Protokoll der Sitzung vom 15.03.2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch eine Anmer kung zum Schluss: Baden-Württemberg lebt von Innovatio nen. Beim ABS oder beim Airbag hat man das doch gesehen. Hier wird entwickelt, hier wird zehn Jahre lang produziert, und irgendwann geht die Produktion ins Ausland. Vielleicht gehört es einfach auch dazu, zu sagen: Bei der Produktion von Fotovoltaikpaneelen ist das nun vielleicht leider auch der Fall. Deswegen: Lassen Sie uns gemeinsam nach einer Richtung schauen, wie wir durch das EEG wieder Innovationen in Ba den-Württemberg fördern können.

Jetzt noch eine Bemerkung ganz zum Schluss. Meine sehr ge ehrten Damen und Herren, immer dann, wenn die Bundesre gierung im Bereich der Energiepolitik etwas Gutes macht,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Gutes?)

gehen Sie in den Vermittlungsausschuss. Das ist genau das Gleiche wie jetzt bei der energetischen Gebäudesanierung:

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was ist daran gut?)

Sie blockieren ohne Ende.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Der Eindruck entsteht: Sie haben Ihre grünen Ziele gegen ein bisschen Publicity eingetauscht.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Be handlung der Anträge.

Zu den beiden Anträgen liegt der Änderungsantrag der Frak tion GRÜNE und der Fraktion der SPD, Drucksache 15/1438, vor.

Diesen Änderungsantrag möchte ich zur Abstimmung stellen. – Ein Geschäftsordnungsantrag, Kollege Schebesta.

Herr Präsident, wir bitten um getrennte Abstimmung der Ziffer 5 nach den Ziffern 1 bis 4.

Beantragt ist, dass bezüglich des Än derungsantrags getrennt abgestimmt wird, einerseits die Zif fern 1 bis 4, andererseits Ziffer 5. Besteht da Einvernehmen? –

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: D’accord!)

Gut. Dann stelle ich zunächst die Ziffern 1 bis 4 des Ände rungsantrags zur Abstimmung. Wer diesen Ziffern zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist den Ziffern 1 bis 4 mehrheitlich zugestimmt.

Ich stelle Ziffer 5 zur Abstimmung. Wer Ziffer 5 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Ziffer 5 des Änderungsan trags einstimmig zugestimmt.

Der Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 15/1360, ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen dem zu.

Der Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 15/1353, ist ebenfalls ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt er klärt werden. – Sie stimmen dem zu.

Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des In nenministeriums – Bekämpfung von Rechtsextremismus im Internet und in sozialen Netzwerken – Drucksache 15/1069

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Be gründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort zur Begründung erteile ich dem Kollegen Wahl.

Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Spätestens seit den Morden durch die Zwickauer Zelle, die im letzten Herbst aufgedeckt worden ist, ist uns klar und müsste jedem klar sein, dass die Gefahr von rechts nicht nur periodisch und nicht nur aufgrund solcher An lässe angegangen werden muss. Das ist eine dauernde Aufga be. Wir müssen uns dem Kampf gegen rechts auf allen Fel dern der Gesellschaft stellen.

Ein umfassender Ansatz zur Bekämpfung von Rechtsextre mismus und Fremdenhass muss sich mit den Neonazis be schäftigen, die unsere Straßen unsicher machen. Aber die Ex tremisten müssen auch im virtuellen Raum bekämpft werden.

Die SPD-Fraktion hat diesen Antrag nicht nur vorgelegt, um den Sachstand rechtsextremer Aktivitäten im Internet zu er örtern. Es geht uns vor allem darum, Konsequenzen für ein effektives Vorgehen gegen diese Aktivitäten zu ziehen. Wenn ich von einem umfassenden Ansatz spreche, dann betrifft das nicht nur die Polizei und die Ermittlungsbehörden, sondern dann müssen auch die Betreiber von sozialen Netzwerken und von Internetangeboten an dieser Sache beteiligt sein, und auch an die User, die Nutzer, müssen wir uns wenden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, eines muss klar sein: Unsere de mokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien gelten auch im Internet. Sie gelten uneingeschränkt. Sie müssen effektiv durchsetzbar sein. Deswegen brauchen wir ein demokrati sches, zivilgesellschaftliches Engagement. Wir müssen wach sam gegenüber den Umtrieben der Rechten sein. Das gilt ge rade auch dann, wenn von den Urhebern dieser Seiten auf ein schlägige Symbole und Rhetorik verzichtet wird. Egal, in wel chem Gewand der Rechtsextremismus daherkommt, egal, wie attraktiv, wie modern, wie jugendgerecht, wie auch abenteu erlich manche Angebote sind, deren Charakter auf den ersten Blick häufig nicht erkannt werden kann, es bleibt dabei: Fa schismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Dieses muss von allen Demokraten in unserer Gesellschaft gemeinsam bekämpft werden. Deswegen möchte ich jetzt hier – deshalb unser Antrag – nicht im Ungefähren bleiben, son dern konkrete Ziele benennen.

Erstens – das ist wichtig –: Die Nutzer von Webseiten und so zialen Netzwerken müssen strafbare Inhalte der Anbieter an zeigen; diese müssen bei der Polizei angezeigt werden. Wer menschenverachtende Parolen von sich gibt, darf sich nicht darauf verlassen können, im Netz anonym zu bleiben.

Zweitens: Wir müssen eine effektive Zusammenarbeit mit den Anbietern von sozialen Netzwerken erreichen, um rechtswid rigen Aktivitäten auf die Spur zu kommen. Gerade wenn hier Straftaten geplant werden, brauchen wir dazu einen besseren Zugang.

Drittens: Wir müssen die Kooperation mit den anderen Län dern und auch mit dem Ausland verbessern, da rechtsradika le Webseiten häufig auf Servern im Ausland liegen. Die Be treiber halten sich leider nicht an Bundes- oder Landesgren zen. Da muss eine besser vernetzte Zusammenarbeit stattfin den.

Der letzte und vielleicht wichtigste Punkt: Wir müssen die Prävention vorantreiben und die Sensibilisierung der Internet nutzer stärken. Wir müssen verhindern, dass es den Neonazis gelingt, mithilfe des Internets auf scheinbar unpolitische Wei se Interesse zu wecken und junge Menschen mit ihrer Ideolo gie zu ködern.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das gilt vor allem auch für die Elterngeneration. Früher ha ben sich die Eltern Sorgen gemacht, wenn ihre Kinder auf der Straße spielten und nicht zur verabredeten Zeit nach Hause kamen, und sie haben sich gefragt, was alles mit den Kindern passieren könnte. Heutzutage aber bleiben die Kinder im Kin derzimmer vor ihrem Computer sitzen und bewegen sich durch die virtuelle Welt. Die Eltern haben die Situation nicht unter Kontrolle. Hier muss eine stärkere Sensibilisierung auch derjenigen Generation erfolgen, die nicht mit dem Internet aufgewachsen ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Man kann es, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit einem Satz auf den Punkt bringen: Was hier stattfinden muss, ist Medien erziehung. Dies darf nicht – so, wie das heute noch oft der Fall ist – ein Orchideenfach bleiben, und es reicht auch nicht, hier zu nur freiwillige Arbeitsgemeinschaften anzubieten. Medienerziehung gehört heute zur grundlegenden Bildung junger Menschen. Sie muss fächerübergreifend im Schulalltag ver ankert sein, und darüber hinaus muss sie von zivilgesellschaft lichen Initiativen gefördert werden.

Denn die Lebensrealität, in der bereits meine Generation groß geworden ist – sie ist wahrscheinlich die erste Generation, die von Anfang an mit dem Internet, mit der multimedialen Welt aufgewachsen ist –, dürfen wir nicht außer Acht lassen. Wir müssen von verschiedenen Seiten her auf diese Herausforde rungen reagieren; hierzu wird es höchste Zeit.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Wir müssen diesen Bereich der Bildung sehr ernst nehmen und ihn ausbauen.

Hierbei müssen wir Folgendes sehen: In diesem Bereich ist seit Jahren schon einiges getan worden. Ich will hier nur das

Präventionsprojekt „Team meX“ erwähnen, das in BadenWürttemberg großartige Arbeit leistet und einen unschätzba ren Beitrag zur medialen Erziehung und Sensibilisierung dar stellt. Es war wichtig, dass diese Koalition eine deutliche Auf stockung der Mittel für die Landeszentrale für politische Bil dung beschlossen hat, die auch das „Team meX“ finanziert.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Auch das Projekt „Schule ohne Rassismus“ wird von uns fi nanziell gefördert. Dieses Projekt trägt bedeutend dazu bei, dass die Schülerinnen und Schüler frühzeitig die Gefahren kennenlernen und mit den Strategien der Rechtsextremen ver traut werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist unbestritten: Der Kampf gegen rechts muss von einer breiten Bewegung ge führt werden. Der Staat kann allein die Strukturen treffen, aber nicht die kranke und gefährliche Ideologie in den Köpfen. Da zu sind öffentliches Engagement und Zivilcourage erforder lich. Ich möchte Widerstand und Empörung erleben, wenn ras sistische Parolen auf der Straße, aber genauso auch bei Face book oder SchülerVZ laut werden. Auch das gehört zu einer wehrhaften Demokratie.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)