Protokoll der Sitzung vom 18.07.2012

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende noch den Baden-Württembergischen Handwerkstag zitieren – Pres semitteilung vom 11. Juli 2012 –:

Die schwäbische Kombination aus Aufbruch und Ge schäftssinn befeuert den Umbau, und das Handwerk ist mit Blaumann und gepacktem Werkzeugkoffer bereit für neue Aufgaben oder längst mit der Umsetzung beschäf tigt.

So der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerks tags, Herr Möhrle.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das würde ich auch sagen, Koffer hin, Koffer her!)

Meine Damen und Herren, ich finde, das sind gute Perspekti ven für die Zukunft, gute Perspektiven für die Energiewende. Packen wir es an!

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Jetzt wird es ein bisschen schwierig, denn die Mittagszeit ist da.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sollen wir helfen?)

Der Umweltminister ist auch schon hibbelig. Ihn drängt es nach all dem, was er da gehört hat, in die Arena. Das ist auch verständlich. Das kann man ja nicht so stehen lassen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann las sen Sie ihn doch reden! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Auch bei ihm lässt die Energie nach!)

Deshalb habe ich mir gedacht: Lyrik weg! Ich beschränke mich auf vier Themen, die sich durch alles hindurchgezogen haben: Versorgungssicherheit, die Frage der Preise, die Frage der Netze und die Potenziale bei den Innovationen.

Versorgungssicherheit: Diejenigen, die damals den Ausstieg aus der Atomenergie rückgängig gemacht haben, haben im mer argumentiert, Deutschland als Industrieland könne nicht auf Atomkraft verzichten. Das war das Argument. Jetzt sind etliche Atomkraftwerke abgeschaltet. Allein im Süden sind

5 000 MW vom Netz. Und siehe da: Unter dem Strich haben wir nicht importiert; unter dem Strich ist unser Land noch im mer ein Nettoexportland geblieben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Und das ist der Grund fehler in Ihrer Denkweise! – Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist durchgeleite ter Strom, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU: Wo er recht hat, hat er recht! – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel hat das Wort.

Die Rechnung ist ganz einfach, Herr Kollege Zimmermann: Man darf nicht brutto und netto verwechseln. Deswegen rede ich vom Netto.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU – Unruhe)

Der Herr Ministerpräsident hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir im vergangenen Februar – es war exakt am 13. Feb ruar – eine heikle Situation hatten. Damals herrschte klirren de Kälte in Norditalien, in Spanien, in Osteuropa, in Frank reich. Dort liefen alle Elektroheizungen, der Stromverbrauch war höher als in der Bundesrepublik. Das hat dazu geführt, dass es eine angespannte Situation gab und man kurz davor stand, einen Großverbraucher abschalten zu müssen. Es wä re aber natürlich das verheerendste Signal für die Energiewen de, wenn man gezwungen wäre, in solchen Situationen Indus trie vom Netz zu nehmen, damit das Netz nicht zusammen bricht.

Was war der Grund? Der Grund war nicht die mangelnde Ka pazität, die mangelnde Erzeugungskapazität. Der Grund war vielmehr, dass kein Gas zur Verfügung stand, um das Gas kraftwerk in Karlsruhe anwerfen zu können. Wenn dies mög lich gewesen wäre, dann hätte es gereicht.

Weshalb stand kein Gas zur Verfügung? Weil wir zwar im Nordwesten der Republik große Gasspeicher haben, nicht aber im Süden. Für uns leitet sich daraus, Herr Minister für Infra struktur, Folgendes ab: Das Thema Gas ist wichtig. Natürlich muss man über Gaspipelines nachdenken. Wir können aber nicht warten, bis eine neue Gaspipeline vom Norden in den Süden den Gastransport technisch überhaupt erst möglich macht.

Bis in die Neunzigerjahre hinein hatten wir in Baden-Würt temberg Gasspeicher. Diese Speicher sind alle aufgegeben worden, weil sie sich nicht mehr gerechnet haben. Wenn wir jetzt aber darauf angewiesen sind, Gas verfügbar zu halten, um in solchen Situationen die Kapazitäten nutzen zu können, dann müssen wir uns dem Thema Gasspeicher in Baden-Würt temberg vordringlich zuwenden. Denn wir wollen nicht, dass die Industrie irgendwann einmal gezwungen ist, den Schlüs sel herumzudrehen und den Betrieb einzustellen. Das wäre ein verheerendes Signal.

Deshalb ist unsere Bitte, Herr Minister, dass Sie sich dem The ma Gas verstärkt zuwenden, damit wir bereits im nächsten Winter damit rechnen können, dass in Baden-Württemberg in jeder Situation genügend Gas zur Verfügung steht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU meldet sich.)

Nun zur Frage nach dem Preis. Momentan bezahlt man für das Barrel Öl knapp 100 Dollar. Vor Kurzem lag der Preis bei 60 Dollar, und er betrug auch schon einmal 40 Dollar. Wissen Sie, was ein Preisunterschied von 10 Dollar pro Barrel Öl aus macht? Dieser Preisunterschied aufgrund der Volatilität macht mehr aus als die gesamte Umlage im Rahmen des EEG.

Wir müssen die Herausforderung doch sehen: Wir haben im letzten Jahr, statistisch gesehen, den siebenmilliardsten Erden bürger begrüßt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich nicht!)

Doch, in den Zeitungen; nicht persönlich.

(Heiterkeit – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Herr Zim mermann hat es nicht gemacht!)

Wir haben uns ja gefreut. Jeder Mensch, der auf die Welt kommt, ist ein Geschenk. Für das Jahr 2050 – da werden mei ne Zwillinge 50 Jahre alt, stehen also mittendrin – ist damit zu rechnen, dass der neuneinhalbmilliardste Erdenbürger be grüßt wird. Dann gibt es auf dieser Welt noch einmal zwei einhalb Milliarden Menschen mehr. Diese werden voraus sichtlich nicht bei uns leben und auch nicht in Nordamerika oder in China – dort ist der Höhepunkt des Bevölkerungs wachstums schon überschritten –, sondern auf dem indischen Subkontinent und in Afrika, also in den ärmsten Regionen.

Wenn diese Menschen eine Chance auf Wohlstand haben wol len, dann brauchen sie Energie. Bei dieser Preisentwicklung auf dem traditionellen Energiemarkt ist es doch völlig ausge schlossen, dass diese Menschen auch nur den Hauch einer Chance haben, mithilfe von Energie Wohlstand zu begründen. Es gibt in Anbetracht dieser globalen Herausforderung also gar keinen anderen Weg, als die erneuerbaren Energien vor anzubringen. Denn die Sonne steht kostenlos zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zimmermann?

Ja, er ist schon aufgestanden. Aber ich erinnere daran: Es ist schon Mittagszeit.

Herr Kollege Schmiedel, nachdem Sie selbst den 13. Februar 2012 als energiepolitisch problematischen Tag erwähnt haben, möchte ich an Sie die Frage stellen: Wie bewerten Sie, nachdem Sie auch noch für diesen Tag von Import oder Export geredet haben, folgende Zahlen?

Es war tatsächlich so, dass am 13. Februar 2012 um Punkt 13:30 Uhr – da ist die Höchstzeit gewesen – die Regelzonen last in Baden-Württemberg 10 732 MW betrug. Übrigens: Die Stromeinspeisung von unseren rund 380 Windrädern mit ei ner installierten Leistung von 486 MW war zu diesem Zeit punkt 14 MW; bundesweit waren es 685 MW.

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf von der SPD: Das ist schlecht!)

Der Verbrauch lag also bei 10 732 MW, der Import nach Ba den-Württemberg betrug 5 310 MW, also 50 %, und gleich

zeitig verzeichneten wir für diesen Zeitpunkt einen Export – auf den legen Sie immer Wert – von 1 485 MW.

Nun würden Sie sagen: Solange wir exportieren, wieso im portieren wir dann? Jetzt erkläre ich Ihnen – auch in Richtung Umweltminister, weil immer die falschen Zahlen genannt wer den –:

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wo ist denn die Fra ge? – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Frage! – Glocke des Präsidenten)

Das war, Herr Kollege, rein durchgeleiteter Strom, den man als Export von Baden-Württemberg betrachtet.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wo ist die Frage?)

Der wurde durchgeleitet, z. B. in andere Länder von – –

(Glocke des Präsidenten)

Wie bewerten Sie diese Zahl?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genauso wie vorher!)

Sie müssen es noch einmal im Protokoll nachlesen, wenn Sie es mir nicht glauben: Ich habe nie davon gesprochen, dass Baden-Württemberg das Export land ist. Ich habe davon gesprochen, dass die Bundesrepub lik das Exportland ist, nicht Baden-Württemberg. Das ist doch völlig klar.

An diesem Tag sind aber zwei Fakten interessant: Das Atom land Frankreich hat mehr Strom verbraucht als Deutschland, obwohl es wesentlich weniger Einwohner hat. Wegen der dor tigen Elektroheizungen ging ganz viel Strom aus Deutschland, aber auch aus anderen Ländern nach Frankreich.

Jetzt kommt noch eines dazu: Sie haben vom Wind gespro chen, haben jedoch vergessen zu erwähnen, dass die Fotovol taik diese Situation über die Mittagszeit – es war ein klirrend kalter Tag mit blauem Himmel – ausgeglichen und dabei ge holfen hat, den Bedarf zu befriedigen. Mein Gott!

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Fotovoltaik war an diesem Tag in Baden-Württemberg 445 MW! Nichts! – Gegen ruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Herr Präsident, er klären Sie ihm einmal, wie das funktioniert! – Glo cke des Präsidenten)