Jetzt will ich an dieser Stelle auch sagen: Das reflexartige Ru fen nach einer Verschärfung des Waffenrechts, sobald etwas passiert, bringt nichts, wenn die Tat unter Verletzung des be stehenden Waffenrechts begangen wurde. Wenn jemand ge gen das Waffenrecht verstößt, bringt auch eine Verschärfung des Waffenrechts nichts. Man muss, glaube ich, schon sehen: Diese reflexartige Forderung nach einer Verschärfung des Waffenrechts bringt nichts.
Jetzt höre ich von Ihnen, Kollege Sckerl, gern, dass es Ihnen nicht darum geht, Besitzer legal erworbener Waffen unter Ge neralverdacht zu stellen. Ich höre das gern und bin froh, dass Sie das auch so gesagt haben.
Ich sage Ihnen aber auch: Sie unterscheiden mir in Ihrer Ar gumentation zu wenig zwischen legal erworbenen und illegal erworbenen Waffen. Wenn Sie diese Unterscheidung nicht strikt vornehmen, stellen Sie gerade die Besitzer legal erwor bener Waffen unter einen Generalverdacht. Genau das passiert dadurch.
Wir müssen sehen: All die Sportschützen, die Jäger sind Men schen mit hoher Sozialkompetenz, die wissen, wie sie mit die sen gefährlichen Gerätschaften umzugehen haben. Sie gehen mit ihnen verantwortungsbewusst um und betreiben damit auch Nachwuchs- und Jugendarbeit. Das muss man immer se hen, und man muss auch anerkennen, dass dies so geschieht. Da darf man nicht den Eindruck erwecken, dass man das al les in einen Topf mit dem Besitz illegal erworbener Waffen wirft.
Nach dem bisherigen Ermittlungsstand hat der Täter in Karls ruhe – ich habe das gerade eben in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft noch einmal nachgelesen –, der Mann aus dem Elsass, mit Ausnahme der Langwaffe, mit der er sich selbst erschoss, alle Waffen illegal besessen. Ich bitte Sie da rum: Das müssen wir streng trennen und auseinanderhalten. Denn sonst führt dies dazu, dass die Besitzer legal erworbe ner Waffen in Sportschützenvereinen, die Jäger und andere eben unter diesen Generalverdacht gestellt werden. Dagegen verwahrt sich die CDU-Landtagsfraktion in vollem Umfang.
Meine Damen und Herren, ich will nur noch eines sagen – Sie haben es kurz angesprochen –: Sie von den Grünen haben in den letzten Tagen eine Pressemitteilung unter der Überschrift „Waffen müssen aus Privatwohnungen heraus“ veröffentlicht. Sie haben bis jetzt aber leider noch nicht gesagt, wohin sie sollen.
Darüber können wir einmal reden. Dazu gibt es ja Vorschlä ge: Die Waffen sollen in den Sportschützenheimen gelagert werden. Diese liegen in der Regel außerhalb, irgendwo im Wald, irgendwo, wo der Lärm nicht stört. Da bekommen Sie riesige Absicherungsprobleme. Es weiß dann jeder, dass dort die Waffen sind.
Das nützt alles nichts. Wenn Sie also solch plakative Presse mitteilungen mit der Überschrift „Waffen müssen aus Privat wohnungen heraus“ machen, sollten Sie schon auch entspre chende positive Vorschläge dazu machen.
Kollegin Kurtz wird in der zweiten Runde in ihrer damaligen Funktion als Obfrau im Sonderausschuss „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen: Jugendgefähr dung und Jugendgewalt“ noch berichten und sich insbeson dere mit Präventionsfragen beschäftigen.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Das ist wieder ein wichtiges Thema: „Si cherheit erhöhen – Zugang zu Waffen erschweren“. Ich will ein wenig anders anfangen, um darzustellen, in welchem Span nungsfeld wir uns bewegen.
Ich beginne einmal aus der Sicht der Schützen, die legal er worbene Waffen besitzen, aus der Sicht der Sportvereine, der Traditionsvereine, der Jäger. Sie erhalten bei ihren Veranstal tungen von uns immer großes Lob dafür, dass sie Jugendar
Genau. – Auf der Basis dieser Werte, die dort vermittelt wer den, betreiben sie letztlich eine gute Jugendarbeit, machen ein Sportangebot, das dieselben Effekte hat. Wenn dann Sporter eignisse wie Biathlon und Ähnliches stattfinden, sitzen wir al le vor dem Fernsehgerät und jubeln und sind froh, wenn da bei gute Ergebnisse erzielt werden.
Das ist die eine Betrachtungsweise. Die darf man bei dieser Diskussion nicht aus dem Blick verlieren.
Dann haben wir – der zweite Aspekt – ausgerechnet in BadenWürttemberg in der letzten Zeit eine wirkliche Häufung von Gewalttaten mit Schusswaffeneinsatz. Winnenden ist genannt worden. Ich nenne weiter: 2009 Eislingen, 2010 Lörrach, 2012 Karlsruhe, 2012 Lehrensteinsfeld. Gestern ist es übrigens in Mengen unter Einsatz einer Schusswaffe zu Erpressung und Bedrohung gekommen.
Nun befassen sich die Gerichte immer wieder mit der gesell schaftlichen Wirklichkeit, wenn sie versuchen, Entwicklun gen nachzuvollziehen oder zu formulieren. Vor einem halben Jahr hat hier ein Gerichtsvollzieher einen Antrag auf Erteilung der Erlaubnis gestellt, eine Schusswaffe zu tragen. Das Ver waltungsgericht in Stuttgart hat dies mit folgender Begrün dung abgelehnt:
Ein Gerichtsvollzieher ist bei seiner Arbeit, insbesonde re bei der Durchführung problematischer Vollstreckungs aufträge, zwar mitunter einer gewissen latenten Gefähr dungslage ausgesetzt. Eine derartige latente Gefährdung begründet jedoch noch keine Gefahr für Leib und Leben und mithin keine erhebliche Gefährdung, die die Ertei lung eines Waffenscheins rechtfertigt.
Ich will damit deutlich machen, dass die Gerichte, die solche Situationen aufnehmen und in Worte fassen müssen, bis vor einem halben Jahr nicht erkannt haben, dass wir in einer Ge sellschaft leben, in der eine solche Gefahr tatsächlich beste hen kann. So hat die Wirklichkeit das überholt, was die Ge richte als gesellschaftliche Wirklichkeit eingeschätzt haben.
Ein weiterer Aspekt: Wir haben in Deutschland 20-mal mehr Waffen in Privatbesitz als bei der Polizei. In Baden-Württem berg ist die Zahl sogar noch größer; hier sind fast 30-mal mehr Waffen in privater Hand als bei der Polizei. Das, mit Verlaub, ist ein Problem, das wir lösen müssen. Wir können es aber als Land nicht lösen, weil das Waffenrecht Bundesrecht ist.
Das heißt, wir müssen uns auf Bundesratsinitiativen begren zen, und diese müssen wohl durchdacht sein. Wir wollen auf der einen Seite die Jäger außen vor lassen, wir wollen, dass die Sportschützen, die in Kleinkaliberwettkämpfen und olym pischen Disziplinen mit ihren Waffen tätig sind – so weit wie
möglich unter Kontrolle und Aufsicht –, in der Lage bleiben, ihren Sport weiter zu betreiben. Aber wir müssen auf der an deren Seite Großkaliberwaffen in Privathand verbieten. Groß kaliberwaffen haben in Privathand nichts zu suchen.
Ich will das auch begründen: Diese Waffen sind nicht nur grö ßer und gefährlicher, sondern sie sind auch in der Lage, bei spielsweise bei Polizeieinsätzen Türen und Holzwände zu durchschlagen. Polizeibeamte wissen ja gar nicht, wer hinter dieser Wand sitzt und was alles passieren kann. So kann man sich gar nicht schützen, so können sich die Polizeibeamten nicht schützen, die davon ausgehen müssen, dass ihnen hin ter einer Wand womöglich Gefahr droht, mit einer großkalib rigen Waffe angegriffen zu werden. Leider Gottes ist der Scha den, der von solchen Waffen ausgeht, deswegen so groß, weil durch sie eine besondere Mächtigkeit und Bedrohungslage produziert wird, sodass Täter solche Waffen gerade deshalb gern einsetzen. Ausgerechnet unsere Polizeibeamten sind am meisten gefährdet. Insofern: Großkalibrige Waffen gehören nicht in Privathand. Dafür werden wir uns auf Bundesebene einsetzen.
Auch mit Kleinkaliberwaffen kann man töten. Aber man kann mit Kleinkaliberwaffen eben nicht durch Türen und Wände schießen, und die Polizeibeamten wissen, dass dieses Risiko zumindest minimiert worden ist.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das hängt von der Munition ab, Herr Kollege! So ist das! – Weitere Zu rufe)
Weiter gehört es natürlich dazu, die Schützenvereine in die Pflicht zu nehmen sowie zu prüfen, inwieweit man mit Blo ckiersystemen verhindern kann, dass Unberechtigte an die Waffen kommen.
Um heutzutage eine Schachtel Zigaretten zu ziehen – Gott sei Dank muss ich das nicht mehr machen –, muss man zwei Kar ten gleichzeitig in den Automaten stecken und Bargeld nach schieben. Vielleicht könnte man einmal solche Systeme auf die Aufbewahrungsorte für Waffen übertragen. Ich meine, das müsste möglich sein.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Dieses Land war bisher für vernünfti ge, pragmatische, an den Problemen orientierte Lösungen und Vorschläge sowie eine entsprechende Gesetzgebung bekannt. Ich habe – das muss ich gestehen – Angst, dass wir diesen gu ten Weg täglich mehr verlassen.
Die Debatten dieser Tage haben einmal wieder gezeigt – ob es die Energiepolitik oder die Schulpolitik ist –: Wenn man da nach dem roten Faden sucht, wird man feststellen, dass es sich immer um griffige Vorschläge handelt, die auch die Gefühle ansprechen, die aber in der Sache falsch sind und nicht wei terführen.
Das macht es übrigens nicht einfach, dagegen zu argumentie ren. Aber trotzdem muss man den Verstand halt weiter ein schalten.
Das gilt – Verzeihung – auch bei unserem heutigen Thema. Sie mögen es anders sehen, aber ich vertrete hier meine Mei nung und die meiner Fraktion, und die besteht schon darin, davor zu warnen, dass man ständig irgendwelchen Rattenfän germelodien aufsitzt und irgendwelche Beruhigungspillen für die eigene Klientel bereithalten will. Vielmehr sollten wir schauen, was eigentlich Sache ist. Deshalb muss ich sagen: Auch die jetzigen Vorschläge zum Waffenrecht, die Sie ma chen, haben meines Erachtens nur eine Folge, nämlich die weitere Diskriminierung von Jägern und Schützen.
In der Sache selbst sind sie nicht weiterführend. Darüber kön nen wir uns gleich unterhalten. Sie können mir in der zweiten Runde das Gegenteil darlegen; dafür sind wir ja letzten En des hier.
Aber zunächst einmal zu den beiden Fällen, die passiert sind, zu den Fällen in Karlsruhe und in Lehrensteinsfeld. Dass wir da sprachlos sind, braucht man, glaube ich, nicht weiter zu be tonen. Dabei wird einem allerdings, wenn man über diese Sprachlosigkeit ein bisschen nachdenkt, klar, dass wir auch deswegen sprachlos sind, weil sich diese Fälle eigentlich ei ner normalen Regelung entziehen. Wenn man genau hinschaut, sieht man: Diese Fälle entziehen sich einer Gesetzgebung, die für alle gelten soll, weil diese Fälle sehr aus dem Rahmen fal len. Das trifft insbesondere auf den Lehrensteinsfelder Fall zu. In Karlsruhe waren sowieso illegal besessene Waffen im Spiel. Wer die Situation in Lehrensteinsfeld kennt, die in die sem Haus bestand, der hat wenig Zweifel daran, dass es, wenn es nicht mit einer legal erworbenen Waffe passiert wäre, mit einer illegal erworbenen Waffe geschehen wäre. Das ist kei ne Frage. Da sind natürlich auch ganz andere Faktoren und Ursachen im Spiel, die mit dem Waffenrecht einfach nicht zu fassen sind, auch wenn man das bedauern mag.