Protokoll der Sitzung vom 21.07.2011

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kößler für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns heute mit einem Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion. Ich könnte jetzt sagen: „Wir schließen uns dem vollständig an“, aber ich will ein paar andere Gedanken anführen; denn der Rechnungshof hat uns mehrere Punkte ins Stammbuch geschrieben.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Nicht zum ersten Mal!)

Darauf komme ich nachher noch. – Der Rechnungshof schreibt in seiner Denkschrift 2010:

Ohne weitere Eingriffe in die bestehenden Versorgungs-, Beihilfe- und Heilfürsorgeregelungen wird der Anteil der Versorgungsausgaben an den gesamten Personalausga ben weiter drastisch steigen.

Ich füge hinzu: Ohne eine entsprechende Haushaltsvorsorge werden wir die Versorgungslasten im Grunde genommen nicht bewältigen.

Aber bevor ich auf die Vorschläge des Rechnungshofs insge samt eingehe, will ich nur einmal ein paar Zahlen nennen, die die Dramatik der Entwicklung der Versorgungsausgaben ganz deutlich machen: Von 2009 bis 2020 steigt die Zahl der Ver sorgungsempfänger um 50 %, und bis 2030 steigt sie um 60 %. Wir haben dann insgesamt 156 000 Versorgungsemp fänger. Die haushaltswirksamen Ausgaben, die sich daraus er geben, betragen für 2020 etwa 6,2 Milliarden €, für 2030 rund 7,7 Milliarden €. Dies ist also in 20 Jahren eine Steigerung um insgesamt 140 %. Herr Rülke hat es bereits gesagt: Das hängt damit zusammen, dass wir in den Siebzigerjahren im Lehrerbereich und bei der Polizei sehr große Personalzuwäch se hatten.

Um es zu verdeutlichen: Die sogenannte Versorgungs-Haus halts-Quote, das Verhältnis von Versorgungsausgaben zum ge samten Landeshaushalt, ist gegenüber 1980 um über 50 % ge stiegen. Wir hatten 1980 eine Quote von 5,7 % und 2007 ei ne Quote von 9,4 %. Das heißt, jeder zehnte Euro geht in die Bestreitung der Versorgungsaufwendungen. Dies zeigt, wie dramatisch wir in unserer Finanzpolitik im Grunde einge schränkt werden.

Ich darf noch eine Zahl hinzufügen. Der Anteil der Versor gungsausgaben an den Personalausgaben stieg von 14,5 % im Jahr 1980 auf 25,7 % im Jahr 2007. Bis 2011 ergibt sich eine weitere Steigerung. Das heißt, die Pensionsausgaben und die Personalausgaben hängen eng zusammen und bilden zwei Sei ten der gleichen Medaille.

Der Rechnungshof hat uns aber insgesamt vorgeschlagen, künftig eine Verknüpfung von Personalausgaben und Steuer einnahmen vorzunehmen. Ich denke, diese Überlegung ist richtig. Wir sollten insbesondere im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft über die Einführung einer solchen Regel nach denken.

Wir befinden uns ja schon in einer regelgebundenen Finanz politik. Die Schuldenbremse ist der erste Schritt. Wir werden auf Dauer keine Nullverschuldung im Landeshaushalt errei chen, wenn wir nicht Regeln darunter vereinbaren.

Aus diesem Grund schlage ich vor, dass wir in Überlegungen eintreten, das Wachstum der Steuereinnahmen als Richtschnur für die Personalausgaben heranzuziehen. Dabei geht es nicht um das jährliche Wachstum der Steuereinnahmen, sondern um einen längeren Zyklus. Denn ohne Regeln kann keine gute Fi nanzpolitik betrieben werden. Das sieht man beim Blick auf die Vergangenheit. Die bestehende Verschuldung geht auf ei ne fallweise Finanzpolitik, eine sogenannte diskretionäre Fi nanzpolitik, zurück.

Sie hätten jetzt allerdings die Chance gehabt, eine Nullneu verschuldung herbeizuführen. Das wurde heute schon mehr mals erwähnt. Sie haben diese Chance nicht genutzt.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Wir sind dafür, Vorsorge zu treffen, wie es im vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP dargelegt wird. Aber es darf nicht so sein wie in Rheinland-Pfalz, dass wir über zusätzliche Schulden Vorsorge treffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Diese Taschenspielertricks machen wir nicht mit – von der ei nen Tasche in die andere Tasche, während die Schulden gleich hoch bleiben bzw. sich durch die Vorsorge erhöhen.

Die CDU-Fraktion ist der Meinung, wir sollten hier eine kla re Haltung einnehmen. Wir sind für Vorsorge, aber nur über Steuermehreinnahmen. Wir werden in Zukunft auch sehr da rauf dringen, dass Sie dies gemeinsam mit uns einhalten.

Noch einmal mein Vorschlag und mein Fazit: Überlegen Sie, ob wir nicht in eine Diskussion darüber eintreten sollten, die Personalausgaben an die Steuereinnahmen zu binden, und zwar mittelfristig, über mehrere Zyklen hinweg.

Ich will Ihnen zum Schluss einen Satz von Manfred Rommel mitgeben. Er hat eine kluge Äußerung gemacht.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Viele kluge Äuße rungen! – Zurufe von der CDU: Viele!)

Viele kluge Äußerungen, ja. – Er hat gesagt:

Für die Politik kommt es darauf an, die Grenzen des Mög lichen sichtbar und anschaulich zu machen und nicht mehr der Versuchung zu erliegen, die Grenzen des Mög lichen als nicht vorhanden zu bezeichnen.

Dies gilt insbesondere für den Landeshaushalt und auch für die Versorgungsaufwendungen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Ich erteile Frau Abg. Aras für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/ DVP betrifft eine Problemlage, die meine Fraktion – Sie führ ten es schon aus – bereits seit Jahren thematisiert. Wir haben dazu schon seit der vorletzten Wahlperiode immer wieder In itiativen im Landtag eingebracht, ohne dass Sie, Herr Rülke, bzw. Ihre Fraktion und die CDU uns jemals unterstützt hät ten. Das Thema heißt: Wie gehen wir im Rahmen der Nach haltigkeit der Finanzpolitik mit den wachsenden Pensionsver pflichtungen um?

Der Rechnungshof hat in seiner Denkschrift 2010 nochmals nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Pensionsver pflichtungen einschließlich der Beihilfe von heute 4,1 Milli arden € jährlich bereits im Jahr 2020 auf mehr als 6,2 Milli arden € und auf mehr als 7,7 Milliarden € im Jahr 2030 stei gen werden. Das sind immense Steigerungen, die sich aber nicht von heute auf morgen ergeben haben, sondern schon lan ge absehbar waren.

Die bei betriebswirtschaftlicher Rechnung eigentlich notwen digen Rückstellungen für künftige Pensionen beziffert der Rechnungshof mit 70 Milliarden €. Das ist eine enorme Hy pothek für künftige Haushalte.

(Abg. Manfred Groh CDU: Wie bei der Rente!)

Auch der vor einigen Jahren eingeführte Versorgungsfonds des Landes löst das Problem nicht annähernd. Sie haben ja ge sagt, dass die Beiträge zu niedrig sind.

Leider ist die Entwicklung nicht gebremst. Allein von 2010 auf 2011 sind die Beihilfeleistungen für Versorgungsempfän ger von 578 Millionen € auf 629 Millionen € gestiegen, ein Zuwachs von 8,8 % in einem einzigen Jahr.

(Zuruf von der FDP/DVP: Wo ist Ihr Vorschlag?)

Deshalb müssen wir nach unserer Auffassung zwei Aspekte angehen. Erstens: Wie schaffen wir eine bessere Vorsorge für künftige Pensionsverpflichtungen? Dass die Zuführung zum

Pensionsfonds angehoben werden muss, ist keine Frage. Zwei tens – das gehört dazu –: Wie sorgen wir hinsichtlich künfti ger Pensionsverpflichtungen für eine Entlastung, indem wir eine für die Beamten zumutbare Anpassung an die Leistun gen der gesetzlichen Rentenversicherung erreichen? Ich nen ne nur das Stichwort Beihilfe.

Ich meine, dass man diese beiden Aspekte nicht voneinander trennen kann. In der Regierungskoalition werden wir beide Aspekte im Zusammenhang angehen. Lieber Herr Kollege Rülke, Sie haben Ihre Hilfe zugesagt. Wir werden Sie beim Wort nehmen. Ich bin gespannt, ob Sie noch dazu stehen wer den.

Wir tun dies jedenfalls zusammen mit den Beschäftigten. Wir werden mit ihnen und ihren Organisationen darüber sprechen, wie ein zumutbarer Beitrag der Pensionäre aussehen kann,

(Oh-Rufe von der CDU)

damit auch die heutigen jungen Kolleginnen und Kollegen später mit einer angemessenen Pension rechnen können.

(Zuruf von der CDU)

Wir tun dies im Zusammenhang mit dem Haushalt.

Herr Rülke, es ist ziemlich einfach, einerseits eine sofortige Nullneuverschuldung zu fordern – wie heute Morgen – und andererseits diesen Gesetzentwurf einzubringen, der bis 2020 schnell einmal 1,5 Milliarden € kostet. Sie machen es sich in der Finanzpolitik schon sehr einfach. Gleichzeitig wollen Sie auch noch die Steuern senken.

Sie machen es sich zu einfach, verehrte Kolleginnen und Kol legen von der FDP/DVP, wenn Sie nur ausgeben, aber nichts einnehmen wollen.

(Beifall bei den Grünen – Glocke der Präsidentin)

Gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Kößler?

Bitte am Schluss.

Okay.

Ich sage nochmals: Das The ma Pensionslasten ist wichtig, das Thema ist klar. Aber Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, haben seit Jahren, ja seit Jahrzehnten weggeschaut und die Dinge treiben lassen. Darum haben wir heute ungedeckte Schecks in Höhe von 70 Milliarden €, die Sie ausgestellt ha ben, ohne für Deckung zu sorgen. Erst jetzt, in der Oppositi on, werden Sie plötzlich wach. Schön. Besser jetzt als gar nicht.