Protokoll der Sitzung vom 05.05.2010

Wenn diese Steuer vielleicht bei 0,5 % liegen könnte, dann würde die Börse in Stuttgart mit ungefähr 500 Millionen € be lastet. Jeder kann sich an fünf Fingern abzählen, dass eine ein seitige nationale Finanzmarktbelastung deswegen nicht infra ge kommt. Aber dass das eine geeignete Form wäre – ich bin ein bisschen enttäuscht, dass man hier nicht weiter vorange kommen ist –, gestehe ich in der Tat zu. Es ist auch erklärte Politik der Bundesregierung, hier weiterzuarbeiten, selbst wenn die ersten Schritte nicht sehr erfolgreich waren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Diskussion ist es auch wichtig, nicht überheblich zu werden. Natürlich ha ben die anderen Euroländer auch ihre Probleme, und auch Deutschland hat seine Verschuldungsprobleme.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Und Baden- Württemberg!)

Auch Baden-Württemberg hat mit dem Großauftrag „Kon solidierung der Haushalte“ zu kämpfen. Der Finanzminister spricht dies mit aller Regelmäßigkeit an, Herr Kretschmann.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das nützt aber nichts, wenn der Ministerpräsident Sie immer zurückpfeift!)

Es gibt aber auch ein gutes Signal, das heute Morgen vernom men werden konnte. Die Einschätzung der EU-Kommission aus der aktuellen Situation heraus lautet: Die staatlichen De fizite werden im Jahr 2010 im Durchschnitt um 0,3 Prozent punkte auf 6,6 % des Bruttoinlandsprodukts zunehmen. Man geht davon aus, dass das Defizit von Griechenland mithilfe dieser konkreten Maßnahmen von 13,6 % auf 9,3 % sinkt. Jetzt füge ich an, um einfach wieder einmal Bescheidenheit zum Ausdruck zu bringen: Umgekehrt allerdings wird das De fizit in Deutschland von 3,3 % auf 5,0 % steigen.

Ich bitte und werbe um Vertrauen in das Maßnahmenpaket für Griechenland. Ich will gern, nachdem ich heute Morgen auch von Berlin darüber unterrichtet worden bin, welche zwölf Vor schläge aktuell für Änderungen im Stabilitätsbereich vorge sehen sind, dem Finanzausschuss hierüber berichten. Im Üb rigen sollten wir alle miteinander, die wir auch außerhalb des Parlaments in Diskussionen stehen, stets um Vertrauen wer ben. Wir sollten den Leuten ein Stück weit die Sorgen neh men, aber gleichzeitig sagen: Man darf den Weg nicht unbe sorgt gehen, sondern man muss ihn mit Besonnenheit und in großer Verantwortung gehen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/DVP sowie des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)

Mir liegen keine wei teren Wortmeldungen vor.

Damit ist Tagesordnungspunkt 2 erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Einführung eines Hinterlegungsgesetzes und zur Änderung landesrechtlicher Vorschriften – Drucksa che 14/6094

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses – Drucksache 14/6237

Berichterstatter: Abg. Dr. Tobias Brenner

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion darf ich Herrn Abg. Hitzler das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Nach dem Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zustän digkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz ist nun auch klar, dass das Hinterlegungsrecht zur Sachmaterie des Landesgesetzgebers gehört. Die Hinterlegungsordnung soll nun als neues Gesetz gefasst werden. Wichtig ist vor allem ei ne einheitliche Ausgestaltung im Bundesgebiet, was auch ge lingen wird. Die Regelung der Kosten in Hinterlegungssachen wird sich auch künftig nach den Bestimmungen des Landes justizkostengesetzes richten. Dieses muss dann auch an die neue Regelung angepasst werden.

Um es klar auszudrücken: Die CDU-Fraktion begrüßt den Ge setzentwurf und dankt dem Justizministerium für die sachge rechte Ausarbeitung des Gesetzes.

Es ist auch sehr erfreulich, dass in der Anhörung der Verbän de viel Positives herausgekommen ist und eine große Zustim mung erfolgt ist. Diese Zustimmung erhoffe ich mir natürlich auch heute in der Plenardebatte.

Was nun die kritische Frage der Verzinsung anbelangt, so be grüßt die CDU-Fraktion, dass Beträge unter 10 000 € nicht verzinst werden.

Zu dieser trockenen Materie zum Abschluss noch ein prakti sches Beispiel dafür, worüber wir diskutieren: Wenn ein Schuldner seinen Gläubiger nicht kennt und ihn auch nicht er reicht, hinterlegt er beim zuständigen Amtsgericht einen Geld betrag. Er ist dann von seiner Gesamtschuld befreit.

Mir bleibt nur noch die humorvolle Anmerkung, dass ich hof fe, dass unsere Fraktionskassierer nicht auch noch eine solche Regelung wollen.

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Gedanke, Herr Kollege! Ich werde dar über nachdenken!)

Für die SPD-Fraktion darf ich Herrn Abg. Dr. Brenner das Wort erteilen.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner hat es schon angesprochen: Mit der Bereinigung von Bundesrecht wurde das Hinterlegungsrecht in die Sach materie des Landesgesetzgebers überführt und die Hinterle gungsordnung als Hinterlegungsgesetz gefasst. Die Regelun gen sind weitgehend übernommen worden. Im Prinzip han delt es sich um ein unspektakuläres Verfahrensrecht, das, wenn man von den dinglichen Wirkungen der Hinterlegung einmal absieht, eigentlich die verfahrensrechtliche Seite der Hinterlegung regelt, und zwar der Hinterlegung zum einen na türlich zu Sicherungszwecken und zum anderen – das wurde angesprochen – im Sinne eines Erfüllungssurrogats, um sich von Verbindlichkeiten zu befreien, wenn etwa die Erfüllung nicht möglich ist, z. B. aus Gründen, die aus der Gläubiger sphäre kommen.

Das einzig Diskussionswürdige ist die Verzinsungsregelung. Bis 10 000 € soll nicht verzinst werden, und ab 10 000 € zu 1 %. Diese Regelung ist, vorsichtig ausgedrückt, etwas gegrif fen, um nicht zu sagen, etwas willkürlich, denn der Aufwand ist der gleiche, ob der Betrag nun unter oder über 10 000 € liegt. Aber das ist ein Punkt, der nicht so entscheidend oder zentral ist, dass man die Zustimmung oder die Ablehnung des Gesetzes davon abhängig machen sollte. Etwas elaborierter ausgedrückt: Es ist keine Conditio sine qua non für eine Zu stimmung.

Wir stimmen dem Gesetz also zu und bedanken uns auch beim Justizministerium.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Oelmayer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zutreffenderweise hat der Kollege Dr. Brenner für die SPD-Fraktion dargelegt, dass wir als Landtag von Baden-Württemberg jetzt die Kompetenz haben, im Be reich des Hinterlegungsrechts ein Gesetz zu erwarten. Wir könnten jetzt über die Grundsatzfrage diskutieren, was ich aber nicht tun will,

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Schade!)

weil die Hinterlegungsordnung auch weiter gelten würde, oh ne dass wir das Gesetz erlassen.

Jetzt könnte man natürlich sagen: Im Sinne einer Entbürokra tisierung brauchen wir nicht unbedingt ein neues Gesetz mit 38 Paragrafen zu verabschieden. Aber dann würde ich den Menschen im Justizministerium, die in kurzer Zeit und in si cher mühsamer Arbeit ein qualitativ hochwertiges Gesetz er arbeitet haben, glaube ich, Unrecht tun. Schon allein deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, quasi aus purer Achtung vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Justizministerium, stimmt die Fraktion GRÜNE diesem Gesetz zu.

(Beifall der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Bravo!)

Ein weiterer grundsätzlicher Gedanke ist: Als Landesgesetz geber sollten wir immer dann von unserer Kompetenz auch Gebrauch machen, wenn sie uns zugestanden wird. Aus Arti kel 72 des Grundgesetzes und der darauf basierenden Gesetz gebung des Bundes entsteht jetzt die Kompetenz für uns, das Hinterlegungsrecht auch in landesgesetzgeberischer Tätigkeit zu ordnen. Deshalb sollten wir auch im Sinne der Föderalis musreform I, in deren Verlauf wir ja händeringend nach wei teren Kompetenzen für den Landtag von Baden-Württemberg und die Länder überhaupt gesucht haben, tätig werden. Auch das ist ein Grund dafür, warum wir als Fraktion GRÜNE dem Gesetzentwurf, der von der Landesregierung, vom Justizmi nisterium, eingebracht wurde, zustimmen.

Zu den einzelnen Tatbeständen, liebe Kolleginnen und Kolle gen, wurde von meinen Vorrednern schon ausgeführt, dass die Hinterlegung als solche ein wichtiges und sinnvolles Instru ment ist. Das ist, glaube ich, unbestritten. Ob man in Zeiten unserer Finanzmarktkrise noch über Zinssätze diskutieren muss, sei dahingestellt; gerade heute Morgen habe ich gele sen, dass es für Festgeld gerade einmal noch 1 % Zinsen gibt. Insofern sind wir alles in allem auch hier auf dem richtigen Weg. Deswegen wären die Bestimmungen zur Verzinsung auch für uns Grüne kein Grund, das Gesetz abzulehnen. Wir stimmen dem Gesetz zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP darf ich Herrn Abg. Dr. Wetzel das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es wurde bereits des Öfteren darauf hingewiesen, dass durch die Föderalismusreform I das Land Baden-Württemberg nunmehr für das formelle Hinterlegungs recht zuständig ist. Es geht also um Zuständigkeitsfragen. Au ßerdem wird das Hinterlegungsverfahren insgesamt geregelt.

Wer forensisch tätig ist, wer auch vor Ort tätig ist, was ich noch immer bin, der weiß, dass das Hinterlegungsverfahren wichtig ist, und zwar besonders dann, wenn sich zwei um ein und dieselbe Sache oder das Geld streiten und der Gläubiger nicht weiß, wohin er Zahlungen leisten muss, wem er zahlen kann.

(Abg. Dr. Tobias Brenner SPD: Der Schuldner!)

Dafür brauchen wir das Hinterlegungsverfahren.

Das materielle Hinterlegungsrecht, das vorschreibt, was hin terlegt werden kann oder muss, wird von der Regelung gar nicht berührt. Dies wird in einer Vielzahl von Gesetzen – BGB etc. – geregelt. Das vorgeschlagene Hinterlegungsgesetz ori entiert sich im Wesentlichen an den Vorgaben der Hinterle gungsordnung, die allerdings an den heutigen Sprachgebrauch angepasst wurde.

Eine Anhörung der betroffenen Verbände hat stattgefunden; diese haben keine Einwendungen geltend gemacht. Im Ge genteil: Die Verbände begrüßen dieses neue Gesetz.

Die vorgesehene Neuregelung der Verzinsung des hinterleg ten Geldes ist kontrovers diskutiert worden. Meines Erach

tens ist es aber sachgerecht, dass eine Verzinsung erst ab ei nem Betrag von 10 000 € erfolgt, um die Sache etwas unkom plizierter zu gestalten. Die Verzinsung erfolgt taggenau.

Es ist begrüßenswert, dass Baden-Württemberg bei der Schaf fung der Regelung gut im Zeitplan liegt und insgesamt eine sachgerechte Regelung gefunden werden konnte. Das Land und die Länder insgesamt werden dadurch gestärkt. Das ist insgesamt zu begrüßen. Wir begrüßen auch, dass sogar die Opposition mitmacht und kein Haar in der Suppe gefunden hat.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Wenn es vernünftig ist, immer! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)