Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

lautet: „Gesetz zum Sechzehnten Rundfunkänderungsstaats vertrag“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Somit ist dem Gesetz einstimmig zugestimmt worden.

Damit ist Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Mitglieder der Re gierung, bevor wir jetzt in die Mittagspause eintreten, darf ich auf die Eröffnung der Ausstellung „Ich verbrenne von innen“ hinweisen, die unmittelbar im Anschluss an den Vormittags teil der Sitzung des Plenums in der Eingangshalle im Haus der Abgeordneten stattfindet.

Die Informations- und Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt des Vereins FEUERVOGEL e. V. mit Sitz in Balingen im Zol lernalbkreis hat mit viel Mühe eine beeindruckende und er greifende Fotoausstellung zum Thema „Sexuelle Gewalt“ konzipiert. Diese Ausstellung beinhaltet eindrucksvolle Tex te von betroffenen Menschen und Bilder, die für sich spre chen.

Ich möchte Sie an dieser Stelle ausdrücklich bitten, der Ein ladung ins Haus der Abgeordneten zu folgen und sich die Aus stellung heute anzusehen. Dieses wichtige Thema verdient un sere volle Aufmerksamkeit. Daher darf ich Sie jetzt herzlich zu dieser Ausstellungseröffnung mit anschließendem Steh empfang einladen.

Damit treten wir in die Mittagspause ein. Wir treffen uns hier zur Fortsetzung der Sitzung um 13:45 Uhr wieder.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:34 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:46 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Regierungsbefragung

Die erste Frage in der Regierungsbefragung stellt die Frakti on der FDP/DVP.

L a n d e s h e i m b a u v e r o r d n u n g

Ich darf Herrn Abg. Haußmann ans Rednerpult bitten.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe im Namen unserer Fraktion eine Frage zu den ermessenslenkenden Richt linien der Landesheimbauverordnung. Die Landesheimbau verordnung wurde 2009 novelliert. Damit ist Baden-Württem berg auf dem Weg hin zu wohnortnahen, gemeindeorientier ten, auch kleinteiligeren Pflegeheimen – ein Weg, der sicher lich über alle Fraktionen hinweg zu begrüßen ist –, auch mit dem Ziel, die Einrichtungsgrößen auf maximal 100 Heimplät ze zu begrenzen, um das Recht auf eine geschützte Privat- und Intimsphäre durch die Bereitstellung von Einzelzimmern zu gestalten und sicherzustellen.

Nach den aktuellen Zahlen sind derzeit noch etwa 18 000 Zim mer in den Pflegeheimen in Baden-Württemberg Doppelzim mer, die also über kurz oder lang wegfallen.

Die Frage, die sich jetzt stellt, lautet: Wie gestalten sich die Ermessensspielräume über den Zeitraum bis 2019 hinweg? Es gibt dazu Hinweise – um nur zwei Beispiele zu nennen –: Die Evangelische Heimstiftung weist darauf hin, dass bei restrik tiver Handhabung eine Unterversorgung drohe; nach ihrer Einschätzung seien bis 2030 etwa 50 000 zusätzliche Plätze erforderlich. Das Trägerforum Altenhilfe sieht auch in Stutt gart bei restriktiver Handhabung eine mögliche Unterversor gung von bis zu 2 000 Heimplätzen.

Es gibt ein Schreiben der früheren Sozialministerin, Frau Dr. Stolz, die darauf hinweist – ich zitiere –:

Für alle Einrichtungen gilt eine Übergangsfrist von zehn Jahren, wobei diese Frist auf bis zu 25 Jahre nach der ersten Inbetriebnahme und nach Generalsanierung noch mals, eventuell sogar mehrfach, um diesen Zeitraum ver längert werden kann.

Das zeigt also auch, dass man weiß, man muss hier mit Vor sicht herangehen.

Jetzt zu der Frage an die Sozialministerin hinsichtlich der Richtlinien: Kosten, die nicht direkt aus Anforderungen der Landesheimbauverordnung resultieren, aber bei einem Um bau zusätzlich anfallen, wie beispielsweise Kosten für den

Brandschutz, werden bei der Frage der wirtschaftlichen Un zumutbarkeit nicht berücksichtigt. Eine Erhöhung der Kosten durch solche Maßnahmen kann jedoch dazu führen, dass die Gesamtmaßnahme wirtschaftlich unzumutbar wird. Aus un serer Sicht müssten doch alle Kosten, die unmittelbar durch die Umsetzung der Landesheimbauverordnung ausgelöst wer den, bei der Bewertung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit und bei der etwaigen Verteilung von Befreiungen berücksich tigt werden.

Deswegen die Frage: Wieso werden hier sogenannte system fremde Kostenbestandteile nicht berücksichtigt?

Vielen Dank. – Ich darf für die Landesregierung Frau Sozialministerin Altpeter um die Antwort bitten.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Grundsätzlich gilt die Heimbauverordnung seit dem 1. September 2009. Wir haben nun zusammen mit den Betreibern, mit den Trägern, aber auch mit den kommunalen Landesverbänden die sogenannten er messenslenkenden Richtlinien auf den Weg gebracht, um die Übergangszeit bis zur endgültigen Ausstattung mit Einzelzim mern gestalten zu können und vor allem auch dort gestalten zu können, wo unmäßige wirtschaftliche Härten für den Trä ger in Betracht kommen könnten.

Dennoch gilt generell eines – genauso wie beim ehemaligen Heimgesetz, jetzt beim Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz –: Unser erster Blick gilt natürlich denen, die in einer stationä ren Einrichtung wohnen, unabhängig davon, ob es sich um ein Pflegeheim, eine Einrichtung der Behindertenhilfe oder auch eine stationäre Einrichtung für chronisch kranke Menschen handelt. Es gilt immer eines: Trotz aller Krankheit und trotz aller Einschränkungen gibt man seine Würde nicht an der Heimtür ab, sondern behält sie auch dann, wenn man in einer stationären Einrichtung wohnt.

Dazu gehört aus unserer Sicht zwingend das Recht, in einem Einzelzimmer wohnen zu dürfen. Deshalb haben wir diese Landesheimbauverordnung, die von der alten Landesregie rung unter Beteiligung Ihrer Fraktion auf den Weg gebracht wurde, auch grundsätzlich nie infrage gestellt.

Wir haben jetzt mit den ermessenslenkenden Richtlinien Mög lichkeiten geschaffen, um den Trägern den Übergang zu er möglichen, mit einer obligatorischen Übergangsfrist bis 2019 und mit der Möglichkeit, die Frist auf bis zu 25 Jahre zu ver längern. Das heißt, die letzten Doppelzimmer wären dann im Jahr 2034 endgültig umgebaut. Dies bedeutet aus unserer Sicht, dass dadurch für die Träger genügend Möglichkeiten bestehen, die Zimmer in diesem Zeitraum umzuwandeln.

Wir haben in die ermessenslenkenden Richtlinien auch die Frage der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit einer Gesamtmaß nahme aufgenommen, Herr Haußmann, weil wir durchaus se hen und auch nicht wollen, dass einzelne Träger deswegen in unzumutbare Schwierigkeiten kommen. Das war genau der Grund, warum wir gesagt haben: Wir wollen die Gesamtmaß nahme betrachten, die auch hinsichtlich der dann zu erheben den Investitionskosten zu Schwierigkeiten führen kann. Des halb haben wir gesagt: Wir nehmen die Gesamtmaßnahme Brandschutz; das haben Sie speziell erwähnt. Brandschutz ist

sowieso obligat, egal, ob in einem Einzelzimmer oder einem Doppelzimmer, Brandschutz brauchen Sie immer. Für den Brandschutz ist auch nicht in erster Linie die Landesregierung zuständig, sondern zuständig sind die Landratsämter. Ich glau be, niemand wird bestreiten, dass das durchaus seinen Sinn hat. Wir sind jedes Mal, wenn Unglücke und Ähnliches ge schehen, froh, wenn wir entsprechende Brandschutzmaßnah men haben.

Eine Zusatzfrage, Herr Abg. Kunzmann CDU.

Vielen Dank. – Frau Mi nisterin, ich hätte zwei Fragen, falls das möglich ist. Zum ei nen anschließend an die Frage von Herrn Haußmann: Es kann durchaus sein, dass eine Umbaumaßnahme wirtschaftlich zu mutbar ist, aber durch Brandschutz oder durch eine energeti sche Sanierung, die erst durch diese Umbaumaßnahme gesetz lich erforderlich wird, die Unwirtschaftlichkeit ausgelöst wird. Es geht also um Maßnahmen, die nicht grundsätzlich erfor derlich werden, sondern sich erst aus der Baumaßnahme he raus ergeben. Wie wird in so einem Fall verfahren?

Die zweite Frage ist: In welcher Form sind die Heimaufsich ten personell auf die nun auf sie zukommenden Verfahren – es wird jetzt eine große Anzahl von Verfahren, von Prüfungen geben – vorbereitet?

Bitte, Frau Ministerin.

Vielen Dank, Herr Präsi dent. – Zur ersten Frage muss ich sagen, dass die von Ihnen dargestellte komplizierte Konstruktion – wenn mit, dann oh ne, oder doch vielleicht Brandschutz, aber vielleicht doch energetische Sanierung, was alles mit einberechnet wird – für mich etwas schwer nachvollziehbar ist, und zwar vor allem deshalb, weil wir gesagt haben, dass wir bei den ermessens lenkenden Richtlinien immer die Gesamtmaßnahme im Blick haben. Wir greifen also nicht einzelne Punkte heraus. Ein Trä ger kommt auch nicht wegen eines einzelnen Punktes mögli cherweise in Schwierigkeiten, sondern nur deshalb, weil sich ein Werk insgesamt nicht als wirtschaftlich erweist. Deswe gen betrachten wir immer das Ganze.

Außerdem ist für mich nicht nachvollziehbar, weshalb plötz lich mitten im Jahr 2015 die Heimaufsichten noch mehr Ar beit haben sollten; denn die Landesheimbauverordnung gibt es bereits seit 2009. Seitdem wissen die Träger, dass sie hin sichtlich Einzelzimmern tätig werden müssen, dass es etwas zu tun gibt.

Es gibt eine obligatorische Übergangsfrist bis 2019 und eine auf bis zu 25 Jahre erweiterbare Frist. Ich finde, wenn man versucht, in einem Katastrophenszenario an die Wand zu ma len, was alles geschehen würde durch die Einrichtung von – –

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Habe ich doch gar nicht! Ich habe doch nur gefragt! Darf man nicht mal fragen in einer Regierungsbefragung?)

Habe ich Sie jetzt angegriffen, oder warum reagieren Sie so?

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Das ist schon ziemlich schnippisch! Ziemlich schnippisch!)

Wenn man versucht, ein Szenario an die Wand zu malen, das eine Katastrophe heraufbeschwört, dann muss man die Rea lität zur Kenntnis nehmen. Die Realität heißt, dass der Anteil der Einzelzimmerbelegung seit 2009 jährlich angestiegen ist und mittlerweile um über vier Prozentpunkte höher ist als 2009. Das heißt, die Träger können das auch stemmen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen wei teren Punkt ansprechen, da immer wieder von unzumutbaren wirtschaftlichen Härten für die Träger gesprochen wird. Als im Jahr 2010 von der früheren Landesregierung, von der von Ihnen getragenen Landesregierung, die Investitionsförderung für Pflegeheime abgeschafft wurde, haben die damaligen Re gierungsfraktionen gesagt, das sei überhaupt kein Problem, weil es genügend Pflegeplätze gebe und auch in Zukunft ge nügend Pflegeplätze geben werde. Auch die Träger haben das so gesehen, allen voran der von Ihnen zitierte Vorsitzende der Heimstiftung. Jetzt aber zu sagen, es sei aus wirtschaftlichen Gründen schwierig, das umzusetzen, und es fielen Investiti onskosten an, das halte ich nicht für korrekt.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Das hat niemand wertend gefragt! Sie müssen aber Fragen akzeptie ren!)

Eine Frage des Herrn Abg. Lucha von der Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Frau Ministe rin, Sie haben richtigerweise festgestellt, dass die Verordnung im Jahr 2009 erlassen worden ist. Wir haben den Eindruck, das hat niemanden interessiert. Es gibt eine zehnjährige und eine insgesamt 25-jährige Übergangsfrist. Waren denn die konzeptionelle Unterstützung seitens der damaligen Landes regierung und die sozialräumliche Planung so proaktiv, dass es einen Fahrplan gab, um das Ziel in zehn Jahren erreichen zu können?

Haben Sie nicht die Sorge, dass ein solches Konzept gar nicht umgesetzt werden könnte, wenn der Eindruck entsteht, dass man auf die weiteren 15 Jahre setzt? Mit welchem Konzept und mit welchen Partnern der Wohlfahrtspflege und der kom munalen Landesverbände werden wir es schaffen, dieses un umstrittene Ziel auch tatsächlich zu erreichen?

Bitte, Frau Ministerin.

Ich denke, dass sowohl zwischen den Fraktionen im Landtag als auch zwischen den Trägern Einigkeit darüber herrscht, dass wir mit Blick auf die pflegerische Versorgung der älteren Menschen, aber auch be hinderter und chronisch psychisch kranker Menschen eine wohnortnahe Versorgung wollen, und zwar in kleinen Einhei ten. Niemand von uns will heute mehr eine Einrichtung drau ßen auf der grünen Wiese, die mit 100, 150 oder gar 200 Bet ten den Charakter einer Anstalt hat.