Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Stober hat gerade ge sagt, er sei traurig darüber, dass keine Änderungsanträge von der Opposition eingebracht worden seien. Herr Kollege Sto ber, wie ich Ihnen bereits in den Ausschussberatungen immer wieder gesagt habe, haben wir deshalb keine Änderungsan träge eingebracht, weil wir das prinzipielle Vorgehen als sol ches für falsch halten. Wir meinen, dass man über Verpflich tungen deutlich weniger regulieren kann als über das Setzen von Anreizen.

Herr Kollege Renkonen, ich muss mich schon etwas darüber wundern, dass Sie die Dreistigkeit besitzen, zu sagen, Sie wüssten nicht, was die Opposition wolle. Ich sage es Ihnen nun noch einmal. Hören Sie daher bitte jetzt zu. Wir wollen, dass nicht nur über Verpflichtungen gearbeitet wird, sondern wir wollen, dass Anreize geschaffen werden.

Hier sage ich Ihnen auch noch: Sie haben die große histori sche Chance vertan, die steuerliche Abschreibbarkeit der ener getischen Gebäudesanierung im Bundesrat durchzuwinken.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Ich sowieso nicht! Ich habe sie nicht vertan!)

Sie hätten den einzigen wirklich richtigen Weg gehen können, wenn Sie dies im Bundesrat nicht blockiert hätten.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Das ist doch nicht wahr! – Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Sie haben Ihr politisches Geplänkel über sinnvolle Klima schutzziele gestellt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss einmal sehr deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn dann angeführt wird, Minister Untersteller hätte sich wirklich massiv dafür eingesetzt, dann stelle ich hier die Fra ge: Wie haben Sie im Bundesrat gestimmt, als es um die steu erliche Abschreibbarkeit der energetischen Gebäudesanierung ging? Das Einzige, was wirklich einen Wert gehabt hätte, ha ben Sie abgelehnt. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir hätten Anreize gewollt und nicht so ein Regulativ über Verpflichtun gen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es geht heute um die Novelle des Erneuerbare-Wärme-Geset zes. Das Gesetz wurde ursprünglich von Schwarz-Gelb ver abschiedet. Ich sage ganz klar: Mit dem Wissen von heute würden wir dieses Gesetz so nicht mehr verabschieden. Denn der Pflichtanteil 10 % erneuerbare Energien – mit der Novel le wollen Sie den Pflichtanteil sogar auf 15 % erhöhen – hat etwas ausgelöst. Er hat nämlich einen unglaublichen Sanie rungsstau bewirkt. Die Kosten für den Heizungsaustausch sind gestiegen. Die Sanierungsquoten sind dementsprechend ge fallen.

Hier ist der Blick nach Bayern interessant. Bayern ist ein Bun desland, das in vielem mit Baden-Württemberg vergleichbar ist. Bayern hat kein EWärmeG. Baden-Württemberg hat das EWärmeG. Jetzt fällt auf, dass die Heizungsaustauschraten in Bayern deutlich höher sind und die Kosten dafür deutlich niedriger sind. Das sieht man z. B. in einer vom Schornstein fegerverband in Auftrag gegebenen Studie, meine sehr geehr ten Damen und Herren.

Herr Renkonen, ich komme noch einmal darauf zurück, dass Sie sagen, das Gesetz greife nur dann, wenn die Heizung tat sächlich ausgetauscht werde. Es ist doch aber meist nicht die Frage, ob jemand seine Heizung austauschen muss oder nicht. Vielmehr stellt sich die Frage, ob er in eine neue Heizungsan lage investiert oder ob er womöglich eine alte Dreckschleu der noch einmal reparieren lässt.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Dann dürfen Sie das Auto auch nicht mehr reparieren lassen!)

Tatsache ist, dass sich in Baden-Württemberg immer mehr Leute für die zweite Variante entscheiden. Die Hemmschwel le, eine neue Heizung einzubauen, ist deutlich höher.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn Sie nun anführen, IHK und LVI seien irgendwelche Lobbyisten, denen man keinen Glauben schenken könne, dann müsste Ihnen doch zumindest eines zu denken geben. Wenn das Ganze so aufgehen würde, wie Sie es sich vorstellen, dann müssten doch die Mitglieder des Fachverbands Sanitär-Hei zung-Klima davon profitieren. Doch genau diese warnen da vor, diesen Schritt jetzt zu gehen. Das muss Ihnen doch zu denken geben.

(Glocke des Präsidenten)

Gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Herrn Abg. Renkonen?

Bitte am Schluss. – Herr Minister Untersteller, Sie haben immer argumentiert, es gebe einen Vorzieheffekt. Wenn dieses Gesetz angekündigt werde, würden die Leute noch schnell ihre Heizungen austauschen. Ich stelle Ihnen nun die Frage: Gibt es diesen Vorzieheffekt? Im Ausschuss sagten Sie, leider gebe es insgesamt nur sehr schlechtes Datenmaterial;

(Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

man wisse es nicht so ganz genau. Ich sage Ihnen: Sie haben vier Jahre lang Zeit gehabt, Daten zu erheben. Das hätten Sie machen können. Dann wüssten Sie jetzt wenigstens, was Sie tun.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Sie werden übrigens auch Ihren eigenen Anforderungen nicht gerecht. Sie wollten Technologieoffenheit in diese Novelle aufnehmen. Auf der einen Seite werden nun Wärmepumpen anerkannt,

(Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

aber beispielsweise die Wärmerückgewinnung in Lüftungs anlagen haben Sie nicht aufgenommen. Der Verweis, Lüf tungsanlagen gebe es nur in Gebäuden, die ohnehin energe tisch saniert seien, ist völlig falsch. Denn die Novelle bezieht auch Nichtwohngebäude mit ein. Da gibt es viele alte Gebäu de mit Lüftungsanlagen.

Der nächste Punkt: Zur Erweiterung auf Nichtwohngebäude möchte ich mich kurzfassen. Dies ist einfach kein rechtssiche rer Ausdruck. Vielleicht ist die ursprüngliche Unterscheidung zwischen Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden unglück lich gewesen. Sie war aber auf jeden Fall rechtssicher.

Nun noch der letzte Punkt: Den Sanierungsfahrplan halten wir prinzipiell für sinnvoll. Wenn Sie ihn in das Gesetz hineinge schrieben hätten, hätten wir möglicherweise dem Sanierungs fahrplan selektiv sogar zugestimmt. Wir haben aber die Er fahrung gemacht, dass es keine gute Sache ist, die Regierung zu ermächtigen, eine Verordnung zu erlassen. Das hat sich bei Gesetzen in der Vergangenheit immer wieder gezeigt.

Ich komme zum Abschluss. Wir werden die Novelle ableh nen. Es war seinerzeit legitim, seitens Schwarz-Gelb so ein Gesetz zu machen. Wir haben aber festgestellt, dass wir das Gegenteil dessen erreicht haben, was wir erreichen wollten.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Aha! – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Ich sage noch einmal ganz klar, damit es auch bei den Kolle gen ankommt: Wir wollen Anreize, keine Verpflichtungen.

(Glocke des Präsidenten)

Schon wieder zeigt sich aber: Die einzigen Werkzeuge dieser Landesregierung sind Verbieten, Besteuern oder Zwangsver pflichten.

(Zurufe von den Grünen und der SPD: Na, na, na!)

Das Wort „Anreiz“ ist Ihnen offensichtlich nicht bekannt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Ich habe noch eine Zwischenfrage!)

Für die Landesregie rung erteile ich dem Minister für Umwelt, Klima und Ener giewirtschaft Untersteller das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Wir diskutieren heute abschließend in der Zweiten Be ratung über die Weiterentwicklung, über die Novellierung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes. Es ist schon angesprochen worden: Im Jahr 2007 war Baden-Württemberg bundesweit Vorreiter mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz. Man hat zum ersten Mal das Ordnungsrecht im Wärmesektor eingeführt. Die damalige Opposition, bestehend aus SPD und Grünen, hat sich an diesem Prozess seinerzeit konstruktiv beteiligt. Wir haben von meiner Fraktion aus – ich habe das federführend gemacht – seinerzeit fünf, sechs Änderungsanträge gestellt. Die CDU und damals auch das Ministerium waren bereit, den einen oder anderen in einer modifizierten Form zu überneh men. Die Grünen haben zum Schluss dann zugestimmt. Die SPD hat, weil der öffentliche Sektor nicht einbezogen war, abgelehnt.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Die Wirtschaft!)

Das war ein konstruktives Klima.

Was erleben wir heute, wenn wir dieses Gesetz weiterentwi ckeln? Wir erleben eine Fundamentalopposition aufseiten der CDU. Es gibt keinerlei konstruktive Vorschläge, es gibt kei nerlei Änderungsanträge. Stattdessen, Herr Kollege Nemeth, setzen Sie sozusagen die erste Runde hier im Haus und auch das, was Sie im Ausschuss abgeliefert haben, nämlich – so sa ge ich mal – Nemeths Märchenstunde, in vielerlei Hinsicht fort.

Fangen wir einmal an mit dem Thema, wir würden die Wirt schaft überfordern. 440 000 Nichtwohngebäude würden da jetzt auf einen Schlag einbezogen werden. Wo ist denn das an satzweise der Fall? Wir haben 440 000 Nichtwohngebäude, aber nicht in allen 440 000 wird in einem Jahr die Heizung ausgetauscht,

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Paul Nemeth CDU: Ich habe nicht gesagt pro Jahr, son dern insgesamt natürlich!)

sondern es ist so wie in allen anderen Gebäuden auch: Immer dann, wenn die Heizung einmal ausgetauscht wird, greifen die Anforderungen des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes. Es ist selbstverständlich den Unternehmen freigestellt, welche Mög lichkeiten aus dem Gesetz sie dann in Anspruch nehmen, ge nauso wie das in der Vergangenheit bei den gesetzlichen An forderungen auch der Fall war.

Wenn jemand das Thema Sanierungsfahrplan für sich in An spruch nimmt, erkennen wir das in Nichtwohngebäuden mit 15 % an. Die Kosten dafür sind überschaubar. Wenn Sie das dann noch umlegen auf 20 Jahre, sind das wenige Hundert Eu ro, die pro Jahr an Kosten auf das Unternehmen zukommen.

Was bekommen die Unternehmen als Gegenleistung? Sie be kommen Vorschläge in Sachen Energieeinsparung. Sie kön nen auf unsere Förderprogramme zugreifen,

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das hat Herr Trittin beim EEG auch gesagt!)

die mit ihren Konditionen bundesweit einmalig sind – und das wissen Sie auch. Daher nochmals: Sie machen hier wirklich Paules Märchenstunde.

Das Gleiche gilt für das Thema Sanierungsfahrplan.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Alles schriftlich!)

In Berlin sagt im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz im Dezember die Bundesregierung: Das ist die richtige Herange hensweise; dies werden wir auch auf Bundesebene verfolgen. Ich habe Ihnen auch schon im Ausschuss vorgelesen,