Protokoll der Sitzung vom 24.05.2012

(Heiterkeit des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Das, was Sie heute vorgelegt haben, ist weder konstruktiv noch in der Sache logisch. Deshalb bitte ich die Regierungs fraktionen, diesen Gesetzentwurf in den weiteren Beratungen abzulehnen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Fraktion der FDP/DVP hat noch Redezeit. Es spricht Professor Dr. Goll.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich muss zugeben, so ungefähr habe ich es mir vorgestellt. Schade finde ich, dass wir die Freunde von der CDU nicht überzeugen konnten. Ich halte auch den hohen Anteil an staatlicher Tätigkeit nicht für einen durchschlagen den Einwand, denn gerade über die staatliche Tätigkeit wol len wir die Leute näher heranbringen. Es bleibt der Vorschlag im Raum, dass man mit einer Lösung, die in anderen Bundes ländern eine Selbstverständlichkeit ist, die Menschen an ei ner bestimmten Stelle näher an die Politik heranbringt, indem sie die Landrätin, den Landrat selbst wählen.

Nun haben sich sowohl Herr Heiler als auch der Herr Innen minister in eine fadenscheinige Kritik an dem Entwurf ge flüchtet. Ich sage dazu nur Folgendes: Es ist erstaunlich. Ich habe hier die Stellungnahmen des Gemeindetags und des Städ tetags, die das eine oder andere dazu sagen. Von dieser Fun damentalkritik, die ich eben hören durfte, kommt da komi scherweise kein Piepston.

Es geht um etwas anderes. Sie wollen einen Vorwand, um die sen Entwurf jetzt abzulehnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: So ist es!)

Zu jedem Satz, den Sie gesprochen haben, könnte ich etwas sagen.

(Zuruf von den Grünen: Machen Sie es doch!)

Lieber Herr Innenminister, wenn Sie schon den Apparat ha ben, den wir nicht haben, dann ist es doch ein Leichtes, das, was Ihnen an diesem Gesetzentwurf nicht gefällt, zu verän dern. Das schaffen Sie doch in zwei Tagen. Aber es geht um etwas anderes; es geht um eine Verzögerungstaktik.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Nein!)

Auch dass die Diskussion über den Gesetzentwurf mit ande ren Themen wie Wahlalter und Ähnlichem zwingend verbun den wird, stimmt mich misstrauisch. Denn wenn es zu be stimmten Dingen noch großen Diskussionsbedarf gibt, dann mag das sein. Aber das Thema „Direktwahl der Landrätinnen und Landräte“ müsste für Sie eigentlich das abgehangenste aller Themen sein.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie brauchen mehr Grundvertrauen!)

Was gibt es da zu diskutieren? Wenn Ihnen dieser Entwurf nicht gefällt, dann verändern Sie ihn, und bringen Sie in der nächsten Sitzung einen eigenen Gesetzentwurf ein. Dann bin ich überzeugt. Aber wenn Sie die Beratung nur schieben wol len, dann bleibt der Verdacht bestehen: Sie haben etwas ganz anderes vor.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie sind pessimistisch! Warum eigentlich?)

Ich habe den Eindruck, dass Sie es nicht umsetzen werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Damit ist die Aussprache beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/1566 (ge änderte Fassung) zur weiteren Beratung an den Innenaus schuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Damit ist Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Be stattungsgesetzes – Drucksache 15/1648

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort für die Begründung durch die Fraktion GRÜNE er teile ich Herrn Abg. Lucha.

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE trägt einen schwar zen Anzug, ein schwarzes Hemd und eine schwarz- grüne Krawatte. – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Oh! Er trägt Grün-Schwarz!)

Das macht schlank. Sehr ge ehrter Herr Präsident, Sie hören schon, dass ich zur Erheite rung beitrage, wenn ich nach vorn komme. – Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Da men und Herren! Wenn Sie in den Pfingstferien die Gelegen heit wahrnehmen, in der Vierländerregion am Bodensee Ur laub zu machen, sich zu entspannen oder inspirieren zu las sen, dann besuchen Sie das Bauernhausmuseum in Wolfegg oder eine der anderen 22 Destinationen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wurde in meiner Zeit eingeführt! – Unruhe)

Sehen Sie sich die Ausstellung über die Schwabenkinder, wie wir sie nennen, über die Schwabengänger, wie sie in den da maligen Armutsländern in einem alten Reim bezeichnet wur den, an. Dort wird die Geschichte von Kinderarmut darge stellt, die 300 Jahre währte und bis in die Fünfzigerjahre an dauerte. In der herausragenden Ausstellung in Wolfegg – ein wirklich geglücktes Ausstellungskonzept – sehen Sie dann den Bezug zur Jetztzeit.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sehr gut!)

Sie sehen in einer sehr ausführlichen, logischen Reihenfolge, dass das Thema „Kinderarmut, Armut und Ausbeutung“ noch nicht aus der Welt geschafft ist.

Wenn Sie den Bericht der Internationalen Arbeitsorganisati on ILO aus dem Jahr 2010 lesen, dann können Sie nachvoll

ziehen, dass wir dieses Problem nicht gelöst haben. Es gibt auf der Welt punktuelle Verbesserungen. Aber wir müssen heute feststellen, dass noch 215 bis 220 Millionen Kinder dau erhaft von ausbeuterischer Kinderarbeit geprägt sind, die kei ne persönliche Zukunft haben, bei denen keine Gesundheits versorgung besteht und die keine Schulbildung haben. Das al les sind Punkte, über die wir selbstverständlich debattieren.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

In der gestrigen Debatte ging es auch um das Programm „Sin gen – Bewegen – Sprechen“. Wenn dort eine halbe Stunde weggenommen wird, dann heißt es, dies sei der Niedergang der Zivilisation. Dabei haben wir es hier doch mit sehr viel weiter reichenden Konsequenzen und mit weitreichenden Auf gaben in der Auseinandersetzung zu tun.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das ist richtig! Aber auf der Tagesordnung steht die Änderung des Bestattungsgesetzes!)

Auf der Tagesordnung steht ein Gesetzentwurf, den wir ver abschieden, der die Kommunen – – Sie können ja zuhören.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Noch nicht! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wir sind noch bei den Schwabenkindern, oder?)

Nein, wir waren bei den Schwabenkindern, Frau GurrHirsch.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ein guter Ein stieg!)

Ich habe Ihnen die Gelegenheit geboten, ein bisschen zu ab strahieren. Wenn Sie das nicht wollen, dann nicht. Sie müs sen es ja nicht.

(Heiterkeit)

Sie wissen sehr wohl, dass die Geschichte der Schwabenkin der eine Geschichte der Armut und eine Zeitgeschichte ist. Wer sich damit beschäftigt, weiß, dass das Problem heute noch besteht.

Deutschland hat die ILO-Konvention 182 vor mehr als zehn Jahren ratifiziert. Damit haben wir uns verpflichtet, gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit vorzugehen. In der ver gangenen Legislaturperiode wurde im Landtag von BadenWürttemberg auf Initiative der heutigen Staatssekretärin Frau Splett ein fraktionsübergreifender Antrag zum Ausschluss von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens eingebracht und verabschie det. Das war ein gutes Zeichen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Als ein weiteres Zeichen hatten wir Grünen anschließend mit einer interfraktionell abgestimmten Initiative die Schaffung einer Rechtsgrundlage gefordert, die es den Kommunen im Land ermöglicht, die Verwendung von Steinen aus ausbeute rischer Kinderarbeit in ihren Friedhofssatzungen zu verbie ten.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Jetzt verstehe ich es!)

Die schwarz-gelbe Landesregierung vertrat seinerzeit aller dings mehrheitlich die Meinung, dass der mit einer Regelung in Friedhofssatzungen verbundene Eingriff in die Berufsaus übungsfreiheit der Steinmetze nicht gerechtfertigt und zudem nicht verhältnismäßig sei. Die Initiative war damit leider ge stoppt.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Manche Kommu nen haben es trotzdem verhindert!)

Umso mehr freuen wir uns, dass aufgrund einer gemeinsamen Initiative mit unserem Koalitionspartner heute ein Gesetzent wurf zur Änderung des Bestattungsgesetzes vorgelegt werden kann, der auch mit allen zuständigen Ressorts abgestimmt ist.

Wir schaffen eine Rechtsgrundlage, damit die Kommunen in Zukunft selbst entscheiden können, ob sie die Verwendung von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit auf ihren Friedhöfen verbieten wollen.