Was gilt? Keiner weiß es. Dann geht das Ganze weiter. Die ses Mal fängt der Ministerpräsident an und erklärt: „Wir ha ben Handlungsbedarf bei der Altersgrenze kommunaler Wahl beamter. Die Altersgrenze muss weg.“ Zick.
Dann kommt Kollege Schmiedel und sagt – zack –: „Das wol len wir nicht.“ Bei dieser Geschichte toppen Sie das Ganze noch. Da sagt der Innenminister: „Hier brauchen wir ein Ge setz.“ Zick. Dann kommen der grüne Parteivorsitzende, Mi nister Bonde und der Ministerpräsident und erklären: Zack, zack, zack.
Heute hatten wir ein klassisches Beispiel dafür. Wir wissen nicht, was jetzt der Kurs der Regierungskoalition ist.
Ministerpräsident und Minister Bonde erklären, es komme kein Gesetz. Der Innenminister hat am Montag erklärt, es komme ein Gesetz. Nachdem das Ganze eingesammelt wur de, erklärt er nun: „Wir machen uns Gedanken, und es kommt vielleicht etwas.“
Von einer Landesregierung erwarten wir, dass sie sich zu nächst einmal intern über ihre Marschroute verständigt und dann die Öffentlichkeit darüber informiert
Kollege Rülke, Sie haben gerade gesagt, Ihnen liege ein Gesetzentwurf zur Sperrzeitenregelung von Innenminister Gall vor. Wären Sie so freundlich, mir die sen nachher zur Verfügung zu stellen, damit ich mich da sach kundig machen kann?
Herr Kollege Frey, ich empfehle Ihnen, anschließend das Plenarprotokoll zu le sen. Ich habe nicht gesagt, dass mir ein Gesetzentwurf vor liegt, sondern ich habe gesagt, dass der Innenminister einen Gesetzentwurf angekündigt hat. Das ist der Punkt. Diesen hat er angekündigt.
Kommt er nicht, stelle ich mir die Frage, warum der Innen minister solche Diskussionen in der Öffentlichkeit anzettelt. Genau das ist der Vorwurf, den ich dieser Koalition mache.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich muss an der Stelle einsteigen, an der Kollege Rülke aufgehört hat.
Ein Gesetzentwurf werde noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt, sagte ein Sprecher Galls am Donnerstag. Eben hat Herr Gall gesagt, er hätte dies nicht geplant. Kollege Heiler referierte über das Verbleiben der FDP/DVP in diesem Parla ment. Ganz zum Schluss sagt der eine Grüne dies, der ande re Rote das. Ich möchte einmal in dem Vergleich bleiben, den viele von Ihnen heute gewählt haben: Sehr viele Köche – ich glaube, in dieser Küche sind es zu viele – verderben den Brei.
Wenn man den Bericht des runden Tisches und auch die ent sprechenden wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema liest, stellt man fest: Im Kern geht es nicht darum, ob die FDP/ DVP im Parlament bleibt oder nicht oder ob es viele oder we nige Köche gibt. Es geht im Kern vielmehr darum, ob Alko holmissbrauch in öffentlichen Bereichen vermindert oder ver hindert werden kann. Im Kern geht es auch darum, wie Lärm reduziert werden kann.
Bei dieser Ergebnislage des Berichts zu sagen, mit der Ver längerung der Sperrzeiten sei das Problem geregelt, ist weder klug noch sinnvoll. Denn die Gastronomie ist weder Auslöser noch Lösung des Problems.
Auch im Hinblick auf den von Ihnen immer breit vorgetrage nen allgemeinen Hinweis auf die Gerechtigkeit ist es nicht ge rade gescheit, dieses Thema ohne Differenzierung zwischen unterschiedlichen Gastronomiebetrieben anzugehen. Es ist auch nicht gescheit, zu sagen, die lokalen Lösungen – das schreibt Herr Kretschmann auf seiner Homepage – seien po litisch nicht durchsetzbar.
Wenn das so ist, frage ich mich: Warum sitzen Sie hier? Wa rum sitzen wir hier, wenn über diese Themen nicht politisch argumentiert werden kann und auf diese Weise vernünftige Lösungen gefunden werden können? Eine gleichsam zentra listische Politik quer über das Land hilft nichts. Wir haben in unterschiedlichen Bereichen des Landes unterschiedliche Pro blemlagen. Laut Ihrem Bericht gibt es 73. Dieses zu überge hen und auf die Veränderung der Sperrzeiten zu verkürzen, Herr Minister Gall, ist in der Tat auch zu kurz gesprungen.
Lassen Sie mich noch eines sagen: Der Herr Ministerpräsi dent hat gesagt, die eingetretene Entspannung scheine es der zeit nicht erforderlich zu machen, Alkoholkonsumverbote um zusetzen. Da frage ich mich schon: Wo laufen wir jetzt eigent lich hin? Ist jetzt die neue Freiheitspartei diejenige, die das Komasaufen zulässt? Da halte ich dagegen.
Ich glaube, als Fazit der heutigen Debatte kann man eines ste hen lassen. Die Grünen sagen, man müsse flexibel bleiben. Die aktuelle Gesetzeslage lässt dies bereits zu. Aber was ist die Linie bei der SPD? Rot sagt, man müsse einschränken. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wo geht es insgesamt hin? Wenn Sie schon mit dem Zahlenmaterial winken und dieses als Grundlage heranziehen, dann muss Ihnen auch klar sein, dass bei all diesen Problemlagen nur 0,6 % der Problemfälle in der Gastronomie aufgetreten sind. Alle anderen, wie etwa öffentliche Plätze, Personennahverkehr etc., sind mit 20, mit 30, mit 40 % der Nennungen enthalten. Dann zu sagen: „Wir fokussieren das auf die Gastronomie“, ist nicht nur mit Kano nen auf Spatzen geschossen, meine Damen und Herren, son dern am Ziel vorbeigeschossen.
Einen Nachsatz gestatten Sie mir noch. Der Innenminister bzw. Herr Lucha hat gesagt, im Jahr 2008 sei nichts passiert, im Jahr 2007 sei nichts passiert, Oettinger hätte nichts ge macht, die Vorgängerregierungen seien untätig gewesen. Wis sen Sie, dass das gegenwärtige Problem erst nach dem Urteil über das Freiburger „Bermudadreieck“ entstanden ist? Das heißt, es ist erst 2010 auf die politische Bühne gekommen
und 2011 in die Diskussion. Da bitte ich Sie einfach ein Stück weit um Ehrlichkeit. Ich hoffe, dass wir gemeinsam zu einem gescheiten Entwurf kommen.
Jetzt wird es eigentlich im mer abenteuerlicher, Herr Rapp. Zur Ausgangslage: Wir ha ben beim runden Tisch einen Maßnahmenkatalog und einen Werkzeugkoffer verabschiedet – einstimmig. Es gab einen ein zigen Dissens: Alkoholkonsumverbote. In dieser Frage war die FDP/DVP bei der Regierung und die CDU isoliert. Das ist das Ergebnis.
Was macht jetzt der Innenminister? Er hat nichts anderes ge macht, als einen Teilaspekt aufzugreifen, nämlich den Wunsch der kommunalen Landesverbände, dass § 11 der Gaststätten verordnung flexibler, kommunalfreundlicher und gerichtsfes ter gestaltet wird. Sie wissen selbst, dass viele Klagen von den Kommunen deshalb verloren wurden, weil der Nachweis der Störung so schwer zu erbringen war. Nichts anderes haben der Innenminister und die zuständigen Abteilungen im Staatsmi nisterium gemacht, als hier eine Idee vorzulegen, wie wir das gerichtsfester machen können.
Gleichzeitig haben die Gastronomie, der Tourismusminister, Herr Bonde, und auch Herr Pix darauf aufmerksam gemacht, dass das Problem nicht in der Gastronomie selbst liegt – denn die ist gut und kooperativ; das ist ein wichtiger Bestandteil –, sondern im Umgang damit in der öffentlichen, rechtlichen Ge staltung. Alle anderen Maßnahmen, Herr Rapp – Stichworte Nachtwanderer, Präventionsprogramm, 78-Punkte-Programm, Aufklärung, Projekt HaLT bei jungen Leuten –, wirken. Herr Köberle – er ist nicht da – hat am Montag in der „Schwäbi schen Zeitung“ gesagt, als er gedacht hat, Herr Gall würde die Sperrzeit verlängern, er stimme dem zu. Ihr habt also in der Fraktionssitzung auch noch nicht genau darüber geschwätzt, ob ihr dazu eine einheitliche Meinung habt. Ich höre von Ih nen, dass Sie eigentlich gar keine Meinung haben.
Ich kenne Ihre Position, die lautet: Konsumverbot. Das heißt doch für uns: Wir haben mit der Sozialarbeit, mit den runden Tischen auch in den Kommunen, die es an vielen Orten – in Ravensburg, in Heidelberg – gibt, mit den Streetworkern, mit der Suchthilfe, mit der Ortspolizei, also auch den Ordnungs diensten, eine Verantwortungsgemeinschaft gegründet.
Noch ein letzter Satz: Alle wissenschaftlichen Untersuchun gen beim runden Tisch haben gezeigt, dass Konsumverbote nur zu Verlagerungen an andere Orte führen und das Problem des Alkoholmissbrauchs überhaupt nicht lösen. Wir gehen die Lösung an, wir gehen an die Quelle, wir reden mit den jun gen Leuten. Wir helfen ihnen bei Therapie und Ausstieg. Das ist das Mittel zum Ziel.