Protokoll der Sitzung vom 15.04.2010

Daraufhin hat der Bund erklärt, dass zunächst einmal diese Fusionsverhandlungen abzuwarten seien, dass man daran zu nächst noch arbeiten müsse, weil nicht geklärt sei, was nach diesen Fusionsverhandlungen die Zielvorgabe sein werde. Aus unserer Sicht muss daher abgewartet werden, wie diese Fusi onsverhandlungen verlaufen und mit welchem Ergebnis sie abgeschlossen werden. Danach können die weiteren Entschei dungen durch uns getroffen werden.

Eine Zusatzfrage der Frau Abg. Heberer, bitte.

Herr Staatssekretär, Fusionsver handlungen, wie sie im Moment stattfinden, finden auch in anderen Bundesländern statt. Dort versucht man vonseiten der jeweiligen Landesregierung durchaus, die Standorte zu si chern. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, für Baden-Württemberg den Standort zu halten, nachdem – ich ergänze jetzt Ihre Ausführungen – in der Zwischenzeit die zu nächst erweiterte Sanierungsversion wieder abgespeckt wur de und sich die Sache finanziell etwas günstiger darstellt?

Wie gesagt, wir sind mit dem Bund in dieser Frage in Gesprächen. Der Bund hat uns erklärt, dass er zu Mannheim als Standort der deutschen Entwicklungszusammenarbeit stehe. Das ist im Augenblick unser Kenntnisstand und der Sachstand.

Eine Zusatzfrage, Frau Abg. Dr. Splett.

Ich möchte gern wissen, ob sich das Land auch im Zuge des laufenden Fusionsprozesses dafür einsetzen wird, dass alle Aufgaben, die heute beim IBZ in Mannheim sind, auch wirklich dort bleiben werden.

Bitte, Herr Staatssekre tär.

Wir haben durch unse re Bereitschaft, erhebliche Kosten zu übernehmen, bereits do kumentiert, dass wir daran interessiert sind, dass diese Sache weiterentwickelt und konstruktiv fortgeführt werden kann. Fragen, die darüber hinausgehen, müsste ich Ihnen dann schriftlich beantworten lassen. Mehr als das, was ich gesagt habe, kann ich Ihnen dazu im Augenblick nicht sagen.

Eine Zusatzfrage der Frau Abg. Heberer.

Meine Frage geht in eine ähnli che Richtung: Welche Möglichkeiten sehen Sie, im laufenden Prozess vonseiten des Landes deutliche Signale für ein Inter esse am Erhalt dieses Standorts zu senden? Das wäre ein gro ßes Anliegen.

Indem wir mit den be troffenen Personen vom Bund Gespräche führen, so, wie wir das auch schon getan haben.

Keine weiteren Zusatz fragen. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 5 erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern – Drucksache 14/4021

b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Fachkräf temangel in Kindertageseinrichtungen – Drucksache 14/4530

c) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Aktions plan gegen den Fachkräftemangel in Kindertagesein richtungen – Drucksache 14/5534

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Be gründung zu a fünf Minuten, für die Begründung zu b und c fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Frakti on, gestaffelt.

Für die SPD-Fraktion darf ich Herrn Abg. Dr. Mentrup das Wort erteilen.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Antrag der SPD-Fraktion möchte ich zunächst einleitend sagen, dass wir seit Jahren großen Her ausforderungen im Bereich der frühkindlichen Bildung ge genüberstehen und hier im Haus, glaube ich, auch unisono der Meinung sind, dass für die Erfüllung des Bildungsauftrags für jedes Kind, auch für Kinder unter sechs Jahren, die Verant wortung beim Land liegt. Das gilt auch für die Sicherstellung der Qualität, und zwar unabhängig davon, wie dann die Fi nanzierung und die Organisation dieser einzelnen Bestandtei le zu geschehen hat.

Zwei große Vorhaben werfen im Hinblick auf den Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern ihre Schatten voraus. Wir wol len bis zum Jahr 2013 den Ausbau der Kindertagesstätten für die unter Dreijährigen bundesweit auf einen möglicherweise ausreichenden Level heben, und wir wollen mit der Einfüh rung des Orientierungsplans auch eine Verbesserung der Qua lität in den Kindertagesstätten erreichen. Dieses Konzept aber – da sind mittlerweile in einem sehr mühsamen Prozess zwi schen Gemeinde- und Städtetag einerseits und der Landesre gierung bzw. dem Land andererseits erste Schritte unternom men worden – macht es erforderlich, dass man auch die per sonelle Ausstattung sowie teilweise auch die Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher bzw. der anderen in den Kin dertagesstätten arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhöht.

Vor diesem Hintergrund ist es erklärtes Ziel, dass die Zahl der qualifizierten Erzieherinnen und Erzieher und hier vor allem die Zahl der Nachwuchskräfte gesteigert werden. Die Landes regierung hat in einer früheren Vorlage, auf die in der Stel lungnahme verwiesen wird, schon einmal das Ergebnis der Berechnungen genannt; danach sind bis zum Jahr 2013 allein 7 300 zusätzliche Fachkräfte zur Versorgung der unter Drei jährigen erforderlich. Das ist eine beachtliche Zahl, die eigent lich nur zu erreichen ist – das zeigt sich auch in der Stellung nahme der Landesregierung –, wenn man mehrere Ausbil dungsjahrgänge zusammenfasst und diese addiert. Wenn man das tut, so mag man abstrakt annähernd auf diese Zahl kom

men. Wenn man jedoch berücksichtigt, dass eine große Zahl von weiteren Erzieherinnen und Erziehern bis zu diesem Zeit punkt in den Ruhestand gegangen sein werden, und beachtet, dass wir auch für die Drei- bis Sechsjährigen im Rahmen des Orientierungsplans mit den dort vorgesehenen Ausbaustufen zusätzliche Fachkräfte brauchen, ist nicht zu erkennen, dass diese Zahl bis zum Jahr 2013 überhaupt erreicht werden kann.

Vor diesem Hintergrund muss die Frage gestellt werden: Be lässt es die Landesregierung in Bezug auf die Frage, wie der steigende Fachkräftebedarf gedeckt werden soll, bei Appel len, oder nimmt die Landesregierung ihre Verantwortung als zuständige Instanz für die Bildungspolitik und damit auch für den Bildungserfolg der unter Sechsjährigen bzw. der unter Dreijährigen in die Hand und versucht, hier steuernd und ein Stück weit mitorganisierend einzugreifen, damit dieser Be darf gedeckt werden kann?

Anders als die Anträge der Grünen, die schon sehr konkrete Vorschläge dazu machen, wie Aktionspläne aussehen könn ten, um einem solchen Fachkräftebedarf entsprechen zu kön nen, beschäftigt sich unser Antrag zunächst einmal damit, he rauszufinden, ob die Landesregierung überhaupt in der Lage ist, zu ermessen, wie viele Erzieherinnen und Erzieher denn tatsächlich herangebildet werden, wo diese herangebildet wer den, wie die Eignung dieser Fachkräfte aussieht und wie die se von den ausbildenden Institutionen, den Fachschulen und Fachhochschulen, eingeschätzt wird, und wie viele dieser Schülerinnen und Schüler denn einen Migrationshintergrund mitbringen.

Die letzte Frage ist nicht deshalb wichtig, um über Staatsan gehörigkeiten oder den abstrakten Migrationshintergrund zu streiten, sondern sie ist wichtig, weil es auch darum geht, The men wie die interkulturelle Kompetenz und Mehrsprachigkeit zu erfassen. Denn wir alle wissen, dass der Bildungsauftrag, insbesondere bei den unter Sechsjährigen, vor allem in den Großstädten nur dann sinnvoll und erfolgreich erfüllt werden kann, wenn man auch über diese interkulturelle Kompetenz verfügt. So etwas lässt sich nur schwer messen; das räume ich ein. Es ist aber zumindest doch zu erfragen, ob es bei den As pirantinnen und Aspiranten eine Mehrsprachigkeit gibt. Das, denke ich, ist ein Umstand, den man gut erfassen könnte.

Wichtig ist auch die Zahl der Praktika. Wenn es keine ausrei chende Zahl von Praktikumsplätzen gibt, kann nicht an ande rer Stelle verlangt werden, dass sich mehr Menschen für die sen Berufszweig interessieren.

Betrachte ich jetzt die Stellungnahmen der Landesregierung, sehe ich deutlich, dass man durchaus bereit ist und auch in der Lage war, die Zahl der Ausbildungsplätze und die Zahl der Studienplätze in Absprache mit den dafür vorgesehenen Fach schulen und Fachhochschulen zu erhöhen. Für alle weiter ge henden Fragestellungen, etwa, ob es denn möglich ist, diesem Bedarf auch eine Einschätzung der derzeit Studierenden ge genüberzustellen, zeigt sich jedoch, dass man offensichtlich nicht in der Lage ist, entsprechendes Material zur Verfügung zu stellen.

An vier Punkten wird das besonders deutlich. Die Frage nach dem Migrationshintergrund, meine Damen und Herren, kann in keiner Weise beantwortet werden. Das ist statistisch be trachtet zunächst auch in Ordnung; denn das ist kein festste

hendes Kriterium. Wenn wir aber sagen: „Wir brauchen in die sem Bereich interkulturelle Kompetenz, wir brauchen mög lichst auch Menschen, die in ihrer eigenen Familie einen Mi grationshintergrund haben, die sich für diesen Beruf interes sieren und dort für die Kinder und jungen Menschen auch Vor bilder sind“, dann muss hier eine Möglichkeit gefunden wer den, in irgendeiner Form der Rückkopplung zu erfassen, wie hoch denn der Anteil dieser Personengruppen an den mögli chen zukünftigen Erzieherinnen und Erziehern ist. Mein Vor schlag dazu wäre, Frau Schick, dass man hier z. B. das Merk mal der Mehrsprachigkeit in eine statistische Erfassung auf nimmt. Ich denke, das könnte zumindest einen Hinweis dar auf geben, ob eine Steigerung dieses Anteils möglich ist oder nicht.

Die Zahl der Praktika können Sie auch nicht direkt ermessen. Ich verstehe, dass das in einer Landesstatistik nicht abrufbar ist. Dennoch, denke ich, könnte man hier eine Kooperation mit den Fachhochschulen, mit den Fachschulen und anderen entsprechenden Einrichtungen finden, um zu erfühlen, wie viele Plätze es für Praktika bzw. Anerkennungspraktika denn überhaupt gibt. Ist hier vielleicht noch eine Nachsteuerung möglich, indem man mit den Trägern in Gespräche eintritt? Wie sieht es hier mit der Versorgung aus? Denn auch die Zahl der Praktikumsplätze wirft ein Licht auf die personelle Situ ation in den Einrichtungen. Wir alle wissen, dass in vielen Fäl len den sogenannten Anerkennungspraktikantinnen und An erkennungspraktikanten eine große Bedeutung für die Orga nisation der Tageseinrichtung eingeräumt wird.

Eine Zahl, die Sie auch nicht angeben können, bezieht sich auf die schlichte Frage, wie viele von denen, die die entspre chenden Schulen mit einem Abschluss verlassen, überhaupt in diesem Beruf landen. Auch das halte ich für sehr wichtig. Auch im Bereich der Medizin erlebe ich, dass es immer sehr viele Absolventinnen und Absolventen gibt, die dann nicht in der Ärzteversorgung ankommen und stattdessen alles mögli che andere machen. Daher ist eine solche Fragestellung sehr wichtig.

Die Anzahl der Schulplätze allein reicht also nicht aus, um zu ermessen, ob später die Anforderungen des Arbeitsmarkts er füllt werden. Ich meine aber, auch solche Daten könnten die einzelnen Fachschulen und Fachhochschulen statistisch erhe ben. Die Landesregierung könnte die Ergebnisse dann im Land bündeln und solche Fragen damit beantworten.

Zum Thema Eignung sagen Sie gar nichts. Das ist auch wirk lich schwer zu messen. Dennoch halte ich die Frage auch ge sellschaftspolitisch für wichtig, ob die Rückmeldungen rich tig sind, die wir teilweise vor Ort erhalten, nämlich dass die Eignung der Interessenten für solche Fachschulen nicht mehr in der Weise den qualitativen Ansprüchen genügt, wie es noch vor Jahren oder Jahrzehnten der Fall war. Das ist eine sehr wichtige Rückmeldung, um einschätzen zu können, ob der Nachwuchs die Qualitätsstandards einhalten kann, die wir seit Jahren kennen, oder ob wir andere Gruppen ansprechen und besser qualifizierten Schulabgängerinnen und Schulabgängern dieses Berufsbild schmackhaft machen müssen.

Dazu braucht man aber all diese Zahlen. Man muss wissen, ob das ausreichend oder nicht ausreichend ist. Daher bin ich ein wenig enttäuscht. Sie stellen dar, dass Sie all diese Fragen noch nicht beantworten können. Ich wünsche mir aber, dass

wir eine Möglichkeit finden, diese Fragen zu beantworten, um klarer zu erkennen, ob das, was wir im Bereich der Ausbil dung tun, am Ende zu einer Verbesserung des Fachkräftean gebots am Markt führt.

Wenn dies nicht der Fall ist, dann ist es aus unserer Sicht Auf gabe des Landes, in diesem Bereich nachzusteuern, damit man nicht in drei oder vier Jahren sagen muss: Die Ausbaustufen sind zwar statistisch und vielleicht auch von den Gebäuden her erreicht. Wir haben aber leider nicht das Personal, um die Qualität entsprechend umzusetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Lösch das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir haben schon öfter über die Bedeu tung der frühkindlichen Bildung gesprochen und festgestellt, dass frühkindliche Bildung und eine gute Kindergartenquali tät wichtig für das Aufwachsen der Kinder sind. Frau Kultus ministerin Schick hat in Interviews betont, dass die frühkind liche Bildung ein Schwerpunkt ihrer Arbeit sein wird. Daher bin ich sehr gespannt auf ihre Ausführungen zu diesem The ma.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Ein pädagogisch gutes, kindgerechtes und ausreichendes Bil dungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebot kann aber nur gewährleistet sein, wenn wir über ausreichend qualifiziertes Personal verfügen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Richtig!)

Deshalb sollten wir einmal den Blick nach hinten richten.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Nach vorn! Nicht nach hinten!)

In den Neunzigerjahren wurde dieses Thema im Zuge der Ein führung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz schon einmal diskutiert. Dabei haben wir gelernt, dass man rechtzeitig für ausreichendes Fachpersonal sorgen muss. Das Kinderförderungsgesetz schreibt ab dem Jahr 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Platz ab dem vollendeten ersten Le bensjahr vor. Wenn man von einer Betreuungsquote von 34 % ausgeht – die Zahlen hat die Landesregierung bereits ausge rechnet –, dann fehlen bis zum Jahr 2013 rund 7 300 Erziehe rinnen und Erzieher. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt bezieht sich auf die Umsetzung des Orien tierungsplans, der in Baden-Württemberg flächendeckend ein geführt werden soll. Sie haben sicher noch die Debatte darü ber im Ohr, dass der Orientierungsplan unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht umgesetzt werden kann; dies hat auch die Modellphase gezeigt.