Ich habe hier ein Interview von Ih nen vom 18. Juni 2011. Da waren Sie schon in der Regierung. Das ist sowohl in der „Wirtschaftswoche“ als auch meines Wissens in der „Frankfurter Rundschau“ erschienen. Da hieß es:
Sie haben den Atomausstieg bis 2017 mehrfach in vielen Zeitungen gefordert. Wenn man na türlich so ein schlechtes Erinnerungsvermögen hat, Herr Mi nister, dann sollte man nicht den Gegner immer unfair angrei fen.
Das ist die übliche Art und Weise, wie Sie hier Tatsachen ver drehen. Ich habe mich von Anfang an dahintergestellt, und auch die baden-württembergische Landesregierung hat sich dahintergestellt.
Sie haben sie allein auf Kredit gekauft. Wir müssen heute Jahr für Jahr über 100 Millionen € allein für die Zinsen aufbrin gen.
Ich rate Ihnen einfach einmal Folgendes: Laden Sie den Vor standsvorsitzenden der EnBW einmal zu Ihrer Fraktion ein, so, wie das unsere Fraktion in dieser Woche gemacht hat
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das haben wir schon mehrfach getan! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir nächste Woche!)
und die SPD-Fraktion dies in der nächsten Woche tut. Dann werden Sie einmal hören, was die Probleme in der Branche sind. Das ist nicht nur ein Problem der EnBW, das ist insge samt ein Problem der Branche. RWE hat diese Woche 3,5 Mil liarden € Verlust gemeldet.
Auch die EnBW muss mit dieser Situation umgehen. Das Un ternehmen hat einen Strategieprozess aufgesetzt und setzt ihn konsequent um.
Anstatt hier herumzumosern, sollten Sie in dieser schwieri gen Situation des Unternehmens den Kurs unterstützen, den das Unternehmen im Moment in dieser Restrukturierungspha se verfolgt.
Stattdessen mosern Sie hier nur herum, ohne eigene Vorschlä ge zu machen. Aber so ist das nun einmal bei Ihnen, dass Sie konstruktiv null und nichts zu bieten haben, sondern im Grun de genommen immer nur herummosern.
Herr Präsident! Ich will zuerst eines zu der Wortmeldung des Ministers ganz offen sagen. Ich weiß nicht, wie es in der Geschäftsordnung geregelt ist. Aber es war bisher Usus, dass sich die Regierung melden kann und dass dann zunächst einmal alle Fraktionen reden und wir die Reihenfolge belassen.
Herr Kollege, wir führen hier kei ne Geschäftsordnungsdebatte. Mitglieder der Regierung ha ben jederzeit das Rederecht.
Wir hatten bisher den Usus, dass das Regierungsmitglied immer nach den Rednern aller Frak tionen das Wort erhält. Ich sage das hier. Zur Geschäftsord nung kann man nachher noch etwas sagen. Ansonsten haben Sie ja die Reihenfolge festgelegt, Herr Präsident.
Ich habe mich noch einmal gemeldet. Eigentlich dachte ich, dass wir bei dem sachlichen Dialog, den wir in der ersten Run de hatten, bleiben könnten. Ich bin aber dann ein bisschen er staunt gewesen über Ihre Polemik, Herr Kollege Nemeth.
Zum einen zur Sachlichkeit: Baden-Württemberg hat heute einen Kernenergieanteil von 37 %. Der Anteil lag vor der Ab schaltung von Philippsburg 1 und Neckarwestheim I bei 50 % und vor der Abschaltung der Anlage in Obrigheim sogar bei 56 %. Das heißt, wir sind mitten dabei, umzusteigen. Das zeigt, dass diese Landesregierung aus der Kernenergie aus steigt.
Wir hatten natürlich eine Diskussion darüber, wie schnell das sein kann. Aber wir sind konkret dabei. Wir machen die Maß nahmen. Wir führen hier immer wieder Diskussionen, wie das im Einzelnen dann auch passieren muss. Da geht es um den Netzausbau und viele andere Themen. Heute sind wir im We sentlichen beim Thema Kernenergieausstieg.
Es gibt im Augenblick ein Thema, das konkret entschieden werden muss, bei dem ich mich immer noch frage: Was ist ei gentlich die Haltung von CDU und FDP?
Das ist die Frage: Wie gehen wir mit den Castoren aus den Wiederaufbereitungsanlagen in La Hague und Sellafield um? Ich frage mich: Was wollen Sie denn? Wir haben – rechtlich festgeschrieben – nach dem Beschluss zu Gorleben gekün digt. Und was machen Sie? Nichts. Sie sagen, das gehe nicht, und das gehe nicht, und jenes gehe nicht. Wir diskutieren da rüber, wie wir letzten Endes den ganzen Ausstieg aus der Kernenergie – dazu gehört auch die Rücknahme dieser Cas toren – organisieren. Da hilft es nichts, hier Nein zu sagen und dort Nein zu sagen. Das bringt uns zu keiner Lösung.
Deswegen war es richtig, dass die Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg gesagt haben, dass sie bereit sind, das zu machen, wenn es eine günstige Lö sung ist. Aber jetzt haben wir die Situation, dass die Bundes umweltministerin letzten Endes zwangsweise gegen die Län der Maßnahmen veranlassen muss. Das kann nicht das Ziel sein. Notwendig ist vielmehr, dass wir hier zu einem Konsens zwischen Bundesländern und Bund kommen. Da müssen sich halt auch andere Bundesländer wie Bayern und Hessen an die ser Stelle bewegen. Anders geht es nicht. Es gibt offene Fra gen; ich habe sie vorhin angesprochen. Die gelten aber für al le Zwischenlagerstandorte. Einer solchen Debatte kann man sich letzten Endes nicht verweigern. Wir müssen nach Lösun gen suchen.
Es wurde klar gesagt, dass wir eine Änderungsgenehmigung für Philippsburg brauchen und dass das nicht so einfach ge hen kann. Nur: Es ist natürlich nicht so, Herr Kollege Glück,
dass das an dieser Stelle einfach nicht machbar wäre. Wir müssen darüber diskutieren, wie es machbar ist, und dürfen nicht einfach Nein sagen. So kommen wir bei dem Thema „Energiewende und Atomausstieg“ nicht weiter.