Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Aufhebung des Sammlungsgesetzes – Druck sache 15/2384

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ar beit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren – Drucksache 15/2500

Berichterstatter: Abg. Wilfried Klenk

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Herrn Kollegen Klenk für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es vorweg zu sagen: Die CDU-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu. Auch der Sozialausschuss hat dem Gesetzentwurf einstimmig zugestimmt.

Aber wir hatten bereits in der ersten Lesung auch gewisse Be denken geäußert. Niemand von uns in diesem Hohen Haus will, dass man dort, wo es möglich ist, nicht entbürokratisiert. Aber den Gesetzentwurf damit zu begründen, man könne sich heute anderweitig, z. B. über das Internet, über möglicherwei se vorhandene dubiose Machenschaften oder Sammlungen in formieren, halten wir mit Blick auf die ältere Generation un ter Umständen schon für etwas kritisch.

Eine andere Aussage in der schriftlichen Begründung Ihres Gesetzentwurfs lautet, dass eine konsequente Umsetzung des Sammlungsgesetzes nur mit einer erheblichen personellen Aufstockung möglich wäre. Dies könnte – rein theoretisch – darauf hindeuten, dass es hier tatsächlich Probleme gibt.

Nachdem aber nur noch vier Länder in Deutschland ein Sammlungsgesetz haben und sich die Probleme in der Praxis der zwölf Länder, in denen es dieses Gesetz noch nie gab bzw. in denen es abgeschafft wurde, anscheinend tatsächlich in Grenzen halten, sagen wir: Wir stimmen, wie eingangs er wähnt, diesem Entwurf zu, haben aber die Bitte, dass auch vonseiten der Regierung, sofern Städte und Gemeinden – vom Städtetag kam schon eine bestimmte Anregung – in Zukunft Problemfälle schildern, das Thema gegebenenfalls wieder auf gegriffen wird. Denn wir sehen es – ich schaue zu meiner Rechten zu Herrn Minister Bonde – auch unter dem Gesichts punkt des Verbraucherschutzes, wenn wir sagen: Jetzt kann jeder, egal, wo er will, sammeln oder auch nicht.

In diesem Sinn ist also die Zustimmung zu dem Gesetzent wurf heute gewährleistet. Bitte behalten Sie das Erwähnte aber im Auge.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Kollegen Lucha das Wort.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Schwierige Re de für den Kollegen!)

Sehr verehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so, dass das Gesetz in einer Zeit – in den Sechzigerjahren – erlassen wurde, in der die Haussammlung für die Wohlfahrtsverbände und für die Deutsche Kriegsgräberfürsorge ein wichtiges In strument war, um an die notwendigen Spenden zu kommen. Das damalige Spendenverhalten war von vielen Kleinspen den geprägt; die Leute hatten in der Regel gar nicht so viel Geld zur Verfügung. Damals war es das richtige Mittel, weil es über die direkte Ansprache ging.

40 Jahre später hat sich das Bild natürlich komplett geändert. Zum einen sind die großen Wohlfahrtsverbände darauf ange wiesen, über ihre gute Arbeit, über ihr gutes Renommee spen denfähig zu sein. Nicht umsonst gibt es ja auch vom Deut schen Zentralinstitut für soziale Fragen das sogenannte DZISpendensiegel, bei dem sich jeder von uns darüber informie ren kann, welche Organisation die Spenden tatsächlich trans parent und zielgenau verwendet, was sehr wichtig ist. Das ist ein Verfahren, um sicherzustellen, dass die Bereitschaft der Bevölkerung, Gutes zu tun, nicht missbraucht wird.

Die Umsetzung des Sammlungsgesetzes – sie ist im Land Ba den-Württemberg beim RP Tübingen angesiedelt – konnte man real nicht so kontrollieren, wie man es tun müsste, wenn man konsequente Überprüfung möglich machen wollte. Inso fern ist es nur vernünftig, auf ein Gesetz, das erstens nicht mehr konsequent angewendet wird und das zweitens Miss brauch, wenn überhaupt, sehr diffus verfolgt und bei dem man nicht genau weiß, wie viele Kräfte zur Überprüfung bereitge stellt werden sollen, zu verzichten. Es ist richtig, dass wir das Sammlungsgesetz aufheben.

Aber wir brauchen – das haben wir im Vorfeld partei- und fraktionsübergreifend schon gesagt – mehr denn je einen Auf bruch für die Wohlfahrtspflege, die Unterstützung auch für

uns aus der Politik für das notwendige und sinnvolle Engage ment der Bürgergesellschaft, die weiterhin bereit ist, mehr denn je zu geben. Denn die Not in der Welt – national wie in ternational – wird nicht kleiner. Da können wir als Parlament ein Bündnis knüpfen, wenn wir die Wohlfahrtspflege einla den. Heute wird hier im Haus die Ausstellung des NABU mit dem Titel „Willkommen Wolf!“ eröffnet. Das sind Organisa tionen, die ohne Spenden nicht sein können. Mit genau die sen Aktivitäten stärken wir das Renommee und die Präferen zen dieser Organisationen. Das ist unser politischer Auftrag.

Mit Bürokratie ist keine Spende mehr gewonnen. Darum kön nen wir auf das Sammlungsgesetz verzichten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich dem Kollegen Hinderer das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Mit der Auf hebung des Sammlungsgesetzes bauen wir verzichtbare Bü rokratie ab und setzen damit zugleich ein im grün-roten Ko alitionsvertrag benanntes Ziel um. Wir kommen außerdem ei ner Forderung der zuständigen Behörden nach, z. B. des Re gierungspräsidiums Tübingen, das als Vor-Ort-Behörde für landesweite Sammlungen zuständig war.

Es wurde bereits gesagt: Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1969 und entspricht in seiner Zielsetzung nicht mehr der heu te gängigen Praxis im Spenden- und Sammlungswesen. Die se Auffassung vertreten selbst die von der Aufhebung betrof fenen Spendenorganisationen. Die Mehrzahl der Organisati onen ist davon überzeugt, dass ihr guter Name – eventuell ver bunden mit einem Spendensiegel – ein ausreichender Serio sitätsnachweis ist.

Die Verbände müssen natürlich beharrlich daran arbeiten und permanent in der Lage sein, die zweckentsprechende und ziel genaue Verwendung der Spendenmittel nachzuweisen. Aber das ist ja durchaus im Sinne der Spenderinnen und Spender, und es ist auch unter Verbraucherschutzgesichtspunkten eine mehr als gute Gepflogenheit.

Die Bedenken des Städtetags gegen die Aufhebung des Samm lungsgesetzes werden in der Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs mit großer Ernsthaftigkeit erörtert. Sie wur den aus unserer Sicht, auch mit den ergänzenden Hinweisen in der Ausschussberatung, hinreichend widerlegt. Herr Kol lege Klenk hat darauf hingewiesen, dass damit auch die Be denken der CDU ausgeräumt werden konnten.

Ein Letztes: Professionell organisierte Bettelei, betrügerisches Spendenmarketing oder gar der Enkeltrick und andere Be trugsdelikte konnten schon bislang über das Sammlungsge setz nicht unterbunden werden, sondern sind und bleiben auch zukünftig Gegenstand des Polizeirechts und der Strafprozess ordnung. Da gehören sie hin, und zur Gefahrenabwehr wird das vorhandene Instrumentarium auch zukünftig ausreichen.

Insofern tun wir gut daran, liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Beispiel der meisten anderen Bundesländer zu folgen. Diese haben ohne negative Auswirkungen in den letzten Jah

ren im Zuge des Bürokratieabbaus das Sammlungsgesetz ab geschafft. Baden-Württemberg tut dies nun auch. Die SPDFraktion begrüßt dies.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Kollegen Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch die FDP/ DVP-Landtagsfraktion hat schon in der Ersten Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs die Zustimmung zur Aufhebung des Sammlungsgesetzes signalisiert. Wir hatten in der Ersten Beratung auch darüber gesprochen, dass wir die Bedenken des Städtetags noch einmal zum Thema machen sollten. Diese Be denken wurden in der Ausschussberatung ausführlich ange sprochen. Ich danke Ihnen, liebe Frau Altpeter, dass Sie sei tens des Sozialministeriums sehr ausführlich noch einmal da rauf eingegangen sind.

Es wurde von meinen Vorrednern angesprochen: Das Samm lungsgesetz hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Es stammt noch aus einer Zeit, in der es üblich war, im Rahmen des Konfirmationsunterrichts für das Müttergenesungswerk zu sammeln. Das habe ich auch noch getan. Das sind Aktio nen, die wir noch kennen. Heute kann man sich fast gar nicht mehr an solche Aktionen erinnern, weil so etwas inzwischen über das Internet oder auf schriftlichem Weg über die Post er folgt. Insofern glaube ich: Wir tun auch gut daran, hier ein Stück weit Bürokratie abzuschaffen.

Insofern wird auch die FDP/DVP-Landtagsfraktion der Auf hebung des Sammlungsgesetzes zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Altpeter das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Nachdem alle Fraktionen ihre Zustim mung zur Abschaffung des Sammlungsgesetzes signalisiert haben, brauche ich eigentlich gar nicht mehr so viel zu dem Gesetzentwurf zu sagen. Ich möchte nur noch einige Punkte ansprechen, die auch in den Beratungen im Sozialausschuss eine Rolle gespielt haben.

Der Städtetag hatte Bedenken und Sorgen. Diese konnten wir aber ausräumen. Die Wohlfahrtsverbände – vor allem die gro ßen, die Sammlungen durchführen – haben der Abschaffung des Sammlungsgesetzes auch zugestimmt. Der Landkreistag hat keine Bedenken gehabt. Der Städtetag, wie gesagt, hatte wenige Bedenken, die wir durch intensive Beratungen im So zialausschuss ausräumen konnten.

Wenn man sich dieses Sammlungsgesetz einmal betrachtet – es stammt immerhin aus dem Jahr 1969 –, dann wird man se hen, dass vieles davon heute in der Tat durch Präsenz in neu

en Medien, durch Internetpräsenz und Ähnliches, überholt ist. Wir wissen auch, dass die Kontrolle, die die Regierungsprä sidien ausüben sollten, nicht mehr gewährleistet sein konnte. Nicht zuletzt können uns die Sammler, die Wohlfahrtsverbän de garantieren, dass sie ihre Sammlungen zukünftig selbst or ganisieren und miteinander absprechen, wer wann welche Sammlung durchführt. Insofern denke ich, dass wir die Be denken oder die Sorgen, die vorgebracht wurden, auch aus räumen konnten.

Wenn nur noch vier Bundesländer ein Sammlungsgesetz ha ben, können wir jetzt natürlich auch bei denen, die es schon länger abgeschafft haben, auf Erfahrungen zurückblicken. Von dieser Seite wurden uns keine Bedenken und keine Probleme mit der Abschaffung des Sammlungsgesetzes mitgeteilt. Des wegen denke ich, wenn wir von meinem Haus etwas zur Ent bürokratisierung beitragen können, dann wollen wir das gern tun.

Deshalb bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf zur Abschaffung des Sammlungsgesetzes heute zuzustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/2384. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren, Drucksache 15/2500. Der Ausschuss empfiehlt Ih nen, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustimmen.

Ich rufe auf

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