Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

Jetzt noch kurz zu den Kosten. Forschung und Entwicklung haben natürlich ihren Preis.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das Wort hat der Kollege Storz.

Wir stehen dazu und tragen Ver antwortung dafür, dass wir die Investitionen des Landes stei gern. Wir müssen insbesondere den Zugang kleiner und mitt lerer Unternehmen zum Technologietransfer erleichtern und verbessern. So haben wir die KMU-Prämie für die Einrich tungen der Innovationsallianz auf mittlerweile 1 Million € er höht.

Die neuen Innovationsgutscheine – wir haben es schon gehört – sind ein Beispiel für eine wirksame einzelbetriebliche För derung. Nicht nur im Unternehmen, sondern auch in der Wirt schaftspolitik gilt allerdings, dass Investitionen auch solide fi nanziert werden müssen. Ihr Antrag fordert viel, auch beim Ausbau der Dualen Hochschule, schweigt sich aber zur Fi nanzierung leider aus. Ihr Modell, stark mit steuerlichen Ins trumenten zu arbeiten, birgt – wie Sie selbst gesagt haben – die große Gefahr von Mitnahmeeffekten, und da muss man gegensteuern.

Zum Schluss: Wir sind spitze und wollen auch weiterhin die sen Spitzenplatz halten.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Was natür lich schwer sein wird!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Nils Schmid.

(Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Jetzt ein mal aufpassen! Jetzt wird das genau erklärt!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu nächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, lie be Frau Kollegin Schütz.

Baden-Württemberg ist das Land der Innovation. Für BadenWürttemberg als europaweit innovativste Region ist diese In novationskraft der größte Vorteil im weltweiten Wettbewerb. Dazu leistet gerade auch die Wirtschaft des Landes einen he rausragenden Beitrag. Auf sie entfallen rund 80 % der For schungs- und Entwicklungsausgaben im Land. Gleichwohl müssen wir uns alle gemeinsam anstrengen, damit wir weiter vorn bleiben.

Gerade die jüngsten Meldungen über die Patentanmeldungen in Deutschland sind ein kleiner Indikator dafür, auch wenn ich doch festhalten will, dass Baden-Württemberg bei der Zahl der Patentanmeldungen pro 100 000 Einwohnern nach wie vor vorn liegt. Die Leistungskraft Baden-Württembergs ist mit 132 Patentanmeldungen pro 100 000 Einwohnern immer noch höher als die Leistungskraft Bayerns mit 114 Patentanmeldun gen pro 100 000 Einwohnern. Wir sind also in diesem Punkt weiterhin spitze.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Auch bei den absoluten Zahlen gab es über Jahre hinweg ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Bayern und Baden-Württemberg. Bis in das Jahr 2006 hinein lag Bayern bei der absoluten Zahl der Patentanmeldungen vorn; in den letzten Jahren war Ba den-Württemberg vorn, jetzt liegt wieder Bayern knapp vorn.

Wir bleiben aber am Ball. Denn wir wissen, dass der Innova tionswettbewerb weltweit immer schärfer wird. Deshalb ha ben wir in den Antworten auf die beiden Großen Anfragen der FDP/DVP-Fraktion aufgezeigt, dass wir nicht nur reden, son dern auch entschlossen handeln.

Ein gutes Beispiel sind die Innovationsgutscheine. Jawohl, sie wurden evaluiert. Sie haben sich bewährt, und deshalb haben wir beschlossen, dieses Instrument auszudehnen. Es gibt den Innovationsgutschein für Hightechinnovationen, den Innova tionsgutschein B, und jetzt kommt noch der Innovationsgut schein C für die Kreativwirtschaft hinzu. Damit wird übrigens einem wichtigen Anliegen des Kollegen Peter Hofelich ent sprochen. Dies zeigt, dass wir, die Landesregierung, gerade für die wichtigen Branchen, die Hightechbranche und die Kre ativwirtschaft, neue Instrumente schaffen und neue Förder möglichkeiten eröffnen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das sind auch zwei wichtige Wachstumsfelder der Zukunft.

Ich will weitere Themenfelder für die Innovation in der Zu kunft aufzeigen. Das erste ist die Elektromobilität. Wir haben eine zweite Landesinitiative Elektromobilität mit einem Vo lumen von 50 Millionen € auf den Weg gebracht. Wir haben uns sowohl im Spitzenclusterwettbewerb als auch im Schau fensterwettbewerb durchgesetzt. Das heißt, die Erforschung alternativer Antriebe, die Nachfrage- und die Angebotsseite für alternative Antriebe sind in Baden-Württemberg auf gu tem Weg. Wir wollen auch in Zukunft Automobilland Num mer 1 bleiben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das zweite Themenfeld ist der Leichtbau. Wir stellen in den nächsten Jahren fast 20 Millionen € für diese neue Schlüssel technologie zur Verfügung. Wir bauen die Landesagentur Leichtbau auf. Damit sichern wir Arbeitsplätze in wichtigen Branchen der Wirtschaft, und zwar nicht nur im Fahrzeugbau, sondern auch im Maschinenbau, in der Medizintechnik und in der Bauwirtschaft. Ganz konkret geht es dabei um eine Fraunhofer-Projektgruppe in Stuttgart, die die Bearbeitung dieser neuen Materialien erforscht.

Das dritte Beispiel ist die Batterieforschung. Das ist nicht nur ein Thema für alternative Antriebe, sondern auch ein Thema für die Energiewende insgesamt. Wir unterstützen zusammen mit dem Bund den Ausbau der Batterieforschung am ZSW mit einem Gesamtvolumen von rund 80 Millionen €. Der Stand ort Ulm wird deutschlandweit zum zentralen Standort für Fra gen der Energiespeicherung und der Batterieforschung. Da mit ist klar, dass wir in diesem Zukunftsfeld auch national ganz weit vorn liegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, für all das braucht man einen lan gen Atem. Denn Innovations- und Technologiepolitik braucht vor allem Berechenbarkeit und Beständigkeit. Dies wird ge währleistet durch die zentralen Instrumente des Landes in die sem Bereich. Das sind die Hochschulen mit ihren wichtigen Programmen, die in der Antwort der Landesregierung auch erläutert wurden, und es sind die wirtschaftsnahen außeruni versitären Forschungseinrichtungen, verbunden mit einem funktionierenden Technologietransfersystem hier im Land.

Gefordert sind dabei Planungssicherheit und eine angemesse ne Mittelausstattung. Das ist Grundvoraussetzung, damit die Forscher exzellent forschen können und beste Leistungen für die Unternehmen unseres Landes erbringen können. Genau danach handeln wir bei der institutionellen Förderung, aber auch bei Sonderfinanzierungen und bei der baulichen und technischen Ausstattung der Forschungseinrichtungen in Ba den-Württemberg.

Die Bilanz, die wir für unsere Regierungszeit vorlegen kön nen, kann sich wahrlich sehen lassen, meine Damen und Her ren. Die Institute der Innovationsallianz haben 2011 und 2012 – anders als noch 2010 – wieder einen jährlichen Zuwachs bei der institutionellen Grundförderung erhalten. Wir haben die leistungsbezogene KMU-Prämie seit 2011 verdoppelt. Insge samt war die Grundförderung der Institute der Innovationsal lianz im Jahr 2012 mit 22,9 Millionen € um rund 1,8 Millio nen € oder 8 % höher als noch 2010. Sie sehen, diese Mittel sind gut angelegt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Um dies zu unterstreichen, noch ein paar Beispiele für die zu kunftsorientierten Forschungsfelder, die bearbeitet worden sind: Ich nenne etwa die Entwicklung künstlicher Organe als Ersatz für Tierversuche, das Projekt Power-to-Gas zur Spei cherung von überschüssigem Strom oder den Bau eines Zen trums für die Entwicklung von Hochleistungsfasern, auch aus nachwachsenden Rohstoffen.

Außerdem haben wir mit einer Anschubfinanzierung über fünf Jahre drei neue Projektgruppen der Fraunhofer-Gesellschaft in die Förderung aufgenommen, und zwar in Stuttgart die schon genannte Projektgruppe für Bearbeitungstechnologien im Leichtbau, in Karlsruhe eine Projektgruppe zu neuen An triebssystemen und in Mannheim eine Projektgruppe, die sich mit Automatisierung in Medizin und Biotechnologie beschäf tigt, also mit der Verknüpfung von Medizin und Verfahren der Produktionstechnik. Diese können nach erfolgreicher Evalu ierung zu eigenständigen Fraunhofer-Instituten werden. Auch das haben wir im Grundsatz mit der Fraunhofer-Gesellschaft vereinbart.

Außerdem haben wir die Innovationsoffensive zugunsten von Sonderinvestitionen in wirtschaftsnahe Forschungseinrichtun gen, die die Vorgängerregierung schon begonnen hatte, plan mäßig fortgesetzt und durchfinanziert. So haben wir z. B. zu sätzliche Mittel für Neubauten beim ZSW in Ulm und in Stutt gart in Höhe von 13 Millionen € bewilligt. Angesichts des weiteren Ausbaubedarfs bei Fraunhofer werden wir die Inno vationsoffensive vor allem auch zur Fortführung dieser Pro jektgruppen ab 2015/2016 mit jährlich 10 Millionen € fortset zen und damit weitere Investitionen der Fraunhofer-Gesell schaft in Höhe von rund 130 Millionen € in Baden-Württem berg ermöglichen, u. a. für den Leichtbau in Stuttgart und das „Sustainable Energy Valley“ in Freiburg.

Der Ausbau der Forschungsinfrastruktur auf allen Feldern ver folgt ein klares Ziel: Wir müssen die Beherrschung von Schlüsseltechnologien der Zukunft im Interesse der Unterneh men im Land sicherstellen. Es geht um Arbeit und Beschäfti gung in unserem Land.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Es geht darum, dass insbesondere kleinen und mittleren Un ternehmen die technologische Unterstützung bei der Erschlie ßung neuer Wachstumsfelder gelingt.

Ich freue mich auch auf die angekündigte Ausschussberatung, in der wir über weitere Einzelpunkte gern ausführlich reden können. Ich will nur sagen: Sie sehen schon an dieser Debat te, dass Innovationspolitik ein Schwerpunkt dieser Landesre gierung ist, und zwar der gesamten Landesregierung, ein Schwerpunkt im Wirtschaftsministerium wie im Wissen schafts- und Forschungsministerium. Wir setzen dabei auf ei ne enge partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft, Forschung und Gewerkschaften.

Deshalb haben wir die Empfehlungen des Innovationsrats auch ernst genommen. Denn wenn der einzige Kritikpunkt von der Opposition, der übrig bleibt, ist, dass wir keine wei teren Sitzungen des Innovationsrats einberufen haben, dann kann ich Sie beruhigen. Wir haben in der Sache die Empfeh lungen des Innovationsrats äußerst ernst genommen. Wenn man so will, ist der größte Erfolg des Innovationsrats der, dass das Kapitel zur Technologie- und Innovationspolitik im Koa litionsvertrag dieser Regierung von den Empfehlungen des Innovationsrats beherrscht wird und wir jetzt in die Umset zung gehen. Auf dem Weg der Umsetzung nehmen wir selbst verständlich auch Hinweise aus dem Innovationsrat, aus dem Kreis der Mitglieder des Innovationsrats gern mit. Denn wir sind überzeugt: Gute Wirtschaftspolitik gelingt nur miteinan der, im Dialog aller Beteiligten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Landesregierung spricht au ßerdem Frau Ministerin Bauer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Forschungspolitik ist Grundstein unserer Innovati onspolitik. Dazu gehört die Förderung der angewandten und wirtschaftsnahen Forschung. Sie ist von überragender Bedeu tung für unser Land. Minister Schmid hat das sehr überzeu gend und zu Recht betont.

Es ist richtig und wichtig, kleine und mittlere Unternehmen stärker in den Innovationsprozess einzubeziehen. Die Innova tionsgutscheine des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft sind ein wirkungsvolles Instrument zur Stärkung der Innova tionsfähigkeit unseres Landes.

Allein auf die anwendungsorientierte Forschung dürfen wir aber nicht setzen. Technologiesprünge, die neue Wettbewerbs vorteile schaffen und Wertschöpfungschancen eröffnen, kön nen wir nur mit einer international wettbewerbsfähigen, ex zellenten Forschungslandschaft schaffen.

Zu dieser Forschungslandschaft gehören die Grundlagenfor schung mit einer leistungsfähigen Forschungsinfrastruktur, die anwendungsorientierte Forschung an den Universitäten und den außeruniversitären Forschungsinstituten – z. B. MaxPlanck-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft – sowie den per se anwendungsorientierten Forschungseinrichtungen.

Wichtig ist aber auch – gerade für KMUs – die wirtschaftsna he Forschung, die von den Hochschulen für angewandte Wis senschaften betrieben wird.

Wir legen großen Wert auf die interdisziplinäre Zusammen arbeit an jeder einzelnen Hochschule, und wir legen großen Wert auf die enge Vernetzung zwischen den Hochschulen und den außerhochschulischen Forschungseinrichtungen, den Un ternehmen und den anderen gesellschaftlichen Akteuren.

Übrigens – das muss man betonen – ist eine scharfe Trennung zwischen Grundlagen- und Anwendungsforschung heutzuta ge gar nicht mehr möglich; beides geht ineinander über und bedingt sich gegenseitig. Deswegen geht es um eine breit auf gestellte, vielgestaltige Forschungslandschaft. Das ist die Grundlage für die Innovationskraft des Landes Baden-Würt temberg.

Auch die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen – Stichworte Klimawandel, demografischer Wandel, Erwirt schaftung von Wohlstand, ohne auf Kosten anderer zu leben –, werden wir nicht bewältigen können, ohne die Innovations kraft und die wissenschaftlichen Erkenntnisse unserer Ein richtungen zu nutzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Lassen Sie mich deswegen noch einmal betonen: Entschei dend ist, dass wir die Offenheit für unterschiedliche Ansätze und Technologien bewahren. Wir wissen heute noch nicht, was künftig der große Wurf sein wird. Alles auf eine Karte oder ausschließlich auf Projekte und Themen zu setzen, die gerade Mainstream sind, wäre falsch. Schwerpunkte auf den Wachstumsfeldern der baden-württembergischen Wirtschaft sind richtig. Reine Industriepolitik hingegen wäre riskant.

Dies bestätigt auch die von der Bundesregierung eingerichte te Expertenkommission Forschung und Innovation, kurz EFI. Sie hat vor wenigen Tagen ihr jüngstes Gutachten vorgelegt. Auch in diesem Gutachten wird betont – ich zitiere –:

Der Staat sollte seine bildungspolitischen Anstrengungen und die Grundlagenforschung breit anlegen, damit Deutschland für zukünftige technologische Entwicklun gen gerüstet wird.