Protokoll der Sitzung vom 28.06.2012

das ist noch nicht einmal ein Jahr her. Viele von Ihnen wer den ihn dazu gewählt haben. Auch Sie hier haben Dirk Not heis zu einem mächtigen Mann in der damaligen Regierungs partei CDU gemacht. Sie haben das ganze Geschäft immer nur bejubelt, und zwar nicht tage-, sondern monatelang.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie auch, drei Tage lang!)

Bis auf die paar Kollegen hier mit der Gnade des späten Man dats

(Abg. Peter Hauk CDU: So wie Sie!)

haben alle von Ihnen entweder dieser Regierung selbst ange hört oder sie als Fraktion voll unterstützt. Wo waren denn Ih re kritischen Stimmen? Das würden wir jetzt gern einmal hö ren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Kollege Hauk, Sie haben sich monatelang genauso wie die anderen gedacht: „Da haben wir doch einen super Wahl kampfgag. Schauen wir einmal, wie wir damit Stimmen ge winnen.“

Sie haben noch am 1. März 2011 in einer Landtagsdebatte laut Plenarprotokoll begründet:

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weder mit ei ner französischen Unternehmensphilosophie in der Fra ge der Gewinneinschätzungen noch mit einem russischen, chinesischen oder einem sonstigen Finanzinvestor hätte ich es bei der EnBW zu tun haben wollen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Genau!)

Am Ende ging es um die Frage: Wie gewährleisten wir Versorgungssicherheit und Versorgungsstabilität,

(Abg. Peter Hauk CDU: Genau!)

und zwar nicht auf italienischem oder französischem, son dern auf deutschem oder baden-württembergischem Ni veau?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Was ist daran falsch?)

Jetzt sagen Sie immer noch „genau“.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Genau richtig! Da stehe ich heute noch dazu!)

Es ist nicht zu fassen. Sie haben mit billigsten Vorurteilen an die Ängste der Menschen appelliert, und Sie haben noch im März 2011 und jetzt gerade wieder diesen Deal völlig falsch begründet. Am Dienstag hat der Rechnungshof gesagt: „Eine konkrete Gefahr für die Versorgungssicherheit ist nicht dar gelegt worden.“ Ihre Rolle wäre es jetzt, zu sagen: Entschul digung, ich habe mich vertan.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Sie betreiben seit eineinhalb Jahren Desinformation. Sie ver suchen immer nur, vom Thema CDU abzulenken. Ich nenne ein Beispiel, das vielleicht gar nicht mehr so geläufig ist: Am 6. Oktober 2011 stand das Urteil des Staatsgerichtshofs an. Am Tag vorher machten Sie Pressearbeit, um irgendwie rü berzubringen, dass das mit dem Staatsgerichtshof und der Ver fassung gar kein CDU-Problem sei. Die Grünen seien das Pro blem, Tenor: Die Grünen würden sich unangemessen verhal ten.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Richtig! Sie verhal ten sich heute noch unangemessen!)

Am 6. Oktober stand in den „Stuttgarter Nachrichten“ dann auch die Schlagzeile: „CDU-Fraktionschef Hauk warnt Grü ne“. Gut, das ist nicht ganz aufgegangen. Der Staatsgerichts hof hat die CDU-FDP/DVP-Landesregierung nicht nur ver warnt, sondern ihr das Zeugnis des Verfassungsbruchs ausge stellt. Aber das machen Sie fortlaufend.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Was, Verfassungsbruch fortlaufend? – Weitere Zurufe von der CDU – Unru he)

Abzulenken mit Scheindebatten am Problem vorbei, weil Sie Ihre Verantwortung nicht auf sich nehmen wollen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Sie machen nur Ausweichbewegungen.

Nichts für ungut. Aber Frau Gönner sagte gestern laut „Süd west Presse“, was nicht gehe, das sei die „ungeheure Flapsig keit des Tons in den E-Mails“. Ich glaube, das versteht sie nicht. Das Problem der Bürgerinnen und Bürger ist doch nicht, welcher CDUler die Bundeskanzlerin „Mutti“ nennen darf und wer nicht. Das Problem der Bürgerinnen und Bürger ist, jetzt entsetzt festzustellen, dass sie von Leuten regiert wur den, die grundlegende Regeln der Demokratie nicht achten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU: Grober Unfug!)

Das greift das Vertrauen in die Politik an sich an. Wenn ich heute in der FAZ lese, dass bei Ihnen Menschen mit abwei chenden Meinungen offensichtlich mit einer SMS des Inhalts „Fresse halten“ bedacht wurden, dann ist Ihr Problem doch noch viel größer, als ich es mir vorgestellt hatte.

Darum sollten Sie jetzt als CDU in Baden-Württemberg und hier im Haus Ihre Aufgabe wahrnehmen. Erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern offen und transparent: Wie kam es dazu, dass Herr Mappus und Herr Notheis diese Macht erhal ten konnten? Was ist dabei in der damaligen Regierungspar tei CDU abgelaufen? Was möchten Sie tun, damit solche Kumpanei in der CDU zulasten des Landes Baden-Württem berg künftig keine Rolle mehr spielt?

Wenden Sie weiteren Schaden vom Land ab, helfen Sie mit, hier Vertrauen wiederaufzubauen, und orientieren Sie sich an dem, was die „Schwäbische Zeitung“ gestern geschrieben hat. Das finde ich gut. Die Leute wollen ein Eingeständnis, damit sie auch mit diesem Thema weiterkommen, damit sie Vertrau en wiederaufbauen können. Sagen Sie, wie die „Schwäbische Zeitung“ schreibt:

Ich habe einen Fehler gemacht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Kolle ge Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Glück, Herr Kollege Nemeth, wenn Sie der Meinung sind, dass öffentliche Debatten im Landtag dem Unternehmen schaden, warum bringen Sie das Thema dann in jeder Parlamentsrunde aufs Tapet? Sie schla gen doch vor, über was hier debattiert wird.

(Heiterkeit bei der SPD – Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Wir haben uns schon gefragt, wie Sie gerade jetzt in dieser Woche dazu kommen, eine Debatte mit dem Titel „Grün-ro ter Kurzschluss bei der EnBW – Einflussnahme auf das ope rative Geschäft?“ zu beantragen. Im Mittelalter gab es so et was wie Geißelmönche, die sich immer selbst gestraft haben. Bei Ihnen muss es auch solche Züge geben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den Grünen)

Denn in der Öffentlichkeit wird doch nicht über einen „Grünroten Kurzschluss bei der EnBW“ diskutiert, sondern über ei nen „Schwarz-gelben Kurzschluss beim EnBW-Deal“. Darü ber wird debattiert.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Schon wieder der Deal! Sie haben nichts gelernt! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Was wir jetzt erleben, ist Folgendes: Sie brauchen jeweils ein offizielles Testat, um endlich zu akzeptieren, was schon längst offensichtlich ist. Sie haben das Urteil des Staatsgerichtshofs gebraucht, um zu verstehen, dass es ein Verfassungsbruch war. Sie haben in der Debatte, als es um die Frage ging, ob die Re gierung den Landtag umgehen durfte, schlichtweg geantwor tet: Jawohl – das waren Sie, Herr Hauk –, das konnte sie; denn Herr Mappus konnte sich ja darauf verlassen, dass seine Ko alitionsfraktionen zustimmen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Moment, Moment!)

Das war Ihre Begründung.

(Abg. Peter Hauk CDU: Verkürzte Darstellung! Das ist sehr verkürzt und falsch!)

Jetzt hat man Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass es ein Verfassungsbruch war. Das haben Sie jetzt auch eingesehen. Sie sagen aber: Das war Herr Mappus. Jetzt setzen Sie sich alle von Mappus ab. Dass Sie ihn aber unterstützt haben und das gutgeheißen haben, das haben Sie vergessen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Jetzt kommt das Zweite: Jetzt kommt das Gutachten des Rech nungshofs, das nachweist, dass nicht nur die Verfassung ver letzt wurde, sondern auch die Landeshaushaltsordnung, dass jedes Gebot wirtschaftlicher Vernunft missachtet wurde, dass erhebliche Zweifel bestehen, ob eine belastbare Grundlage für den Kaufpreis vorliegt. Jetzt machen Sie noch mehr Absetz bewegungen, aber Sie erkennen immer noch nicht, dass es nicht nur um die Form geht, sondern dass auch der Inhalt, die Übernahme der EnBW-Anteile, unmöglich war. Wenn man heute eine Umfrage in Baden-Württemberg machen würde und fragen würde: „Liebe Baden-Württemberger, würden Sie Ihr Geld der CDU anvertrauen?“, würde das Ergebnis lauten – das sage ich Ihnen –: Sie hätten keine Mehrheit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber Sie auch nicht! – Unruhe)

Jetzt zu den Themen Vertrauen und „Unsicherheit bei den Mit arbeitern“: Verehrter Herr Kollege Glück, wer so substanzlos

über dieses Thema spricht wie Sie, muss natürlich die Mitar beiter verunsichern. Wer hier hinsteht und eine historische Be wertung, eine diesmal belastbare historische Bewertung, was das Unternehmen im Jahr 2010 wert war, als der Kaufvertrag abgeschlossen wurde, in einen Zusammenhang mit einem Ra ting bringt, das die Agenturen für jetzt und für die Zukunft machen – – Das ist so etwas von hanebüchen, das gibt es gar nicht.

(Abg. Manfred Hollenbach CDU: Eine Milliarden klage!)

Wenn Sie sagen, eine Diskussion über eine Schadensersatz klage in Sachen Atomausstieg schade dem Unternehmen, ist das völlig absurd. Natürlich wird öffentlich darüber diskutiert. Es ist doch völlig klar, dass das Unternehmen diese Entschei dung wohlüberlegt treffen muss: Was liegt im Interesse des Unternehmens?