Protokoll der Sitzung vom 09.02.2012

Erstellen Sie ein Energiekonzept. Ansonsten drohen auch in Zukunft ab dem Jahr 2020 massive Stromimporte, und zwar nicht nur, wie einem manchmal weisgemacht wird, von Öko strom, sondern Sie importieren halt den jeweiligen Strommix Ihres europäischen Nachbarn. Es wäre ja wohl der Hohn, wenn wir in eine Situation gerieten, in der wir Atomstrom aus dem Ausland importieren müssten. Darauf darf es doch bitte nicht hinauslaufen.

Immer wieder auf Berlin zu verweisen, wenn man auf ein Energiekonzept hinausmöchte, ist mit Sicherheit falsch. Wir sind uns doch darüber einig, dass die Energieproduktion der Zukunft regional stattfinden muss. Deswegen müssen dezen trale, regionale Lösungen gefunden werden, gewissermaßen maßgeschneidert für Baden-Württemberg. Da möchte ich Ih nen doch ein paar inhaltliche Dinge mit auf den Weg geben.

Die Kombination von Wind- und Wasserkraft – Modell Gail dorf – finde ich absolut klasse. Das sind Windkraftanlagen, die einen integrierten Wasserspeicher haben. Man kombiniert zwei Techniken, die es schon seit geraumer Zeit gibt. Aber für diese Windkraftanlagen braucht man besondere Standorte. Man braucht Standorte, wo natürlich Wind vorhanden ist, wo ein Gefälle vorhanden ist, und Wasser muss in der Nähe sein. Jetzt stelle ich die Frage: Wie stellen Sie denn sicher, dass die hierfür geeigneten Standorte nicht innerhalb kürzester Zeit mit konventionellen Windkraftanlagen zugebaut werden? Auch wenn Sie die von uns vorgeschlagene Schwarz-Weiß-GrauLösung nicht wollen – mit der man das Problem übrigens gut angehen könnte –, so würde ich Sie doch einfach um des In halts willen bitten, dafür Sorge zu tragen, dass auch diese mo dernen Windkraftanlagen in Zukunft noch geeignete Plätze finden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Ich möchte auf den nächsten Punkt zu sprechen kommen, der auch eindeutig klarstellt, warum das eigentlich ein typischer Baden-Württemberg-Punkt ist: die tiefe Geothermie. Exper ten halten es für möglich – ich habe mich jetzt mit mehreren Experten diesbezüglich getroffen –, dass man mit zehn geneh migten Bohrungen pro Jahr bis ins Jahr 2020 10 % der Strom erzeugung aus tiefer Geothermie erzielen kann. Speziell Ba den-Württemberg ist, was die Geothermie angeht, ein hoch interessantes Gebiet. Natürlich werden Sie mir jetzt entgeg nen: Aber da kann es zu Erdbeben kommen. Natürlich, aber aus diesem Grund raten wir einfach dazu – wir haben doch mit dem Landesbergbauamt eine hohe Fachkompetenz –: Hier muss Forschung betrieben werden. Wir können die tiefe Geo thermie nicht einfach irgendwo schlummern lassen, nur weil es im Jahr 2007 durch eine Fracking-Methode einmal zu ei

nem Erdbeben in Basel kam. Das kann doch nicht sein. Ba den-Württemberg ist prinzipiell für die tiefe Geothermie ge eignet.

Das gilt auch für die Holzvergasung. Zusammen mit Bayern ist Baden-Württemberg mit das holzreichste Land in der Bun desrepublik Deutschland. Da ist es doch eigentlich nur lo gisch, dass wir die Vorreiter sein müssen, wenn es um das The ma Holzvergasung geht. Davon abgesehen ist diese Technik grundlastfähig. In diesem Bereich müssen wir kreative Ansät ze finden.

Zum Thema Wasserkraft: Herr Minister Untersteller, ich möch te mit freundlicher Erlaubnis der Präsidentin aus einer Pres semitteilung Ihres Hauses vom 2. Dezember 2011 zitieren:

Kleine Wasserkraftanlagen erzeugen effizient und konti nuierlich CO2-freie Energie. Wir müssen daher alle Mög lichkeiten nutzen, um diese klimafreundliche Wasserkraft nutzung mit den ökologischen Ansprüchen der Gewässer zu vereinbaren.

Richtig. Da gebe ich Ihnen absolut recht. Aber sagen Sie doch einmal, in welche Richtung Sie da gehen wollen. Was wird denn passieren? Allein der Schrei nach Berlin ist da einfach zu wenig. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Wir haben es eben auch mit ganz regionalen Ansätzen zu tun.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Unser Antrag wurde ab gelehnt!)

Ich hoffe, dass Sie mir nachher noch etwas dazu sagen kön nen.

Das Ziel muss sein, Strom nicht nur umweltverträglich, son dern auch sicher und bezahlbar zu machen. Das bedeutet aber auch, dass wir, wenn wir das Problem realistisch betrachten, um die Verbrennung fossiler Brennstoffe nicht herumkom men. Wir brauchen deswegen moderne Kraftwerke; diese sind allemal besser als die alten Kraftwerke.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sofern Gas geliefert wird!)

Ich komme zum Schluss. Ich möchte Sie inständig bitten und auffordern, Herr Minister: Erstellen Sie ein Energiekonzept für das Jahr 2020.

(Abg. Johannes Stober SPD: Genau das passiert ge rade!)

Das Nächste, was ich an dieser Stelle ansprechen möchte, ist: Wirken Sie doch bitte im Vermittlungsausschuss in Berlin auf die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanie rung hin.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig!)

Auch das gehört dazu. Das muss endlich umgesetzt werden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Endlich! So ist es!)

Das hängt mittlerweile seit Ewigkeiten im Vermittlungsaus schuss. Erst gestern ist wieder ein Termin hierzu geplatzt.

Herr Minister, wir hatten uns bereits darüber unterhalten. Sie sagten, Ihr Hauptkritikpunkt sei, dass die Einzelmaßnahmen nicht anerkannt werden sollen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Es ist doch Geld da! Machen wir es!)

Ich habe dazu noch einmal mit Berlin telefoniert, weil mir das auch irgendwie gestunken hat und Ihre Kritik meiner Meinung nach berechtigt war. Mittlerweile wird an dieser Stelle Ver handlungsbereitschaft signalisiert. Deswegen möchte ich Ih nen wirklich den Vorschlag machen: Gehen Sie da weiter in die Verhandlungen. Bilden Sie von mir aus einen Arbeitskreis, wenn Sie es im Vermittlungsausschuss nicht hinbekommen. Aber es wäre schade, wenn man sich einen solch guten Inhalt entgehen lassen würde. Ich möchte an dieser Stelle einfach nur sagen: Wer die ganze Zeit nach Grünem bellt, darf sich ei ne solche Chance nicht entgehen lassen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

In der Allgemeinen Aus sprache erteile ich dem Minister für Umwelt, Klima und Ener giewirtschaft Untersteller das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der bekommt jetzt noch einiges an Verantwortlichkeiten dazu! Alles be kommt er!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelplan des Umweltministeriums, den ich Ihnen im Folgenden kurz vorstellen möchte, stellt aus meiner Sicht eine gute Grundla ge sowohl für die Umsetzung unserer umweltpolitischen Zie le, Herr Kollege Lusche, als auch der energiepolitischen Zie le dar.

Ein wichtiger Beitrag – den haben wir bereits zu Beginn die ser Legislaturperiode geleistet – ist folgender: Wenn eines un serer zentralen Themenfelder die Energiewende ist, dann ist es, finde ich, eine gute Voraussetzung, wenn man die damit zusammenhängenden Themen Klimaschutz und Energiepoli tik auch in einem Haus zusammenführt. Das haben wir ge macht. Welche Vorteile dies hat, können Sie erkennen, wenn Sie in den letzten Wochen geschaut haben, wie es in Berlin zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bun desumweltministerium zugeht. So etwas möchte ich mir hier ersparen, und so etwas ersparen wir hier auch der Öffentlich keit. Ich finde, Sie würden gut daran tun – wenn Sie Kritik üben wollen –, die Punkte anzubringen, die hierzu anzubrin gen sind. Ich werde Ihnen nachher noch ein paar Beispiele nennen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Mit dem von uns vorgelegten Haushaltsplanentwurf leisten wir aus meiner Sicht einen guten und wichtigen Beitrag, um der zentralen Herausforderung zu begegnen, die sich uns ge genwärtig in der Umweltpolitik und in der Energiepolitik des

Landes stellt. Gegenüber der Vorgängerlandesregierung ha ben wir auch im jetzigen Haushaltsplan eine deutlich geänder te Schwerpunktsetzung. Ich will Ihnen einmal ein paar Bei spiele nennen, nachdem Sie vorhin gemeint haben, ich kon zentrierte mich nur auf die Energiepolitik.

Fangen wir erstens mit der Energiepolitik an. Wir haben hier die Mittel um 11 Millionen € erhöht. Sie sagen, dies sei zu wenig. Darauf komme ich gleich noch.

Wir haben die Mittel für den Hochwasserschutz – das ist ein ganz wichtiger Punkt vor dem Hintergrund dessen, was gera de uns in Süddeutschland, in Baden-Württemberg in den kom menden Jahren auch im Hinblick auf Klimaveränderungen er wartet; auch die Vorgängerlandesregierung kam zu dem Er gebnis, dass wir eine der Regionen sind, die am stärksten ge fährdet sind – um zusätzliche 15 Millionen € hochgeschraubt.

Ein weiterer Punkt ist die Wasserrahmenrichtlinie, mit der uns die EU vorgibt, dass wir bis 2015 eine gute Qualität und Durchgängigkeit hergestellt haben müssen. Dieser Aufgaben bereich war unter der Vorgängerlandesregierung massiv un terfinanziert. Wir haben die Mittel hierfür jetzt um 2 Millio nen € aufgestockt, weil wir mit den Geldern, die bislang ein gestellt waren, die von der EU gesetzten Ziele bei Weitem nicht fristgerecht hätten einhalten können.

Altlastensanierung: Wir haben die Mittel im Bereich der kom munalen Altlasten um 5 Millionen € aufgestockt.

Ein weiterer Punkt: Für den Ausbau der Wasserstoffinfrastruk tur haben wir zusätzlich 1,5 Millionen € bereitgestellt.

Ein weiterer Punkt ist schließlich die LUBW; sie wurde vor hin schon angesprochen. Es ist nun einmal so, dass die Vor gängerlandesregierung massiv in den Topf der LUBW hinein gegriffen hat. Letztendlich war die Höhe der Abschreibungen höher als das Investitionsniveau. Wenn wir auf dieser Ebene weitergemacht hätten, hätten wir die LUBW wirklich an die Wand gefahren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Aus diesem Grund haben wir in dieser Legislaturperiode den Ansatz wieder um 2 Millionen € angehoben, und das – das ha be ich auch festgestellt – dankenswerterweise mit der Zustim mung der Oppositionsfraktionen. Offensichtlich sehen Sie und erkennen Sie an, dass wir nicht nur im Bereich der Energie wende und im Bereich des Klimaschutzes etwas machen, son dern auch in den anderen Bereichen.

Ich möchte ausdrücklich den Regierungsfraktionen dafür dan ken, dass sie im Finanzausschuss diese Ansätze, die wir vor gelegt haben, unterstützt haben und auch noch zu einem sehr wichtigen Punkt einen Vorschlag gemacht haben, über den ich mich sehr gefreut habe, nämlich zusätzliche Mittel bereitzu stellen, um auch beim Thema Ressourceneffizienz in einen Wettbewerb einsteigen zu können. Hier haben wir zukünftig zusätzlich 600 000 € zur Verfügung, worüber ich sehr froh bin.

Jetzt sagen Sie erstens – das haben Sie auch vorhin in Ihrer Rede noch einmal angesprochen –, diese zusätzlichen 11 Mil lionen € seien zu wenig. Zunächst möchte ich noch einmal die vorherige Situation darstellen: Wir hatten vorher für den Be

reich „Klimaschutz und Energie“ bei großzügiger Rechnung – wenn man den Etatansatz aus dem Wirtschaftsministerium plus das, was bisher im Umweltministerium hierfür berück sichtigt war, zugrunde legt – Landesmittel von plus/minus 12 Millionen €. Jetzt haben wir 11 Millionen € draufgesattelt. Wenn man noch die KIF-Mittel dazunimmt, dann kommt man hier auf einen Mittelansatz von gut 28 Millionen €.

Ich frage Sie: Wenn Sie das zu wenig finden, was hat Sie dann bis März letzten Jahres daran gehindert, diese Mittel zu erhö hen? Das ist das eine.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Seither haben sich die Rahmenbedingungen geändert! Die Rahmenbe dingungen sind jetzt ganz anders! – Zuruf des Abg. Ulrich Lusche CDU)

Zweitens: Sie sagen, Ihnen reiche die Mittelerhöhung in dem Umfang, wie wir sie vornehmen, nicht aus, aber gleichzeitig legen Sie einen Haushaltsantrag vor, mit dem Sie die Stellen, die wir in meinem Haus neu geschaffen haben, insbesondere die sieben Stellen in der Energieabteilung, die Stelle für die Geothermie plus die zwei Stellen bei der LUBW, mit denen wir den Windenergieausbau voranbringen wollen, wieder strei chen wollen. Ja Gott, wie passt das denn zusammen?

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: So ist es!)

Auf der einen Seite wollen Sie, dass mehr Mittel in den Haus halt meines Ministeriums eingestellt werden. Auf der anderen Seite wollen Sie mir das Personal nehmen, mit dem ich För derprogramme aus diesen Mitteln umsetzen soll. Ich meine, da passt das eine nicht zum anderen. Da müssen Sie sich ein fach einmal entscheiden, was Sie wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Was die Personalsituation im Ministerium betrifft, empfehle ich Ihnen wirklich einmal eine Unterhaltung mit meiner Amts vorgängerin. Schauen wir uns einmal an, welche Entwicklun gen es in den letzten Jahren im Haus gab. Es gab Stellenein sparprogramme, von denen das Haus komplett betroffen war. Es gab bei mir und auch bei meiner geschätzten Vorgängerin keine Schonbereiche im Ministerium. Vielmehr haben diese Programme das Haus mit voller Wucht getroffen. Wir sind heute, was die Personalsituation betrifft, an der Grenze ange langt.