Ich danke Ihnen, sehr geehrter Herr Abgeordneter, im Namen des ganzen Landtags für Ihr Wirken als Abgeordneter und Staatssekretär und wünsche Ihnen persönlich und für Ihre be rufliche Zukunft alles Gute sowie am 1. Februar 2015 einen guten Start bei Ihrer neuen, verantwortungsvollen Aufgabe im kommunalpolitischen Bereich. Herzlichen Dank für Ihre Ar beit!
Lassen Sie mich zum Schluss eine kleine ironische Bemer kung machen: Der Abgeordnete, der dafür gesorgt hat, dass der hochgeschätzte Politiker Ingo Rust die Landespolitik ver lässt und als Bürgermeister in Esslingen kandidiert, gehört ei gentlich hart bestraft.
(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sieht das der Finanzmi nister auch so?)
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Ba den-Württemberg (Erneuerbare-Wärme-Gesetz – EWär meG) – Drucksache 15/6236
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung im Präsidium sind nach der Begründung durch die Regierung fünf Minuten Re dezeit je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gel ten.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Auch von meiner Seite aus wünsche ich Ingo Rust für seine weitere berufliche Zukunft alles Gute. Für mich war die Zusammenarbeit mit ihm immer sehr angenehm – sowohl im Parlament als auch in den letzten vier Jahren in der Landes regierung. Alles Gute für die Zukunft!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Weg bis zur heutigen ersten Lesung war durch intensive Diskussionen und eine breite Bürgerbeteili gung gekennzeichnet. Ich freue mich, dass wir heute hier im Hohen Haus über einen Entwurf der Novelle des Erneuerba re-Wärme-Gesetzes beraten, der einen weiteren wichtigen Beitrag dazu leisten kann, unsere ehrgeizigen Klimaschutz ziele auch tatsächlich zu erreichen.
Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz war und ist – erstens – kein bequemes Gesetz. Darüber bin ich mir im Klaren. Zweitens: Es ist ein ordnungsrechtliches Instrument zum Erreichen po litischer Ziele, die nicht jede und jeder auf Anhieb teilt. Ins besondere bei einigen – wenn auch wenigen – Lobbyisten stößt es auf Widerstände. Und schließlich drittens: Ja, das Er neuerbare-Wärme-Gesetz stellt an Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer Anforderungen, deren Erfüllung zunächst auch Geld kostet.
Doch es ist vor allem eines: Es ist ein gutes, ein wichtiges Ge setz, ein Gesetz, mit dem wir Herausforderungen unserer Zeit anpacken. Dies gilt erstens, weil es – bundesweit einzigartig – den älteren Gebäudebestand abdeckt, auf den rund ein Vier tel der jährlichen Treibhausgasemissionen in Baden-Württem berg entfallen, zweitens, weil es zur verstärkten Nutzung er neuerbarer Energien für Heizung und Warmwasserbereitung beiträgt, drittens, weil es ein Bewusstsein für den sorgsamen – sprich den effizienten – Umgang mit Energie schafft, vier tens, weil uns die effizienter eingesetzte bzw. weniger ver brauchte fossile Energie unabhängiger von geopolitischen Ver werfungen und von Preisschwankungen bei Öl und Gas macht, und schließlich fünftens, weil es – alles zusammengenommen
einen wichtigen Klimaschutzbeitrag leistet. Als wohlhaben des und exportorientiertes Industrieland hat Baden-Württem berg die besondere Verantwortung, diesen Beitrag zu erbrin gen.
Meine Damen und Herren, sämtliche der von mir genannten Punkte könnten genauso gut aus dem Jahr 2007 und aus dem Munde meiner Amtsvorgängerin stammen; denn all das trifft auch auf das bisherige Erneuerbare-Wärme-Gesetz zu, das CDU und FDP/DVP seinerzeit mit Zustimmung der Grünen im Landtag im November 2007 verabschiedet haben.
Was soll sich nun gegenüber dem aktuellen Gesetz für die Zu kunft ändern? Wir fordern künftig fünf Prozentpunkte zusätz lich, was den Einsatz von erneuerbaren Energien für Heizen und Warmwasser angeht. Wohlgemerkt: Wir fordern nur fünf Prozentpunkte mehr. Wir beziehen künftig Nichtwohngebäu de in das Erneuerbare-Wärme-Gesetz ein, also beispielswei se Bürogebäude und Hotels. Wir orientieren uns am Anwen dungsbereich des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes des Bundes, das, wie Sie wissen, leider nur für den Neubausektor gilt.
Wir knüpfen damit an bewährte Regelungen an, entwickeln das Gesetz fort und passen es an die wachsenden Herausfor derungen des Klimawandels und die Energiewende an. Es ist keineswegs, wie manche Hardcorekritiker glauben machen wollen, die Erfindung neuer Verbots- oder Vorschriftstatbe stände, die mit diesem Gesetz unseren Wirtschaftsstandort an geblich in den Ruin treiben. Dies ist vor allem deshalb nicht der Fall, weil wir auf der anderen Seite Neuerungen vorsehen, mit denen wir den Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeei gentümern entgegenkommen und damit das Gesetz bürger freundlicher als bisher machen.
Erstens: Wir schaffen mit der Möglichkeit zur Kombination verschiedener Optionen ein deutliches Mehr an Flexibilität. Wir bieten eine breitere Palette zur Erfüllung der gesetzlichen Pflicht an. So können individuelle Lösungen für das einzelne Gebäude gefunden werden.
Zweitens: Wir verabschieden uns von der Solarthermie als so genannter Ankertechnologie und stellen die verschiedenen Technologien zukünftig gleichrangig nebeneinander. Das heißt, Bürgerinnen und Bürger haben eine breite Auswahl in nerhalb einer größeren Palette.
Drittens: Es sind zudem Erfüllungsoptionen enthalten, die von wirtschaftlich schwächer gestellten Haushalten getragen wer den können. Dies betrifft z. B. die vergleichsweise kosten günstige Nutzung von Bioöl oder von Biogas. Ebenso ist – wie bisher – auch zukünftig die Möglichkeit vorgesehen, ei nen Befreiungsantrag zu stellen, wenn der eigene Geldbeutel eine Finanzierung nicht zulässt. Ich bin davon überzeugt, dass wir so auch soziale Härtefälle in geeigneter Weise abfedern werden.
Verehrte Abgeordnete, die Novelle des Erneuerbare-WärmeGesetzes schafft damit insgesamt eine breite Palette an Mög lichkeiten – vom Einsatz erneuerbarer Energien über das The ma Energieeffizienz, das zukünftig wesentlich breiter in das
Gesetz einbezogen wird, bis hin zur Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien und zur Einsparung beispielswei se durch Wärmedämmung.
Besonders wichtig ist mir dabei der gebäudeindividuelle ener getische Sanierungsfahrplan für Wohngebäude bzw. für Nicht wohngebäude, der eine Erfüllungsoption oder Teilerfüllungs option der gesetzlichen Pflicht darstellt. Er gibt wertvolle Hin weise, wie der Energieverbrauch dauerhaft gesenkt werden kann, wie Energiekosten eingespart werden können und wie das Wohnklima verbessert bzw. wie der Wert der Immobilie gesteigert werden können. Denn auch wenn die Gebäudesa nierung dem Ziel des Klimaschutzes dient, dient sie doch auch der Behaglichkeit und dem Werterhalt von Gebäuden.
Außerdem versprechen wir uns davon den Anstoß zu sinnvol ler Sanierungstätigkeit – nicht alles auf einmal, sondern Schritt für Schritt und da, wo die Leistungsfähigkeit der Eigentüme rinnen und Eigentümer und der Nutzen zusammentreffen.
Der Sanierungsfahrplan liefert also als wichtiges Informa tions-, Motivations- und Beratungsinstrument neue Impulse. Wir liegen damit auf einer Linie mit den Ideen der Bundesre gierung, die im Zusammenhang mit dem Nationalen Aktions plan Energieeffizienz in der verstärkten Beratung ebenfalls ei ne wichtige Säule der energetischen Gebäudesanierung sieht.
In Berlin wird über solche Konzepte noch diskutiert. Hier bei uns in Baden-Württemberg, verehrte Abgeordnete, handeln wir diesbezüglich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Novelle des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes gehen wir weiter auf dem be reits im Jahr 2007 eingeschlagenen Weg. Wir entwickeln das Gesetz sinnvoll fort. Darüber hinaus leisten wir einen wichti gen Beitrag, um den Klimaschutz in Baden-Württemberg vo ranzubringen.
Wenn man weiß, dass 40 % des Endenergieverbrauchs auf den Wärmesektor entfallen, wenn man weiß, das 33 % der CO2Emissionen auf den Wärmesektor entfallen, dann ist klar, dass wir mit der Energiewende nur dann Erfolg haben werden, wenn wir nicht nur den Umbau des Stromsektors voranbrin gen, sondern wenn wir uns auch intensiv mit dem Wärmesek tor befassen. Dazu gehört das Thema Effizienz. Dazu gehört aber auch, dass wir den auch zukünftig bestehenden Energie bedarf künftig verstärkt aus erneuerbaren Energien abdecken.
Ich würde mich freuen, wenn dieser Gesetzentwurf eine brei te Zustimmung in diesem Haus finden würde, wie dies bereits im Jahr 2007 der Fall war.
Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Der von der Landesregierung vorge legte Gesetzentwurf ist wieder einmal ein reiner Symbolge setzentwurf.
Herr Minister, der von Ihnen vorgeschlagene Sanierungsfahr plan – darauf werde ich noch zu sprechen kommen – ent spricht genau der grünen Politik, die wir in diesem Bereich seit Jahren beobachten: viele Worte, wenig Taten. In Wirklich keit sollte Ihr Gesetzentwurf heißen: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.
Wir sind entsetzt darüber, was Sie mit unserem ErneuerbareWärme-Gesetz, das wir auf den Weg gebracht haben, gemacht haben. Daran zeigt sich deutlich der Unterschied zwischen moderner christdemokratischer Energie- und Umweltpolitik und Ihrem Vorschlag.
Im Jahr 2007 haben wir gesagt, dass wir von den Eigentümern im Land der Häuslebauer die Deckung von 10 % des Wärme bedarfs aus erneuerbaren Energien erwarten. Das haben wir auch umgesetzt. 10 % müssen erbracht werden.
Außerdem haben wir dabei alle Verbände hinter uns gebracht – so viel zur Politik des Gehörtwerdens –: Haus & Grund, Landkreistag, Städtetag; alle Verbände waren damals dafür. Wir haben dieses Gesetz initiiert und eine gesellschaftliche Mehrheit dafür organisiert. Zudem war Baden-Württemberg das erste Land, das ein solches Gesetz auf den Weg gebracht hat.
Damit hat die damalige Regierung Oettinger im Länderver gleich Platz 1 in der Energiepolitik belegt. Baden-Württem berg war das modernste Bundesland in ganz Deutschland mit Blick auf die Energiewende.
Der Minister hat sich vor drei Wochen dafür feiern lassen, dass Baden-Württemberg vor vier Wochen im neuesten Ranking auf Platz 3 zurückgefallen ist. Das ist Grün-Rot.
Nun zu Ihrem Gesetzesvorschlag. Sie kündigen die Pflicht zum Einsatz von 15 % aus erneuerbaren Energien an. Sie sa gen, die Wirtschaft müsse zukünftig dabei mitmachen – dar auf komme ich noch zu sprechen – und einige wenige Lobby isten würden den Gesetzentwurf ablehnen. Man höre und stau ne: Haus & Grund lehnt ihn ab, der Landkreistag lehnt ihn ab, der VCI lehnt ihn ab, der LVI lehnt ihn ab. Erst vorgestern hat IHK-Präsident Kulitz per Presseinformation gesagt – ich ha be sie dabei –: „Bringt wenig Nutzen und kostet die Betriebe unnötig Geld.“ Er spricht von einem wettbewerbsverzerren den Alleingang und sagt: „Die Betriebe brauchen keinen ge setzlichen Leitfaden. Sie sind selbst sehr daran interessiert, Energiekosten zu sparen.“ Dann frage ich mich: Warum ei gentlich dieses Gesetz, Herr Minister?
Jetzt zu Ihrem Sanierungsfahrplan. Was ist das? Er ist ein Ab lassbrief. Er bringt absolut nichts, denn man kann einfach per Dokumentation, per Gutachten diese 15 % bringen.
Ich muss Ihnen sagen: Das größte Problem, das wir mit dem jetzigen Entwurf haben, ist, dass Sie die Wirtschaft komplett mit diesem Gesetz beglücken wollen. Das ist der größte Feh ler. In Baden-Württemberg gibt es – das schreiben Sie selbst – 440 000 Wirtschaftsgebäude. Selbst wenn man nur jeweils 5 000 € ansetzt, sind es 2 Milliarden €, die auf die baden-würt tembergische Wirtschaft zurollen. Das ist letztlich ein einfa cher Papiertiger. Damit ist nichts für den Klimaschutz getan und keine CO2-Reduktion erreicht.
Das Entscheidende ist einfach, dass bis jetzt nur Baden-Würt temberg dieses Gesetz hat, obwohl übrigens die Grünen in zehn Ländern mitregieren. Baden-Württemberg ist nach wie vor das einzige Land.