Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

(Zuruf von den Grünen: Aha!)

Geschrieben hat er – ich zitiere –:

Ausschlaggebend für meinen Parteiaustritt ist die deutli che Mehrheit gegen die Gleichstellung der Homo-Ehe.... Immer und immer wieder muss die CDU in Sachen Gleichstellung vom Bundesverfassungsgericht gemaßre gelt werden. Ihrem Anspruch, Volkspartei zu sein, muss die Union erst einmal gerecht werden. Ich kann in dieser Atmosphäre nicht ruhigen Gewissens auf die Straße ge hen und für die CDU werben.

Das ist auf jeden Fall keine Einzelmeinung.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Dann sagen Sie ei ne zweite Meinung! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Eine deutliche Minderheit!)

Ja, gut, Herr Kollege Kunzmann.

Zu den Ausführungen, die Kollege Haußmann zum Thema Bundesverfassungsgericht gemacht hat, frage ich: Ist es rich

tig, seitens der Politik zu sagen, man solle abwarten, bis das Bundesverfassungsgericht ein Urteil fällt?

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Haben wir gar nicht gesagt!)

Ist es nicht eher so, dass wir unsere politischen Entscheidun gen unabhängig von Bundesverfassungsgerichtsurteilen fäl len müssen, weil es anderenfalls eine Bankrotterklärung der Politik ist? Ich finde es sehr bedauerlich, dass auch die CDU so reagiert, zu sagen: „Jetzt warten wir erst einmal ab, wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet, und dann nehmen wir dieses Thema wieder auf.“

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Habe ich das ge sagt? – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Kein Mensch hat das gesagt! Das habt ihr unterstellt!)

Aktive Politik sieht anders aus.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Frau Kollegin Gurr-Hirsch, es ist gut, dass Sie sich zu Wort melden; denn zu Ihnen wollte ich jetzt gerade auch noch kom men.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Sie haben sich nach dem Bundesparteitag kritisch in der Öf fentlichkeit geäußert. Sie sagten, Sie seien sehr enttäuscht über die auf dem Bundesparteitag zur Frauenquote gefassten Be schlüsse. Das finde ich sehr bemerkenswert. Respekt!

Aber in Ihren Ausführungen, Herr Kunzmann, habe ich eine Positionierung der CDU-Landtagsfraktion zu gleichgeschlecht lichen Lebenspartnerschaften vermisst. Herr Hauk hat gesagt, die CDU-Landtagsfraktion werde sich intensiv damit ausein andersetzen und dann zu einer Lösung kommen. Ich habe in all den Ausführungen noch keine Positionierung der CDULandtagsfraktion gehört. Ich habe auch niemanden von der CDU-Landtagsfraktion nach dem Bundesparteitag sagen hö ren, er finde das Ergebnis schade oder sei beschämt über das Ergebnis des Bundesparteitags.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Das muss man doch auch nicht! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Man muss doch nicht beschämt sein!)

Nein, aber irgendeine Reaktion muss es doch geben. Ent weder findet man es gut, oder man findet es schlecht. Aber ir gendeine Position muss man als politische Fraktion doch ha ben, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Uns hat niemand danach ge fragt!)

Es reicht auch nicht aus, ein Papier, eine Hochglanzbroschü re zu präsentieren mit dem Titel: „Gleichstellung fängt in den Köpfen der Menschen an“. Das habe ich auf Ihrer Homepage gesehen. Als ich das sah, dachte ich: Da hätten Sie doch die Gelegenheit gehabt, auch das Thema „Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften“ und das Thema Homosexualität auf zugreifen. Doch auch da haben Sie sich weggeduckt.

Deshalb fordere ich Sie auf, das Thema ernst zu nehmen und bei Ihrer Gleichstellungsdebatte nicht immer die homosexu

ellen Menschen zu vergessen. Wenn Sie mit Ihrer Politik wie der an moderne Gesellschaftspolitik anknüpfen möchten, dann geht es nicht mehr, dass Sie das Thema „Homosexuelle Men schen“ einfach außen vor lassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Kunzmann.

Herr Präsident, meine Da men und Herren! Ich will ganz offen sein: Als ich hier in den Landtag gekommen bin, habe ich eigentlich gedacht: Wenn ein Minister ans Rednerpult tritt, dann findet sich auch ein bisschen Ausdruck von Niveau in seiner Rede, zumindest auf der Argumentationsschiene.

(Abg. Karl Klein CDU: Das war früher! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das war früher ein mal!)

Heute wurde ich eines Besseren belehrt.

Wenn Sie die politische Debattenkultur in diesem Land ver bessern wollen, dann führen Sie nicht solche Debatten wie heute, und dann halten Sie nicht solche Reden wie heute, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wer im Glashaus sitzt!)

Die CDU-Fraktion hat in ihrer großen Mehrheit alle Beschlüs se des Landtags zur Gleichstellung von Homosexuellen in der Landesverwaltung unterstützt. Das möchte ich auch noch ein mal erwähnen. Mit großer Mehrheit wurden alle Beschlüsse, die Sie, Herr Minister Schmid, gerade erwähnt haben, von der CDU-Fraktion unterstützt.

Aber es ist eine ganz persönliche Entscheidung eines CDUMitglieds und auch eines Fraktionsmitglieds, eines Landtags mitglieds. Wir sind frei gewählte Abgeordnete. Jeder hat sei nen eigenen Kopf.

(Abg. Florian Wahl SPD: Ja, dann sagen Sie Ihre Meinung! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Keine Kaderpartei!)

Gestern hat der Ministerpräsident gesagt, er wolle nicht als rund geschliffener Kieselstein aus der Politik ausscheiden. Das gilt für uns genauso,

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

und genau so handeln wir auch. Jeder von uns hat seine per sönliche Meinung und Haltung zu diesem Thema.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir lassen uns diese persönliche Haltung nicht von Ihnen neh men.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Ihre persönliche Meinung ist noch unbekannt! So ist es! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was haben Sie denn für eine Meinung? Heraus mit der Meinung!)

Im Übrigen habe ich festgestellt, dass Herr Kollege Wahl den Beschluss des Bundesparteitags der CDU als „rückwärtsge wandt“ und „kulturelles Mittelalter“ bezeichnet hat. In dem Beschluss wird der Schwerpunkt auf die Einführung des Fa miliensplittings gelegt, also auf die steuerliche Besserstellung von Familien mit Kindern. Ich stelle also fest, dass zumindest für den Kollegen Wahl die steuerliche Besserstellung von Fa milien mit Kindern rückwärtsgewandt und „kulturelles Mit telalter“ ist.

Meine Damen und Herren, es ist richtig: Unsere Haltung un terscheidet sich in dieser Frage fundamental von Ihrer.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion spricht der Kol lege Wahl.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kunzmann, jetzt hatten Sie fast zehn Mi nuten Zeit, uns Ihre Meinung zu sagen. Sie sagen: „Jeder hat eine eigene Meinung.“ Nur: Die Meinung, die Sie haben, ver stecken Sie. Stattdessen fangen Sie an, mit der Frage des Ni veaus auf den Herrn Finanzminister loszugehen. Ganz ehr lich: Von jemandem, der seinen gesamten Wahlkreis voll mit Stefan Mappus plakatiert hat,

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Und gegen Kretsch mann gewonnen hat!)

welcher den CSD als abstoßend bezeichnet hat, müssen wir uns in Fragen des Niveaus letztlich überhaupt nichts sagen lassen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

Es freut mich, wenn Sie von dem CDU-Bundesparteitag be richten und sagen, Sie seien von der Debatte berührt gewesen. Das ist alles ganz wunderbar. Ich muss sagen: Auch jeder Ortsverband, von dem Sie als Delegierter berichten, würde sich über eine solche Darstellung des Verlaufs freuen.

Aber was uns sehr interessiert, ist: Wie steht die CDU-Land tagsfraktion dazu? Was ist Ihre inhaltliche Position? Im Som mer haben Sie gesagt, Sie würden sich damit auseinanderset zen. Wo stehen Sie denn jetzt? Sie haben wieder zehn Minu ten lang nichts dazu gesagt.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das Thema wur de in der Schublade versteckt!)

Da hilft auch das Angebot von Herrn Haußmann nichts, er würde gern eine Brücke bauen. Ehre gebührt jedem, der das machen möchte. Aber wir wissen überhaupt nicht, wohin die se Brücke führen soll, weil es keine Positionierung gibt.