Das Entscheidende ist einfach, dass bis jetzt nur Baden-Würt temberg dieses Gesetz hat, obwohl übrigens die Grünen in zehn Ländern mitregieren. Baden-Württemberg ist nach wie vor das einzige Land.
Das ist eben der Unterschied – das muss ich einmal zur SPD sagen – zwischen privaten Haushalten und der Wirtschaft. Die Wirtschaft ist in erster Linie exportorientiert und steht im Wettbewerb mit der Wirtschaft in anderen Ländern, auch mit der in anderen Bundesländern. Bayern hat das Gesetz nicht, Hessen hat das Gesetz nicht, Rheinland-Pfalz hat das Gesetz nicht, das Saarland hat das Gesetz nicht, Frankreich hat es nicht. Für die Wirtschaft hat es niemand eingeführt. Sie wol len es jetzt einseitig und allein für die Wirtschaft einführen, und das ist ein riesiger Fehler. Sie wollen sonntags eine wirt schaftsfreundliche Partei sein, und von Montag bis Freitag machen Sie Gesetze gegen die Wirtschaft. Das ist die Wahr heit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf von der SPD: Wer hat es eingeführt? Gönner war’s!)
Wir regen – das ist heute die erste Lesung – deswegen an, noch einmal über die Durchführung einer Anhörung nachzu denken,
um ein Gesetz zu bauen, das sich nicht in die falsche Rich tung entwickelt und bei dem auch CDU, FDP/DVP und die großen Verbände, die ich genannt habe – das sind nicht nur wenige Lobbyisten –, mitziehen können. Es ist ein Gesetz, auf das wir lange, lange ein Alleinstellungsmerkmal im Hausei gentümerbereich hatten. Dafür haben wir zum Teil auch viel Kritik hinnehmen müssen. Lassen Sie uns deshalb dieses Ge setz sinnvoll entwickeln. Das, was Sie jetzt machen, geht in die falsche Richtung. Es ist viel Symbolik, es bringt nichts für den Klimaschutz und bringt auch unser Land nicht voran.
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Nemeth, wenn man Ihnen zuhört, fragt man sich: Wer hat denn das Erneuer bare-Wärme-Gesetz in Baden-Württemberg eigentlich einge
führt? Das war doch die CDU-Fraktion! Jetzt tun Sie so, als wären wir hier für alles verantwortlich, ohne aber – das ist be sonders kritikwürdig – eine einzige Alternative oder einen Verbesserungsvorschlag aufzuzeigen.
Das ist für die größte Fraktion in diesem Haus ein bisschen dünn. Es reicht sicherlich auch nicht aus, nur verschiedene Lobbyverbände aufzulisten, die dieses Gesetz ablehnen. Das ist ja klar, denn sie wollen ihre eigenen Interessen vertreten. Aber uns geht es um die Frage, was die Landesregierung für den Klimaschutz in Baden-Württemberg tun will und tun muss. Das wollen wir mit diesem Erneuerbare-Wärme-Gesetz erreichen.
Im Übrigen noch einmal ein kleiner Verweis auf das Klima schutzgesetz: Damals haben wir uns anhören müssen, wir hät ten einen Katalog von Maßnahmen präsentiert, der völlig in haltsleer sei, der nicht konkret sei. Jetzt haben wir einen kon kreten Gesetzentwurf vorgelegt, eine Novelle, und die geht Ihnen jetzt schon zu weit. Da müssten Sie sich vielleicht ein mal überlegen, wie Ihre Strategie künftig aussehen soll, mei ne Damen und Herren.
Das heute vorgelegte Erneuerbare-Wärme-Gesetz ist ein Mei lenstein auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz im Gebäude bereich in Baden-Württemberg, denn der Klimaschutz fängt im Heizungskeller an. Genau deswegen haben wir das Erneu erbare-Wärme-Gesetz der CDU-Vorgängerregierung gezielt weiterentwickelt und verbessert, indem wir den Pflichtanteil der erneuerbaren Energien zur Wärmegewinnung von 10 % auf 15 % erhöhen. Aber wir tun dies mit Augenmaß und oh ne ideologische Scheuklappen.
Stattdessen haben wir die Zahl der Erfüllungsoptionen, wie vom Minister gerade genannt, für die Hauseigentümer deut lich erweitert. Niemand muss also aus Sorge vor einem finan ziellen Abenteuer die längst überfällige Erneuerung seiner ka putten oder zu alten Heizungsanlage krampfhaft hinauszögern. Das verursacht nur weitere Kosten und schiebt die Amortisa tion der Investitionen unnötig nach hinten. Wir können den Hauseigentümern im Land nur zurufen: Investieren Sie in zu kunftsfähige Effizienztechnologien made in Baden-Württem berg, die mittel- und langfristig Ihre Heizkosten senken und das Klima schützen – also eine Win-win-Situation.
Denn jeder Euro für eine bessere Kellerdeckendämmung, ei ne neue Holzheizung oder gar ein Mini-BHKW im Heizungs keller generiert zusätzliche Wertschöpfung für unser wirt schaftsstarkes Bundesland.
Wir sind der festen Überzeugung, dass die gute alte Ölheizung bald ausgedient hat, weil die Ölpreise auf dem Weltmarkt wie der anziehen werden. Zukunftstechnologien wie die Brenn stoffzelle werden dafür verstärkt in den Heizungskellern Ein zug halten. Hiervon sind wir fest überzeugt, meine Damen und Herren. Das Land Baden-Württemberg fördert bereits den Einbau von Brennstoffzellen als Heizungsanlagen mit einem nennenswerten Betrag.
Trotzdem haben wir die Verwendung von Bioöl auf Rapsöl basis ausdrücklich als Erfüllungsoption zugelassen. Das zeigt, dass das Erneuerbare-Wärme-Gesetz neue Anreize setzt und keine Zwänge ausübt, wie uns die Kritiker dieses Gesetzes – gerade auch mein Vorredner von der CDU – immer wieder unterstellen wollen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich dies am Beispiel des gebäudeindividuellen Sanierungsfahrplans deutlich ma chen. Er zeigt den Eigentümern, wie und mit welchen Mitteln sie ihre Gebäude energetisch sanieren können. Dieser Sanie rungsfahrplan soll gerade vermeiden helfen, dass Fehlinves titionen entstehen, indem den Bürgern unnötig teure Maßnah men aufgeschwatzt werden. Es ist eine dauerhafte Beratung zu einer Sanierungsmaßnahme. Wie kann man da dagegen sein, meine Damen und Herren? Um Fehlinvestitionen zu ver hindern, stehen den Bürgern künftig über 1 000 zertifizierte Energieberater mit einer Zusatzqualifikation nach den Vorga ben der Energieeinsparverordnung zur Seite.
Wir Grünen legen viel Wert darauf, dass künftig auch die 200 000 Bürogebäude mit in das Erneuerbare-Wärme-Gesetz einbezogen sind. Das ist eine weitere Verbesserung gegenüber dem Gesetz der Vorgängerregierung. Durch einen Sanierungs fahrplan oder den Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärme rückgewinnung können die betroffenen Firmen viel CO2 ein sparen und obendrein ihre wärmebedingten Betriebskosten senken, meine Damen und Herren.
In diesem Zusammenhang können wir überhaupt nicht ver stehen, wenn der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag jetzt schon die Rote Karte zeigt und sagt, dieses Gesetz sei ein Kostentreiber. Genau das Gegenteil ist nämlich der Fall. Es gab viele Veranstaltungen, auf denen Fir men aus Baden-Württemberg ihre neuen Technologien zur Energieeffizienz präsentiert haben. Wir sagen: Die Technolo gien zur Energieeffizienz sind sogar ein Exportschlager. Denn eines ist klar: Ohne mehr Energieeinsparung und Energieef fizienz wird Baden-Württemberg seine selbst gesteckten Kli maschutzziele bis zum Jahr 2020 – geschweige denn bis zum Jahr 2050 – nicht erreichen. Kurzfristig wollen wir die jährli che Sanierungsquote von derzeit 1 % auf mindestens 2 % er höhen.
Herr Kollege, ich habe mich im Detail noch nicht mit dem Gesetzentwurf be fasst, aber Sie haben gerade gesagt, dass die Verwendung von Bioöl auf Rapsölbasis als Erfüllungsoption zugelassen ist und positiv bewertet wird. Ist Ihnen bekannt, dass eine Ökobilanz mit 250 bis 300 kg Stickstoff, womöglich aus Rumänien, bei diesem Produkt verheerend ausschaut? Das nehmen Sie auch als positives Beispiel. Können Sie dazu einmal etwas sagen?
Ja, dazu kann ich gern et was sagen. Beim Bioöl legen wir Wert darauf, dass es sich um zertifiziertes Bioöl handelt. Im Übrigen betrifft es auch nur ei nen ganz kleinen Teil der Hauseigentümer, insbesondere in
ländlichen Gebieten, die eben nicht die Möglichkeit haben, sich beispielsweise einen Gasanschluss legen zu lassen. Des halb haben wir ganz bewusst gesagt, dass wir das Bioöl als Option zulassen wollen.
Aus den genannten Gründen können wir nur an alle Hausei gentümer im Land appellieren, das neue Erneuerbare-WärmeGesetz als große Chance und nicht als Belastung für unser Land anzusehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Paul Nemeth, Sie ha ben vorhin davon gesprochen, dass es sich um ein Symbolge setz handle. Ich frage mich: Wer hat denn dieses Symbolge setz beschlossen?
Sie weisen darauf hin, welche Verbände gegen die Gesetzes änderung sind. Ich glaube, dass das gar nicht die jetzige No velle betrifft. Vielmehr sind das Verbände, die grundsätzlich gegen das Erneuerbare-Wärme-Gesetz – gegen das, was Sie damals beschlossen haben – Sturm laufen. Deswegen gehört zu einer ehrlichen und redlichen Debatte auch, dass man sich mit der Frage auseinandersetzt, woran die Kritik eigentlich festgemacht wird. Es ist weniger die Novelle als solche, son dern das Gesetz als Ganzes. Diesen Zickzackkurs, Herr Ne meth, müssen Sie uns schon noch einmal erklären.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass wir, die SPD, im Jahr 2007 die Einzigen waren, die dieses Gesetz hier im Landtag abgelehnt haben. Wir haben es nicht abgelehnt, weil wir grundsätzlich gegen das Erneuerbare-Wärme-Gesetz gewe sen wären, sondern weil zwei Dinge letzten Endes nicht ge währleistet waren. Das eine war die Einbeziehung der Nicht wohngebäude, und das Zweite war – – Sie haben uns vorhin mit dem Satz „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ einen Vorwurf gemacht. Es war gerade so, dass sich die alte Landesregierung auf dieser Basis vor ihrer eigenen Ver antwortung für die Liegenschaften des Landes und deren ener getische Sanierung davongestohlen hat. Das war der entschei dende Grund.
Ich bin froh, dass wir genau an diesen zwei zentralen Stellen im Augenblick nacharbeiten. Die Nichtwohngebäude werden mit hineingenommen. Das ist auch breiter Konsens. Wir, die
SPD-Fraktion, haben vor anderthalb, zwei Jahren – ich glau be, es ist diese Größenordnung; so lange läuft diese Debatte inzwischen bereits – eine Anhörung durchgeführt. Alle Ver bände haben gesagt, dass es richtig ist, die Nichtwohngebäu de hineinzunehmen. Selbst die Industrieverbände haben ge sagt, sie verstünden den Wunsch, verwiesen aber auf Schwie rigkeiten. Ich glaube, dass wir jetzt eine sehr, sehr passgenaue Lösung gefunden haben.
Der energetische Sanierungsfahrplan reicht im Nichtwohnge bäudebereich als Erfüllungsoption. Wenn 8 000 € investiert und auf 20 Jahre angelegt werden, sind dies pro Jahr 400 €. Bei diesen Zahlen geht die baden-württembergische Industrie nun wahrlich nicht zugrunde.
Daher: Hören Sie einfach auf, Herr Nemeth, der Öffentlich keit hier Dinge vorzumachen, die hinten und vorn nicht stim men.
Ich kann nur noch einmal darauf hinweisen: Beim Thema Lan desliegenschaften, bei dem wir in der Verantwortung stehen, sind wir sehr offensiv vorangegangen. Wir haben in der letz ten Woche im Finanzausschuss zum Denkschriftbeitrag „Ener gieeffizienz der Landesgebäude“ des Rechnungshofs wieder einen Bericht der Landesregierung beraten. Wir schaffen es jetzt, in Baden-Württemberg endlich in Richtung einer Sanie rungsquote von 2 % für landeseigene Gebäude zu gehen. Wir haben mit unserer Sanierungsrücklage sehr viel angepackt. Der Hochschulfinanzierungsvertrag ist verabschiedet worden, was auch noch einmal Gelder beinhaltet. Gleichzeitig gab es eine Zusage der Universitäten, 100 % Ökostrom bzw. KWKStrom anzustreben. Das heißt, wir packen dieses ganze The ma an. Deswegen sind wir, glaube ich, hier auf dem absolut richtigen und auf einem guten Weg.