Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Unabhängigkeit der Landesregulie rungsbehörde (LRegBG) – Drucksache 15/7932
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft – Drucksache 15/7999
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz fortgeschrittener Zeit zunächst folgende Bemerkung: Dies ist das letzte umweltpolitische Thema in einer Plenarsit zung in dieser Legislaturperiode, und wieder einmal ist es der letzte Punkt der Tagesordnung. – Dies als kleiner Hinweis an das kommende Präsidium, verbunden mit der Frage, ob das immer so sein muss. Leider haben wir das in den letzten Jah ren relativ häufig erlebt. Diese kritische Fragestellung sei mir als Umweltpolitiker gestattet.
Dieses Gesetz betrifft immerhin rund 225 Strom- und Gasver sorger, die von der Landesregulierungsbehörde überwacht werden. Das Gesetz ist im Grunde eine notwendige Umset zung von EU-Vorgaben. Was die Unparteilichkeit, Unabhän gigkeit dieser Regulierungsstelle von wirtschaftlichen Inter essen anbelangt, haben wir auch keinerlei Dissens.
Der einzige Punkt, warum wir Ihnen noch einen Änderungs antrag vorlegen, ist der folgende: Es ist die Frage, ob eine sol che Stelle, wenn wir sie haben, mit einer gewissen Unabhän gigkeit vom Minister ausgestattet ist, und ob dies eine Einzel person sein soll oder ob man nicht wie in anderen Bundeslän dern auf ein Kollegialorgan setzt.
Sie waren mit diesem Gesetz nicht besonders früh dran, um nicht zu sagen, dass es nach Ablauf der Umsetzungsfrist auf den letzten Drücker gekommen ist. Ich habe bedauert, dass
man es nicht vertieft diskutieren konnte. In der uns zur Ver fügung stehenden Zeit haben wir uns mit unserem Antrag an der bayerischen Regelung orientiert, die dort immerhin von allen Fraktionen im Landtag mitgetragen worden ist. Wenn die betroffenen Kreise, insbesondere Städte- und Gemeinde tag, bei diesem schwierigen und weitreichenden Feld der Mei nung sind, dass Akzeptanz und Transparenz auch bei uns bes ser durch ein Kollegialorgan gewährleistet sind, sehen wir nicht wirklich, wo die Hinderungsgründe liegen, auch wenn es für sie nicht verfassungsrechtlich zwingend geboten sein mag.
Etwas zurückhaltender waren wir mit der von dort vorgeschla genen Wahl des Vorsitzenden durch den Landtag. Da bekä men wir genau die Politiknähe, die eigentlich von der EU nicht gewollt wird. Ich bin etwas enttäuscht darüber – wir ha ben Ihnen das rechtzeitig zukommen lassen –, dass wir kei nerlei Reaktion auf unseren Vorschlag bekommen haben, ob wohl wir im Ausschuss der Meinung waren, darüber noch ein mal das Gespräch suchen zu wollen. Sie haben weder gesagt, ob Ihnen einzelne Punkte nicht passen, noch, ob Sie den Vor schlag insgesamt ablehnen.
dass Sie die Regierungslinie offenbar kurz vor Toresschluss einfach durchzuziehen gedenken. In diesem Sinn werden wir unseren Änderungsantrag stellen und bitten wir, noch einmal zu überdenken, ob es nicht sein könnte, dass Städte- und Ge meindetag und andere unisono vielleicht in der Sache recht haben.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich der Kri tik von Herrn Lusche zur Stellung der Umweltpolitik bezüg lich des späten Tagesordnungspunkts anschließen. Ich denke auch, dass es sinnvoll wäre, gerade solche wichtigen Themen früher anzusprechen.
Wir sprechen heute in zweiter Lesung über das Gesetz über die Unabhängigkeit der Landesregulierungsbehörde. Dieses Gesetz ist eine Umsetzung von Artikel 35 der EU-Richtlinie 2009/72/EG. Es sollen die gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt geregelt werden. Durch das geplan te Gesetz über die Unabhängigkeit der Landesregulierungs behörde sollen die Anforderungen der genannten EU-Richtli nie an die Unabhängigkeit nationaler Regulierungsbehörden erfüllt werden.
Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 54 des Energiewirtschafts gesetzes ist die Einrichtung einer unabhängigen Landesregu lierungsbehörde notwendig. Diese übt ihre Tätigkeit unpartei
isch und unabhängig von Unternehmen, politischen Stellen und Marktinteressen aus. Um die Unabhängigkeit abzusi chern, wird die Weisungsfreiheit der Beschäftigen gegenüber Stellen außerhalb der Behörde klargestellt, und es werden au ßerdienstliche Tätigkeiten im Bereich der Energiewirtschaft untersagt. Das ist z. B. ein Punkt, der notwendig war, um die se Unabhängigkeit noch einmal deutlich hervorzuheben.
Die zuständigen Ministerien, der zuständige Minister bestel len entsprechend die Leiterin oder den Leiter der Landesre gulierungsbehörde. Die Amtszeit – auch das ist ein wichtiger Punkt – beschränkt sich auf fünf bis sieben Jahre und kann einmalig um weitere fünf bis sieben Jahre verlängert werden.
Wir haben von Herrn Lusche gehört, dass er für einen Ände rungsantrag eintritt. Dieser Änderungsantrag hört sich ganz nett an, aber ich glaube nicht, dass er im Endeffekt zielfüh rend ist. Er wird mit der Forderung nach Akzeptanz und Trans parenz begründet, was im Prinzip richtig ist. Aber, sehr geehr te Damen und Herren, durch eine höhere Akzeptanz eines Kammermodells, wie von der CDU vorgeschlagen, ist bisher in keiner Weise belegt worden, dass – bei den Kammermodel len, die es gibt – eine höhere Transparenz entstanden ist. Auch bei der Bundesnetzagentur – da ist das Kammermodell schon 2005 eingeführt worden – ist festzustellen, dass im Vergleich mit Landesregulierungsbehörden ohne Kammermodell keine signifikanten Proteste – z. B. im Sinne von gerichtlichen An fechtungen oder Ähnlichem – erfolgt sind.
Sehr geehrte Damen und Herren, was die Transparenz angeht, ist die Landesregulierungsbehörde Baden-Württemberg schon heute Spitzenreiter. Wenn der Vorwurf der Intransparenz er hoben wurde, so hat sich ein solcher in der Regel bislang im mer an die Bundesnetzagentur gerichtet. Daher sehen wir kei ne Notwendigkeit, hier eine Änderung vorzunehmen. Ich möch te auch noch einmal betonen, dass beispielsweise in einem Gutachten der Agora Energiewende insbesondere die Landes regulierungsbehörde Baden-Württemberg aufgrund ihrer her vorragenden Transparenz besonders hervorgehoben wurde.
Ein Kollegialorgan ist daher unserer Meinung nach nicht not wendig; dies bringt keine weitere Transparenz. Das täuscht eben. Wir meinen auch, es wäre im Endeffekt ein teureres Mo dell, und hierdurch würden natürlich die Kosten für die Un ternehmen und in der Folge auch die Gebühren entsprechend steigen. Daher lehnen wir den Änderungsantrag der CDUFraktion ab. Den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Lan desregulierungsbehörde begrüßen wir und stimmen ihm zu.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eines vorausschi cken: Die Landesregulierungsbehörde war bei uns in BadenWürttemberg schon immer unabhängig, sowohl unter der jet zigen Regierung als auch unter der Vorgängerregierung. Jetzt geht es darum, dies rechtlich zu verankern. Was im Augen blick geschieht, ist lediglich, den Zustand, wie er jetzt besteht und wie er bereits unter der schwarz-gelben Landesregierung
bestanden hat, in ein Gesetz zu fassen. Dazu muss man ein paar Punkte wie die Wiederwahlmöglichkeit usw. regeln, aber letztlich geht es nicht um eine Veränderung, sondern um eine Verankerung dessen, was in den letzten Jahren in Baden-Würt temberg ohnehin schon erfolgreich praktiziert wurde.
Deswegen begrüße ich zunächst einmal – da haben wir auch Konsens –, dass bislang alles in Ordnung ist, dass alles gut gelaufen ist.
Ein bisschen überrascht, Kollege Lusche, bin ich nun aber doch über den Änderungsantrag der CDU. Es ist eigentlich gar kein Änderungsantrag, sondern eine Neufassung des Ent wurfs, ein neuer Gesetzentwurf. Man kann darüber reden, ob man es anders macht und ob man ein Kammermodell einfüh ren möchte. Es ist durchaus sinnvoll, hierüber eine Diskussi on oder einen Dialog zu führen. Aber ich muss nun umgekehrt doch sagen: Einen entsprechenden Gesetzentwurf – denn das ist ein komplett neuer Gesetzentwurf – hätten Sie in dieser Le gislaturperiode bereits zuvor einbringen können.
(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Sie haben bisher al les von uns abgeklatscht! Wenn wir so etwas einge bracht hätten, hätten Sie es auch abgeklatscht! – Ge genruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Wir führen doch jetzt keinen Dialog, oder? – Zuruf des Staatsse kretärs Jürgen Walter)
Ich darf doch zu dem Vorschlag des Kollegen Lusche in sachlicher Weise noch Stellung nehmen, Kollege Glück. – Ich glaube, es ist überlegenswert; wir haben dies in anderen Län dern, und wir haben es in der Bundesnetzagentur. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass dort mehr Transparenz herrscht. Aufgrund der Kammern braucht man dort natürlich mehr Per sonal und hat entsprechend höhere Kosten, ohne dass ich zu nächst einmal einen Benefit sehen würde.
Natürlich schimpfen die Energiekonzerne über alle Regulie rungsbehörden, auch über unsere Landesregulierungsbehör de – auch wenn diese Kritik deutlich abgenommen hat, weil in letzter Zeit vieles auch in personeller Hinsicht besser ge worden ist. Die Vorbehalte sind dennoch verständlich. Aber wenn man dann sagt: „Wir schaffen unsere Landesregulie rungsbehörde ab; es läuft jetzt alles bei der Bundesnetzagen tur“ – die ja dieses Kammermodell hat –, dann ist die Begeis terung bei den Energiekonzernen äußerst überschaubar – was ja grundsätzlich auch beweist, dass unsere Landesregulie rungsbehörde bei allen Diskussionen über Einzelpunkte doch eine gute Arbeit, einen guten Job macht.
Deswegen ist es, glaube ich, nachvollziehbar, dass wir an die ser Stelle dem vorliegenden Änderungsantrag respektive der Neufassung des Gesetzentwurfs nicht zustimmen können.
Ich möchte mich aber noch einmal ausdrücklich bei der Lan desregulierungsbehörde für ihre Arbeit bedanken. In vielen Bereichen – ich erinnere hier etwa an das Thema „Abschalt bare Verträge im Gasbereich“ – ist man sehr innovativ voran gegangen, um mehr Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Ich bin sicher, dass diese Behörde auch in Zukunft ihre Arbeit in gewohnt guter Weise fortsetzen wird.
In diesem Sinn bedanke ich mich ganz herzlich für die Auf merksamkeit, und ich bedanke mich auch für die insgesamt, meine ich, sehr konstruktive Arbeit im Umweltausschuss – auch wenn wir, Herr Kollege Glück, leider nicht allen Anträ gen von Ihnen zustimmen konnten. Auch dem Vorsitzenden, Herrn Müller, möchte ich an dieser Stelle herzlich für seine Tätigkeit danken. Er hat uns ja eine Statistik übermittelt, und wir werden zu den offenen Fragen noch einmal recherchieren. Ich hatte nachgefragt, und die Sache wird auch sicherlich noch aufgeklärt werden.
Ich bedanke mich nochmals bei allen Kolleginnen und Kol legen für die im Grunde gute Zusammenarbeit, die wir im Umweltausschuss hatten.
Herr Präsident, werte Kol leginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Stober, Sie müs sen es sich an dieser Stelle schon gefallen lassen, wenn ich Ih nen sage, dass es der Hohn war, als Sie so großmütig ange deutet haben, wir vonseiten der Opposition hätten doch einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen können. Jetzt stel le ich wirklich einmal die Frage: Wissen Sie eigentlich, wie vielen Gesetzentwürfen vonseiten der Opposition Sie zuge stimmt haben? Die Antwort ist: keinem einzigen.
Wir von der Opposition hingegen haben Ihren Vorschlägen, sofern sie gut waren, immer wieder einmal zugestimmt.
(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Ja, weil sie gut sind! – Zurufe der Abg. Dr. Friedrich Bullinger und Dr. Timm Kern FDP/DVP)
Wir sind also keine Fundamentalopposition; Sie hingegen sind eine Fundamentalregierung. Das gehört an dieser Stelle ganz deutlich gesagt, sehr geehrte Damen und Herren.