Protokoll der Sitzung vom 29.10.2015

Wenn Sie die Altersgruppen derjenigen sehen, die zu uns kom men, dann sehen Sie, dass das auch für unsere Gesellschaft nicht nur eine Last, sondern auch eine riesengroße gute Pers pektive ist. Auch das sollten wir gemeinsam nach außen tra gen, damit die Menschen nicht den Eindruck haben, wir hät ten nur eine Last zu schultern. Es ist mittelfristig eine riesen große Chance für unsere Gesellschaft, die wir gemeinsam er greifen sollten.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktu elle Debatte beendet und Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Feiertagsgesetzes – Drucksa che 15/7486

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Minister Reinhold Gall.

Herr Präsident, werte Kolle ginnen, werte Kollegen! Sonn- und Feiertage sind als Tage der Gemeinschaft, als Tage der Arbeitsruhe und auch als Ta ge der inneren Einkehr besonders geschützt. Ich will aus drücklich sagen: Das soll und wird auch zukünftig so bleiben, weil ich der Auffassung bin und wir der Auffassung sind, dass gerade in dieser schnelllebigen Zeit der mit Artikel 140 des Grundgesetzes verfassungsmäßig gewährleistete Sonn- und Feiertagsschutz ein wirklich wichtiges Gut ist, das es zu si chern und zu bewahren gilt.

Ich sage dies deshalb, weil bei diesem Thema die Meinungen in der Gesellschaft und in bestimmten Interessengruppen nun wirklich weit auseinandergehen. Aber das baden-württember gische Feiertagsgesetz verfügt im bundesweiten Vergleich über eine der striktesten Regelungen beispielsweise zum Tanz verbot.

Unser Gesetzentwurf hat jetzt die Lockerung des rigiden Tanz verbots in unserem Land zum Ziel. Meine Damen und Her ren, wer wollte bestreiten, dass sich im Laufe der zurücklie genden Jahrzehnte ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen hat, der die heutigen Lebensverhältnisse insgesamt und gera de auch das Freizeitverhalten eines nicht geringen Teils, ich möchte sogar sagen, eines Großteils der Bevölkerung erfasst hat? Dieser Wandel macht deshalb eine moderate – so möch te ich es einmal nennen – Modernisierung des baden-würt tembergischen Feiertagsgesetzes erforderlich. In diesem Sinn wollen wir die Regelungen zum Tanzverbot behutsam und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl lockern.

Dabei wollen wir jedoch – das ist besonders wichtig für uns – die unterschiedlich hohen Schutzgehalte der einzelnen Fei ertage im Auge behalten. Das heißt, es gibt keine pauschalen Lockerungsregelungen, sondern immer auf den Schutzgehalt des einzelnen Feiertags zugeschnittene Regelungen.

Deshalb will ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass bei spielsweise am Karfreitag das Tanzen weiterhin ganztägig nicht gestattet sein soll. Eine andere Regelung wäre nämlich nach unserem Dafürhalten mit dem Charakter dieses Tages nicht vereinbar.

Es gibt jedoch Änderungen – ja, es gibt wesentliche Änderun gen –, und auf diese möchte ich jetzt in der gebotenen Kürze eingehen. Das bisher am Gründonnerstag und am Karsams tag bestehende ganztägige Tanzverbot wollen wir aufheben und durch ein zeitlich begrenztes Tanzverbot von Gründon nerstag 18 Uhr bis Karsamstag 20 Uhr ersetzen. Diese maß volle Lockerung, meine Damen und Herren, trägt der Bedeu tung und auch der Würde der letzten Tage der Karwoche Rechnung.

Außerdem haben wir eine Anpassung des Beginns des Tanz verbots an den Beginn der in der Gaststättenverordnung ge regelten allgemeinen Sperrzeit an Allerheiligen, am allgemei nen Buß- und Bettag, am Volkstrauertag und am Totengedenk tag vorgenommen. An diesen Tagen wird künftig der Beginn des Tanzverbots nicht mehr vom Beginn der allgemeinen Sperrzeit abweichen, sondern damit im Einklang stehen. Auch hier sind wir, wie ich jedenfalls meine und wie es uns auch von all denen, die wir an dieser Diskussion beteiligt haben, bestätigt wird, mit Augenmaß sowie mit Rücksicht auf den besonderen Charakter der einzelnen Tage vorgegangen.

Die bisherigen Regelungen über das auf 24 Uhr festgelegte Ende eines Tanzverbots an diesen Tagen haben wir beibehal ten, um, wie gesagt, dem besonderen Charakter dieser Tage, dieser stillen Tage, Rechnung zu tragen. Somit beginnt an Al lerheiligen, am allgemeinen Buß- und Bettag, am Volkstrau ertag und am Totengedenktag das Tanzverbot frühmorgens mit der allgemeinen Sperrzeit und besteht dann bis 24 Uhr.

Darüber hinaus wollen wir das bisher am 24. Dezember, an Heiligabend, von 3 Uhr bis 24 Uhr bestehende Verbot für öf fentliche Tanzveranstaltungen aufheben. Öffentliche Tanzun terhaltung soll auch an diesem Tag zukünftig erlaubt sein. Die Grenze wird künftig auch hier die allgemeine Sperrzeit sein. Diese Änderung ist mit dem Wesen des 24. Dezember verein bar.

Wichtig war uns dabei, meine Damen und Herren, dass die feiertagsrechtliche Regelung zum Schutz der Gottesdienste

natürlich auch weiterhin fortgilt, nach der am 24. Dezember beispielsweise die Zeit ab 17 Uhr und damit gerade die Zeit der Gottesdienste auch zukünftig unter besonderem Schutz steht.

Wir wollen zudem das bisher am ersten Weihnachtsfeiertag bestehende ganztägige Tanzverbot aufheben. Künftig soll das Tanzen am ersten Weihnachtsfeiertag im Rahmen der Rege lungen über die allgemeine Sperrzeit erlaubt sein. Diese Neu regelung trägt dem feierlichen Charakter des Tages Rechnung. Auch hier gilt unser besonderes Augenmerk dem Umstand, dass die Zeit des Hauptgottesdienstes durch die nach wie vor geltenden feiertagsrechtlichen Regelungen weiterhin geschützt bleibt.

Schließlich wollen wir als weiteren wichtigen Schritt das bis her an den übrigen Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 3 Uhr bis 11 Uhr bestehende Tanzverbot aufheben.

Meine Damen und Herren, die Grenze wird auch in diesem Fall die allgemeine Sperrzeit sein. In Tanzlokalen und Disko theken darf an diesen Tagen künftig also während ihrer Öff nungszeiten bis zum Beginn der allgemeinen Sperrzeit getanzt werden. Damit könnten wir künftig eine ungünstige Konstel lation vermeiden. Ich meine Fälle, in denen eine Diskothek nach den Vorschriften über die allgemeine Sperrzeit geöffnet hat, jedoch aufgrund feiertagsrechtlicher Regelungen und Vor schriften nicht mehr getanzt werden durfte, was in der Tat nicht zusammenpasst. Wichtig war uns hierbei, dass die übli che Zeit des Hauptgottesdienstes durch die für diesen Zeit raum geltenden Schutzvorschriften nach wie vor besonders geschützt bleibt.

Meine Damen und Herren, als Fazit möchte ich festhalten: Mit diesem Gesetz können wir die Regelungen über das Tanz verbot in Abhängigkeit vom jeweiligen Schutzgehalt der ein zelnen Feiertage maßvoll lockern, teilweise sogar aufheben. So werden wir die Regelungen an die heutigen Lebensge wohnheiten anpassen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem Gesetzentwurf einen guten und sinnvollen Ausgleich der teilweise sehr un terschiedlichen Interessenlagen schaffen konnten. Ich bin des halb froh, dass auch die Anhörung der beteiligten Institutio nen, insbesondere natürlich der Kirchen, die allesamt ihre grundsätzliche Zustimmung zu unserem Vorhaben signalisiert haben, gezeigt hat, dass wir mit diesem Gesetzesvorhaben auf dem richtigen Weg sind.

An dieser Stelle will ich mich ausdrücklich bei Ministerprä sident Kretschmann bedanken, der gemeinsam mit den Kir chen eine gute Gesprächsgrundlage und einen guten Kompro miss diskutiert und erörtert und so Konsens geschaffen hat. Ich will ausdrücklich erwähnen, dass auch der DEHOGA die sen Gesetzentwurf ausdrücklich lobt. Auch er betrachtet die sen Gesetzentwurf als einen sinnvollen Ausgleich und übri gens auch als einen Beitrag zum Bürokratieabbau. Dass die Industrie- und Handelskammern dies unterstützen, will ich ebenfalls noch erwähnt haben.

Eine besonders bemerkenswerte Einlassung haben meines Er achtens die Freireligiösen Gemeinden in unserer Anhörung eingebracht. Ihnen gehen diese Lockerungen sogar nicht weit genug. Insofern haben sie sogar für weiter gehende Regelun

gen plädiert. Das haben wir im Gesetzentwurf allerdings nicht berücksichtigt.

Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf der Landesregierung im wei teren parlamentarischen Verfahren zuzustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Mi nuten je Fraktion festgelegt.

Ich erteile für die CDU-Fraktion dem Kollegen Pröfrock das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir, die CDU-Fraktion, begrüßen zu nächst einmal, dass der Schutz der Feiertage von diesem Ge setzentwurf grundsätzlich unberührt bleibt und dass keine wei ter gehenden Regelungen zur Lockerung der Vorschriften zum Schutz der Feiertage formuliert worden sind, wie dies ver schiedentlich gefordert worden ist, sondern dass uns die Fei ertage als Tage der Einkehr und Arbeitsruhe vollständig erhal ten bleiben.

Die CDU-Fraktion stellt sich einer maßvollen Lockerung der Regelungen zum Tanzverbot nicht entgegen. Wir sind offen für eine maßvolle Anpassung an gesellschaftliche Entwick lungen. Bei einigen bisherigen Regelungen zu manchen Ta gen kann man sich in der Tat fragen, wie sich ein Tanzverbot theologisch herleiten lässt.

Klar ist, dass wir die Regelungen zu den sogenannten stillen Feiertagen, insbesondere zum Karfreitag und zur Karwoche, aber auch zu den Feiertagen Allerheiligen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag sowie Totensonntag, beibehalten bzw. nur maßvoll ändern, sodass die Tage der Trauer geschützt sind.

Über einen Punkt kann man mit Sicherheit noch reden. Das haben auch die Kirchen deutlich gemacht. Fraglich ist, ob die Nacht, in der man „Stille Nacht, heilige Nacht“ singt, ein stil ler Feiertag ist oder ob die Freude im Vordergrund steht. Das ist ein Punkt, über den man im weiteren Verfahren noch ein mal sprechen sollte.

Auch die Kirchen haben dem Gesetzesvorhaben insgesamt zugestimmt. Insofern kann man von einer grundsätzlichen Zu stimmung zu diesem Vorhaben von dieser Seite ausgehen.

Ich glaube, es macht Sinn, an vielen Stellen das Thema Sperr zeit und das Thema Tanzverbot zusammenzufassen, um Kon fliktpotenzial, das durch ein solches Auseinanderfallen ent steht – wie dies bisher teilweise der Fall war –, in Zukunft zu vermeiden. Insofern sind wir offen hinsichtlich der weiteren Beratungen zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich dem Kollegen Halder das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen

und Herren! Stellen Sie sich vor, Sie sitzen am ersten Weih nachtsfeiertag nach den üblichen Verwandtschaftsbesuchen zu Hause und würden gern noch etwas unternehmen. Nach dem vielen Essen und Herumsitzen hätten Sie Lust, tanzen zu gehen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Genial!)

Dies war am ersten Weihnachtsfeiertag bislang nicht möglich. Das baden-württembergische Feiertagsgesetz hat öffentliche Tanzveranstaltungen am ersten Weihnachtsfeiertag bisher un tersagt.

Diese und weitere Tanzverbote wollen wir nun mit dem vor liegenden Gesetzentwurf aufheben. Es darf also wieder ge tanzt werden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Waren Sie persön lich davon betroffen?)

Die Notwendigkeit, das baden-württembergische Feiertags gesetz zu ändern, ist offensichtlich. Wir haben in Baden-Würt temberg mit die strengsten Regelungen zum Tanzverbot.

Aus diesem Grund freue ich mich, dass uns heute ein Entwurf für eine moderate Änderung des Feiertagsgesetzes vorliegt. Diese Änderung sehe ich als einen sehr gelungenen Kompro miss an. Auf der einen Seite wird der Schutzgehalt der Sonn- und Feiertage respektiert. Die Religionsfreiheit wird damit weiterhin geschützt. Auf der anderen Seite tragen die neuen Regelungen unserer religiösen Vielfalt und sich verändernden Lebensgewohnheiten Rechnung.

Um welche Änderungen geht es im Einzelnen? Der Gesetz entwurf sieht vor, das Tanzverbot an Heiligabend und am ers ten Weihnachtsfeiertag aufzuheben. An diesen Tagen gelten dann nur noch die allgemeinen Sperrzeiten. Darüber hinaus wollen wir das ganztägige Tanzverbot am Gründonnerstag und am Karsamstag zeitlich begrenzen. Zukünftig soll ein zeitlich begrenztes Tanzverbot von Gründonnerstag 18 Uhr bis Kar samstag 20 Uhr gelten. Damit wird klar, dass wir den Karfrei tag als besonders schutzwürdigen Feiertag bestehen lassen. Am Karfreitag gilt das ganztägige Tanzverbot weiterhin.

Der Karfreitag ist für viele gläubige Christinnen und Christen ein besonderer Tag, an dem der Passion und des Todes von Je sus Christus gedacht wird. Hieraus ergibt sich die besondere Schutzwürdigkeit dieses Tages.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht für Allerheiligen, den allgemeinen Buß- und Bettag, den Volkstrauertag und den To tengedenktag weitere Änderungen vor. So soll der Beginn des Tanzverbots an diesen Tagen an den Beginn der allgemeinen Sperrzeit angeglichen werden.

Dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein für alle Seiten guter Kompromiss gefunden worden ist, zeigen auch die Stel lungnahmen der Verbände und Vereinigungen. Der Hotel- und Gaststättenverband spricht von einer wichtigen Vereinheitli chung bezüglich der Sperrzeiten, durch die auch Bürokratie abgebaut werden kann. Die kommunalen Landesverbände ste hen der Änderung des Feiertagsgesetzes ebenfalls positiv ge genüber. Wichtig ist, dass die großen christlichen Kirchen die geplanten Änderungen mittragen. Besonders wichtig für die christlichen Kirchen ist, dass die Schutzbestimmungen für die

Sonn- und Feiertage von der Gesetzesänderung nicht berührt werden.