Protokoll der Sitzung vom 18.07.2012

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Fotovoltaik war an diesem Tag in Baden-Württemberg 445 MW! Nichts! – Gegen ruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Herr Präsident, er klären Sie ihm einmal, wie das funktioniert! – Glo cke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel hat das Wort.

Vielleicht können wir uns dar auf einigen, dass, wenn man den ganzen Tag mit 24 Stunden betrachtet, nachts vergleichsweise wenig Strom aus Fotovol taik in die Netze kommt, dass zur Mittagszeit aber dadurch Bedarfsspitzen geglättet werden; das ist doch völlig klar.

Jetzt sind wir uns einig: Mit Blick auf die globalen Entwick lungen – ich habe auf die wachsende Weltbevölkerung hinge wiesen – brauchen wir mehr erneuerbare Energien und müs sen erneuerbare Energien voranbringen. Einig sind wir uns je doch auch darin, dass wir in den nächsten Jahrzehnten noch konventionelle Energie brauchen, um die Versorgung sicher zustellen. Jetzt müssen wir doch eine Frage beantworten: Wir

bekommt man es hin, dass neben den erneuerbaren auch die konventionellen Energien wirtschaftlich tragfähig sind? Die se Frage ist nicht geklärt.

Wir können es doch heute nachlesen: In Brunsbüttel wollten sich viele Stadtwerke mit „Energiescheiben“ beteiligen. Ab gesagt! Ein Dreimilliardenprojekt rechnet sich nicht mehr, weil keine schwarzen Zahlen zu schreiben sind. Wenn aber schon direkt an der Küste mit einem neuen Kohlekraftwerk keine schwarzen Zahlen zu schreiben sind, hat dann jemand die Hoffnung, dass das in Karlsruhe geht?

(Zuruf: Oder Mannheim?)

Ich habe diese Hoffnung nicht. Wir haben ein großes Interes se daran, dass die Frage beantwortet wird, wie wir die kon ventionelle Energie im Zusammenspiel mit den erneuerbaren Energien auf wirtschaftlich tragfähige Fundamente stellen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Absolut richtig!)

Sonst können wir die Versorgungssicherheit auf Dauer nicht gewährleisten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Wir haben schon vor einigen Jahren in einem Antrag das The ma Kapazitätsmärkte aufgebracht. Die Landesregierung treibt dies auf der Bundesebene voran. Das ist kein einfaches The ma – das ist klar –, weil man ja keine Übersubventionierung will, sondern nur eine wirtschaftliche Tragfähigkeit, um das Zusammenspiel auszuloten. Aber man kann nicht nur gering schätzig sagen: „Kapazitätsmarkt, Kapazitätsmarkt“. Natür lich brauchen wir so etwas wie Bereitstellungskapazitäten, die belohnt werden müssen; sonst kommen die nicht.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau! Energieträ ger!)

Also lassen Sie uns bei dem Thema zusammenarbeiten und nicht künstlich einen Konflikt erzeugen. Bisher haben Sie je denfalls kein besseres Argument auf den Tisch gelegt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist ein wichtiger Energieträger!)

Dann zur Preisentwicklung. Wir haben gedacht, es ist schwie rig zu verstehen, dass die Einspeisung erneuerbarer Energien zu niedrigeren Preisen an der Börse führt. Deshalb habe ich das einmal schematisch dargestellt.

(Der Redner hält ein Schaubild hoch. – Zuruf von der CDU: Folie!)

Sie sehen zwei Kurven.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wo ist der Taschen rechner?)

Den brauchen wir nicht.

(Zurufe von der CDU)

Man kann die Entwicklung ganz einfach verfolgen. Die rote Kurve stellt die Strompreisentwicklung bei den Privatleuten

dar. Die Entwicklung geht nach oben. Das sind übrigens die letzten drei Jahre.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die Grünen gehen nach unten!)

Die blaue Kurve stellt die Entwicklung bei den Großverbrau chern dar. Bei ihnen geht die Entwicklung nach unten. Es ist bekannt: Sie sind von der EEG-Umlage befreit und zahlen kei ne Transportkosten. Es ist verrückt: Die Großverbraucher stel len sich besser und können jeden Tag noch eine Sektflasche aufmachen, weil sie für ihren Strom weniger zahlen.

Jetzt sage ich: Das ist doch das völlig falsche Signal. Dürr hat jetzt eine Lackieranlage – neues Format –, die nur noch halb so viel Strom verbraucht. Die Anlage kostet jedoch mehr. Glaubt denn aber jemand, dass die Großverbraucher bei die ser für sie günstigen Strompreisentwicklung irgendeinen An lass haben, ihre Lackieranlagen zu erneuern? Dies gilt doch für alle.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Claus Paal CDU)

Deshalb muss man das korrigieren. Man muss denjenigen, die viel Strom verbrauchen, durch den Preis auch ein Signal ge ben, dass es sich lohnt, zu investieren, weniger zu verbrau chen. Wie sonst soll man denn in der Industrie Effizienz vor anbringen?

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich möchte noch etwas zu den Verteilnetzen sagen, weil wir da einer Meinung sind – auch der Ministerpräsident hat dar auf hingewiesen –: Angesichts der Komplexität, die sich im Verteilnetz zunehmend findet – differenzierte Einspeisungen, Speicherungen, Zu- und Abschaltungen, Verbrauchsanpassung an die Erzeugung und, und, und –, kann ich nur jedem emp fehlen – vor allem, weil Sie gesagt haben: „Jetzt machen wir gleich große Feldversuche mit Smart Grid“ –, einmal bei der EnBW in Karlsruhe vorbeizuschauen, um zu sehen, wie dort viele Dutzende von Ingenieuren im Labor noch daran arbei ten, diesen Bereich so zu optimieren,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wir haben schon 50 Modellhäuser im Land!)

dass das Ganze tatsächlich einmal regional in der Praxis ge testet werden kann.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das wird doch schon getestet!)

Das ist noch nicht so weit.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Doch!)

Man kann natürlich einfache Modelle machen. Aber es ist ein Unterschied, ob ich auch Großverbraucher dabeihabe, ob ich den Mittelstand dabeihabe oder ob ich in einem Energiedorf bin.

(Abg. Peter Hauk CDU: Alle!)

Darauf haben auch Sie zu Recht hingewiesen. Das heißt aber, die Anforderungen an das Verteilnetz werden riesengroß. Ich habe wirklich Zweifel, ob dies der richtige Weg ist, das in 180,

200 oder 220 isoliert betriebenen Netzen vernünftig und auch ökonomisch vertretbar zu bewältigen.

Deshalb: Senden wir aus dem Landtag, von allen Fraktionen aus, ein gemeinsames Signal an die Städte und Gemeinden, an die Stadtwerke: Tut euch zusammen, führt die Potenziale der EnBW und die Potenziale der Stadtwerke in der Erzeu gung zusammen, damit es gelingt, im Verteilnetz in BadenWürttemberg einen einheitlichen Netzbetrieb zu organisieren. Denn ich glaube, das ist ökonomisch, aber auch technisch die beste Möglichkeit, mit der Energiewende im Verteilnetz um zugehen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU)

Wir stellen Prognosen immer ausgehend vom jeweiligen tech nischen Stand an. Es geschieht aber unglaublich viel. Das, was Sie gesagt haben, verstehe ich gar nicht – eine Abschreibungs frist von 20 Jahren für eine Hausbatterie zur Stromerzeugung. Die Batterie, die 20 Jahre hält, möchte ich einmal sehen. Des halb unterstützen wir die weitere Entwicklung von RedoxFlow-Batterien beim Fraunhofer-Institut in Pfinztal. Denn das ist eine Technologie, die tausendfache Be- und Entladungen ermöglicht, ohne dass die Batterie in die Knie geht. Diese Bat terie hat tatsächlich eine Chance auf eine lange Lebensdauer. Der Versuch, den wir dort unterstützen – 2 MW Windrad, ei ne Batterie daneben, den kompletten Strom aufgenommen –, ist wirklich etwas Zukunftweisendes, was wir uns als dezen trale Speicherkapazität vorstellen können.

Warum machen wir das? Damit die Technik weiter voran kommt, aber auch damit man, wenn das funktioniert, zusam men mit den Zulieferern aus der Region Ausgründungen vor nehmen kann.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Wir wollen, dass diese Technologie hier entwickelt wird, da mit im Zusammenhang mit der Energiewende auch ein neuer Schwerpunkt für die Industrie in Baden-Württemberg entste hen kann und das Ganze nicht, wie es versucht wurde, weg gekauft wird.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Unsere Bitte an die Landesregierung ist, das, was wir mit die ser Batteriespeichertechnologie jetzt im großtechnischen Maß stab machen – heraus aus dem Labor –, genauso beim Thema Power-to-Gas zu machen. Das ZSW ist jetzt mit den Arbeiten im Labor fertig; da wird sich nicht mehr so viel tun. Wir müs sen jetzt einmal herauskommen und in die Praxis gehen, um das weiterzuentwickeln – mit der EnBW, mit dem ZSW, mit der chemischen Industrie in Baden-Württemberg, mit Zulie ferern. Wir müssen sagen: Jetzt gehen wir einmal heraus und machen dies großtechnisch, damit wir weiterkommen, damit wir zu einer ökonomischen Tragfähigkeit kommen.

Deshalb, unter dem Strich: Bei dem, was wir mit eigenen Bordmitteln im Land machen können, haben wir in diesem Jahr wirklich viel vorangebracht. Wenn man Windenergie zehn Jahre lang ausgebremst hat, dauert es eben schon ein Jahr, bis man diese Fesseln löst, damit sich diese Investitions tätigkeit entwickeln kann.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

All Ihre Sorgen, Herr Rülke, Ihr ganzes „Herumtrielen“ und die Art und Weise, wie Sie mit der EnBW umgehen, zeigen doch nur eines: Sie wollen davon ablenken, dass Sie beim Ver fassungsbruch dabei waren. Uns immer Vorwürfe zu machen, das ist doch unglaublich.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf von der CDU)