Protokoll der Sitzung vom 28.07.2010

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn ich alles zusammen betrachte, ist ganz klar: Wir haben bei der Bewährungshilfe eine Reform bekommen, die wir selbst nicht annähernd zu vergleichbaren Kosten hinbekom men hätten; wir haben diese zu Konditionen bekommen, die annähernd den Kosten entsprechen, die 2004 angefallen wa ren. Das ist, finde ich, eine reife Leistung. Dies so herunter zuziehen trifft mich als Minister des zuständigen Ressorts schon ein bisschen. Das sollte auch der Rechnungshof nicht machen – bei allem Respekt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Und deshalb wird der Vertrag auch nicht ge kündigt!)

Herr Minister, bleiben Sie am besten gleich vorn stehen. Es gibt noch eine Zusatz frage.

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Sakellariou das Wort.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Muss das sein?)

Herr Minister, unstreitig gab es bei der Bewährungshilfe einen Reformbedarf.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Aha!)

Es gab den Bedarf, vom bisherigen System zu einem neuen System zu kommen. Da sind wir absolut d’accord. Wie erklä ren Sie sich aber, dass alle anderen Bundesländer die Verän derungen, die erforderlich waren, im öffentlich-rechtlichen System belassen haben

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist klar; die haben alle keinen Goll!)

und jetzt nicht diese Mehrkosten haben, die wir hier in Ba den-Württemberg zu beklagen haben? Sie dagegen haben ei nen Systemwechsel vollzogen, der von Anfang an gewollt war, einen Wechsel hin zum Privaten nach dem Motto: Egal, was es kostet.

(Lachen des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Zuruf: Haben Sie nicht verstanden, was der Minister gesagt hat?)

Die zweite Frage: Herr Minister, können Sie mir sagen, wie viele Richter, die Bewährungshilfe anordnen, in ihren Urtei len Wert darauf legen, dass der Bewährungshelfer, der dem Probanden zugewiesen wird, ein beamteter Bewährungshel fer sein soll, und Wert darauf legen, dass das niemand aus dem privaten Bereich ist? Können Sie dazu Auskünfte geben?

Die Bewährungshilfe, die wir jetzt in Baden-Württemberg haben, ist dadurch gekenn zeichnet, dass 40 Stellen zusätzlich geschaffen wurden. Da durch ist das Betreuungsverhältnis bereits stark abgesunken. Allein diese Maßnahme hätte uns über die Vertragslaufzeit 26 Millionen € gekostet.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Aha!)

Die Bewährungshilfe, die wir jetzt haben, hat EDV. Dies hät te uns weitere 4 Millionen € gekostet, die wir nun nicht be zahlen brauchten. Es handelt sich um eine Bewährungshilfe mit landesweit einheitlichen Qualitätsstandards, mit einer zeit gemäßen Leitungsstruktur, mit einer echten Fachaufsicht und mit derzeit schon 400 ehrenamtlichen Bewährungshelfern, die es vorher nicht gegeben hat.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Sehr gut!)

Sie betreuen 670 Probanden. Eine solche Bewährungshilfe, lieber Herr Sakellariou, gibt es im Moment bundesweit auch nicht annähernd noch einmal.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da sind wir gut!)

Es ist schwer zu berechnen, was sie beim Land gekostet hät te. Auf jeden Fall wäre es teurer als bei dem freien Träger. Das ist für mich ganz sicher.

Die anderen Bundesländer sind zum großen Teil noch längst nicht so weit. Die meisten sind noch nicht so weit; in man chen ist wenig passiert, in manchen mehr. In den Bundeslän dern, in denen der Staat die Bewährungshilfe trägt, z. B. in Bayern, sind die Kosten tatsächlich für jeden sichtbar gestie gen, und zwar ohne rechnerische Kunstgriffe. Es ist ganz ein fach teurer geworden. Bei uns müssen Sie schon mordsmäßi ge Klimmzüge machen, um theoretisch, hypothetisch zu er rechnen, dass das, was wir machen, teurer wäre. In Wirklich keit ist es das nicht.

Zu Ihrer zweiten Frage: Natürlich kann ich Ihnen nicht sagen – das ist Ihnen auch klar –, um wie viele Richter es sich han delt. Wir stehen nicht daneben und zählen. Vorhin haben Sie aber vielleicht mitbekommen, dass es von 2009 auf 2010 20 % mehr Unterstellungsaufträge gegeben hat. Mit ein bisschen

gutem Willen kann man daraus sogar ableiten, dass die Rich ter heute lieber Unterstellungen vornehmen als vorher.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Sie tun es jedenfalls öfter. Es wird ja nicht öfter verurteilt. An der Verurteilungsstatistik sehen wir, dass sich nichts geändert hat. Aus der Unterstellungsstatistik geht aber hervor, dass es mehr Unterstellungen gibt. Fehlendes Vertrauen in NEU START kann man beim besten Willen nicht feststellen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Fraktion der FDP/DVP erhält Herr Abg. Dr. Wetzel das Wort.

Herr Minister, kön nen Sie dem Hohen Haus erstens berichten, wie die Konzep tion von NEUSTART aussieht, und bestätigen, dass überhaupt erstmals eine Konzeption gemacht wurde, nachdem NEU START die Bewährungshilfe übernommen hatte?

Können Sie zweitens im Vergleich zu vorher berichten, in wel chem Umfang NEUSTART den Täter-Opfer-Ausgleich aus übt? Können Sie auch darüber berichten, wie sich die Anzahl der Bewährungswiderrufe im Vergleich zwischen staatlicher Bewährungshilfe und jetziger privater Bewährungshilfe ent wickelt hat?

Bitte, Herr Minister.

Die Leistungen sind in allen Bereichen wirklich vorbildlich. Der Täter-Opfer-Ausgleich ist auf ein Niveau erhöht worden, auf dem er nie war. Der Erfolg der Tätigkeit als solcher lässt sich daran ablesen, dass es in 80 % der Fälle erfolgreich zu Ende geht. Das ist bei der Be währungshilfe ein hervorragender Wert. Das erstaunt mich je doch nicht sehr; denn wir hatten im Jahr 2004 ein ganz re formbedürftiges Gebilde.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Als wir uns in Europa dahin gehend umgeschaut haben – mei ner Meinung nach lohnt sich das immer, und es ist auch kei ne Schande –, wer es am besten macht, haben wir festgestellt, dass es in Österreich einen freien Träger gab – was bei der So zialarbeit keine Sensation ist. Dieser freie Träger macht dies seit 50 Jahren erfolgreich. Er brachte all das mit, was wir woll ten, nämlich fachliche Standards, eine bestimmte Leitungs struktur, eine funktionierende EDV. Er hatte alles, was wir mit der Reform erreichen wollten, schon dabei. Dann ist es eine gesunde und vernünftige Entscheidung, zu sagen: Lasst es ihn machen. Wirtschaftlich ist das dreimal. Das kann ich überall belegen. Man kann es nur dann bestreiten, wenn man grund sätzlich etwas gegen alle Übertragungen auf Dritte und Freie hat.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ist es doch nicht!)

Diese Philosophie spricht für mich auch aus den Untersuchun gen des Rechnungshofs.

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Lösch das Wort.

Herr Minister, ich möchte Ih nen noch einmal die Frage stellen, weshalb Sie keine Wirt schaftlichkeitsprüfung nach § 7 der Landeshaushaltsordnung durchgeführt haben und weshalb Sie jetzt nicht bereit sind, den bestehenden Vertrag zu kündigen, um einen neuen Ver trag zu machen.

Bitte, Herr Minister.

Es wäre sicher heller Wahn sinn, den Vertrag zu kündigen. Denn dann hätten wir wesent lich mehr Aufwand, um alles selbst zu stemmen. Jetzt wird es höchst professionell und gut gemacht. Ich kann Ihnen sagen, dass alle Varianten nach allen Regeln der Kunst wirtschaftlich geprüft wurden, und zwar unter strenger Aufsicht des Finanz ministeriums. Das muss man doch auch einmal sagen. Es war nicht nur eine Einschätzung von uns, sondern auch des Fi nanzministeriums, dass das, was wir machen, wirtschaftlich ist. Ich sage deutlich: Ich halte die Einschätzung dieser bei den Ressorts, die eine gründliche Untersuchung angestellt ha ben, für richtig. In diesem Fall halte ich die Einschätzung des Rechnungshofs für falsch. Auch vom Rechnungshof erhalten wir die eine oder die andere falsche Empfehlung, Empfehlun gen, die wir – z. B. im Bildungsbereich – nie umgesetzt ha ben. Das gibt es eben. Politisch war das, was wir gemacht ha ben, richtig. Wirtschaftlich wiederum war es über jeden Zwei fel erhaben.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Norbert Zeller SPD: Da klatscht nur die FDP/DVP!)

Es liegen keine weite ren Wortmeldungen vor. – Vielen Dank, Herr Minister, für die Beantwortung der Fragen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Aktuelle Debatte – Die deutsche Bildungslandschaft nach der Entscheidung in Hamburg – das Aus für die grüne Bil dungsideologie – beantragt von der Fraktion der FDP/ DVP

Das Präsidium hat Folgendes festgelegt: Die Gesamtdauer der Aktuellen Debatte beträgt 40 Minuten. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen gilt eine Redezeit von fünf Minu ten. Im Übrigen beträgt die Redezeit fünf Minuten je Spre cher.

Für die Fraktion der FDP/DVP darf ich Frau Abg. Dr. Arnold das Wort erteilen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jetzt, Herr Zeller, zu hören!)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Was bedeutet eigentlich das Wort „Ideologie“? Es kommt aus dem Griechischen. Im Duden wird es als die „reine welt fremde Theorie“ definiert. Eine bessere Beschreibung der grü nen Bildungspolitik als dieses Wort gibt es nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ihre Bildungspolitik, meine Damen und Herren von den Grü nen, ist deshalb weltfremd, weil Sie sich mit der Basisschule oder der Gemeinschaftsschule – wie auch immer Sie diese ein heitliche Schule nennen wollen – über die Wünsche und Vor stellungen der Menschen in unserem Land nach wie vor hin wegsetzen.

(Beifall der Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel und Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP: So ist es!)