Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

Darüber hinaus fördert das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft das dreijährige Modellprojekt „Fachkraft für Inf rastruktur und Systeme der Elektromobilität für Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen mit dem Schwerpunkt Elektro- und Informationstechnik“. Das heißt, auch dort neh men wir Geld in die Hand, um die Beschäftigten weiterzubil den.

In der akademischen Weiterbildung kommt vor allem den ko operativen Promotionskollegs große Bedeutung zu. Hierzu

haben beispielsweise die Universität Stuttgart und die Hoch schule Esslingen ihre Kompetenzen in dem kooperativen Pro motionskolleg Hybrid gebündelt.

Um im Umfeld der Elektromobilität schnell bezahlbare und kundenorientierte Konzepte zu schaffen, ist eine enge Verzah nung der drei Technologiefelder Fahrzeug, Energie sowie In formations- und Kommunikationstechnik erforderlich. Das Spitzencluster Elektromobilität – Kollegin Lindlohr hat es schon angesprochen – mit seinem Management durch die e-mobil BW verwirklicht dieses Ziel, indem es die im Land vorhandenen Akteure der drei Technologiefelder wirkungs voll miteinander vernetzt.

Der Bund fördert das Spitzencluster mit 40 Millionen € für Forschungsprojekte. In gleicher Höhe wird sich die Industrie im Cluster in die Projekte einbringen. Das Land unterstützt das Spitzencluster ebenfalls mit 5 Millionen €.

Neben der Erforschung und Entwicklung zukünftiger Fahr zeugtechnologien und deren Produktionstechnik mit dem Ziel der Leitanbieterschaft ist es notwendig, auch die Rolle des Leitmarkts zu adressieren. Baden-Württemberg realisiert dies mit dem Schaufenster „LivingLab BWe mobil“, einem inter modalen, international vernetzten, bürger- und herstellungs nahen „Schaufenster Elektromobilität“.

Die Bundesregierung hat den bundesweit vier unter 23 Be werbern ausgewählten Schaufenstern Mittel in Höhe von 50 Millionen € pro Schaufenster in Aussicht gestellt. Ich neh me die Glückwünsche der Fraktionen dazu gern entgegen und leite sie an die e-mobil BW, die dies koordiniert hat, weiter. Die Kolleginnen und Kollegen dort haben hervorragende Ar beit geleistet. Wir können stolz darauf sein. Ich habe gerüch teweise sogar gehört, dass der Antrag von Baden-Württem berg der beste aller Anträge war.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, die Elektromobilität bietet die Möglichkeit, erneuerbare Energien zunehmend auch im Ver kehrssektor zu nutzen und so eine Unabhängigkeit von fossi len Kraftstoffen zu schaffen. Das im Januar ausgezeichnete Spitzencluster Elektromobilität Süd-West und der vor weni gen Tagen erreichte Erfolg des Schaufensters zeigen klar die herausragende Bedeutung Baden-Württembergs für die Ent wicklung Deutschlands zum Leitanbieter und zum Leitmarkt für Elektromobilität.

Das Autoland Baden-Württemberg steht bei der Forschung, der Entwicklung und der Realisierung einer ressourcenscho nenden und klimafreundlichen Mobilität besonders in der Ver antwortung. Wir, die Landesregierung, sind Partner und ste hen an der Seite unserer Industrie, unserer Betriebe, dies auch umzusetzen, und sind auf einem hervorragenden Weg. Wir ha ben, Herr Kollege Klein, aufs Gaspedal gedrückt, und wir ha ben sogar die Handbremse der Vorgängerregierung gelöst.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Den Motor haben wir gezündet!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen jetzt zur geschäftsordnungsmäßigen Behand lung der beiden Anträge. Der Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 15/935 (geänderte Fassung), ist ein reiner Be richtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stim men dem zu.

Der Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 15/936 (geän derte Fassung), ist ebenfalls ein reiner Berichtsantrag und kann ebenfalls für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen dem zu.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 7 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des In nenministeriums – Gefahren durch die rechtsextremisti schen türkischen „Grauen Wölfe“ in Baden-Württemberg – Drucksache 15/983

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Ich darf für die CDU-Fraktion Herrn Abg. Dr. Lasotta das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich gegen Extremis mus stellt, ist man schnell persönlichen Anfeindungen ausge setzt. So ist es auch mir gegangen, als ich mich mit dem The ma „Graue Wölfe“ beschäftigt habe. Es gab Drohanrufe, Hass mails und Beleidigungen. Das darf uns Demokraten aber nicht einschüchtern, sondern wir müssen uns entschlossen gegen jeden Extremismus in diesem Land stellen und umso ent schlossener Demokratie- und Verfassungsfeinde bekämpfen, egal, ob rechts oder links. Jeder Extremist ist Mist, weil er Freiheit, Demokratie und Frieden gefährdet.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das haben wir bisher auch in großer Einmütigkeit in diesem Landtag getan, wenn wir über Rechtsextremismus und auch über linksextremistische Gruppen debattierten. Dafür bin ich dankbar.

Ich habe das Thema „Graue Wölfe“ aufgegriffen. Das ist ei ne radikale, nationalistische türkische Organisation, ein Zu sammenschluss, der auch unter dem Namen der sogenannten „Idealistenvereine“ fungiert. Sie haben als Ideologie ein „großtürkisches Reich“, das nach einem Führer ruft. Sie het zen gegen Juden, Griechen, Kurden und gegen Minderheiten, u. a. gegen Homosexuelle, und wenden sich damit gegen das friedliche Zusammenleben der Völker. Sie missachten das Selbstbestimmungsrecht, und sie werden zu Recht vom Ver fassungsschutz überwacht. Viele Seiten des baden-württem bergischen Verfassungsschutzberichts beschäftigen sich mit dieser Organisation. Auch in Nordrhein-Westfalen werden ent sprechende Beobachtungen festgehalten.

Die Grauen Wölfe entfalten zunehmend Aktivitäten auch in Baden-Württemberg. Sie diffamieren nicht nur, sondern es wird über das Internet, über Chats und über Foren in volks verhetzender Weise zu Körperverletzungen, zu Mord, zu Lynchjustiz aufgerufen. Es wird versucht, frustrierte Jugend liche für diese abstrusen Ideen zu rekrutieren.

Auch in die Parteien versuchen Mitglieder der Grauen Wölfe zu gelangen und dort Fuß zu fassen. Wir, die CDU, haben in Baden-Württemberg dazu selbst keine Erkenntnisse in unse rer Partei. Aber in Nordrhein-Westfalen versuchen Mitglieder der Grauen Wölfe, Einfluss innerhalb der CDU zu gewinnen. Wir kennen von früher Kontakte zwischen der CSU in Bay ern und den Grauen Wölfen. Hier hat keine ausreichende Di stanzierung und Abgrenzung stattgefunden.

Die Grauen Wölfe sind totalitär, rassistisch und demokra tiefeindlich. Sie stellen damit ein Integrationshemmnis dar, stehen unserer Verfassung feindlich gegenüber und erreichen allen Integrationsbemühungen zum Trotz im Endeffekt genau das Gegenteil, weil damit entsprechende Diskreditierungen verbunden sind.

Deswegen müssen wir die Öffentlichkeit für diese Organisa tion sensibilisieren. Wir müssen unsere Öffentlichkeitsarbeit verbessern, und wir müssen über die Ziele und die Hintergrün de, die diese sogenannten Idealisten verbreiten wollen, auf klären.

Das ist auch wichtig für unsere kommunalen Mandatsträger, die im Bereich der Integrationspolitik vor Ort Kontakte zu den verschiedenen Moscheevereinen aufnehmen müssen. Es muss deutlich gesagt werden, dass hier eine kritische Distanz ge wahrt werden muss, dass keine Aufwertung dieser Personen stattfinden darf und dass auch in der Diskussion vor Ort eine Distanzierung von den Zielen geschehen soll. Deswegen for dern wir auch eine bessere Aufklärungsarbeit durch die Lan deszentrale für politische Bildung und wollen, dass hierauf ein entsprechender Schwerpunkt gelegt wird.

Im Rahmen des Landtagswahlkampfs ist in Nürtingen die Di stanz zu dieser Vereinigung verloren gegangen. Der Auftritt der Gattin des SPD-Spitzenkandidaten, Tülay Schmid, bei den Grauen Wölfen hat diese Grenze überschritten. Ich halte das nicht für richtig. Demokraten dürfen hier nicht im Trüben fi schen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Absolut!)

Dennoch will ich hier keinen Nachklapp zu dieser Geschich te bringen, weil ich weder der SPD noch irgendjemandem, der im Wahlkampf für die SPD tätig war, undemokratisches Ver halten unterstelle. Aber die Reaktion auf diesen Vorgang hat mich enttäuscht; denn ich hätte nicht erwartet, dass man das Thema sublimieren würde oder sagen würde, man habe es nicht gewusst. Das könnte man ganz leicht widerlegen, weil bei diesem Wahlkampfauftritt viele örtliche Vertreter der SPD zugegen waren und weil seit Jahren in Nürtingen darüber dis kutiert wird, dass diese Vereinigung rechtsextremistisch ist. Ich hätte mir da eine klare Distanzierung gewünscht, auch zum Schutz derjenigen, die diese Organisation als rechtsext remistisch benennen, weil sie auch ein Stück weit auf den Schutz und die Solidarität dieses Landtags angewiesen sind. Ich kann Ihnen sagen, dass die Angriffe und alles andere, was da kam, was ich auch persönlich erleben musste, nicht ver gnügungssteuerpflichtig waren.

Deswegen fände ich es gut, wenn Sie sich deutlich distanzie ren – Sie haben heute die Chance, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen –, zumal auch die Tendenz besteht, dass sich Extremisten in diesem Land zusammenschließen. Sie eint nämlich ein schreckliches Ziel: der Antisemitismus. In Thü ringen gibt es zwischen den Grauen Wölfen und der NPD Kontakte, Verbindungen und gemeinsame Auftritte. In Nür tingen wurde von den Grauen Wölfen gemeinsam mit Milli Görüs, einer Organisation, die ebenfalls vom Verfassungs schutz überwacht wird, eine Veranstaltung organisiert, bei der der Salafist Pierre Vogel aufgetreten ist, dem dort ein entspre chendes Podium geboten wurde.

Ich glaube, wir alle müssen da als Demokraten zusammenste hen und sagen: Wir wollen das nicht in unserem Land. Das ist integrationshemmend, das ist verfassungsfeindlich. Wir ha ben als Demokraten die Verpflichtung, diese radikalen Kräf te zu bekämpfen. Hier gilt es, genauer hinzuschauen und das Thema nicht einfach wegzudrücken.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deswegen möchte ich alle Fraktionen im Landtag auffordern, unserem Antrag zuzustimmen, diese Rechtsextremisten als solche zu benennen, deren Ziele zu ächten und zu verurteilen, vor allem auch bei unseren Parteien auf eine Unvereinbarkeit der Mitgliedschaften hinzuwirken und die Aufklärungsarbeit und die politische Bildung in diesem Bereich zu verbessern. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Das wäre ein starkes Signal aller Demokraten für null Toleranz gegenüber Extremisten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort für die Frak tion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Lede Abal.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lasotta, ich fasse ein mal am Beginn meiner Rede zusammen, worin wir mit Ihnen einig sind.

Die „Idealistenvereine“ in Deutschland, besser bekannt als die Grauen Wölfe, sind – so haben Sie es auch in Ihrem Antrag geschrieben – radikal, nationalistisch und antidemokratisch. Wenn man noch etwas weiter recherchiert, dann kommt man auch sehr schnell darauf – Sie haben es jetzt auch in Ihrer Re de angesprochen –, dass sie auch antisemitisch und in den letz ten Jahren zunehmend islamistisch geworden sind.

Von diesem Gedankengut, von diesen politischen Inhalten grenzen sich alle Parteien hier in diesem Landtag ab. Ich glau be auch, dass sie das in sehr deutlicher Weise durch ihre po litischen Programme tun.

Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, hätten Sie mögli cherweise auch feststellen können, dass die Grauen Wölfe in Baden-Württemberg – zu Recht – beobachtet werden und im Landesverfassungsschutzbericht großen Raum einnehmen,

(Abg. Karl Zimmermann und Abg. Manfred Hollen bach CDU: Das hat er ja gesagt! – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Das habe ich gesagt!)

und dass sie in ihrer Entwicklung seit Jahren bestenfalls sta gnieren.

Sie hätten mit wenig Mühe auch wahrnehmen können, dass es die Prävention, die Sie in Ihrem Antrag fordern, in diesem Bereich bereits gibt. Sie, Herr Dr. Lasotta, bezeichnen in Ih rem Antrag die Grauen Wölfe – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten – als „eine Gefährdung für die freiheitlich demo kratische Grundordnung“.

Vielleicht machen Sie sich aber auch einmal die Mühe, den Bundesminister des Innern und seinen Verfassungsschutz auf diese Bedrohung hinzuweisen, denn im Bundesverfassungs schutzbericht werden die Grauen Wölfe einmal namentlich erwähnt mit Angabe der Personenzahl, die diesem Verband zugeordnet werden, finden aber ansonsten keinerlei Erwäh nung. Dass Sie diese Bedrohungslage hier an die Wand ma len, sie aber auf Bundesebene nicht erkennen und auch keine Anstalten in dieser Richtung unternommen haben, ist, wie ich finde, schon ein Missverhältnis.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Vielleicht trägt die Debatte dazu bei, dass es im Bund stärker wahrge nommen wird!)

Wenn ich davon spreche, dass man sich Mühe machen sollte, Herr Dr. Lasotta, oder Mühe gemacht hat, dann stelle ich gleichzeitig fest: Sie haben sich keine große Mühe gemacht. Ich weiß nicht, ob Ihnen der Antrag Drucksache 15/3266 des Landtags von Nordrhein-Westfalen bekannt ist. Ich gehe da von aus, dass Sie diesen Antrag kennen. Er trägt die Über schrift „Mehr Informations- und Präventionsangebote zu den Grauen Wölfen“ und ist ein Antrag der CDU-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen vom 8. November 2011. Er ist also etwa einen Monat älter als Ihr Antrag. Sie haben den Beschlussteil Ihres Antrags im Wesentlichen aus diesem Antrag kopiert, ein wenig à la Guttenberg nachbearbeitet, und Sie haben sich meiner Meinung nach hier kräftig damit bla miert.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Was ist eigent lich die Botschaft Ihrer Rede?)

Hören Sie zu, dann kommen Sie vielleicht darauf.