Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Nichts!)

Wir glauben, dass der Vergleich gegenüber einem Gerichtsverfahren der bessere Weg ist. Wir glauben, dass außerhalb eines Gerichtsverfahrens auch ein Vergleichsvorschlag kommt, der bei einem Urteil nicht zu erwarten ist. Wir halten den Vergleichsvorschlag, den wir ausgehandelt haben, im Interesse des Landes Baden-Württemberg für klug und richtig. Darum streiten wir, dafür werben wir. Und wir wollen, dass nichts unnötig verkauft wird. Deswegen werden wir alles tun, dass durch Mittel der Bürgerschaft, Mittel der Wirtschaft, durch kluges Sponsoring das, was uns nicht gehört, erworben und das, was strittig ist, unstrittig gestellt werden kann.

Alles in allem haben wir hier eine Aufgabe, die einmalig ist. Diese Aufgabe haben wir uns nicht gesucht; wir haben sie uns auch nicht vorgestellt. Aber wir gehen sie an. Wir sitzen sie nicht aus. Ich sage dem Hohen Hause hier zu, dass alles in völliger Öffentlichkeit mit Ihnen beraten wird. Zeitdruck haben wir nicht. Auch die Gutachten sind kein Geheimnis, Kollege Walter. Das Gutachten wird Ihnen sogleich von mir vorgelegt werden.

Ich glaube, dass die Regierung und die sie tragenden Fraktionen bei diesem Thema auf einem sachlich fundierten, rechtlich geklärten und kunstsinnigen Weg sind.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Ministerpräsident Günther Oettinger über- reicht Abg. Jürgen Walter GRÜNE ein Dokument.)

Nach § 82 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich der Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Frau Abg. Vogt, das Wort.

(Zuruf von der CDU: Schon wieder!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Zu den Fakten!)

ich freue mich über Ihre Nachdenklichkeit. Aber man muss schon in sehr vielen Windungen denken, um dazu zu kommen, heute das Ganze hier so darzustellen, als sei es stets nur darum gegangen, dass die Landesregierung wertvolle Kulturgüter ankauft,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sicher!)

und mit keinem Wort zu erwähnen, dass Sie den Ausverkauf dieser Kulturgüter vornean gestellt hatten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Ich freue mich, wenn die öffentliche Diskussion und die jetzige Debatte dieses Umdenken bewirkt haben, dass es jetzt tatsächlich darum geht, die Kulturgüter zu schützen.

Trotzdem muss ich, was Ihre Interpretation der Rechtsposition angeht, sagen: Es geht uns nicht darum, um alles in der Welt einen Rechtsstreit vom Zaun zu brechen. Wir sind auch der Meinung: Wenn man etwas politisch in Verhandlungen vernünftig lösen kann, ist das immer besser. Nur: So, wie die Landesregierung aufgetreten ist, war aus unserer Sicht doch das Problem, dass Sie Ihre Verhandlungsposition von Anfang an ziemlich schwach dargestellt haben, indem Minister Dr. Frankenberg schon an einem Samstag in den „Badischen Neuesten Nachrichten“ mitgeteilt hat, die Rechtsposition des Landes sei ja nun nicht so sicher. Man hat selbst praktisch dazu beigetragen, das Eigentum infrage zu stellen, bevor man die Öffentlichkeit auch über die Gutachten umfassend informieren konnte. Insofern gilt die Kritik schon der Art, wie Sie sich aufgestellt haben.

Die Lernfähigkeit mag uns, wenn sie auch spät kam, doch freuen. Sie zeigt, dass das Engagement der Opposition und von Bürgerinnen und Bürgern auch Früchte tragen kann. In diesem Sinne ist das auch ein gutes Zeichen für unsere Demokratie.

(Beifall bei der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Ihr gebt zu, dass ihr es vorher nicht verstanden habt!)

Ich möchte etwas zu Ihrem Dreisäulenmodell sagen. Wir haben in der Sozialdemokratie keine Probleme damit, zu versuchen, mittels einer Stiftung oder auch mit Geldern der Stiftung aus dem Land durchaus auch Kulturgüter für die Zukunft zu erhalten. Ich halte es aber für einen Trugschluss, dass Sie glauben, Sponsoren für bereits ausgegebenes Geld, also Verschuldung, die heute beim Haus Baden besteht, gewinnen zu können. Man kann Sponsoren gewinnen für die Zukunft und für das, was wir künftig gemeinsam sichern wollen. Aber man kann doch nicht im Nachhinein für die Schulden, die andere gemacht haben, mit dem Sammelkässchen bei den Bürgerinnen und Bürgern einsammeln gehen. Das wird nicht funktionieren. Insofern ist das Dreisäulenmodell aus meiner Sicht eine ziemliche Luftnummer.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ich will Ihnen gern den gewünschten Vorschlag machen, wohl wissend, dass wir auch nicht in der Lage sind, all die Gelder aufzubringen, die wir noch zusätzlich bräuchten. Wir brauchen nichts zu verkaufen, aber wir bräuchten zusätzliche Gelder, um das aufzukaufen, was in der Tat unstrittig im Eigentum von Baden ist, beispielsweise die Gemälde von Lukas Cranach und Baldung Grien.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja, woher? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, jetzt!)

Ich wundere mich, warum Sie, wenn Ihnen die Wertschätzung dieser Gemälde so sehr am Herzen liegt, nicht schon längst Ihrer Verantwortung nachgekommen sind und verhindert haben, dass diese Gemälde überhaupt außerhalb des Landes verkauft werden können; Sie hätten diese nämlich schon lange schlicht in das Verzeichnis der national wertvollen Kulturgüter aufnehmen lassen können.

(Ministerpräsident Günther Oettinger: Unger-Soy- ka!)

Das ist ein Verzeichnis, in das alle in privatem Eigentum stehenden Kulturgüter aufgenommen werden können, um zu verhindern, dass sie außer Landes verkauft werden können.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Das hätte Ihre Bundes- regierung machen können, wenn sie gewollt hätte! – Ministerpräsident Günther Oettinger: Unger-Soy- ka!)

Sie sind dann zwar nicht in unserem Eigentum, aber sie bleiben dann zumindest im Land. Ich meine, Sie brauchen sich nach einer so langen Regierungszeit der CDU mit Sicherheit nicht auf Ministerinnen aus der großen Koalition zu berufen, sondern es geht schon darum, wie Sie aktuell das Problem lösen wollten.

(Abg. Christa Vossschulte CDU: Es geht um Zu- ständigkeiten!)

Ein Lösungsvorschlag wäre: Eintragung dieser in Privatbesitz befindlichen Güter in diese Liste. Das würde zumindest die Güter bei uns im Land halten und wäre ein wesentlicher Schritt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind bei der Runde der Fraktionsvorsitzenden. Frau Bauer könnte jetzt das Wort bekommen. Nachdem sie es nicht wünscht, erteile ich dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Herrn Abg. Mappus, das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte es gleichfalls, Herr Kollege, für wichtig und für richtig, dass wir uns in diesem Rahmen über wichtige Kulturgüter dieses Landes unterhalten. Aber ich halte es auch für wichtig, dass wir dies in aller Sachlichkeit tun.

Frau Vogt, ich habe in jüngster Vergangenheit in den Medien gelesen, Sie würden in diesem Parlament vermeintlich immer besonders aggressiv behandelt, was ich nicht so sehe.

(Abg. Ute Vogt SPD: Glaube ich nicht!)

Aber was Sie in den letzten Tagen an Aggressivität, an Niveaulosigkeit gezeigt haben, das hat diese Diskussion mit Sicherheit nicht verdient, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Norbert Zeller SPD: Kommen Sie zur Sache, Herr Mappus! – Weitere Zurufe von der SPD)

Zwei Beispiele: Professor Paul Kirchhof

(Lachen bei der SPD)

ist unbestritten einer der fähigsten – dass Sie da lachen, ist bezeichnend –, der anerkanntesten und der besten Verfassungsrechtler, die es in Deutschland und in Europa gibt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Der hat schon viele Prozesse verloren!)

Dass der heutige Gasverkäufer Schröder ihn im Wahlkampf ständig diskreditiert hat, ist schon schlimm genug.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Haben Sie nicht gerade etwas von Sachlichkeit gesagt?)

Aber dass die Fraktionsvorsitzende der SPD ihn in exakt dem Land, in dem er lehrt, ständig diskreditiert, ist zunehmend unerträglich – um es in aller Deutlichkeit zu sagen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Jürgen Walter GRÜ- NE: Sie hat doch gar nicht von Kirchhof geredet!)

Jetzt zum Haus Baden. Wer von Kultur und wer von Geschichte redet – und Geschichte ist wohl mit der Kultur dieses Landes untrennbar verbunden –,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Sehr gute Erkennt- nis!)

der kann über einen wesentlichen Bestandteil der Geschichte dieses Landes, über das Haus Baden, nicht so herziehen, wie Sie es getan haben.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Dann darf man auch keine Handschriften verkaufen!)

Das Haus Baden, eine Adelsfamilie, hat nicht mehr Rechte als ein Bürger, aber, mit Verlaub, auch nicht weniger Rechte als jeder Bürger.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ist es mehr als legitim, dass dann, wenn sich das Haus Baden an den Ministerpräsidenten dieses Landes mit einem Vorschlag wendet, dieser sauber geprüft wird,