In diesem Sinn freue ich mich über die große Übereinstim mung, die das Haus bei diesem Themenbereich zeigt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Einführung der Direktwahl der Landräte – Drucksache 15/1566 (geänderte Fassung)
Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffel te Redezeiten gelten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP zur Einführung der Direktwahl der Landräte könnte es sich die CDU-Landtagsfraktion und könnte vor allem auch ich als ihr kommunalpolitischer Sprecher es mir sehr einfach machen. Ich könnte sagen: „Wir stimmen dieser Gesetzesvorlage zu.“ Damit wäre die FDP/DVP-Fraktion sicherlich zufrieden, und in der Öffentlichkeit könnte es dann heißen: „Auch die CDU ist für mehr Bürgerbeteiligung.“ Hingegen käme die grün-ro te Landesregierung aber wohl etwas ins Schwitzen. Denn im Koalitionsvertrag steht, man wolle die Direktwahl der Land räte, aber sowohl der Ministerpräsident als auch der Innenmi nister haben bereits öffentlich erklärt, dass man darüber in der Tat noch einmal gründlich nachdenken müsse.
Das ist in der Tat so, liebe Kolleginnen und Kollegen; man muss über diese Angelegenheit doch intensiver nachdenken, als so mancher gedacht hatte. Vor allem sollte man sich hier auch intensiver Gedanken machen. Denn so einfach ist die Angelegenheit in Wirklichkeit nicht.
Für die CDU-Landtagsfraktion ist eine echte Bürgerbeteili gung von ganz herausragender Bedeutung. Wir wenden uns – das möchte ich heute nochmals klipp und klar sagen – in kei ner Weise gegen mehr Bürgerbeteiligung. Wir wenden uns auch nicht gegen mehr direkte Demokratie. Dafür steht die CDU-Landtagsfraktion schon seit Jahren, und dafür stehe ich auch persönlich. Denn Sie müssen wissen: Hinter mir liegen schon drei sehr erfolgreich absolvierte Bürgermeisterwahlen sowie drei Kreistagswahlen. Hinzu kommen zwei Landtags wahlen, die für mich ebenfalls sehr erfolgreich verliefen, denn ich wurde von den Bürgern direkt gewählt. Eben das ist auch die Grundlage, die Basis meiner politischen Tätigkeit, näm lich mir in Wahlen das Votum des Bürgers zu holen. Für vie le andere in unserer Fraktion gilt dies natürlich in gleicher Weise.
Aus dieser Position heraus, meine sehr geehrten Damen und Herren, treten wir aufgrund der Abwägung und vor allem auch mit Blick auf die derzeitigen kommunalverfassungsrechtli chen Gegebenheiten und Zuständigkeiten nach wie vor dafür ein, die Landräte auch weiterhin durch die Kreistage wählen zu lassen.
Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren: Eine Landratswahl haben die Wähler in Baden-Württemberg – vo rausgesetzt, man betrachtet die Thematik einmal aus rein sach lichen Erwägungen heraus – bislang auch noch nicht vermisst.
Ca. 80 % – das habe ich bereits angedeutet – der Aufgaben ei nes Landrats sind gesetzliche Aufgaben; nur 20 % sind kom munale Aufgaben. Bei diesen 80 % der Aufgaben kann der Landrat Entscheidungen überhaupt nicht beeinflussen, er kann auch keine Ermessensentscheidungen treffen. Deshalb, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, würde man mit einer Volkswahl unter den derzeitigen Voraussetzungen den Wäh lern mögliche Kompetenzen eines Landrats suggerieren, die er so überhaupt nicht hat.
Bisher ist auch zu keiner Zeit irgendjemand auf die Idee ge kommen, z. B. einen Regierungspräsidenten vom Volk direkt wählen zu lassen.
Das Zweite, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir ha ben eine sehr gute, eine sehr erfolgreiche und vor allem auch eine bewährte Kommunalverfassung. Erst eine Kommunali sierung weiterer staatlicher Aufgaben würde eigentlich die Ba sis dafür schaffen, dass man in der Tat über eine Volkswahl der Landräte nachdenken könnte; dies würde zugleich aber ei ne deutliche Kräfteverschiebung zwischen der kommunalen Familie, zwischen den Gemeinden und vor allem zwischen den Landkreisen heraufbeschwören. Ob man das will, ist ei ne ganz andere Frage. Auch darauf muss man erst eine ent sprechende Antwort finden.
Die Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen zudem, dass Landratswahlen, wenn sie nicht mit anderen Wahlen, bei spielsweise Kommunalwahlen, verbunden sind, zu denen die Wähler sowieso gehen und die sehr wichtig sind, eine sehr ge ringe Wahlbeteiligung haben und viele Länder wieder auf dem Rückweg zu alten Verhältnissen sind, wie wir sie in BadenWürttemberg seit vielen Jahren haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Anfrage meines Kollegen Herrmann zu diesem Thema hat doch ein deutig aufgezeigt, wo die Schwierigkeiten der Wahlbeteili gung insbesondere auch bei Landratswahlen liegen.
Das vorgeschlagene Quorum, meine sehr geehrten Damen und Herren, hilft uns – das ist die Auffassung der CDU-Landtags fraktion – auch nicht weiter. Wir sind der Meinung, wenn der Wähler als der Souverän einmal gesprochen hat, dann sollte dieses Votum auch gelten. Warum sollte ein Wähler, würde ein solches Quorum bestehen, überhaupt zu einer Landrats wahl gehen, wenn er sagt: „Am Ende entscheidet doch sowie so wieder der Kreistag“?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor man deshalb eine Volkswahl der Landräte einfach beschließt, müsste nach Auffassung der CDU-Landtagsfraktion zuerst einmal über ei nige Grundsätze unserer Kommunalverfassung, auch über Grundsätze unseres Wahlsystems und vor allem über Grund sätze unserer repräsentativen Demokratie gründlich nachge dacht werden.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sage ich, dass wir heute, unter diesen Voraussetzungen und angesichts der kommunalen Zuständigkeiten, wie sie derzeit bestehen, einer Landratswahl direkt durch das Volk nicht zustimmen
können. Ich möchte aber nochmals eindeutig unterstreichen, dass wir uns dadurch in keiner Weise gegen mehr, gegen ech te und vor allem nicht gegen eine wirksame Bürgerbeteiligung wenden.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Das Ansinnen im Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion, Landrätinnen und Landräte direkt zu wählen, geht in unseren Augen in die richtige Richtung. Das ist im Koalitionsvertrag als Bekenntnis, als Vorhaben der Lan desregierung und der sie tragenden Parteien ausdrücklich ver einbart.
Denn mehr direkte Demokratie in den Kommunen, die Mög lichkeit des Mitmachens für die Menschen dort, ist uns ein wichtiges Anliegen.
Bei diesem Thema sind noch viele Fragen offen. Diese Fra gen beantwortet der heute vorgelegte Gesetzentwurf der Frak tion der FDP/DVP nicht. Ihr Gesetzentwurf geht von der An gleichung der Rechtsvorschriften für die Wahl der Landrätin nen und Landräte an die für die Wahl der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister geltenden Rechtsvorschriften aus. Das ist zunächst einmal sinnvoll. Aber daher ist es völlig uneinsich tig, dass Sie bei der Wahl der Landrätinnen und Landräte ein Quorum vorsehen. Bei der Wahl der Bürgermeister haben wir solch ein Quorum nicht. Daher brauchen wir diesen Punkt in unseren Augen auch nicht bei der Wahl von Landrätinnen und Landräten. Warum soll hier eine Hürde aufgebaut werden?
Sie gehen des Weiteren davon aus, dass man eine Stichwahl benötigt. Auch das finden wir bei der Wahl der Bürgermeiste rinnen und Bürgermeister nicht. Deshalb stellen wir uns die Frage: Warum brauchte man das bei der Landratswahl? Auch hierdurch würde eine weitere Hürde aufgebaut werden.
Auch über die weiteren Wählbarkeitsvoraussetzungen muss man noch einmal diskutieren. Bei der Frage des Mindestal ters – 25 Jahre – ist Ihr Gesetzentwurf noch etwas unkonkret.
Wenn wir uns jetzt Ihren Entwurf in diesem Gesamtzusam menhang anschauen und auf der anderen Seite sehen, welche Themen die Landesregierung und die Regierungskoalition im Bereich Kommunalverfassungsrecht – Stichworte Bürgerent scheide, Bürgerbegehren, Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, mehr Möglichkeiten, damit Bürgerinnen und Bürger mitmachen können, Volkswahl der Landrätinnen und Landrä te – planen, dann muss man heute Ihren Entwurf ablehnen und ein rechtssicheres Gesamtkonzept aufstellen.
Ich sage es noch einmal: Das Vorhaben, die Direktwahl von Landrätinnen und Landräten, haben wir im Koalitionsvertrag klar vereinbart. Es gilt, noch einige juristische Fragen zu klä
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ein schönes lateinisches Zitat, das zu diesem Gesetzent wurf der FDP/DVP passt: Fundum alienum arat, incultum fa miliarem deserit. Er pflügt fremdes Land; das eigene lässt er unbebaut.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Hat der Mann eine Bildung! Ich bin beeindruckt! – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Wer hat denn das für Sie he rausgesucht?)