Frau Kollegin Sitzmann, erstens: Kennen Sie überhaupt den Ausbaubedarf, die derzeit notwen digen zusätzlichen Kapazitäten im Bereich der Mittel- und Niederspannungsnetze?
Zweitens: Welche Strategie verfolgen Sie im Land beim Aus bau von Mittel- und Niederspannungsnetzen?
Herr Kollege Hauk, ich ha be gerade auf den Plan der Bundesnetzagentur verwiesen. Da raus geht hervor, dass 3 800 neue Trassenkilometer erforder lich sind,
330 km davon in Baden-Württemberg. Ich habe außerdem ge sagt, dass die Bundesregierung die wirtschaftlichen Rahmen bedingungen schaffen muss, um den Netzausbau voranzubrin gen. Im Land geht es darum, in Bezug auf die Regionalnetze und die Verteilnetze das Know-how, das wir bei den Kommu nen und bei der EnBW haben, sinnvoll zusammenzubringen, um diese Herausforderungen zu bewältigen, meine Damen und Herren.
Entscheidend ist aber auch, dass wir in Stabilität investieren. Wir haben über das Thema Wirtschaftlichkeit diskutiert. Na türlich geht es auch darum, die Preise möglichst stabil zu hal ten.
Sie haben vorhin eine Studie des KIT zitiert, Herr Kollege Hauk, und gesagt, die Strompreissteigerung werde 80 % be tragen. Das stimmt nicht. Eine Steigerung von 70 % stand im Raum; dabei ging es aber nicht um Strompreissteigerungen für private Haushalte. Es gibt dazu eine andere Studie, die Umweltminister Untersteller in Auftrag gegeben hat. Diese hat deutlich gemacht, dass die Strompreise in den vergange nen zehn Jahren, von 2002 bis 2012, um 45 % gestiegen sind.
Selbst ohne die Energiewende gab es Strompreissteigerungen, meine Damen und Herren. Die Prognose für die kommenden zehn Jahre liegt bei einer Steigerung um 20 %. Es gibt also überhaupt keinen Grund, hier Horrormärchen zu erzählen.
(Abg. Peter Hauk CDU: Euphemismus! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Also rechnen Sie in den nächs ten Jahren weiter mit 45 %! – Unruhe)
Es geht darum, die Energiewende entschlossen anzupacken. Wenn es um Preise geht, geht es auch darum, Herr Kollege Hauk, die Ausnahmeregelungen, die es für energieintensive Unternehmen gibt, auf den Prüfstand zu stellen, weil für die se Unternehmen durch die Einspeisung der erneuerbaren Ener gien die Preise für Strom an der Leipziger Strombörse gefal len sind. Wenn es dann deutliche Reduktionen bzw. Ausnah men bei der EEG-Umlage und den Netzentgelten für ener gieintensive Unternehmen gibt, dann bedeutet das natürlich, dass die Kosten auf den Endverbraucher, auf die privaten Haushalte, auf kleine und mittlere Unternehmen umgelegt werden.
Das müssen wir korrigieren. Hier muss es eine Abschmelzung geben, damit wir eine gleiche Lastenverteilung bei allen Un ternehmen und den privaten Verbrauchern haben, meine Da men und Herren.
Sie hatten gerade erwähnt, dass über die vergangenen Jahre hinweg eine Strompreiserhöhung von 45 % zu beobachten war. Ich habe jetzt aber vonseiten der Regierung immer wie der die Aussage gehört, es habe in der Vergangenheit keine Strompreissteigerungen gegeben; ganz im Gegenteil, Strom sei billiger geworden. Können Sie mich aufklären, welche Aussage stimmt?
Der Strompreis an der Bör se ist gesunken. Aber der Preis, den die Endverbraucher zah len, der ist gestiegen. Das gilt jedoch nicht für energieinten sive Unternehmen, die von Netzentgelten und von der EEGUmlage ausgenommen sind; das macht den Unterschied bei den Preisen aus. Damit ist es eine falsche Lastenverteilung, Herr Kollege Glück.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wissen Sie, wie viel Strom an der Börse gehandelt wird?)
Meine Damen und Herren, es geht auch um Stabilität. Im Zu sammenhang mit der Krise der Finanzmärkte hat Stabilität noch einmal eine deutlich größere und wichtigere Dimension bekommen. Es ist ein wirtschaftlicher Wert, in Stabilität zu investieren.
Man kann das auf zweierlei Weise tun. Zum einen kann man verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, die das Verhalten der Marktteilnehmer steuern und begrenzen. Das ist bei den Finanzmärkten bekanntermaßen viel zu spät und in nicht aus reichendem Maß passiert. Zum anderen kann man Auffang becken schaffen oder Feuerwehr spielen. Diese Rolle kommt bei den Finanzmärkten jetzt der Europäischen Zentralbank, den Notenbanken und dem Europäischen Stabilitätsmechanis mus ESM zu. Bei den Stromnetzen sind die Instrumente der Stabilität die Speicher und die Reserven bei den Erzeugungs kapazitäten.
Klar ist – jetzt komme ich zum Thema Kapazitätsmärkte –, dass mit den Atomkraftwerken grundlastorientierte und unfle xible Kraftwerke zur Verfügung standen, die das Verfeuern von billigem Strom auch noch angeheizt haben.
Jetzt ist es umgekehrt: Jetzt geht es darum, dass wir Speicher- und Reservekapazitäten zur Verfügung stellen müssen, um die Stabilität der Netze zu gewährleisten.
Herr Kollege Hauk, der Vorschlag von Umweltminister Un tersteller, Kapazitätsmärkte als Instrument einzuführen, um die Stabilität bei den Netzen zu garantieren, ist hervorragend. Er wurde auch auf Bundesebene durchaus positiv aufgenom men.
Es geht also um die Frage: Wie können wir Stabilität in den Netzen schaffen? Von Ihnen habe ich keinen Vorschlag ge hört, wie das funktionieren soll.
Ich kann nur sagen: Wir brauchen die Stabilität, und wenn wir diese Stabilität erreichen, ist manches Geld auch gut inves tiert.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt davon, dass wir in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg die Weichen für die Energiewende seit dem Regierungswechsel gut und richtig gestellt haben. Wir haben das Landesplanungs gesetz endlich novelliert, nachdem Sie jahrelang blockiert ha ben, Herr Kollege Hauk, und im Gegensatz zu anderen Bun desländern wie z. B. Rheinland-Pfalz der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung bei uns unter 1 % lag. Wir haben uns das Ziel gesetzt, den Anteil der Windkraft auf 10 % auszubau en. Dass Sie jetzt, wie Sie heute gesagt haben, seit Fukushi ma Ihren Widerstand gegen den Ausbau der Windkraft aufge geben haben, das finden wir begrüßenswert. Allerdings waren Ihre Ausführungen zur Windkraft, die Sie heute hier vorgetra gen haben,
Ich weiß es nicht. So hat es sich angehört. Sie haben in Ihrem eigenen Energiekonzept zwar auch den Ausbau der Windkraft auf einen Anteil von 10 % gefordert, haben allerdings gesagt: 5 % im Land und 5 % offshore.
(Abg. Peter Hauk CDU: An der Küste oder offshore? – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das steht in un serem Konzept!)
Wir nehmen zur Kenntnis, dass Ihr Energiekonzept, das Sie in diesem Jahr vorgestellt haben, im Vergleich zu der Ener
Allerdings gibt es an der einen oder anderen Stelle, wie Ihre Ausführungen heute gezeigt haben, Nachbesserungsbedarf.
Aber zu Diskussionen, wenn sie konstruktiv und zukunftwei send sind, sind wir immer gern bereit. Zum Bremsen in Sa chen Energiewende ist keine Zeit. Wir sollten alle zusammen die Energiewende mutig und rasch angehen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende noch den Baden-Württembergischen Handwerkstag zitieren – Pres semitteilung vom 11. Juli 2012 –: