Protokoll der Sitzung vom 18.07.2012

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf von der CDU)

Sie haben gerade selbst an die gemeinsame Ansage erinnert. Nachdem CDU und FDP auf Bundesebene in Richtung Ener giewende umgeschwenkt sind, sollte man dies nicht leichtfer tig kaputtreden. Wir haben vieles, bei dem wir Innovationen voranbringen, und zwar gemeinsam mit der EnBW und den Stadtwerken: Verteilnetze, Windenergie. Der Kollege Rülke hat gesagt, es komme nichts.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nichts kommt!)

Lesen Sie die Zeitung? Hundert Vorschläge vom Verband Re gion Stuttgart, hundert Vorschläge für konkrete Standorte.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber von Ihnen kommt nichts!)

Schon in der Erwartung des neuen Landesplanungsgesetzes sind sie losmarschiert, weil sie sich befreit fühlten. Vorher wa ren das ein Dutzend, jetzt sind es hundert, nur in der Region Stuttgart. Das Thema kommt also, und deshalb sind wir zu versichtlich.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Sie sollten die Energiewende auch innerlich nachvollziehen.

(Zuruf von der SPD: Als Chance!)

Dann wäre es leichter hier im Landtag, und es wäre auch leichter im Land Baden-Württemberg.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Umweltminister Untersteller das Wort.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl Zimmermann: Herr Minister, die Lampen leuchten heute eine Stun de länger! Das ist verdammt viel Energie!)

Herr Präsident, verehrte Abgeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf einige Punkte ein gehen, die heute in der Debatte angesprochen wurden. Ich denke, es ist dringend notwendig, diese Punkte anzusprechen.

Fangen wir einmal mit dem Thema „Neugestaltung der EnBW“ und dem Einspeisevorrang an. Was Sie dazu gesagt haben, Herr Kollege Hauk, halte ich persönlich für hochge fährlich – um es einmal so deutlich zu sagen.

(Zuruf von der CDU: So, so!)

Sie wollen den Einspeisevorrang streichen. Das haben Sie vor hin deutlich gemacht.

(Abg. Peter Hauk CDU: Für die Zukunft!)

Dann sagen Sie auch, was für Konsequenzen das hätte.

(Abg. Peter Hauk CDU: Speicher!)

Das wäre nämlich das Ende dessen, was wir vor einem Jahr mit der Energiewende auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich will versuchen, deutlich zu machen, warum das so ist. Die erneuerbaren Energien sind in den letzten Jahren vorangekom men. Wir sind bundesweit mittlerweile bei einem Anteil an der Stromerzeugung von plus/minus 20 % angekommen. Gro ße Teile sind abgedeckt durch Windkraft onshore, in wach sendem Ausmaß auch durch Solarenergie und Biomasse, in Zukunft hoffentlich auch Offshorewindkraft. In all diesen Be reichen sind die Vergütungssätze über die Jahre immer weiter heruntergegangen. Im Bereich der Solarenergie haben sich die Vergütungssätze innerhalb der letzten drei Jahre mehr als hal biert. Wir sind heute für die normalen Dachanlagen auf einem Niveau von ca. 19 Cent pro Kilowattstunde. Das heißt, die Vergütungssätze sind schon heute erheblich unter dem, was Sie und ich an Stromkosten unseres Versorgers zahlen.

(Abg. Paul Nemeth CDU meldet sich.)

Ich lasse jetzt keine Zwischenfragen zu.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Intervention!)

Das ist die Situation, vor der wir heute stehen. Es gibt etliche dieser erneuerbaren Energien, z. B. den von der CDU – vor allem von der CDU auf Bundesebene – insbesondere in den letzten Jahren massiv geforderten Ausbau von Offshoreanla gen. Ich finde es okay, dass man das macht. Aber schauen Sie sich einmal an, von welchen Vergütungssätzen wir da reden: 19 Cent plus den notwendigen Ausbau der Netze von der See aus an Land plus den Ausbau der Netze von Nord nach Süd. Wenn man, wie von Ihnen vorgeschlagen, den Einspeisevor rang kappt, dann kommen Sie in Dimensionen, wo es heißt: Dann war es das! Dann wird nicht eine einzige Anlage auf See gebaut.

(Abg. Paul Nemeth CDU: 10 % ist der Vorschlag!)

Dann brauchen Sie auch den Ausbau der Netze von Nord nach Süd nicht mehr, sondern dann ist es vorbei mit der Energie wende.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

Ein Zweites: Vor etwa drei Wochen gab es an einem Montag abend im Bundesumweltministerium eine Runde unter Lei tung von Bundesumweltminister Altmaier, bestehend aus Ver tretern von vier A-Ländern und vier B-Ländern; dabei war auch der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums. Man hat dort bis in die Nacht hinein um einen Kompromiss in Sachen Solarförderung gerungen und hat diesen auch ge funden. Ich finde, es ist ein guter Kompromiss, und ich trage ihn mit.

Im Rahmen dieser Debatte ging es auch um die Frage: Ein speisevorrang beibehalten, ja oder nein? Von Ihrem Landes vorsitzenden der CDU, der da dabei war, habe ich da nichts gehört, null. Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsminis

terium hat den Einspeisevorrang auch mitgetragen. Zwei Ta ge später lese ich dann in der „Financial Times Deutschland“, dass Minister Rösler den Einspeisevorrang infrage stellt. Da frage ich mich schon: Auf was kann ich mich denn bei Ihnen noch verlassen?

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Vielleicht haben Sie nicht zugehört!)

Kommen wir einmal zur Frage nach den Gaskraftwerken. Herr Rülke, zum Teil dachte ich wirklich, da fehlt sogar ein Grund kurs in Sachen Energiepolitik. Denn Sie bringen da Sachen durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Das ist oberlehrer haft!)

Was ist denn die Situation, vor der wir heute stehen? Wir ha ben in den letzten Jahren, wie eben bereits erwähnt, die erneu erbaren Energien Stück für Stück ausgebaut und sind heute schon wesentlich weiter, als wir alle – ich inklusive – gedacht haben. Sie hatten einmal vor, bis zum Jahr 2020 einen Anteil der erneuerbaren Energien von 20 % zu erreichen. An dem Punkt sind wir heute, acht Jahre früher. Acht Jahre früher ha ben wir dieses Ziel schon erreicht. Da muss man doch einmal fragen: Wie geht man jetzt mit der Erfordernis um, die Backup-Kapazitäten, die wir brauchen

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Brauchen wir die jetzt, oder brauchen wir sie nicht?)

die wir brauchen –, in den Markt zu bekommen?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also!)

Dann höre ich hier von dem Fraktionsvorsitzenden einer Par tei, bei der ich immer gedacht habe, sie nehme Wirtschafts kompetenz für sich in Anspruch, dass man die Idee des Kapa zitätsmarkts niedermacht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja! Das ist Planwirtschaft!)

Ich höre aber nicht, was Sie wollen.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Sie lassen ja keine Kurzintervention zu! Da könnte man es Ihnen sagen!)

Jetzt kommen wir einmal zu dem, was Sie Planwirtschaft nen nen. Bei der 78. Umweltministerkonferenz, die vor 14 Tagen in Schleswig stattgefunden hat,

(Abg. Peter Hauk CDU: Das soll sehr bedeutsam ge wesen sein! Da gab es Beschlüsse, die nie das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben!)

gab es, Herr Kollege Hauk, einen von A-Ländern und B-Län dern einstimmig gefassten Beschluss

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aha!)

zum Thema Kapazitätsmechanismen, angestoßen aus BadenWürttemberg. Dabei haben sich alle Ländervertreter, alle Mi nisterinnen und Minister und Senatoren, darauf verständigt, dass wir solche Mechanismen brauchen, um zu den Kapazi täten zu kommen. Das ist doch auch logisch.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das ist doch nicht Ihr Vor schlag!)

Entschuldigen Sie, Herr Kollege: Baden-Württemberg hat den Antrag eingebracht, und er ist im Verfahren dort noch mo difiziert worden. Schauen Sie sich ihn an; ich gebe ihn Ihnen auch gern; kein Problem. Lesen müssen Sie ihn halt selbst noch.