran, bei der Preisgabe seiner Daten vorsichtig und zurückhaltend zu sein.

Ich habe nur einige Aspekte des Fünften Tätigkeitsberichts herausgegriffen und möchte zum Schluss kommen. Zur Versicherungs- und zur Kreditwirtschaft, zu Handel und Verkehr, zur Wohnungswirtschaft und zum Gesundheitsbereich gibt es im Bericht vieles, was sich nachzulesen lohnt. Festzustellen ist, dass die Zahl der Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern im Berichtszeitraum um 35 % gestiegen ist. Das ist auf der einen Seite erfreulich, weil es eine zunehmende Sensibilisierung vieler Bürgerinnen und Bürgern für Fragen des Datenschutzes erkennen lässt. Auf der anderen Seite macht es aber deutlich, dass beim Datenschutz im privaten Bereich vieles zu verbessern ist. Denn die meisten dieser Beschwerden sind nun einmal begründet.

Wir werden darüber noch vertieft beraten. Ich möchte im Sinne der Zeitökonomie jetzt auf weitere Ausführungen verzichten. Wir werden sicherlich mit einer gemeinsamen Zielsetzung noch viel Weiterführendes zum Thema Datenschutz zu besprechen haben. Aber wir müssen schauen, dass wir die Bürger dabei mitnehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir werden das zur Kenntnis nehmen. Wenn die Fraktionen keine zusätzliche Redezeit wollen – ich gehe davon aus, dass Sie keine wünschen; das Recht, zusätzliche Redezeit zu verlangen, hätten Sie –, nimmt der Landtag entsprechend der Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses von dieser Vorlage Kenntnis. – Danke.

Damit ist Tagesordnungspunkt 6 beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe – Drucksache 14/5277

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses – Drucksache 14/5464

Berichterstatter: Abg. Bernd Hitzler

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Pauli das Wort.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt kommt der Spezialist!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Landtagsfraktion wird dem Gesetz zu diesem Staatsvertrag zustimmen. Wir begrüßen auch die Verpflichtungen aus dem Fakultativprotokoll.

Entsprechend den Vorgaben des Zusatzprotokolls sieht dieser Staatsvertrag vor, dass eine Kommission freiheitsentziehende Einrichtungen, die in den Zuständigkeitsbereich der Länder fallen, wie z. B. Justiz- und Maßregelvollzug, Polizeigewahrsam, geschlossene psychiatrische Stationen, aufsucht, auf eventuelle Missstände aufmerksam macht und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge einreicht.

Wir sind uns im Klaren darüber, dass dies bei uns in der Bundesrepublik Deutschland eigentlich nicht notwendig wäre. Wir haben großes Vertrauen in unsere Staatsorgane. Wir haben großes Vertrauen in die Kolleginnen und Kollegen, die in diesen sensiblen Bereichen Dienst tun. Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist nicht grundsätzlich schlecht, und Kontrolle ist durchaus auch hilfreich.

Deswegen gilt mein Dank der Landesregierung,

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Unermüdlich!)

die gemeinsam mit den Regierungen der anderen Bundesländer eine sehr pragmatische und sicher auch unbürokratische Umsetzung dieses Staatsvertrags vorsieht. Hierzu herzlichen Glückwunsch der Landesregierung und Ihnen, Herr Minister Professor Dr. Goll.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das war’s?)

(Beifall bei der CDU und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stickelberger das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Stickelberger braucht noch weniger Zeit!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion wird diesem Gesetzentwurf ebenfalls zustimmen. Die Bundesrepublik Deutsch land kommt ihrer internationalen Verpflichtung nach. Sie hat diesem Protokoll zugestimmt. Mit diesem Gesetz setzen wir das in innerstaatliches Recht um.

Folter ist zu ächten. Das ist richtig. Wir stehen dazu und unterstützen alle Bestrebungen, damit Missstände aufgedeckt werden und Abhilfe geschaffen wird. Dem soll auch die ins Leben gerufene Kommission dienen.

Wir glauben, dass man ein Instrumentarium geschaffen hat, das überschaubar ist und das im Zusammenwirken von Bund und Ländern funktionieren wird. Wir glauben auch, dass sich die Kosten in einem überschaubaren Rahmen halten. Wir halten das insgesamt für eine sinnvolle Maßnahme. Ich muss dem Kollegen Pauli recht geben: Wir haben in Deutschland gute Gesetze, die den Strafvollzug und die Haftbedingungen regeln. Wir haben qualifiziertes Personal, das kontrolliert. Wir haben schließlich die Politik, die auch kontrolliert, nicht zuletzt durch die Strafvollzugsbeauftragten in unserem Bundesland.

Wir können also davon ausgehen, dass dieses Protokoll in seiner innerstaatlichen Umsetzung gerade in Deutschland vielleicht nicht die praktische Bedeutung erlangen wird, die für andere Länder auf dieser Erde unbedingt notwendig ist.

Die SPD-Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU und der Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Sckerl für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir werden diesem Gesetzentwurf zum Staatsvertrag zustimmen. Es ist, meine ich, eine Selbstverständlichkeit für ein Landesparlament, einer Zusatzvereinbarung zu einer Antifolterkonvention der Vereinten Nationen zuzustimmen. Das Regelwerk ist schlank und daher, glaube ich, in seiner Form auch angebracht.

Herr Justizminister, wir werden sicherlich in Bälde evaluieren, ob die mit der Umsetzung betraute vierköpfige Kommission angemessen finanziert und personell auskömmlich ausgestattet sein wird, ob die Kompetenzen richtig verteilt sind und ob die Regelungen zum Vorschlagsrecht ausreichend sind, ob die Vorschläge, die gemacht werden, also tatsächlich aufgegriffen werden können. Ich glaube schon, dass das ein Themenbereich ist, bei dem eine nähere Betrachtung lohnend wäre.

Sicherlich: Wir leben in einem Rechtsstaat; das ist überhaupt keine Frage. Wenn man mit einem derartigen Staatsvertrag zur Umsetzung eines nationalen Präventionsmechanismus gegen Folter und grausame Behandlung von Menschen in Hafteinrichtungen oder in geschlossenen psychiatrischen Anstalten konfrontiert wird, fragt man sich, wieso das auch bei uns, im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland, nötig ist. Wir hoffen und gehen davon aus, dass die Kommission nicht allzu viel zu tun haben wird.

Wir haben jedoch Fälle – Herr Minister, das wissen Sie – auch im Bundesland Baden-Württemberg. Wir hatten in diesem Jahr einen schlimmen Fall von Misshandlung in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall. Dort ging es nicht um ein Versagen von Bediensteten; das ist nicht das Thema. Ein Thema ist jedoch die zunehmende Gewalt, die sich auch in diesem Bereich zeigt: Misshandlung von Gefangenen durch andere, Ausnutzen von Lücken, Ausnutzen von Regelungen über die Freizeitgestaltung und Klagen von Vollzugsbediensteten über die mangelnde Personalausstattung. Ich glaube, das ist ein ernstes Thema; denn wir hatten in der Bundesrepublik Deutschland auch in anderen Bundesländern in den letzten zwei Jahren mehrere solcher Fälle – Fälle, die höchst bedauerlich sind, bei denen Menschen Grausames widerfahren ist. Wir müssen uns das Thema also mit wachen Augen anschauen, und die Kommission sollte auch Vorschläge machen, wenn sie dies für angezeigt hält.

Im Übrigen vertrauen wir auf unseren Rechtsstaat und hoffen, dass die Kommission möglichst wenig Beanstandungen vorbringen wird.

Mit diesen Bemerkungen stimmen wir dem Gesetzentwurf zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Wetzel für die Fraktion der FDP/DVP.