Protokoll der Sitzung vom 19.12.2012

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Leopold Grimm FDP/DVP – Unruhe bei den Grünen und der SPD)

Der Preis für den Strom wird schon lange nicht mehr an der Börse in Leipzig gemacht, sondern er wird von der Politik über das EEG gemacht.

(Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

Der EEG-Anteil schlägt mittlerweile mit höheren Kosten zu Buche als der eigentliche Strompreis an der Börse. Das muss man sich einmal überlegen. Wir zahlen im nächsten Jahr 20 Mil liarden € an Umlagen, an Subventionen über das EEG.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Da muss man sich schon einmal fragen, ob das in Ordnung ist.

Meine Damen und Herren, die letzte Diskussion darüber fand im März statt, und zwar zu den von Schwarz-Gelb beantrag ten Senkungen bei der Fotovoltaik. Sie haben uns hier alle samt vorgeworfen – Herr Renkonen war dabei, Herr Unter steller war dabei, sogar Johannes Stober war dabei –: Das ist das Ende der Energiewende. Damit wird die PV in Deutsch land begraben.

Sie hatten – das habe ich nachgeschaut – als Ziel in diesem Jahr 3 500 MW Zubau vorgegeben. Was ist geschehen? Wir haben bei der PV einen Rekordzubau von über 7 000 MW – eine volkswirtschaftliche Verschwendung, meine Damen und Herren.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Was?)

Das haben Sie zu verantworten, und die kleinen Kunden, die Bürgerinnen und Bürger haben diesen enormen Zubau zu be zahlen. Das ist schlecht für die Energiewende, denn es macht die erneuerbaren Energien weiter ineffizient und teuer. Wir haben da auch eine Verantwortung, denn die Energiewende wird nur dann weltweit ein Erfolgsmodell, wenn es uns ge lingt, diese Energiewende auch zu bezahlbaren Preisen zu or ganisieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Martin Rivoir SPD: Am besten mit Atom strom!)

Wenn Sie 3 500 MW geplant hatten und dann 7 000 MW zu gebaut wurden, dann frage ich mich schon, was für eine Ah nung Sie von Wirtschaft haben.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Wie soll es denn sonst gehen?)

Offensichtlich gar keine, denn Sie haben sich um 100 % ver kalkuliert, meine Damen und Herren von den Grünen – eine schlimme Fehlentwicklung.

Im Augenblick haben wir doch folgendes Problem: Einerseits geht es bei der Energiewende um den Kapazitätsausbau, an dererseits aber auch um den Ausbau der Netze und Speicher. Wie viel PV haben wir denn heute im Netz? So gut wie nichts. Also brauchen wir einen Ausgleich im Gesamtsystem aus Speichern, Netzen und einem maßvollen Ausbau der erneuer baren Energien. Deswegen nützt uns der rasante Ausbau nichts, sondern schadet der Energiewende, wenn wir bei den Spei chern und Netzen nichts tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Da wird es einfach Zeit, dass Sie aufhören, immer nur zu sa gen, wir würden bremsen. Das ist ein Gesamtsystem. Die CDU in Baden-Württemberg und in Deutschland hat sich be wegt, und jetzt wäre es an der Zeit, dass Sie sich auch einmal bewegen, damit die Energiewende ein gesamtdeutscher Er folg wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Kollegen Stober das Wort.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE zu Abg. Johannes Stober SPD: Du warst auch dabei!)

Ja, ich war auch dabei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Als Erstes möchte ich noch einmal mit einem Märchen aufräumen, mit dem ich schon letzte Woche bei der Haushalts debatte hatte aufräumen wollen. Aber offensichtlich ist es nicht angekommen. Kollege Nemeth war letzte Woche krank, und ich bin froh, dass er heute wieder gesund ist. Tatsache ist, dass die Energiewende nicht mit dem Atomausstieg begonnen hat. Wir sind froh über den Atomausstieg; aber dass letzten Endes der Swing in den Ausbau der erneuerbaren Energien gekommen ist, das ist auf das unter Rot-Grün eingeführte EEG zurückzuführen. Das ist der große Treiber für die Energiewen de.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Deswegen sollten wir auch darüber diskutieren, wie wir die ses EEG vorwärtsgerichtet weiterentwickeln, ohne es abzu brechen.

Bei sinkenden Kosten am Markt müssen wir natürlich die För derung deckeln. Aber wir dürfen den Ausbau nicht in der Art und Weise begrenzen, wie es geplant war. Deswegen war es auch richtig, dass sich der Landtag mit den Stimmen von Grü

nen und SPD mehrheitlich dagegen ausgesprochen hat und dass es letztlich unserem Umweltminister gelungen ist, einen vernünftigen Kompromiss auf Bundesebene auszuhandeln. Das war auch eine Leistung dieses Landtags.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Jetzt möchte ich aber auf das zentrale Thema des heutigen An trags eingehen, nämlich auf die KIT-Studie „Die Weiterent wicklung der Energiewirtschaft in Baden-Württemberg bis 2025 unter Berücksichtigung der Liefer- und Preissicherheit“; das ist ja das eigentliche Thema.

Bei aller Diskussion um diese Studie möchte ich anmerken: Wir sind stolz darauf, dass wir das renommierte Institut KIT in Baden-Württemberg haben, diese Verbindung aus Großfor schungseinrichtung und Universität. Auch wenn es formal jetzt nicht mehr den Elitestatus hat, ist es natürlich immer noch ein herausragendes, exzellentes Institut. Ich will auch klar sagen, dass ich diese Studie in ganz großen Teilen für ge lungen und auch für sehr hilfreich für uns halte, z. B. zur Ab schätzung der Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung oder des Lastmanagements. Da ist diese Studie sehr hilfreich und gut. Deswegen möchte ich an dieser Studie auch ausdrücklich keine Pauschalkritik üben.

Allerdings gibt es im Bereich der zu erwartenden Strompreis steigerungen dann schon durchaus berechtigte Kritik. Die muss sich ein Institut wie das KIT gefallen lassen, insbeson dere auch dann, wenn es bei der Öffentlichkeitsarbeit denen in die Hände spielt, die nicht nur seriös und sachlich eine not wendige Debatte über die Strompreise führen, sondern mit der Strompreisdebatte auch Angst vor der Energiewende schüren wollen. Wir müssen aufpassen, dass wir hier eine wirklich zielgerichtete Diskussion darüber führen: Wo haben wir an dieser Stelle Spielräume, und wo haben wir sie nicht? Deswe gen muss man sachlich darüber diskutieren, darf aber keine Ängste schüren.

In dem Gutachten wird spekuliert, der Preis für CO2-Emissi onszertifikate würde sich vervierfachen – von 8 € auf 33 € – und der Gaspreis würde sich verdoppeln. Der Minister sagt im Anschluss: „Das ist weit weg von allem, was im Augen blick Realität ist“ und vergleicht das Ganze mit dem Orakel von Delphi. Da muss ich ehrlich sagen: Das war ein seriöser und ein sehr passender Vergleich, der keinerlei Kritik wie in der Kleinen Anfrage von Herrn Groh rechtfertigt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das sind Annahmen, die in meinen Augen nicht zutreffen. Aber selbst dann, wenn sie zuträfen, müsste man vergleichen, was wäre, wenn wir nicht die Energiewende hätten, wenn wir nicht den Ausbau der erneuerbaren Energien hätten. Es muss jedem bewusst sein: Wenn wir weiterhin auf fossile Energie träger setzten, dann wäre der Strompreisanstieg noch deutli cher und noch größer. Wir haben ja auf der Reise des Umwelt ausschusses in Indien eindeutig erlebt: Die Leute dort wissen, dass die Preise der Energie aus fossilen Energieträgern stei gen werden; letzten Endes muss man das Gas, das Öl in Sau di-Arabien oder in Russland einkaufen, sodass keine Wert schöpfung im eigenen Land entsteht. Die Preise der erneuer baren Energien werden sinken, gerade auch durch das EEG, auch wenn man über Einzelpunkte diskutieren kann.

Deswegen muss auch jedem klar sein: Die Energiewende – wir setzen auf erneuerbare Energien und mehr Energieeffizi enz – macht unsere Energiepreise, unsere Strompreise dauer haft billiger und nicht teurer.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Der andere Punkt, bei dem natürlich auch sehr unglücklich war, was das KIT gemacht hat, ist, dass man aus dem Preis an der Strombörse auf die Gesamtpreise schließt, mit Netznut zungsentgelten und allen anderen Abgaben obendrauf, und spekuliert, dass dann der Haushaltsstrompreis um noch weit mehr als 70 % steigen würde.

Ich glaube, wir sollten uns darin einig sein, dass es unsere Auf gabe ist – bei den Netznutzungsentgelten müssen wir immer schauen, dass wir die Preise unten halten –, dass wir letzten Endes auch schauen müssen, wie weit Entlastungen z. B. der stromintensiven Betriebe wirklich notwendig sind und wo das an dieser Stelle ausufert. Wir müssen natürlich auch darüber diskutieren, wo man beim EEG Absenkungen vornehmen kann. Aber das Schlimmste war das Einziehen dieses Deckels, der den ganzen Ausbau untergraben hätte. Das war der ent scheidende Grund, warum wir im Landtag an dieser Stelle da gegen gestimmt hatten und dann auch diesen Kompromiss wollten. Deswegen müssen wir hier sehr genau schauen.

Ich muss an dieser Stelle auch eines sagen: Ich bin schon sehr verwundert. Denn die ganze Zeit hieß es: Wir machen das EEG und setzen dann mit dem Kapazitätsmarkt und allem an deren noch weitere Abgaben drauf. Genau das ist jetzt durch die Bundesregierung passiert. Es ist zum Teil richtig, wenn es um die Themen Versorgungssicherheit und „Systemrelevante Kraftwerke“ geht, aber wenn man bei anderem, wie z. B. der Offshore-Umlage, wo man einfach private Unternehmen von ihrer Haftung freistellt, noch einmal eine Umlage drauflegt, dann, glaube ich, lässt man die Energiepreise in unnötiger Weise in die Höhe schnellen.

Deswegen lautet meine Aufforderung an dieser Stelle, etwas sinnvoller und etwas gemäßigter als Staatswirtschaftler Phil ipp Rösler vorzugehen und auch an dieser Stelle letzten En des privates Unternehmertum mit privatem Risiko zu verbin den. Denn Marktwirtschaft macht nur Sinn, wenn diejenigen, die investieren, ihren Gewinn haben können, aber natürlich auch das Risiko tragen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Was ich als letzten Punkt an der Studie noch kurz kritisiere, ist: Es geht nicht allein um den Strompreis, also den Preis pro Kilowattstunde, sondern es geht um die Stromkosten. Das heißt: Wenn sich der Strompreis verdoppelt, ist dies kein Pro blem, wenn man durch mehr Energieeffizienz nur noch halb so viel Strom verbraucht. Auch das ist hier vergessen worden. Deswegen: Lassen Sie uns immer über die Stromkosten als Ganzes, die Energiekosten als Ganzes in der Summe disku tieren und nicht über den Preis pro Kilowattstunde im Einzel nen. Ich glaube, das würde der Debatte auch sehr guttun.

Auch ich wünsche Ihnen allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr, sodass wir dann gemeinsam mit Schwung weiter die Energiewende vorantreiben können.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Kollegen Glück.

Frau Präsidentin, meine werten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Schoch, Sie sagten gerade, man habe den Eindruck, die Bundesregierung wollte die Energiewende aussitzen. Ich sage Ihnen: Mit den 18 Millionen €, die Sie für das Kapitel Energie eingestellt ha ben, machen Sie auch keine großen Sprünge.

(Abg. Johannes Stober SPD: Aber doppelt so große wie Sie!)

Man könnte sogar behaupten, Sie ignorierten die Energiewen de komplett.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beschäftigen uns jetzt im Zusammenhang mit der Strompreisentwicklung vor allem mit zwei Studien. Das eine ist die bereits erwähnte KITStudie. Die andere Studie, die Sie sehr häufig in den Vorder grund stellen, ist eine Studie des Leipziger Instituts für Ener gie. Wenn man beide Studien vergleicht, stellt man fest: Die KIT-Studie ist sehr besorgniserregend. Vorausgesagt wird da rin ein Anstieg der Stromgroßhandelspreise um ca. 70 % bis 2025. Weiter heißt es, der Ausbau der Windenergie sei sehr ambitioniert, und der Ausbau der Speicher sei schwierig, weil man neue Speichertechnologien brauche, die noch keine Marktreife hätten, und die Pumpspeicher in Baden-Württem berg weitgehend ausgereizt seien.

Die Steigerung der Effizienz sei wichtig, sagt die KIT-Studie. Das ist natürlich richtig. Aber Baden-Württemberg spielt schon auf einem relativ hohen Level. Das heißt, hier Verbesserun gen zu erreichen ist ambitioniert. Der Zubau flexibler Kraft werke und Speicher ist vonnöten, denn das Problem ist, dass man bei abnehmenden Einsatzstunden keinen Invest hat.