Herr Präsident, meine Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich so beginnen: Baden-Württemberg, die Landesregierung, die Polizei und alle gewählten Abgeordneten sollten alles tun und dafür sorgen, dass sich der Polizeieinsatz vom 30. Sep tember 2010, der katastrophalste in der Geschichte des Lan des, nie wiederholen wird.
Tatsache ist, dass bis heute gegen ca. 100 Beamte Ermittlungs verfahren laufen wegen dieses Polizeieinsatzes am 30. Sep tember, der zu Recht als „Schwarzer Donnerstag“ bezeichnet wird, meine Damen und Herren.
Deshalb ist es doch völlig klar, dass in Zukunft die Aufgabe für die Polizei darin besteht, die Polizeieinsätze sorgfältig und verantwortungsvoll zu planen, auf Deeskalation zu setzen und alles zu tun, damit Demonstrationen friedlich ablaufen. Das ist ihre Aufgabe, und die hat sie in den vergangenen Wochen und Monaten gut erfüllt, meine Damen und Herren.
Dazu gehört natürlich auch, dass die Polizei auf einer siche ren Rechtsgrundlage agieren muss. Das ist doch das A und O, und das war doch eines der Probleme beim 30. September. Die Rechtsgrundlage war damals eben nicht sicher. Was ler nen wir daraus? Wir müssen alles tun, damit sie in Zukunft si cher ist.
Genau das ist passiert, meine Damen und Herren. Deshalb ist die bisherige Einsatzplanung der Polizei richtig gewesen, und wir haben diese auch entsprechend kommentiert.
Klar ist: Nach der Volksabstimmung, nach dem klaren Votum der Bürgerschaft ist die Frage nicht mehr, ob Stuttgart 21 kommt, ob das Land Teil der Projektpartnerschaft bleibt oder nicht. Diese Frage ist eindeutig geklärt. Das Land bleibt Pro jektpartner. Es sind keine Verträge zu kündigen. Das ist der Mehrheitswille. Den respektieren wir. Dabei bleibt es, meine Damen und Herren.
(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann setzen Sie es auch um!)
Tatsache ist, dass die Bahn derjenige ist, der Stuttgart 21 baut, und nicht das Parlament, die Landesregierung oder sonst wer. Die Bahn baut. Die Bahn ist dafür verantwortlich, wie sie mit diesem mehrheitlichen Votum der Bürgerschaft, dass Stuttgart 21 gebaut werden soll, umgeht. Da gab es doch in den letzten Wochen und Monaten einiges, was zu kritisieren ist, meine Damen und Herren.
Wenn Sie jetzt davon sprechen, es würde eine Verzögerungs taktik gefahren, dann kann ich Ihnen nur empfehlen, noch ein mal den Artikel von gestern in den „Stuttgarter Nachrichten“ zu lesen. Da wird nämlich ganz klar gesagt – so die Über schrift –: „Die Bahn ist mit Bauarbeiten ein Jahr im Rück stand“.
Sie ist ein Jahr im Rückstand. – Das werde ich Ihnen gleich erklären. Sie ist im Rückstand aufgrund ihrer eigenen Projekt planung. Schon im September 2011 steht in den Papieren der Bahn – man kann es nachlesen –:
Konkret bedeutet das, dass Planungen am Grundwasserma nagement bis Oktober 2011 durchgeführt sein sollten – bis heute nicht erfüllt. Aufbau größerer Grundwasseranlage bis Juni 2012 – nicht zu halten. Planänderungen Fildertunnel und Tunnel nach Feuerbach bis Februar 2012 – nicht erfüllt. Bau vergabe Tiefbahnhof – nicht erfüllt. Anderes ist unsicher, wie der anderes ebenfalls nicht erfüllt.
Der Verzug bei der Planung liegt weder an der Bürgerbewe gung noch an der Schlichtung, noch an der Volksabstimmung. Er liegt einzig und allein
Wir erwarten, dass die Bahn ihren ursprünglichen Zeitplan endlich aktualisiert, diesen vorlegt, öffentlich und transparent macht und sagt, wie sie ihre eigenen Vorgaben zur Umsetzung des Projekts einhalten will, meine Damen und Herren. Das ist das Mindeste, was man erwarten kann.
Ich kann Ihnen sagen: Insofern hat es auch keinerlei Zeit druck, keinerlei Bestreben gegeben, irgendetwas zu verzö gern. Das ist aus dem, was ich gesagt habe, deutlich gewor den. Und es ist ganz klar: Wenn es jetzt um die Umsetzung des Projekts geht, ist es wichtig, dass es eine einwandfreie Rechtsgrundlage gibt. Die Bahn muss Transparenz herstellen. Es geht darum, auch gegenüber der Bürgerschaft deutlich zu machen, wie sie das Projekt umsetzen will. Das ist Aufgabe der Bahn.
Aufgabe der Polizei ist es, das so zu begleiten, dass sich Er eignisse wie die am 30. September 2010 auf keinen Fall wie derholen. Darum geht es, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Volkswillen umsetzen – das ist nach einer Volksabstimmung selbstverständlich.
Deshalb gibt es überhaupt keinen Zweifel, dass Stuttgart 21 realisiert wird, mit Unterstützung der Landesregierung und der Koalition.
Zum Volkswillen, meine Damen und Herren, gehört aber auch, dass die Bevölkerung erwartet, dass dieses Projekt umgesetzt wird, ohne dass es zu heftigen Konflikten oder gar Verletzun gen kommt.
Deshalb gehört es natürlich zur politischen Aufgabe auch der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass die Polizeieinsätze un ter Rahmenbedingungen stattfinden, die ein Höchstmaß an Gewähr bieten, dass dem Volkswillen entsprochen wird.
Wenn wir uns bis dahin einig sind, kann viel Leidenschaft und Luft heraus; dann kann man darüber reden, wie man das eine oder andere zu interpretieren hat. Aber dann könnten wir auch ein Signal geben, dass dieses Parlament insgesamt ein großes Interesse daran hat, dass Stuttgart 21 friedlich, ohne Konflik te, ohne Beeinträchtigungen von Demonstrationen, aber mög lichst ohne Gewalt realisiert wird.
Was war der kritische Punkt? Der kritische Punkt war, dass es unterschiedliche Einschätzungen über mögliche Erfolgsaus sichten von Eilanträgen gab, die keine bindende aufschieben de Wirkung haben; darüber gibt es keinen Zweifel. Aber es gibt auch in den Ministerien – nicht nur im Verkehrsministe rium, sage ich einmal an dieser Stelle, und nicht nur im Staats ministerium, sondern auch in anderen Ministerien – durchaus kritische Einschätzungen über die Erfolgsaussicht. Da diese Eilanträge in Bälde zu entscheiden waren, war es eine Frage der Abwägung: Setzen wir Tausende von Polizisten in Gang und riskieren, dass diese auf halbem Weg zurückgerufen wer den? Riskieren wir gar, dass ein Einsatz stattfindet und hin terher ein Urteil kommt, das das Gegenteil verkündet? Ich ha be Verständnis dafür, dass diese Abwägung so getroffen wur de, dass man diese wenigen Tage abwartet.
Ich sage aber ganz deutlich: Das muss die Ausnahme sein. Das muss die Ausnahme von der Regel sein. Wenn es Baurecht gibt und die Bahn das Baurecht ausüben will, ist es die Auf gabe der Polizei, dieses Baurecht zu schützen und zu realisie ren.
Jetzt geht es noch darum: Ist das alles eine Sache, bei der nur einer das „Go“ gibt? Natürlich kann die Bahn sagen: „Wir ha ben Baurecht und legen jetzt los.“ Die Bahn wäre aber schlecht beraten, so vorzugehen, wenn die Sicherheitsrahmenbedin gungen nicht die wären, die auch für die Bauarbeiter ein Höchstmaß an Sicherheit sowie auch ein Höchstmaß an Ge waltfreiheit bieten. Also muss sie sich natürlich absprechen. Die Verfügung der Stadt Stuttgart zum Räumen des Schloss gartens hängt nach dem Urteil auch daran, wann die Bauar beiten stattfinden. Also kann auch das nicht isoliert in Gang gesetzt werden.
Deshalb ist es doch ganz sinnvoll und richtig, dass sich die Projektbeteiligten – in diesem Fall die für die Räumung zu ständige Stadt Stuttgart, die Bahn als Bauherr und die Lan desregierung als Projektträger und natürlich auch als politisch Verantwortlicher für Rahmenbedingungen, unter denen die Polizei eingesetzt wird – miteinander absprechen. Jetzt kön nen wir alle doch zufrieden feststellen, dass diese Absprache stattgefunden hat und dass es einen zwischen Bahn, Landes regierung und Stadt Stuttgart einvernehmlich vereinbarten Termin gibt, wann die Arbeiten im Schlossgarten weiterge hen.
Deshalb, Herr Kollege Hauk: Man kann jetzt viele einzelne Äußerungen zitieren. Die Welt ist bei diesem Thema noch im mer aufgeregt. Das ist halt so. Damit müssen wir leben.
Wichtig ist aber, dass klar ist, dass Stuttgart 21 realisiert wird. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Es muss jetzt so re alisiert werden, dass wir alle sagen können: Wir haben ein Höchstmaß an Verantwortung dafür übernommen, dass es ohne Gewalt, ohne Konflikte, ohne Verletzungen umgesetzt wird.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Herrn Kolle gen Hauk dankbar, dass er die Abfolge sehr detailliert nach gezeichnet hat. Denn ich glaube, das bringt ein bisschen mehr zum Ausdruck als nur den einen Vorgang. Es steckt ein Stück weit dahinter: Welche Einstellung haben die Verantwortlichen gegenüber dem Projekt Stuttgart 21?