Mit dem Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept, dem IEKK, haben wir wichtige Grundlagenarbeit geleistet, einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, der Strategien und Maßnah men enthält. Herr Kollege Lusche, ob alle 108 Maßnahmen, die darin festgelegt sind, in dieser Legislaturperiode umge setzt werden, ist doch nicht das Entscheidende. Das Entschei dende ist vielmehr, dass wir uns im Wesentlichen in dieser Le gislaturperiode auf den Weg gemacht haben. Aber auch in den kommenden Jahren wird es notwendig sein, diesen Weg kon sequent weiterzugehen. Es wird auch notwendig sein, dass wir in der nächsten Legislaturperiode ein Ziel für 2030 formulie ren und diesen Maßnahmenkatalog dann weiterentwickeln. Auch das haben wir bereits im Blick.
Die minus 25 %, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bis zum Jahr 2020 – auch das will ich noch einmal betonen – sind ein ambitioniertes Ziel. Manchmal fragt man ja: Wie kommt ihr dazu, euch 25 % weniger Treibhausgasemissionen vorzuneh men, während der Bund das Ziel von minus 40 % hat? Dazu muss man aber berücksichtigen: Wir haben bekanntermaßen bis zum Jahr 2011 knapp die Hälfte der Stromversorgung in Baden-Württemberg über die Atomenergie abgedeckt, die auf grund des Atomausstiegs nun bis zum Jahr 2022 auf null re duziert wird. Das heißt: Es ist für uns im Land Baden-Würt temberg eine große Herausforderung, diese minus 25 % bis zum Jahr 2020 zu erreichen.
Übrigens gilt auch hier – das ist vorhin schon angesprochen worden –: Wenn wir diese Herausforderung annehmen, dann meistern wir diese Herausforderung auch. Davon bin ich fest überzeugt. Ein wichtiger Hebel ist die Förderung der Klima schutzmaßnahmen hier im Land über die diversen Förderpro gramme.
Lassen Sie mich nur einige nennen: Wir haben in der laufen den Legislaturperiode das Programm „Klimaschutz-Plus“ von 6,6 Millionen € – das war der letzte Stand in Ihrer Verantwor tung – auf über 10 Millionen € angehoben. Wir haben das Pro gramm „Klimaschutz mit System“ neu eingeführt, Herr Kol lege Glück. 30 Millionen € stehen in diesem Rahmen für die Kommunen zur Verfügung, um Projekte im Programm „Kli maschutz mit System“ voranzubringen. Wir haben darüber hi naus für die kleinen Kommunen im Land das Programm „Kli maschutz mit System EXTRA“. Wir haben zusammen mit der L-Bank die Energieeffizienzförderprogramme, die ich hervor heben möchte. Wir haben also eine ganze Reihe von Initiati ven, bei denen die Akteure, insbesondere die Kommunen, hier im Land beim Thema Klimaschutz unterstützt werden, und zwar in dieser Form und in dieser Qualität bundesweit oftmals einmalig.
Ich möchte Beispiele nennen: Nehmen Sie einmal die L-BankProgramme, die wir in den vergangenen Jahren aufgelegt ha ben, die aus meiner Sicht eine beispiellose Erfolgskarriere hin gelegt haben. Mit dem Programm „Energieeffizienzfinanzie rung – Sanieren“ und mit dem Programm „Energieeffizienz finanzierung – Mittelstand“ haben wir im Zeitraum zwischen April 2012 und Mitte 2015 rund 4 Milliarden € Investitions volumen in Baden-Württemberg angestoßen. Die CO2-Emis sionsreduktion aus diesen Programmen beläuft sich auf nahe
zu 270 000 t in diesem Jahr. Ich finde, das kann sich wirklich sehen lassen, auch im Verhältnis zu den anderen Bundeslän dern.
Herr Kollege Lusche, wir haben mit diesen beiden Program men KfW-Mittel in einer Höhe nach Baden-Württemberg ge zogen, die der gleichen Größenordnung entspricht wie die KfW-Mittel, die nach Bayern und Nordrhein-Westfalen zu sammen gelaufen sind.
Das ist in den vergangenen Jahren hier angestoßen worden. Ich sage Ihnen: Ich bin stolz darauf, dass es gelungen ist, die se Entwicklung hier auf den Weg zu bringen.
Aber, Herr Kollege Lusche – da bin ich wiederum völlig mit Ihnen einig –, Landesmaßnahmen allein reichen da bei Wei tem nicht. Letztendlich werden auch durch die Klimapolitik auf Bundesebene wichtige Rahmenbedingungen gesetzt – die Themen kennen Sie alle, die brauche ich hier nicht weiter zu erläutern –, ebenso wie auch auf europäischer Ebene, Stich wort Emissionshandel. Insbesondere auf Bundesebene – das will ich auch einmal sagen – fehlt es jedoch bis zum heutigen Tag an einem gesetzlich verbindlichen Rahmen, an einem Kli maschutzgesetz, das die Ziele gesetzlich festschreibt, so, wie wir das in Baden-Württemberg gemacht haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die weltweite Begren zung des Temperaturanstiegs auf zwei Grad bedarf es der Mit wirkung aller Staaten. Die Industrieländer, zu denen wir ge hören, tragen eine besondere Verantwortung für das Gelingen eines internationalen Klimaschutzabkommens in Paris. Auf grund ihrer überproportionalen Beiträge zum weltweiten CO2Ausstoß in der Vergangenheit sind sie in besonderer Weise bei der Lösung dieses Problems gefordert. Ein wirksamer inter nationaler Klimaschutz ist von essenzieller Bedeutung für die Sicherung lebenswerter Bedingungen auf der ganzen Welt, für die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder. Die Bekämp fung des Klimawandels ist auch wichtig, um eine in Zukunft absehbare Migrationswanderung infolge des Klimawandels auf ein, sage ich einmal, Minimum zu begrenzen. Ich glaube, auch das ist notwendig, um ein friedliches Zusammenleben der Völker auch in Zukunft zu sichern.
Wir in Baden-Württemberg haben uns nicht nur eigene ver bindliche Klimaschutzziele gesetzt – ich habe sie bereits er wähnt –, sondern wir bringen uns auch auf Bundesebene stark in die Energie- und Klimapolitik ein. Wir sind gemeinsam mit anderen klimaengagierten Regionen auch international aktiv. Wir wollen zeigen, dass unterhalb der Ebene der Nationalstaa ten auf der ganzen Welt – in Nord-, in Mittel- und in Südame rika, in China, in Australien, in Afrika und in Europa – wir kungsvolle Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Damit wollen wir den anstehenden Verhandlungen der UN-Klima konferenz in Paris den Rücken stärken.
Im Mai dieses Jahres haben Ministerpräsident Kretschmann und Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown ein gemeinsames Memorandum of Understanding auf den Weg gebracht. Dar
in bekunden die Unterzeichner das gemeinsame Ziel, die mitt lere globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad zu begren zen. Für die Unterzeichner bedeutet dies, dass sie ihre CO2Emissionen bis 2050 um mindestens 80 % senken bzw. ein Emissionsziel von weniger als 2 t pro Kopf und Jahr erreichen wollen. Es geht um diese zwei Ziele, die mit der Zahl 2 ver knüpft sind: zwei Grad bzw. 2 t pro Kopf. Daher stammt auch der Name dieses MOU, nämlich „Under 2 MOU“. Dem MOU haben sich inzwischen – wir haben es in dieser Woche veröf fentlicht – 50 weitere Länder, Provinzen, Regionen, auch Großstädte in der Welt angeschlossen. Weitere werden in den nächsten Wochen noch hinzukommen.
Zu den bisherigen Unterzeichnern zählen unsere Freunde un ter den Vier Motoren, die Lombardei, Katalonien, RhôneAlpes, dazu zählen unsere Partner in Ontario, dazu zählen Schottland, Wales, aber auch unsere japanischen Partner in Gifu. In den kommenden Wochen werden, wie gesagt, weite re hinzukommen.
Lassen Sie mich unter dem Eindruck der Chinareise des Mi nisterpräsidenten, von der wir am Sonntag zurückgekehrt sind, noch Folgendes feststellen: Der entscheidende Kampf zwi schen Schwarz und Grün wird nicht hier im Land ausgetra gen. Der entscheidende Kampf zwischen Kohle und neuen grünen Technologien findet letztendlich in China statt. China ist mit Abstand der größte Verbraucher von Kohle – bis zum heutigen Tag –, China ist heute aber auch die Nation mit dem größten Einsatz erneuerbarer Energien, sowohl in Bezug auf die Fotovoltaik als auch in Bezug auf den Einsatz der Wind energie. Letztendlich wird da mitentschieden werden, ob es gelingt, dieses Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Deswegen ist es natürlich wichtig, auch China bei der Weltklimakonferenz mit ins Boot zu bekommen.
Ich bin deswegen wirklich sehr froh, dass es gelungen ist, auch eine chinesische Provinz, nämlich unsere Partnerprovinz Jiangsu, zu gewinnen, hier als Unterstützer des MOU sicht bar zu werden. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Signal, vor allem wenn man weiß, dass das in China eigentlich ein Thema der Zentralregierung ist. Umso höher bewerte ich es, dass Jiangsu bereit war, dieses MOU öffentlich mit zu unter stützen.
Mit dieser Initiative, deren Unterzeichner zum heutigen Tag rund eine halbe Milliarde Bürgerinnen und Bürger repräsen tieren, senden wir ein starkes Signal für ein internationales Klimaschutzabkommen nach Paris.
Meine Damen und Herren, ein ambitioniertes und verbindli ches internationales Abkommen ist notwendig und liegt im weltweiten Interesse. Ich denke, da sind wir uns einig. Die Folgen des globalen Klimawandels bekommen wir schon heu te zu spüren. Kollege Renkonen hat vorhin ein paar Zahlen genannt. Lassen Sie auch mich noch eine nennen: Ganz aktu ell liegen die Monate Januar bis September in diesem Jahr im Mittel 0,85 Grad über dem Durchschnitt der ersten neun Mo nate eines Jahres seit Beginn der Klimaaufzeichnungen. Oh ne raschen und ambitionierten Klimaschutz droht ein Tempe raturanstieg um durchschnittlich vier Grad, gegebenenfalls noch mehr, in diesem Jahrhundert. Damit steigt die Gefahr von abrupten, unumkehrbaren Klimaänderungen mit allen Folgen, die das in den einzelnen Bereichen hätte.
Mit dem Memorandum of Understanding wollen wir den an stehenden Verhandlungen in Paris zusammen mit unseren kli maengagierten Partnern Rückenwind verleihen, damit es am 11. Dezember 2015 dann heißen kann: Die Weltgemeinschaft hat sich auf ein wirksames Klimaschutzabkommen verstän digt.
Ich möchte noch ein paar Sätze zur Debatte sagen, die mich teilweise etwas verstört und auch verwundert hat. Dabei richte ich meine Worte vor allem an die Adresse der FDP/DVP. Herr Glück, ich schlage Ihnen vor, doch einfach einmal Ihren Rachefeldzug gegen die Wind kraft in Baden-Württemberg zu beenden.
Der kommende Samstag im Harthäuser Wald ist ein histori scher Tag. Dann wird der größte Windpark Baden-Württem bergs mit 14 Großanlagen eröffnet. Der Minister wird da sein. Der Ministerpräsident wird da sein. Viele Bürger werden da sein.
Und Sie sagen den Leuten vor Ort, dass kein Wind weht. Die lachen Sie doch aus. Das muss man doch einmal ganz klar sa gen.
Das ist Populismus, mit dem Sie auf Stimmenfang bei denje nigen gehen, die Windkraftanlagen verhindern und blockie ren wollen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien werden wir aber um die Windkraft nicht herumkommen.
Lassen Sie mich zum Abschluss die Worte eines geistlichen Beistands zitieren, nämlich die Worte des Papstes. Ich bin zwar kein Katholik, sondern Evangelist, aber ich zitiere ihn trotzdem.
(Heiterkeit – Zurufe, u. a. Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Lukas oder Matthäus? – Lebhafte Un ruhe – Abg. Karl Zimmermann CDU: Ihnen glaube ich gar nichts!)
Ich schließe mich diesen Worten an. Mich hat der Mangel an Mut von FDP/DVP und CDU in dieser Debatte enttäuscht.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Es sprach der Evangelist! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Fünf Monate vor der Landtagswahl!)
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nicht nur eine Apokryphe! – Zuruf: Jetzt kommt der Evangelist der CDU!)
irgendwie sind wir ja alle Evangelisten; denn wir wollen die Energiewende, und wir tun da alles, was wir können.
Ich bedanke mich ausdrücklich beim Bundesstaat Kaliforni en, der eine Plattform aufgestellt hat. Das Land Baden-Würt temberg hat das unterstützt. Alle zwölf Gründungsmitglieder leisten einen Beitrag. Ich finde, dass der Bundesstaat Kalifor nien hierbei ein guter Vorreiter ist. Es lohnt sich, sich diese Plattform einmal anzuschauen. Wir haben erst gestern noch einmal mit Kalifornien telefoniert.