Protokoll der Sitzung vom 21.12.2011

Wir werden zu dem Thema „Finanzplanung 2020 und ausge glichener Haushalt“ auch die Frage der Verfassungsregeln ins Visier nehmen. Sie haben es angesprochen. Wir halten die Re gelung in § 18 LHO für nicht zeitgemäß. Sie ist auch nicht von dem Geist der grundgesetzlichen Schuldenbremse getra gen, weil sie davor etabliert worden ist. Die Landeshaushalts ordnung berücksichtigt in § 18 auch nicht die Erfahrungen mit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.

Deshalb schlagen wir vor, dass der Landtag mit der Landes regierung in einen Dialog eintritt, um zu erörtern, wie wir ei ne solche Regelung in der Landeshaushaltsordnung oder mög lichst in der Verfassung in einem parteiübergreifenden Kon sens ändern können.

Tatsache ist: Wir sollten uns an der grundgesetzlichen Schul denbremse orientieren, so, wie alle anderen Bundesländer dies auch tun.

(Abg. Peter Hauk CDU: Wir wollen mehr! Stringen ter!)

Wir werden dazu auch gern mit externem Sachverstand arbei ten und werden dann im nächsten Jahr auf den Landtag zuge hen, weil wir, die Landesregierung, überzeugt sind, dass die Art und Weise, wie die Bestimmung in § 18 der Landeshaus haltsordnung verankert worden ist, nicht sinnvoll ist. Nicht umsonst haben Sie es in Ihrer Regierungszeit immer abge lehnt, dem § 18 der Landeshaushaltsordnung Verfassungsrang zu verleihen.

Wir haben noch ein wieder auftretendes Thema. Das ist der Länderfinanzausgleich.

(Abg. Manfred Groh CDU: Sie waren doch dafür!)

Mein Rat ist einfach folgender:

(Abg. Winfried Mack CDU: Sie sollen nicht Rat schläge geben! Sie sollen handeln! – Abg. Peter Hauk CDU: Kein Rat! Sie sollen handeln!)

Man sollte diese Frage nicht allein über den Klageweg lösen wollen.

(Abg. Manfred Groh CDU: Sie haben doch zuge stimmt! – Abg. Peter Hauk CDU: Sie waren doch da für!)

Sie haben in der Vergangenheit folgenden Fehler gemacht: Sie haben erst einmal gesagt: „Ich springe allen anderen Bundes ländern ins Gesicht, und danach klage ich. Dann haben wir ei nen neuen Länderfinanzausgleich.“

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie waren doch dafür! Sie haben doch mitgestimmt!)

Ich sage Ihnen eines: So funktioniert die Reform des födera len Finanzsystems nicht.

(Abg. Manfred Groh CDU: Warum haben Sie dann dafür gestimmt? – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Wenn man nichts macht, funktioniert es auch nicht!)

Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die Punkte, die in dem Gutachten der damaligen Landesregierung aufgeworfen worden sind, für verfassungswidrig erklären sollte – dahinter muss man immer ein Fragezeichen setzen –, wird es letzten Endes die Politik sein, die einen neuen Länderfinanzausgleich beschließt, und nicht das Bundesverfassungsgericht, und zwar zu Recht,

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

denn das Bundesverfassungsgericht ist nicht der oberste Ge setzgeber. Der Gesetzgeber im Bund sind vielmehr Bundes tag und Bundesrat. Wer eine Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat haben will, der muss sich um politische Mehrhei ten bemühen und darf nicht die anderen dauernd vor den Kopf stoßen, wie es Herr Mappus getan hat.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Aus diesem Grund hat Winfried Kretschmann bei seinem ers ten Treffen mit den Kollegen aus den anderen Bundesländern, insbesondere mit den Kollegen aus Bayern und Hessen, ge nau dieses Thema angesprochen und sich mit ihnen darauf ge einigt, dass ein abgestimmtes Vorgehen der wohlhabenderen Länder stattfindet, um eine politische Lösung zu finden,

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

und die Klage als Ultima Ratio noch immer im Hintergrund gehalten wird.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Aber zu meinen, über eine Klage würde sich Baden-Württem berg schnell entlasten können, ist ein Ammenmärchen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sankt-Nim merleins-Tag!)

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir nach der Klage unter Erwin Teufel noch mehr in den Länderfinanzausgleich gezahlt haben als vorher.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Entscheidend ist das politische Verhandlungsgeschick. Da traue ich uns allemal mehr zu als Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Eigenlob stinkt! – Abg. Tanja Gönner CDU: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Letzten Endes ist es doch so, meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP/DVP: Sie können uns einfach nicht verzeihen, dass wir jetzt regieren und das Land verändern wol len.

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP, u. a. Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ihre Fraktion ist die zweitkleinste Fraktion, Herr Schmid! – Abg. Tan ja Gönner CDU: Sie sollten die Interessen des Lan des vertreten!)

Aber so ist es nun einmal. Wir haben in den Wahlen das poli tische Mandat erhalten. Wir setzen neue politische Schwer punkte: in der Kleinkindbetreuung, im Sozialbereich, im Na turschutz, bei der Energiewende. Wir setzen bei der Sanierung an; wir konsolidieren und tätigen Investitionen in die Ver kehrsinfrastruktur. Ich glaube, dass wir dabei auf einem gu ten Weg sind. Wir werden das gern in den Haushaltsberatun gen noch einmal vertieft diskutieren.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Dieser Haushalt mit der darin vorgesehenen Nullneuverschul dung im Jahr 2012 ist nach der Nullneuverschuldung 2011 ein weiterer Meilenstein hin zu einer nachhaltigen Finanzpolitik.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Gut gesprochen! – Zu ruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Hauk.

(Zuruf von der SPD: Nicht noch einmal! Das braucht doch niemand!)

Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Einige Äußerungen der Kollegen Sitz mann und Schmiedel sowie des Finanzministers geben doch Anlass, ein paar Dinge noch einmal klarzustellen und zurecht zurücken.

Frau Sitzmann sagte vorhin sinngemäß: „Mit diesem Haus halt gehen wir in die Wende, in die Energiewende, in die Na turschutzwende. Es wird alles besser.“

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, die Erhöhung um 11 Millionen € macht gerade einmal 0,3 Promille – Promille! – des gesamten Landeshaushalts aus.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und dann solche Töne spucken!)

Damit gehen Sie in eine vermeintliche Energiewende. Ihre Vorstellungen von der Energiewende sind noch nicht einmal klar. Wir wissen ja gar nicht, wohin es bei Ihnen geht. Bei der EnBW haben Sie keine Strategie.

(Zuruf von der CDU: Winderlass!)

Da gäbe es immerhin eine Möglichkeit. Aber dazu sagen Sie nichts. In der Vergangenheit haben Sie immer gefordert, wir sollten eine Strategie vorlegen, und die haben wir auch vor gelegt. Aber Sie selbst haben keine Strategie und zeigen nicht auf, was Sie machen wollen, um das Unternehmen für die Energiewende in Baden-Württemberg zu nutzen. Im Land ha ben Sie ebenfalls keine Strategie außer einer: Sie wollen näm lich die 50 % Stromproduktion aus Kernkraft bis zum Jahr 2020 zu einem Fünftel – da fehlen dann noch 80 % – durch Windkraft ersetzen. Das ist dann alles.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wind of Change!)

Zu diesem Thema ist auch gesetzgeberisch – einmal unabhän gig von der Fiskalpolitik – nur Fehlanzeige zu vermelden. Der

Umweltminister kündigt für den Sommer des Jahres 2011 ei ne Änderung des Landesplanungsgesetzes an. Der Sommer verstreicht. Dann sagt er: „Das kommt jetzt im Herbst.“ Mor gen ist Winteranfang. Jetzt hat der Minister angekündigt: „Im Winter kommt es auch nicht mehr, es kommt im Frühjahr.“ Bisher ist nur Fehlanzeige zu vermelden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nächster Sommer! – Abg. Winfried Mack CDU: Jetzt war aber im Herbst auch kein Wind!)

Von wegen „Wir hören auf die Kommunen“ etc. – Fehlanzei ge. Das heißt, von dieser sogenannten Energiewende bleibt derzeit nur ein heißer Wüstensturm übrig,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das heißt doch „Wüs tensand“! – Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)