Protokoll der Sitzung vom 12.11.2014

Ich sage Ihnen: Es gibt keine Ver bundschulen ohne Gemeinschaftsschulen, ohne dass Sie das Element der Gemeinschaftsschule zulassen. Denn Sie lassen nur Gemeinschaftsschulen zu.

(Lachen bei den Grünen und der SPD)

Sorry, Sie stellen die Frage, aber ich gebe die Antwort. Das muss man schon einmal festhalten.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sie brauchen Nachhilfe!)

Sie lassen doch nichts zu, was nicht Gemeinschaftsschule heißt.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Jetzt steht eine Änderung der Schulhausbaurichtlinie an.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Sie können noch nicht einmal Fragen beantworten! – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das ist eine der vielen Richtlinien, bei denen das Parlament auch selbst entscheiden könnte, wie mit dem Geld umgegan gen wird, das in den Investitionstopf hineingegeben wird. In diesem Änderungsentwurf der Schulhausbaurichtlinie, die nächstes Jahr in Kraft treten soll, steht, dass natürlich nur Schulhausbauten genehmigt werden, die dem pädagogischen Konzept der Landesregierung entsprechen, das heißt, die der Landesregierung gefallen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Damit ist der Willkür erneut Tür und Tor geöffnet, dass nur die Kommune, nur der Schulträger Zuschüsse zum Schulhaus

bau erhält, deren bzw. dessen Konzept gefällt. Der Schulträ ger, dessen Konzept nicht gefällt, erhält kein Geld.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das neutrale Schulpolitik? Ist das Schulentwicklung von unten? Was Sie hier betreiben ist Gesinnungsschulentwicklung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl, so ist es!)

Diese Gesinnungsschulentwicklung hat nichts mehr mit Schul entwicklung zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von den Grünen und der SPD)

Darin kommt jedoch Ihr allgemeiner Anspruch zum Ausdruck, Sie wüssten es schon besser als die Menschen in Baden-Würt temberg. Da Sie es besser wüssten, könnten Sie sie auch be vormunden und könnten ihnen letztlich auch aufzwingen, was zu passieren habe.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Hauk, gestatten Sie ei ne Zwischenfrage des Kollegen Lehmann?

Vielen Dank, Herr Kol lege Hauk. – Sie haben gesagt, dass Förderbeträge nach der Schulhausbaurichtlinie nur nach Gefallen möglich seien und vom pädagogischen Konzept abhingen. Das Neue ist doch vielmehr, dass nun in die Schulhausbaurichtlinie aufgenom men worden ist, dass die Weiterentwicklung des pädagogi schen Konzepts zur weiteren Förderung führen kann. Das ist neu in der Schulhausbaurichtlinie. Ich möchte Sie fragen, wie Sie dazu stehen. Lehnen Sie das ab?

Natürlich nicht. Die Weiterentwick lung des pädagogischen Konzepts in Ihrem Sinn, wie Sie es meinen, wie Sie es angelegt haben, entspricht immer einer Weiterentwicklung in Richtung einer Gemeinschaftsschule. Das lehnen wir ab. Das ist der ganz entscheidende Punkt: Sie lassen nichts anderes zu.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, so ist es!)

Herr Lehmann, in diesem Fall gilt Pars pro Toto für die grü ne Fraktion. Erlauben Sie doch den Wettbewerb. Wenn Sie so sicher sind, dass Ihr Konzept gut ist, dann erlauben Sie doch den Wettbewerb. Stellen Sie die Gemeinschaftsschulen den anderen Schularten gleich. Dann schauen wir einmal, wer sich für eine Gemeinschaftsschule entscheidet.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Er hat das päda gogische Konzept der Grünen nicht verstanden!)

Ich habe in Baden-Württemberg noch keinen Bürgermeister und noch keinen Gemeinderat getroffen, der die Gemein schaftsschule wegen des pädagogischen Konzepts gewählt hat – noch nie und nirgendwo.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei den Grünen und der SPD – Zurufe, u. a. des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Noch nirgendwo, Herr Fulst-Blei. Weder in Adelsheim noch irgendwo sonst in Baden-Württemberg. Das waren doch alles letztendlich nur Überlebensentscheidungen, um den Standort zu halten, weil bekannt war, dass keine andere Form geneh migt würde.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Genau so ist es!)

Letztendlich wurde also ein Lockvogelangebot gemacht. Das ist doch die Wahrheit. Dieser müssen Sie letztlich auch ins Auge sehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Wirtschaftspolitik heißt auch, den Arbeitsmarkt zu beleben. Das heißt, Arbeits kräfte, die in Baden-Württemberg gebraucht werden, müssen auch zur Verfügung gestellt werden, und zwar im Ausbil dungssystem. Was machen Sie an den beruflichen Schulen? Kürzungen.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Was? – Weitere Zurufe)

Die haben Sie zurückgenommen. Herr Schmiedel bläst ge rade die Backen auf. Es stimmt, Sie wollten kürzen. Dann ha ben Sie dies aber zurückgenommen.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Das ist Ihre bewährte Politik: Erst einmal werden Kürzungen angedroht, dann wird wieder aufgestockt. So funktioniert das bei den Grünen und der SPD in diesem Bereich.

(Abg. Martin Rivoir SPD: So haben Sie das immer gemacht!)

Was passiert denn? Der Klassenteiler liegt bei 16 Schülern. Die Ausbildung zu Handwerks- und Industrieberufen findet in der Fläche nicht mehr statt. Das heißt, wir müssen uns über legen: Anstatt Lehrer in den Gemeinschaftsschulen zu bun kern, sollten Lehrer lieber für kleinere Klassen in der Berufs ausbildung gebunkert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Wir brauchen für die Handwerks- bzw. Industrieberufe auch eine Ausbildung vor Ort. Sonst gehen die jungen Menschen gleich in die Ballungsräume. Das kann doch nicht die Zielset zung sein. Wir wollen, dass sich das Land gleichmäßig ent wickelt. Gleichmäßige Entwicklung heißt auch kleinere Klas sen in der Berufsausbildung, in der dualen Ausbildung. Die duale Ausbildung wird von dieser Landesregierung sträflich vernachlässigt. Sie wird jedenfalls nicht dem Anspruch ge recht, damit eine aktive Wirtschaftspolitik zu betreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Wir haben die besten Zahlen!)

Nun gibt es in Baden-Württemberg die besondere Situation, dass sich jeden Monat Tausende von Flüchtlingen – am Jah resende werden es wahrscheinlich über 30 000 sein – um Asyl bewerben. Die Flüchtlinge kommen nach Deutschland, also auch nach Baden-Württemberg.

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Hauk, gestatten Sie eine Zwi schenfrage?

Nein, jetzt würde ich meine Ausfüh rungen gern im Zusammenhang machen.

Sie erhöhen zwar die Mittel für die Asylbewerber. Damit wer den Sie den Forderungen der Kommunen ein Stück weit ge recht. Das ist auch notwendig, denn es ist eine staatliche Auf gabe. Die Umsetzung kommt aber wieder viel zu spät. Im Frühjahr haben wir bereits gefordert, dass wir neben der LEA in Karlsruhe noch drei Erstaufnahmestellen brauchen, sodass wir insgesamt mindestens vier haben. Was ist denn bisher pas siert? Jetzt, erst vor Kurzem, wurde beschlossen, dass es wei tere Erstaufnahmestellen gibt.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Genau, nach der Kommunalwahl! – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Dies wurde also erst mit einem halben Jahr, Dreivierteljahr Verzögerung beschlossen. Die Zeit dazwischen fehlt nun und muss irgendwie kompensiert werden, was jedoch schwierig ist.

Es war dann klar, dass der Deutsche Bundestag vor allem zu dem Bereich der sicheren Herkunftsländer Gesetze beschlie ßen wird. Herr Ministerpräsident, ich lobe Sie in dieser Fra ge ausdrücklich. Ich glaube aber, dass das taktisch motiviert war – um das einmal offen anzusprechen. Uns wird sugge riert, da sitze ein bürgerlicher Ministerpräsident, der grüne Parteitag halte still und ertrage ihn, es sei alles wunderbar. Da er ganz bürgerlich sei, dürften die Asylbewerber zu uns kom men, aber die, die aus sicheren Herkunftsländern kämen, dürf ten eigentlich nicht hier sein. Da hat der grüne Ministerpräsi dent Kretschmann zugestimmt.

Schauen wir uns doch einmal an, was passiert. Zu den Rück führungen in Baden-Württemberg – man nennt das wenig eu phemistisch „Abschiebungen“ –: Im letzten Jahr hatten 14 376 Menschen keinen Asylanspruch, auch keine Duldung und des halb auch nichts in Baden-Württemberg bzw. Deutschland verloren. Wenn man diesen Anspruch dann auch durchsetzen will, kann man nicht nur 975 Menschen – das entspricht 6,8 % – in ihre Heimat zurückführen.

(Zuruf des Ministers Reinhold Gall – Zurufe von den Grünen)