Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

will ich gern sagen: Wir wollen, dass die Weltklasseforschung an unseren Universitäten international noch sichtbarer wird. Wir setzen auf Exzellenz und wollen ein klares Bekenntnis zur Stärkung der wissenschaftlichen Elite.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Was heißt das?)

Wir lehnen es ab, eine Exzellenzinitiative aufzulegen, die ei gentlich gar nicht Exzellenz fördert, sondern mit anderen Zie len aufgeladen wird – wenn es dann nach Proporz geht oder mit der Gießkanne gefördert wird. Das ist nicht das, was man mit Exzellenzinitiative meint. Wo „Exzellenz“ draufsteht, muss auch Exzellenz drin sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Quadratur des Kreises gibt es nicht. Man kann also jetzt nicht das Füllhorn über das ganze Land ausschütten.

Ich meine, bei der Veranstaltung Ende September in der Staats galerie, die Sie angesprochen haben und die wirklich eine gu te Veranstaltung war – ich bin der Ministerin dankbar, dass sie da die Größen der Wissenschaft aus Bund und Land zusam mengerufen hat –, ist auch immer sehr deutlich gesagt wor den: „Die Entscheidungen müssen wissenschaftsgeleitet sein.“

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Ganz klar!)

Ich glaube, auch das ist ein Punkt, über den wir uns alle einig sind. Da macht die Frage der Standorte im ersten Moment gar keinen Sinn. Man kann nicht deckeln. Man muss fragen: Was will ich fördern? Wie will ich fördern?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Dann stellt man fest, wie viele Bewerber infrage kommen.

Wir sind da also ganz klar auf der Seite der wissenschaftsge leiteten Auswahl und der Exzellenz.

Ich will Ihnen sagen: Ich halte es für gut, dass das Land – die Ministerin wird das nachher sicherlich noch einmal betonen – frühzeitig angekündigt hat, Mittel auch für eine weitere Ex zellenzinitiative zur Verfügung zu stellen. Denn das ist auch nicht selbstverständlich; das kann nicht jedes Land in diesem Maß. Aber Sie führen hier eine wirklich langjährige Traditi on in Baden-Württemberg fort. Unsere Hochschulen sind nicht erst seit viereinhalb Jahren exzellent; daran darf ich vielleicht doch noch einmal erinnern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wenn Sie die Standortfrage unbedingt stellen wollen: Wir müssen uns vor Augen führen, dass es in Deutschland 400 Hochschulstandorte gibt; davon sind etwa 100 Universitäten. Ob Sie da drei oder elf fördern – es ist auf jeden Fall wenig. Es ist ein Wettbewerb, und der Wettbewerb ist uns wichtig. Hier wird sich auf jeden Fall Exzellenz durchsetzen; da bin ich mir sicher. Baden-Württemberg war in der Vergangenheit erfolgreich und wird auch in Zukunft erfolgreich sein. Ich bin mir sicher, dass uns der Bund da gut bedenken wird und dass er honorieren wird, was hier vorhanden ist.

Was außerdem zu fördern ist – die Lehre, die Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die ja durchaus auch Ansprüche stellen, oder auch die Betreuung der Studierenden, die Studi enplätze –, kann und soll alles gefördert werden. Dies wird zum Teil auch schon gefördert; denken Sie an den Hochschul pakt, denken Sie an die Exzellenzinitiative Lehre. Das muss aber nicht alles in die Exzellenzinitiative hineingepackt wer den; dafür gibt es andere Programme.

Insofern sind wir dafür, dass wir die dritte Runde der Exzel lenzinitiative wirklich auf Exzellenz fokussieren. Wir sollten in einen fairen, offenen Wettbewerb gehen. Sie haben sogar einzelne Hochschulen benannt; das ist dem Verfahren eigent lich nicht angemessen. Wir sind für eine echte wissenschafts geleitete Auswahl.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort der Kollegin Rolland. – Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Baden-Württem berg ist spitze in der Wissenschaft. Wir haben es eben gehört: Fast 20 % der bundesweit gestellten Anträge wurden für Ba den-Württemberg bewilligt, will heißen: Zwölf von 45 Dok torandenschulen, drei von elf Zukunftskonzepten – sprich Ex zellenzuniversitäten – und sieben von 43 Forschungsverbün den wurden in Baden-Württemberg gefördert. Das heißt: För dergelder in Höhe von mehr als 600 Millionen € wurden in Baden-Württemberg generiert.

Baden-Württemberg ist damit im Bundesvergleich überdurch schnittlich und hat eine herausragende internationale Beach tung gefunden. Glückwunsch an diejenigen, die das vor Ort, an unseren Universitäten und Hochschulen tatsächlich ge schafft haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Diese Spitzenposition wurde durch die grün-rote Koalition in den letzten viereinhalb Jahren gestärkt. Sie wurde dadurch ge stärkt, dass das Landeshochschulgesetz die Hochschulen vom Kopf wieder zurück auf die Füße gestellt hat, dass nach 14 fi nanziell dürren Jahren die Hochschulfinanzierung auf ein neu es Finanzfundament gestellt wurde und die Hochschulen neue Perspektiven erhielten. Sie wurde – nach 14 Jahren – gestärkt durch die Übernahme der Energiekosten für die Universitä ten, aber auch durch einen weiteren Abbau des Sanierungs staus sowie durch neue Initiativen wie beispielsweise die Ex perimentierklausel für die Hochschulen für angewandte Wis senschaften, was das Promotionsrecht angeht.

Zudem haben wir die Studiengebühren abgeschafft und durch die Einführung der Verfassten Studierendenschaft mehr De mokratie in die Hochschulen zurückgebracht. Dafür ein herz liches Dankeschön an Frau Ministerin Bauer und an Finanz minister Schmid. Ohne diese beiden wären unsere Ideen nicht umsetzbar gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Diese Poleposition wurde ausgebaut. Wir sind gut aufgestellt – und das müssen wir angesichts der Herausforderungen der

Zukunft auch sein. Ich will nur ganz kurz folgende Punkte nennen: der Betreuungsschlüssel zwischen Professorinnen und Professoren und Studierenden, die Exzellenz der Lehre, die entsprechend nachfolgen muss, das Thema E-Learning, das immer wichtiger wird, die Digitalisierung an den Hochschu len – ich sage einfach: Hochschule 4.0; dies wird ein wichti ges Thema werden –, aber auch die verstärkten Anstrengun gen zur Integration ausländischer Studentinnen und Studen ten sowie das Erfordernis, international immer besser aufge stellt zu sein.

In diesem Sinn sind wir sehr froh, dass es gelungen ist, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in unserem Land aufzuheben, und dass der Bund bereits deutlich gemacht hat, dass wir für die nächste Förderperiode 4 Milliarden € be kommen können.

Was heißt das jetzt für uns, für die SPD-Fraktion hier im Land? Ja, Baden-Württemberg ist spitze. Wir wollen aber nicht einsame Spitze in Deutschland sein. Wir wollen, dass Baden-Württemberg wie auch Deutschland insgesamt ihre Spitzenpositionen verteidigen, und wir sind durchaus der Mei nung, dass es dabei eine gewisse Solidarität unter den Län dern, gemeinsam mit dem Bund, geben muss und dass die Un wucht zwischen den Hochschulstandorten nicht zu stark wer den darf.

Deswegen sind wir, Kollege Schmidt-Eisenlohr, mit unserem Papier gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Bundestagsfraktion der Auffassung, dass wir zwei Dinge tun sollten:

Das eine ist, auch weiterhin exzellente Forschung an mehre ren unterschiedlichen Standorten, über das Land verteilt, zu finanzieren. Kriterien müssen dabei folgende Fragen sein: Wie wird Forschung tatsächlich in ein Gesamtkonzept gegossen? Wie sieht die Governance einer Hochschule aus? Wie kann eine erfolgreiche Personalgewinnung gestaltet werden? Wie gelingt die internationale Sichtbarmachung? Voraussetzung ist vor allem auch, dass weiterhin zwei Exzellenzcluster vor handen sind.

Der zweite Punkt ist – da haben Sie recht –: Wir wollen eine gewisse Regionalisierung haben. Wir wollen, dass sich exzel lente Hochschulnetzwerke bilden können, die für Innovation stehen und die hochschulübergreifend organisiert werden kön nen, gemeinsam mit außeruniversitären Instituten – und viel leicht auch gemeinsam mit Unternehmen. In Südbaden gene riert sich im Augenblick ein solcher Hochschulverbund; ich glaube, der Weg, der da eingeschlagen wird, geht in die rich tige Richtung. Dort müssen natürlich zusätzlich noch andere Kriterien gelten, z. B. die Auszeichnung in der Lehre oder die Stärke im Wissenschaftstransfer, oder auch Erfolge bei der In tegration einer immer heterogener werdenden Studierenden schaft sowie eine internationale Aufstellung. Wir könnten uns vorstellen, dass im gesamten Bundesgebiet zehn solcher Netz werke gefördert werden können.

So stellt sich unsere Diskussion mit unseren Kolleginnen und Kollegen im Bund dar. Das wollten Sie ja gern wissen.

Wir sind allerdings auch der Auffassung, dass eine Förderpe riode von fünf Jahren zu kurz ist. Die Hochschulen brauchen mehr Zeit, um das, wofür sie eingestanden sind und was sie

erarbeitet haben, auch umsetzen zu können. Wir sind ebenso der Auffassung, dass Lerncluster oder Lernkonzepte durchaus sehr innovativ sein können und dann auch besonders geför dert werden sollten.

Wir meinen, dass es auch einer Diskussion über die Frage be darf, ob herausragende Cluster dauerhaft vom Bund finanziert werden können. Darüber gibt es bei uns noch keine Entschei dung. Aber dies kann natürlich die Bindung einer Hochschu le sowohl hinsichtlich des wissenschaftlichen Apparats als auch hinsichtlich von Unternehmen, die zur Mitarbeit bereit sind, erhöhen, und es verstärkt die Tiefe und die Breite der Forschung. Deswegen denken wir, dass hierüber diskutiert werden sollte.

Um Klartext zu reden – auch für die SPD hier im Land –: Spit zenwissenschaft muss heißen, erstens Spitzen- und Breiten forschung zusammenzubringen, zweitens Forschungsverbün de zu fördern, drittens, tatsächlich einen gesellschaftspoliti schen und wissenschaftspolitischen Diskurs über die Exzel lenz zu führen – auch hier –, und viertens natürlich, die nöti ge Zeit hierfür zu gewährleisten, und zwar im Bund wie in den Ländern – und vor allem auch hier in Baden-Württem berg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Bullinger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal ist es sehr erfreu lich, dass man in diesem Haus über alle Fraktionen hinweg festgestellt hat, dass Baden-Württemberg d a s Forschungs land, d a s Innovationsland ist und dass hier schon in der Vergangenheit der Acker bestens bestellt war. Hier im Land tag war man sich – das sage ich auch – in dieser Legislatur periode sehr bewusst, dass es erforderlich ist, die Entwicklun gen ausgehend von der hervorragenden Ausgangslage, die man 2011 vorgefunden hat, fortzuführen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: So hervorragend war die nicht! – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜ NE: Die Finanzierung war nicht gerade hervorra gend! Unterfinanzierung!)

Daran hängt unser Wohlstand, und dies macht unseren Stand ort aus. Deshalb ist es richtig, dass man darüber nachdenkt.

Frau Kollegin, da sind Sie sicherlich auch auf der richtigen Fährte: Man kann die Forschungslandschaft nicht nach Legis laturperioden ausrichten, sondern man braucht längere Zeit räume. Das ist für die Investitionen wichtig, es ist aber vor al lem auch für die Drittmittelforschung, die Forschung in Be gleitung durch die Industrie, ein entscheidender Punkt.

Allerdings muss man, wenn man von Ihnen, lieber Herr Kol lege Schmidt-Eisenlohr, so viel Eigenlob hört, schon ein biss chen nachdenklich werden. Sie wissen ja: Eigenlob stinkt, wenn es zu viel wird. Der Erfolg beruht natürlich auch auf dem, was Sie vorgefunden haben – ein hervorragend bestell ter Acker, der auf einen hervorragenden Minister für Wissen schaft, Forschung und Kunst,

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Das ha be ich doch gesagt!)

Frankenberg, zurückgeht. Er muss an dieser Stelle einfach ge nannt werden; denn seine Arbeit wirkt weit über die letzten Legislaturperioden hinaus.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, man könnte meinen, die Grünen folgten ihrer Wissenschaftsministerin nicht mehr. Ursprüng lich hatten Sie, Frau Bauer, ja vor, Zurückhaltung zu üben. Wie ich der „Stuttgarter Zeitung“ vom 30. September 2015 entnehme, sagten Sie, man werde sich bis zur Vorlage des Ex zellenzberichts im Januar nächsten Jahres zurückhalten etc. – Natürlich; es ist Wahlkampf. Das ist eine Vorlage – nachvoll ziehbar.

Meine Damen und Herren, so einen Feldgottesdienst muss man aber dennoch hinterfragen. Denn hier im Parlament wur den nun Dinge genannt, die sich hinterher in der Wirklichkeit möglicherweise anders darstellen. Das könnte man spüren, wenn man draußen im Land ist und die Zusammenarbeit zwi schen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wis senschaften beobachtet. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind – das muss man ganz klar sagen – das Stiefkind Ihrer Politik.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Ach, jetzt aber! Zum ersten Mal haben die HAWs ein eigenes Forschungsprogramm! Das haben wir erreicht!)