Protokoll der Sitzung vom 08.10.2014

Wir haben die erfreuliche Entwicklung, dass rechtsextre mistische Straftaten rückläufig sind, aber wir haben ei nen Anstieg linker Gewalt.

Auch das blendet die Enquetekommission derzeit aus.

Das macht deutlich, dass wir im Sinne einer gesamtstaatlichen Verantwortung das gesamte Spektrum politisch motivierter Gewalt, rechts wie links, sowie religiös motivierter Gewalt in den Blick nehmen müssen. Nur dann können wir die richti gen Forderungen für eine Sicherheitsarchitektur formulieren, um den Feinden unserer Demokratie entschieden entgegen zutreten.

Setzen Sie daher das Thema auf die heutige Tagesordnung, bringen Sie die Enquetekommission wieder ins Lot, lassen Sie uns die Enquetekommission breiter aufstellen, und lassen Sie uns nach vorn schauen. Sie hatten bereits bei der Einsetzung der Enquetekommission die Chance dazu. Damals haben wir, die CDU-Fraktion, genau dies in einem Antrag gefordert. Nut zen Sie jetzt Ihre zweite Chance. Werden Sie Ihrer Verantwor tung gerecht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion der FDP/DVP hat sich zur Begründung der Dringlichkeit Kollege Professor Dr. Goll noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Da ich bereits zuvor Gelegenheit hat te, zu diesem Thema zu sprechen, möchte ich mich am Schluss dieser Debatte auf einige wenige Anmerkungen beschränken.

Eigentlich war es zu befürchten, dass die Ablehnung des An trags angekündigt wird, ohne dass ein einziges Argument an geführt wird.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Genau! – Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Er hat nicht zugehört!)

Gegen unseren Antrag gibt es kein stichhaltiges Argument. Das wollen wir festhalten.

Lieber Kollege Sckerl, Ihr Beitrag hat mir klargemacht, dass manche immer noch einiges verwechseln.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wir verwechseln gar nichts!)

Es handelt sich um eine Enquetekommission und nicht um ei nen Untersuchungsausschuss, der nur den Mord in Heilbronn untersucht.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Das wissen wir!)

Polizei, Staatsanwaltschaft und Generalbundesanwalt können solche Untersuchungen übrigens fast besser durchführen als das Parlament.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Thomas Blenke CDU: Nicht nur „fast“!)

Das schließt trotzdem nicht aus, dass wir uns noch einmal da mit beschäftigen. Das halte ich auch für richtig. Es verkürzt aber die Perspektive, wenn wir nun zum fünften Mal behan deln, welche Glatzköpfe sich in welchen Hinterzimmern ge troffen haben. Der einzige Fortschritt, den wir hierdurch noch erreichen können, liegt darin, dass wir dann die Namen aus wendig kennen.

Zugleich lassen wir andere Formen des Extremismus unbe handelt. Das versteht kein Mensch. Mittlerweile haben Sie festgestellt, dass dies so nicht richtig ist, und haben sich für eine Anhörung ausgesprochen. Letztendlich ist es jedoch ku rios, wenn an der einen Stelle Sachverständige zu den The men Salafismus und „Ausschreitungen gegen Juden“ ange hört werden und an der anderen Stelle gleichzeitig die En quetekommission zum Thema Extremismus tagt. Es gibt doch keinen Grund, dies nicht einzubeziehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich möchte noch eine zweite Bemerkung machen. Herr Sckerl, Sie haben Frau Bube falsch zitiert. Das finde ich nicht in Ord nung.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sie waren doch nicht einmal da!)

Er hat sie falsch zitiert. Andreas Glück hat sie nach einer Vermischung von Rechts- und Linksextremismus, nach man gelnder Unterscheidbarkeit gefragt. Darauf hat sie sinngemäß geantwortet, dass man sie natürlich schon voneinander unter scheiden könne. Wie ich vorhin bereits gesagt habe, werfen wir nichts in einen Topf. Sie sehen aber nicht, dass mehrere Töpfe auf diesem Herd köcheln.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Sie wollen nur in einen Topf schauen und nicht in die ande ren. Ich frage mich: Warum? Ich komme immer wieder zu dem Schluss, dass Sie nicht bereit sind, alle Formen des Ext remismus gleich zu behandeln. Manche sind für Sie offen sichtlich anders.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Im Prinzip wurde bereits gesagt, dass es keinen Grund gibt, diese Punkte nicht in zwei weiteren Sitzungen der Enquete kommission zu behandeln.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Zu dieser Geschäftsordnungsdebat te liegt noch eine Wortmeldung des Kollegen Schmiedel für die SPD-Fraktion vor.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Goll, Sie haben die im Zu sammenhang mit der Einsetzung der Enquetekommission ge führte Debatte wieder aufgewärmt und kein Wort zur Dring lichkeit gesagt.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Wenn wir uns einig sind, dass es dringlich ist, dass sich der Landtag mit der rasant gestiegenen Gefahr durch den Islamis mus beschäftigt, dann stellen wir fest, dass es zwei Wege gibt. Sie schlagen den Weg vor, dass wir in einer der nächsten Ple narsitzungen den Auftrag der Enquetekommission neu fassen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das hätten wir gern auch heute machen können!)

Dazu haben Sie aber keinen Antrag vorgelegt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Den habt ihr im Präsidium abgelehnt!)

Sie haben genau den Antrag vorgelegt, der im Präsidium ab gelehnt worden war, aber keinen konkreten Änderungsantrag für die Enquetekommission.

Wir müssten also in einer anderen Plenarsitzung den Auftrag der Enquetekommission erweitern. Wir müssten neue exter ne Sachverständige zu dem neuen Feld benennen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir müssten konkrete Untersuchungsaufträge festlegen. Es würden Monate ins Land gehen, ehe sich die Kommission mit diesem Thema beschäftigen könnte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Was? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Eiertanz! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drex ler SPD: Natürlich! Ihr habt doch keine Ahnung von Parlamentarismus!)

Deshalb haben wir den zweiten Weg vorgeschlagen, nämlich uns rasch mit dem Thema zu beschäftigen, weil wir mittels Debatten mit den Sicherheitsorganen des Bundes und des Lan des wirklich überprüfen wollen, ob wir gut gewappnet und richtig aufgestellt sind, um dieser veränderten Bedrohungsla ge gerecht zu werden.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das hätten Sie auch bei der Einsetzung beschließen können! Das ist auch beantragt worden!)

Wir erhalten auf diese Weise sehr schnell Ergebnisse, was mit einer Enquetekommission nie erreichbar wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Wer es daher ernst mit dem Thema meint, schließt sich unse rem Vorschlag an.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Nachdem keine weiteren Wortmel dungen vorliegen und die Argumente ausgetauscht sind, kom me ich zur Abstimmung darüber, den Antrag der Fraktion der FDP/DVP – Die Gesellschaft und die staatlichen Organe in der Auseinandersetzung mit religiös und politisch motivier ten Extremisten stärken – Erweiterung der Enquetekommis sion „Konsequenzen aus der Mordserie des Nationalsozialis tischen Untergrunds (NSU)/Entwicklung des Rechtsextremis mus in Baden-Württemberg – Handlungsempfehlungen für den Landtag und die Zivilgesellschaft“ –, Drucksache 15/5777, für dringlich zu erklären.

Wer den Antrag für dringlich erklären möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Dringlicherklärung des Antrags wurde abgelehnt.

Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe Punkt 2 der Ta gesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Patentrezept für Wohnungsnot: Wohn raum schaffen statt Mietpreisbremse und Bürokratie – be antragt von der Fraktion der FDP/DVP

Das Präsidium hat eine Redezeit von 40 Minuten mit der üb lichen Abfolge festgelegt. Ich darf auf die Geschäftsordnung hinweisen, wonach die Aktuelle Debatte in freier Rede zu füh ren ist.

Für die Fraktion der FDP/DVP darf ich das Wort Herrn Kol legen Haußmann erteilen.