Umso erfreulicher ist es, dass es gelungen ist, heute einen fraktionsübergreifenden Antrag vorzulegen, der auch zum Ausdruck bringt, welche gemeinsame Verantwortung der Land tag für den Flughafen Stuttgart trägt. Ich glaube, es ist schon ein starkes Signal, dass der Landtag in dieser Sache, die für die Flughafenbeschäftigten von zentraler Bedeutung ist, heu te, so kurz vor dem Ende der letzten Sitzung vor der parlamen tarischen Sommerpause, mit einer starken Stimme spricht.
Um das Sitzungsende nicht weiter zu verzögern, möchte ich es angesichts der großen Einigkeit in diesem Thema bei die sen Anmerkungen belassen.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten aller Frak tionen – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist, wie gerade schon formuliert, schön und gut, dass wir zum Abschluss die ser Plenarsitzung hier über einen gemeinsam formulierten An trag abstimmen. Ich denke, der Antrag kommt zum einen den Passagieren – das möchte ich an dieser Stelle auch ganz deut lich sagen –, aber insbesondere natürlich den Beschäftigten im Bereich der Bodenabfertigungsdienste zugute. Mit diesem Antrag legen wir auch noch einmal deutlich fest, dass der Wettbewerbsradikalismus, den die EU mit dieser Richtlinie zutage gebracht hat, nicht der richtige Weg ist.
Der Verordnungsentwurf der EU-Kommission, der eine wei tere Deregulierung vorsieht, stellt nach Ansicht unserer Frak tion eine massive Bedrohung für die Arbeitsplätze bei den Bo denverkehrsdiensten auf Flughäfen dar, weil er eine grund sätzliche Freigabe des Marktzugangs im Hinblick auf die Bo denverkehrsdienste vorsieht. Damit droht, dass vor allem Bil liganbieter den Zuschlag für Dienstleistungen rund um das Flugzeug erhalten, und das geht so nicht. Das widerspricht fairen Arbeitsbedingungen.
Ich danke an dieser Stelle Winfried Hermann noch einmal ganz herzlich, der bereits im Februar mit einem Schreiben an den Bundesverkehrsminister auf dieses Problem aufmerksam gemacht hat. Er hat sich auch gegen diese Verordnung ausge sprochen und den Bundesverkehrsminister gebeten, sich ge gen diese Richtlinie zu wenden.
Ich möchte an dieser Stelle noch etwas deutlich machen. Wenn wir – wir stehen gerade vor der Urlaubszeit – über Flughäfen
sprechen, wenn wir über die Arbeitsbedingungen auf dem Flughafen sprechen, müssen wir auch die Preissituation be trachten. Wenn wir uns anschauen, mit welchen Billigflügen wir nach Mallorca fliegen,
dann sehen wir auch, dass diese Preise dazu beitragen, dass Preis-, Lohn- und Sozialdumping überhaupt stattfinden kann. Ich denke, da sind auch die Fluggesellschaften – auch im In teresse der Sicherheit der Passagiere – gefragt, etwas zu än dern.
Die Arbeitsbedingungen für die Bodenbediensteten am Flug hafen Stuttgart dürfen, wie schon gesagt, nicht infrage gestellt werden. Wir sprechen hier über Menschen, die schon jetzt ei ne sehr schwierige und körperlich sehr anstrengende Arbeit leisten und in Schichtarbeit tätig sind. Eine weitere Deregu lierung in diesem Bereich würde die Situation für die Beschäf tigten weiter verschärfen. Wir lehnen, wie gesagt, die Pläne der EU-Kommission ab.
Leider ist die EU-Kommission nicht so lernfähig wie wir im baden-württembergischen Landtag – das hat der vorliegende gemeinsame Antrag gezeigt – oder wie die europäischen Par lamentarier; sie haben ebenfalls deutlich gemacht, dass diese EU-Richtlinie nicht der richtige Weg ist.
Wir von der Landtagsfraktion der Grünen lehnen einen wei teren Lohnabbau und eine Ausweitung der Zeit- und Leihar beit, wenn die Vorstellungen der Kommission Gesetz werden sollten, ab. Wir können nicht hinnehmen, dass unter dem Deckmantel eines freien Wettbewerbs Billigunternehmen zum Einsatz kommen. Das bedeutet Lohndumping und Qualitäts verluste. Bereits die teilweise erfolgte Marktöffnung, die schon bisher gilt, hatte massive Lohnsenkungen und Arbeitsplatz verluste mit sich gebracht. Wir sind der Auffassung, dass der Flughafen Stuttgart die Dienstleistungen, die bisher hervorra gend wahrgenommen wurden, selbst erbringen kann und soll. Dies ist auch ein Qualitätsmerkmal des Standorts Stuttgart.
Der Vorschlag für die EU-Verordnung enthält keine Regelung, die die soziale Lage der Arbeitnehmer in einem weiter dere gulierten Markt verbessern würde. Deshalb freut es mich, dass wir heute zu diesem gemeinsamen Antrag gekommen sind. Ich denke, wir setzen ein Zeichen zugunsten der in diesem Be reich Beschäftigten. Ich hoffe natürlich auch, dass dieser An trag, den wir hier gemeinsam gestellt haben, den entsprechen den Erfolg hat.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es muss irgendwie an der Aura des runden Geburtstags unseres Verkehrsminis ters liegen, dass alle Themen, die das Verkehrsministerium betreffen, heute einvernehmlich über die Bühne gehen.
Zum Abschluss haben wir heute diesen gemeinsamen Antrag zum Thema Bodenverkehrsdienste vorliegen. Herr Kollege Schmiedel hat es angesprochen: Am 5. April fand zu diesem Thema eine gemeinsame Veranstaltung im Flughafen Stutt gart statt, zu der wir eingeladen waren. Wir haben uns uniso no auch dafür ausgesprochen, dass man die jetzige Regelung beibehält, und erklärt, dass wir keine weiteren Liberalisie rungsüberlegungen benötigen, weil die jetzigen Regelungen auskömmlich und für den Flughafen Stuttgart ausreichend sind. Eine weitere Liberalisierung würde bei über fünf Milli onen Passagieren zur Folge haben, dass wir mindestens drei private Bodenverkehrsdienste benötigten.
Es gibt natürlich Punkte in dieser Überlegung, die man sicher lich durchaus positiv hätte werten können. Beispielsweise wä re die Lizenzlaufzeit von sieben auf zehn Jahre aufgestockt worden, was eher weniger strittig gewesen wäre. Aber das Hauptthema, die weiter gehende Liberalisierung, wird abge lehnt.
Im Übrigen: Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen haben am 8. Februar im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auch einen gemeinsamen Entschließungsantrag behandelt, und er wurde dann auch einstimmig angenommen. Der Bundesverkehrsmi nister hat sich in der Sitzung der Stimme enthalten, als es um dieses Thema ging.
Die FDP/DVP-Landtagsfraktion bekennt sich durchaus zum Wettbewerb – das ist für eine liberale Partei ganz klar –, aber das ist natürlich ein Thema, bei dem man schon einmal unter scheiden muss. Ich glaube, es war richtig, dass man 1996/1997 diese Liberalisierung durchgeführt hat, denn bis dahin war es eine reine Monopolstruktur, die sicherlich nicht optimal ge laufen ist. Deshalb hat man 1996/1997 dieser Liberalisierung auch zugestimmt. Die Luftfahrtindustrie ist einer der Moto ren der deutschen Volkswirtschaft. In der Luftfahrtindustrie selbst gibt es 323 000 Arbeitsplätze, und insgesamt 1,15 Mil lionen Arbeitsplätze hängen am Luftverkehr in Deutschland. Insofern bedarf es schon einer gewissen Sensibilität.
Aber – da sind wir uns fraktionsübergreifend auch einig – es wäre kein sachgerechter Wettbewerb in dieser Struktur mög lich, wenn man diesen Markt völlig öffnen würde. Es geht auch um die Themen Qualität und Sicherheit, wie es auch im Antrag formuliert ist. Es geht ein Stück weit auch um einen erheblichen Eingriff in die unternehmerischen Belange.
Im Übrigen sehen wir auch ein Stück weit einen Widerspruch zu den Zielen der Sozialpolitik. Wir haben am 1. März im So zialausschuss das EU-Arbeitsprogramm 2012 besprochen. Da rin wird auch von der sozialen Integration gesprochen. Inso
fern sehen wir da durchaus einen Widerspruch zwischen den Liberalisierungsplänen und dem Thema des Arbeitsprogramms 2012 der EU. Vielleicht wäre es deshalb gut, wenn bisweilen ein Mensch, der die Enge des Verwaltens gewohnt ist, gele gentlich die Weite des Himmels erblickt, wie es bei diesem Thema durchaus auch einmal sein kann.
Insofern möchte ich es bei diesem Thema damit belassen. Wir werden dem gemeinsamen Antrag natürlich zustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! So viel Einigkeit und so viel Rückenstär kung für die Landesregierung ist in der Tat ein wunderbares Geschenk zum 60. Geburtstag unseres Verkehrsministers. Ich kann Ihnen versichern, dass alle Vertreter des Landes, der Lan desregierung, auch im Aufsichtsrat des Flughafens Stuttgart, sich dafür starkmachen werden, dass am Flughafen Stuttgart gute Arbeitsbedingungen gelten und dass wir uns mit aller Kraft auch in Richtung EU und Bundesregierung dafür ein setzen werden, dass dieser ungute Wettbewerb, der dort aus geweitet werden soll, in diesem Fall nicht kommt.
Das wird schwierig werden – das möchte ich dazusagen –, weil die EU dort schon relativ weit in ihren Beratungen fort geschritten ist, aber nichtsdestotrotz sollten wir es versuchen, im Interesse der Beschäftigten, aber – das darf man nicht ver gessen – auch im Interesse der Passagiere. Denn in diesem Bereich geht Sicherheit schlicht vor. Da darf man nicht in ei nen unguten Dumpingwettbewerb eintreten. Das geht nicht nur zulasten der Beschäftigten, sondern eben auch zulasten der Sicherheit der Fluggäste und des Flugverkehrs in Deutsch land insgesamt.
Ich halte den Vorschlag des Kollegen Schmiedel für sehr ziel führend, dort Initiativen zu starten, die deutschlandweit einen Flächentarifvertrag möglich machen, der dann auch auf die Spezifika
dieser Bodendienste am Flughafen ausgerichtet ist. Denn da hat nicht jeder Tarifvertrag diese Flexibilität, die dort unter Umständen notwendig ist. Aber wir sollten schauen, dass dort kein zerstörerischer Wettbewerb zwischen den Flughäfen in Deutschland stattfindet. Dies wird die Landesregierung unter stützen.
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/1966 (geänderte Fassung). Wer dem
interfraktionellen Antrag Drucksache 15/1966 (geänderte Fas sung) zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegen stimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dem Antrag einstim mig zugestimmt.