Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das kommt hinzu!)

die im Augenblick die Grundlage des Ausbaus sind?

(Abg. Peter Hauk CDU: Die Frage ist: Können Sie lesen?)

Genau das kann ich Ihnen bestätigen. Denn der Beschluss des Bundesrats ist so zustande gekommen, dass das Land Bayern mit sechs Stimmen dem Bundesbedarfsplan und seinen über 30 Projekten und auch das Land Baden-Württem berg mit sechs Stimmen dem Bundesbedarfsplan zugestimmt haben. Aber im Gegensatz zu den Repräsentanten aus Bayern steht diese Landesregierung auch dann, wenn sie nach der Bundesratssitzung die Landesgrenzen überschreitet, noch zu den Beschlüssen, statt sich davon zu distanzieren.

Für mich ist das Verhalten Bayerns nicht nachvollziehbar. Da her, Herr Hauk, verstehe ich Ihre Haltung, die Sie in der letz ten Woche eingenommen haben, sehr, sehr gut. Ich hätte mir, wie gesagt, gewünscht, dass Sie vor dem Hintergrund Ihrer

Äußerungen dann auch diesem gemeinsamen Antrag beige treten wären.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Zweitens: Herr Kollege Nemeth, Sie haben vorhin angemahnt – Herr Haußmann hat das auch gesagt –, dass hier eine regel mäßige Überprüfung der Projekte stattfinden soll. Ich muss Ihnen einmal sagen: Nichts anderes wird gemacht. In jedem Jahr wird der Netzentwicklungsplan überprüft im Hinblick darauf, wie es für die kommenden zehn Jahre aussieht. Wir haben heute den Netzentwicklungsplan 2013, der bis 2023 gültig ist. Wir sind derzeit bei der Erarbeitung des Netzent wicklungsplans 2014/2015, der dann wiederum für zehn Jah re fortgeschrieben wird.

Es kann durchaus sein, dass sich im Rahmen dieser Überprü fung das eine oder andere Projekt anschließend auch noch ein mal – wie soll ich sagen? – etwas anders darstellt. Was aber mit Sicherheit nicht passieren wird – das ist meine Prophezei ung –, ist, dass die großen Trassen, die großen HGÜ-Leitun gen – sei es Ultranet nach Philippsburg, sei es SuedLink nach Großgartach – infrage gestellt werden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das macht doch niemand!)

Ich meine, das ist nun wirklich ein ganz zentrales Projekt zur Umsetzung der Energiewende. Genau dies hat aber der baye rische Ministerpräsident in der letzten, vorletzten Woche in frage gestellt. Ich meine – Herr Hauk, da sind wir uns, glau be ich, einig –,

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

dass damit natürlich eine ganz wesentliche Komponente der Energiewende infrage gestellt ist.

Ich will einmal versuchen, das auch mit ein paar Zahlen zu unterfüttern.

Der Stromverbrauch in Baden-Württemberg liegt in etwa bei 80 TWh, 80 Milliarden KWh, pro Jahr. Die Erzeugung in Ba den-Württemberg liegt gegenwärtig aber bei plus/minus 60 TWh, 60 Milliarden KWh, pro Jahr. Kollege Nemeth hat es vorhin schon angesprochen: Baden-Württemberg war schon immer ein Stromimportland. Aber das Land wird dies in den nächsten Jahren vermutlich eher noch in verstärktem Maß werden. Warum? Die beiden großen Blöcke gehen noch vom Netz: Philippsburg 2 im Jahr 2019, Neckarwestheim II im Jahr 2022. Das macht insgesamt 2,6 GW.

Es kommt aber noch hinzu, dass konventionelle Kraftwerke vom Netz gehen. Die EnBW hat eine Reihe von Kraftwerken zur Stilllegung angemeldet, die bislang von der Bundesnetz agentur als systemrelevant eingestuft werden, weil sie für die Versorgungssicherheit notwendig sind. Auch aus Altersgrün den werden noch Kraftwerke herausgenommen werden.

Das heißt, 2020 werden wir unter Berücksichtigung der Zah len der Bundesnetzagentur insgesamt – Zubau und Weggang eingerechnet – ein Delta in einer Größenordnung von 7 000 bis 8 000 MW in Süddeutschland haben. Das heißt, die Not wendigkeit, Zugriff auf Kapazitäten außerhalb von BadenWürttemberg bzw. außerhalb von Bayern zu haben, nimmt nicht ab, sondern nimmt zu.

Im Leitszenario des Netzentwicklungsplans 2013 ist ausge führt, dass im Jahr 2023 in Schleswig-Holstein und Mecklen burg-Vorpommern noch einmal Onshorewindenergiekapazi täten mit einer Leistung von 6,8 GW bzw. 4,1 GW zusätzlich installiert werden. Bis 2023 kommen weitere ca. 6,5 GW an Offshorekapazitäten hinzu.

Der letzte Punkt, den ich schließlich noch erwähnen will: Die im Bundesbedarfsplan enthaltenen Hochspannungs-Gleich strom-Übertragungsleitungen, sprich die HGÜ-Verbindungen, wiederum schaffen nun zukünftig die notwendigen Übertra gungskapazitäten, um auf die in den letzten Jahren aufgebau ten Kapazitäten in Norddeutschland und die weiter im Auf bau befindlichen Kapazitäten, die im Übrigen sehr kosten günstig sind, bei uns in Süddeutschland in den Lastzentren – dem Münchener Raum, dem Stuttgarter Raum, dem Raum Mannheim/Ludwigshafen; da, wo die Industrie den Bedarf hat – tatsächlich auch Zugriff zu haben. Dafür benötigen wir sol che Projekte wie SuedLink. Dafür benötigen wir aber auch das Projekt Ultralink.

Ich denke, die Zahlen, die ich präsentiert habe, zeigen deut lich, dass ohne den Netzausbau die Energiewende für Süd deutschland nicht funktionieren kann. Die Bundesnetzagen tur hat die im Bundesbedarfsplan aufgeführten Maßnahmen unter Beteiligung von unabhängigen Experten – das will ich an dieser Stelle betonen – auf ihre Notwendigkeit geprüft. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, dieses Verfahren, das hier gewählt wurde, das in dieser Art und Weise bis dahin einma lig war – nämlich die Entwicklung des Szenariorahmens und auch die Entwicklung des Netzentwicklungsplans bis hin zum Bundesbedarfsplan, dem, wie gesagt, Bayern und BadenWürttemberg zugestimmt haben –, ohne Begründung in die ser Art in Zweifel zu ziehen, wie es seitens der führenden Re präsentanten der Bayerischen Staatsregierung, insbesondere des dortigen Ministerpräsidenten, gemacht worden ist. Noch einmal: Damit gefährdet man meines Erachtens die Versor gungssicherheit in Süddeutschland.

Ich fordere deshalb die Bundesregierung auf, den 2013 ge meinsam von Bundestag und Bundesrat – wie gesagt: auch mit den Stimmen der CSU – beschlossenen Bundesbedarfs plan zügig umzusetzen und die hierfür erforderlichen Rah menbedingungen unverzüglich auf den Weg zu bringen.

Herr Haußmann, Sie haben noch einmal auf die Herangehens weise in Schleswig-Holstein hingewiesen, auch unter Hinzu ziehung der DUH, was das dortige Netzausbauprojekt betrifft, um frühzeitig auch die Öffentlichkeit mitzunehmen. Ganz klar: Nichts anderes machen wir hier in Baden-Württemberg. Auch ich habe die DUH mit ins Boot geholt. Wir hatten vor etwa vier Wochen in Neckarsulm ein Auftakttreffen mit den Vertretern der kommunalen Landesverbände, der Wirtschaft, des Bauernverbands, der Umweltverbände, aber auch der DUH und anderer, bei dem wir uns über eine gemeinsame Zielvereinbarung und darauf aufbauend über einen Prozess unterhalten haben, der Stück für Stück zunächst die Bürger meisterinnen und Bürgermeister der betroffenen Regionen und dann natürlich auch die Bürgerinnen und Bürger der betroffe nen Regionen frühzeitig mitnimmt und frühzeitig informiert. Gerade weil Schleswig-Holstein hier erfolgreich war, habe ich gesagt: Wir schauen einmal, ob wir hier ähnlich vorgehen. Ich denke, da sind wir uns mit Ihnen vollkommen einig.

Wichtig ist mir – das hat vorhin Kollege Renkonen angespro chen –, dass wir in Bezug auf die Akzeptanz dem Thema Erd verkabelung einen größeren Stellenwert beimessen. Ich glau be, dass gerade eine Erdverkabelung bei diesen Projekten ei niges an Diskussionen entschärfen und einiges zur Akzeptanz verbesserung beitragen kann.

Herr Kollege Haußmann, es ist aber nicht notwendig, die ge setzlichen Grundlagen dafür zu schaffen. Vielmehr wurden die gesetzlichen Grundlagen dafür mit der Novelle des EEG geschaffen, die im Frühsommer dieses Jahres verabschiedet wurde. Sie können dort sehen, dass extra ein Artikel eingefügt worden ist, der vorsieht, dass man bei den HGÜ-Projekten, die von Nord nach Süd gehen, zukünftig das Thema Erdver kabelung entsprechend berücksichtigen kann und dies dann seitens der Bundesnetzagentur im Zuge der Frage, welche Preise und Kosten anrechenbar sind, auch berücksichtigt wer den kann.

Die Landesregierung – Sie sehen es an meinen Ausführungen in Bezug auf das Projekt SuedLink – unterstützt den Netzaus bau bereits nach Kräften. Wir haben, wie gesagt, auch hier in Baden-Württemberg ein Dialogverfahren auf den Weg ge bracht.

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass als Reaktion auf die Äußerungen, die der bayerische Ministerpräsident ge macht hat, am 8. Oktober auf Energieministerebene von den Kollegen aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, NordrheinWestfalen und Hessen sowie von mir eine Erklärung verab schiedet wurde, in der wir uns deutlich gegen die Haltung des bayerischen Ministerpräsidenten positionieren und uns für den Bau des Energiewendeprojekts – das will ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen –, der SuedLink, einsetzen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Lusche?

Wenn es nicht auf meine Redezeit angerechnet wird, gern.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Die ist sowieso schon lange überschritten!)

Ja, ich bin fertig. Keine Bange.

Das wollen wir in jedem Fall ver meiden, Herr Minister.

(Heiterkeit)

Vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Ich möchte Sie zur Klarstellung Folgendes fragen:

Erstens: Stimmen Sie mir zu, dass sich sowohl der Antrag der anderen drei Fraktionen als auch unser Änderungsantrag ge rade nicht ausschließlich auf SuedLink, sondern auf sämtli che beschlossenen Maßnahmen beziehen?

Zweitens: Können Sie mir noch einmal bestätigen – Sie ha ben den Netzentwicklungsplan angesprochen –, dass es gera de in diesen Gesetzen angelegt ist – wobei der Netzentwick

lungsplan die Grundlage z. B. für den Bundesbedarfsplan ist –, dass notwendigerweise einer dauernden Überprüfung un terliegen muss, wie die Bedarfe tatsächlich gelagert sind?

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, wie Sie folgendes Zi tat bewerten:

In der breiten Konsultation zum Netzentwicklungsplan 2014 sind bei den Netzbetreibern zahlreiche Hinweise zum Netzausbaubedarf eingegangen. Ich würde es begrü ßen, wenn die Übertragungsnetzbetreiber beim... vorzu legenden 2. Entwurf... die Konsultation... konstruktiv aufnehmen und fundierten Hinweisen bei ihrer weiteren Planung Rechnung tragen.

Weiter heißt es:

Auf der Basis des reformierten EEG ist zu erwarten, dass sich die regionale Verteilung... anders über das Bundes gebiet verteilen dürfte als noch im 1. Entwurf... ange nommen.

Der zitierte Mann heißt Baake, ist Staatssekretär im Bundes wirtschaftsministerium und, wie ich glaube, Ihrer Partei in Zu neigung zugetan.

Mitglied.

Würden Sie mir bestätigen, dass es zwangsläufig im System angelegt ist, dass solche Bedarfe überprüft werden müssen? Würden Sie vor diesem Hinter grund akzeptieren, dass dies wichtig ist, falls wir in BadenWürttemberg Leitungsverläufe haben, bei denen sich die Be darfe nicht so darstellen wie ursprünglich angenommen, und dass selbstverständlich ein Minister, der gerade ein Umwelt informationsgesetz mit breiterer Öffentlichkeitsbeteiligung vorlegt, öffentliche Anregungen und Kritik aufnehmen muss?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Lusche, ich verstehe Ihre Frage beim besten Willen nicht.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist ja das Problem!)

Warum verstehe ich sie nicht? Kollege Stober, aber auch an dere sind vorhin ausdrücklich darauf eingegangen, dass in dem gemeinsamen Antrag das Thema, das Sie ansprechen, nämlich das Projekt Bünzwangen–Goldshöfe, ausdrücklich aufgenommen ist. Es handelt sich in diesem Fall nicht um ein Projekt des Bundesbedarfsplans – das hat Herr Abg. Stober ausgeführt –, sondern es handelt sich um ein Projekt des EnLAG aus dem Jahr 2009.

(Zuruf des Abg. Ulrich Lusche CDU)

Da gibt es ein klares Verfahren, wie damit umgegangen wird.

Was den Bundesbedarfsplan betrifft, braucht es zur Überprü fung nicht den Antrag der CDU, sondern diese Überprüfung ist im Verfahren des Bundesbedarfsplans von vornherein an gelegt.