Protokoll der Sitzung vom 10.12.2014

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Gruber?

Aber sicher.

Ich will gar nicht bewerten, wer für welche Schulden welche Verantwortung trägt.

Meine Frage an Sie als Haushalts politiker, weil Sie gerade gesagt haben, neue Schulden hätten mit alten Schulden gar nichts zu tun: Wissen Sie, wie viel Zin sen für die alten Schulden gezahlt werden müssen?

Herr Kollege Gru ber, wir zahlen mit Sicherheit nicht 9 Milliarden € Zinsen, sondern die 9 Milliarden €, die Sie einerseits eingenommen haben und andererseits wieder ausgeben, haben mit Ihrer Re gierungspolitik zu tun. Man braucht im Grunde keine höhere Schule besucht zu haben, um das nachzuvollziehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Gernot Gruber SPD: Ich habe eine hö here Schule besucht!)

Man sieht ja auch, wie diese Politik beispielsweise vom Kol legen Schmiedel vollzogen wird. Er ist im Moment wie das Christkind im Land unterwegs. Zweimal innerhalb einer Wo che war er in Karlsruhe und hatte jeweils einen dicken Scheck dabei.

Ihr Wirken erinnert mich an das Weihnachtsmärchen von Charles Dickens. Darin gab es einen Geizhals, Ebenezer Scrooge, der irgendwann in der Nacht einmal vom Geist ei nes Verstorbenen heimgesucht wurde. Dieser hat ihn durch das Land geführt und ihm gezeigt, wo überall Not ist. An schließend ist er dann wieder aufgewacht, war geläutert und ist durch das Land gezogen und hat sein Vermögen verschenkt.

So ähnlich ist es bei „Ebenezer Schmiedel“, der in der Ver gangenheit offenbar gegenüber den Beamten geizig war. Dann ist ihm wahrscheinlich irgendwann in der Nacht der Geist von August Bebel erschienen,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

hat ihn durch das Land geführt, und als er wieder aufgewacht ist, war er geläutert. Seither verschenkt er das Geld. Der Un

terschied ist nur: Ebenezer Scrooge hat sein eigenes Vermö gen verschenkt, „Ebenezer Schmiedel“ hingegen verschenkt das Geld des Steuerzahlers. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Heiterkeit des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Schmiedel?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ohne Taschen rechner! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt er zählt er von seinem Traum!)

Herr Kollege Rülke, war es auch der Geist von Bebel, der Sie in Karlsruhe dazu gebracht hat, anzukündigen, dass Sie eine namentliche Abstimmung über diesen Zuschuss für Karlsruhe beantragen wollen?

Herr Kollege Schmie del, das war nicht der Geist von August Bebel, sondern der von Friedrich Naumann, der mich dazu gebracht hat.

(Heiterkeit des Abg. Konrad Epple CDU)

Im Übrigen wäre unsere Politik eine andere. Sie streichen erst – beispielsweise der Europäischen Schule in Karlsruhe – das Geld, damit Sie anschließend als Weihnachtsengel wieder ein schweben können und erklären können: „Hier bekommt ihr es zurück.“ Wäre es nicht einfacher, das Geld gar nicht erst zu streichen, Herr Kollege Schmiedel?

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Sie, Herr Ministerpräsident, haben ebenfalls Anteil an dieser Haushaltspolitik. Im Sommer wurde darüber gestritten, ob die Schuldenbremse ab 2016 oder ab 2020 wirkt. Dann kam Ihr Finanzminister und hat erklärt: Erst ab 2016 macht er keine Schulden. Dann hat der Ministerpräsident erklärt: Nur dann, wenn das nachhaltig sei. Hinterher haben Sie das bestritten. Ich darf aus dem Plenarprotokoll der 111. Sitzung vom 12. No vember Herrn Staatssekretär Rust zitieren. Er ist inzwischen geflüchtet, aber im Plenarprotokoll ist er verewigt. Ich zitiere Herrn Staatssekretär Rust:

Erstens eine Richtigstellung: Der Ministerpräsident – das hat er mir gerade noch einmal bestätigt – hat nicht ge sagt, dass es keine Eintagsfliege sein soll und die Neuver schuldung dauerhaft auf null sein soll, sondern dass sich die Neuverschuldung innerhalb eines Rahmens von ma ximal einer halben Milliarde bewegen soll. Das wird der Fall sein. Wenn Sie zitieren, dann bitte richtig, Herr Rül ke.

Ich habe mir noch einmal angeschaut, was der Ministerpräsi dent gesagt hat – „Mannheimer Morgen“ vom 4. Juni 2014; ich zitiere –:

„Für 2016 liegt alles auf der Hand“, gibt Kretschmann zu. Doch das reicht ihm nicht. Den Verzicht auf neue Schulden im Wahljahr 2016 will er nur akzeptieren, wenn dies in den Jahren danach ebenfalls möglich ist.

Nun kann es vielleicht sein, dass der „Mannheimer Morgen“ falsch zitiert. Minister Stoch hat das ja einmal behauptet. Dass er das Sitzenbleiben abschaffen wollte, war angeblich eine Ente des „Mannheimer Morgen“. Deshalb habe ich auch noch in anderen Zeitungen nachgeschaut. „Stuttgarter Zeitung“ vom 3. Juni 2014:

„Wir wollen den Etat nachhaltig sanieren“, sagt Kretsch mann. Es mache einen Unterschied, ob die Nullverschul dung nur „in“ 2016 stehe oder „ab“ 2016.

„Südkurier“ vom 4. Juni 2014:

Soll man „bis“ 2016 ohne neue Schulden auskommen oder „ab“ 2016. „Wir wollen die Nettonull so schnell wie möglich erreichen“, sagt Kretschmann.

Oder „Schwäbische Zeitung“:

... der Ministerpräsident... betont die Frage, ob es eine Nullverschuldung „in“ oder „ab“ 2016 geben soll.

„Badische Zeitung“ vom selben Tag:

Die Frage ist: Ist es eine Null in 2016 oder eine Null ab 2016?

Herr Ministerpräsident, lügen die alle? Haben die alle Sie falsch verstanden? Ihr Staatssekretär hat ausweislich dessen, was er mit Ihnen vereinbart hat, erklärt, das hätten Sie nicht gesagt, sondern es ginge um maximal 500 Millionen € neue Schulden. Sie haben auch lange Zeit verheimlicht, was Sie in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen haben, dass Sie nämlich 2015 neue Schulden machen wollen, 2017, 2018 und 2019 auch wieder und nur 2016 keine neuen Schulden ma chen wollen. Warum? Weil in diesem Jahr Landtagswahlen sind. Das ist Ihre Politik.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist Zufall!)

Seien Sie wenigstens so ehrlich und geben es zu, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Auch in anderen Bereichen der Landespolitik sieht es relativ düster aus. Es war ja schon die Rede von Herrn Minister Her mann, der Geld überall liegen lässt, wo man welches vom Bund bekommen kann. Vom Schallschutz war heute nicht die Rede. Nur bei den Gutachten greift er kräftig zu und beim Na tionalpark Herr Minister Bonde, der diesen gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt hat – übrigens mit beeindru ckenden Erfolgen: Der Nationalpark wurde vom Landtag be schlossen, und schon werden neue Pilzarten entdeckt.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Der Pilz des Jahres 2013 war der Tannenstachelbart. Der Pilz des Jahres 2014 ist die Zitronengelbe Tramete. Die Zitronen gelbe Tramete ist offensichtlich im Nationalpark bereits in dem Moment entstanden, in dem er beschlossen wurde.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Ob das allerdings eine so gute Nachricht für den Nationalpark und für die Menschen im Nordschwarzwald ist, steht dahin. Ich darf aus einer Pressemitteilung der Nationalparkverwal tung Bayerischer Wald vom 7. Juli 2010 zitieren:

Um sich optimal entwickeln zu können, benötigt die Zit ronengelbe Tramete... vom Borkenkäfer flächig abgetö teten Bergfichtenwald...

Da werden sich die Nordschwarzwälder aber freuen, dass jetzt die Zitronengelbe Tramete kommt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Heiterkeit)

Die Überschrift dieser zitierten Pressemitteilung vom 7. Juli 2010 lautet:

Borkenkäfer hilft seltenen Arten

Herzlichen Glückwunsch in den Nordschwarzwald, meine Da men und Herren!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)